Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
e „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs—
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* 214.
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zuf den „St. Ingberter Anzeiger“ für die
Nonate November und Dezember werden
rtwährend angenommen von den Postanstalten,
xn Postboten, den Austrägern und der Expedition.
zZu zahlreichem Abonnement ladet ergebenst ein
Redaktion und Expedition.
Politische Uebersicht.
zn der „Bresl. Ztg.“ finden wir ein Tele—
ramm aus Petersburg, worin gerüchtweise gemel⸗
za wird, es stehe eine Begegnung des deutschen
daisers mit dem Zaren in Skiernewice bevor.
So wenig glaubhaft das Gerücht ist, so mag gleich—
wohl davon Notiz genommen werden, da dasselbe
mmerhin ein bezeichnendes Schlaglicht auf die
dage wirft. Es kann kein Zweifel darüber bestehen,
zaß unter allen Stützen des Friedens Kaiser Wihelm
die mächtigste ist, and daß er ficher alles aufbieten
wird, um aus der gegenwärtigen bedrohlichen Lage
inen friedlichen Ausweg zu gewinnen. Insofern
iieße sich der Wunsch, auf den russischen Kaiser,
xessen Politik bekanntlich eine höchst versönliche ist,
inen persönlichen Einfluß im Sinne des Friedens
euszuüben, recht wohl verstehen. Allein abgesehen
bon dem hohen Alter unseres Kaisers, das eine
ängere Reise in der rauheren Jaheeszeit bedenklich
nacht, fehlt es dem Kaiser auch ohne Zusammen—
unft gewiß nicht an Mitteln, um seinen Einfluß
—IVVVä
end zu machen. Anders würde die Sache liegen,
venn etwa der Wunsch nach einer persönlichen
Unterredung am lebhaftesten in Petersburg gehegt
verden sollte. Indessen verlohnt es sich nicht, bei
xt wenig autoritären Quelle des Gerüchtes
dermuthungen anzustellen.
Fürst Bismark wird, wie es heißt, seinen
lufenthalt in Varzin bis kurz vor Weihnachten aus—
xhnen und alsdann nach Berlin zurückkehren.
Der deutsche Kronprinz hat seinen
herbstaufenthalt auf italienischem Boden nunmehr
beendigt. Am Dienstag früh reiste der hohe Herr
von Mailand, wo der deutsche Consul und die
Spitzen der Behörden auf dem Bahnhofe anwesend
varen, nach Basel ab. In Berlin sieht man dem
Viedereintreffen des Kronprinzen im Laufe des
üchsten Sonntag entgegen, nachdem er noch am
zenannten Tage der Einweihung des restaurirten
domes in Merseburg beigewobnt haben wird.
Die Vorarbeiten zum parlamentarischen
Finterfel dzuge werden im Bundesrathe eifrig
ortgesetzt und beschäftigen den letzteren gegenwärtig
ie verschiedenen Spezialetats des Reichsbudgets.
inter denselben interessirt namentlich der Marine—
tiat wegen der ihm beigegebenen ausführlichen
denkschrift. Aus letzterer ist zu ersehen, daß im
lufe der nächsten fuͤnf Jahre im Marine-Budget
dehrforderungen im Gesammtbetrage von ca.
10 Millionen Mark figuriren werden, die zunächfi
qzu verwendet werden sollen, unseren großen Fluß⸗
ndungen ausreichenden Schutz gegen feindliche
ingriffe zu verschaffen. Dieser Zweck wird nach
en neuesten Prinzipien des Seekrieges durch kleine
anzerfahrzeuge und große gepanzerte Kanonenboote
Samstag, 6. November 1886.
erreicht und sollen zehn solcher Schiffe gebaut
werden, von denen jedes etwa 38,500,000
Mark kosten würde. Die ersten sechs sollen mit
der Vollendung des Nord⸗-Ostsee-Kanals fertiggestellt
sein; an der Mündung der Elbe würden allein 6,
in anderen Flußmündungen die übrigen 4 Fahr⸗
zeuge stationirt werden. Natürlich erfordert die
drojektirte Vermehrung des schwimmenden Flotten⸗
materials auch eine Vermehrung der Offiziere und
und Mannschaften, die auf 15 Offiziere und 300
Mannschaften veranschlagt ist und ist nach der
Denkschrift die Möglichkeit für die rechtzeitige An-
tellung des Personals gesichert. Für die Feststell⸗
ing eines neuen Organisationsplanes der deutschen
Flotte zum Schutze der vaterländischen Küsten
verden demnach die diesjährigen Verhandlungen
des Reichstages über den Marine- Etat ausschlag-
gJebend sein und kann man denselben mit hohem
Interesse entgegensehen.
* Eine Erweiterung der Reich spostdam—
pfer-Linien ist nach offiziösen Andeutungen
in's Auge gefaßt. In betheiligten Kreisen erwägt
nan die Aufgabe der Mittelmeerlinie Triest-Brindisi—
Alexandrien, da dieselbe den Erwartungen der
steichsregierung und des Norddeutschen Lloyds nicht
ntsprochen habe und soll dafür eine Zweiglinie
Benua-Neapel eingerichtet und Neapel auf den
Fahrten der Hauptlinie nach Ostasien und Austra—
ien angelaufen werden. Außerdem erwägt man
die Einrichtung einer Zweiglinie der ostasiatischen
Linie und zwar von Colombo (Ceylon) nach einem
der großen indischen Häfen; auch das Projekt einer
veiteren Zweiglinie von Aden nach Zansibar ist
angeregt worden. Vorläufig dürften die Erwäg—
ungen über diese verschiedenen Projekte wohl noch
nicht so bald zum Abschluß gelangen.
* Im Reichsamte des Innern haben am
Montag unter Vorsitz des Staatssekretärs v. Böt—
ticher die Verhandlungen über die Erneuerung des
deutsch-schweizerischen Handelsvertrages begonnen.
Von schweizerischer Seite wohnen denselben nicht
veniger als 14 Commissare bei, während Preußen
und die Norddeutschen Staaten durch 4 Commissare.
Bayern, Württemberg, Baden und Elsaß⸗Lothringen
durch je einen Commissar vertreten sind.
* Auf der Johannes-Insel, unweit
Neu-Guinea, sind mehrere englische Unterthanen von
Fingeborenen ermordet worden. Die genannte
Insel fällt in die englische Machtsphäre und dürfte
England aus dem erwähnten Vorgange Anlaß
nehmen, seine Autorität energisch zur Geltung zu
hringen.
Deutsches Reich.
Berlin, 3. Nov. Die „Kreuzzeitung“ und
der „Reichsbote“ berichten, daß die russische Re—
zierung der Stadt Reval befohlen hat, binnen
14 Tagen das Vermögen sämmtlicher evangelischen
dirchen der Stadt in den Besitz des Staates bezw.
der Staatskassen überzuführen. Sie hat ferner
Jleichzeiiig der Staͤdt verboten, aus kommunalen
Mitteln irgend etwas für die Forlführung oder
Frhaltung des evangelischen Kultus zu thun! Die
inzelnen Gemeindeglieder müssen also die dazu
röthigen Mittel Privatim aufbringen. Die „Kreuz—
seitung“ bemerkt dazu, daß man es hier mit dem
21. Zahrg.
ersten Schritt zur äußerlichen Vernichtung der
ebangelisch Iutherischen Landestirche in den Ostsee⸗
provinzen zu thun habe. Grundsätzlich steht dem,
nach dem Vorgange in Reval, in der That nichts
mehr entgegen. Die Beschwerde beim Senat steht
dem Betroffenen formell zwar frei, kein Mensch
zezweifelt indessen, daß der höchste Gerichtshof des
Reiches die Verfügung des Gouverneurs lediglich
vestätigen wird. Der „Reichsbote“ schreibt: „Wenn
man zu solchen Gewaltthaten gegen die Kirche
schreitet, so wird man vor kleineren Maßregeln
aicht zurückschrecken, zumal die ganze Aktion von
dem Panslavismus ausgeht, der in der ebangelischen
Zirche den Hort des Deutschthums wie in der
zriechischen den Hort des Russenthums fieht und
deshalb die erstere zerstören will, um mit ihr das
Deutschthum auszurotten. Es ist dieselbe Russifi—
ierungsmethode, wie sie sich jetzt in Bulgarien
abspielt, es ist tief traurig und beschämend, daß
das zur Rüste gehende 19. Jahrhundert solche
Dinge vor seinen Augen sich muß abspielen sehen,
ohne daß die europäische Kultut ihr entrüstetes
Veto dagegen einlegt.“
Auslarnd.
Wien, 4. Nov. Eine Meldung der offiziösen
Presse besagt. daß der österreichisch-italienische Han—
delsbertrag am 31. Dezember, ein Jahr vor seinem
Ablauf, von beiden Theilen gekündigt werden dürfte.
Oesterreich war in dem Vertrage an Zollpofitionen
gebunden, in welche für Oesterreich und das deutsche
Reich wichtige Fragen nicht berücksichtigt waren.
Paris, 3. Novbr. Der Kriegsminister und
der Marineminister bestehen darauf, daß die Kre—
dite von 600 Millionen. wovon 400 für Ausrüst⸗
ung der Armee, 200 für die Flotte, unverzüglich
und nicht in Jahresfristen, wie der Budgetausschuß
beantragt bewilligt werden. — Die letzten Nachrichten
aus Anam melden die Abreise Paul Berts von Hanoi
nach Hue. Man besorgt, daß der von Thuyet an⸗
gestiftete Aufstand von den Eingeborenen begünstigt
vird und daß diese gemeinsame Sache mit den
Aufständischen machen, auch werden viele Außreiße—
reien tonkingessischer Schützen gemeldet. — Die
Pariser Handelskammer und die Industriesyndicate
jaben einen Protest bei dem Arbeitsminister gegen
den jetzigen Tarif der Bahnfrachtsätze eingereicht,
der die Einfuhr deutscher und belgischer Kohlen zu
einem geringeren Preise ermögliche, als für fran—
ösische Kohlen vorgesehen sei.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
— Zweibrücken, 5. Nop. Der Senats—
präsident des kgl. Oberlandesgerichts Zweibrücken
uind lebenslängliche Reichsrath der Krone Bayern
Hr. Ludwig Ritter v. Zölhler wurde für seine
Herson als Ritter des kgl. Verdienstordens der
Bayerischen Krone der Adelsmatrikel bei der Rit⸗
terklasse einderleibt.
Albisheim, 3. Nov. Von dem letzten
hon Monsheim kommenden Zuge wurde gestern
dem Valentin Enders von hier der Kopf abge—
ahren; ob ein Unglücksfall oder ein Selbstmord
„otliegt, wird durch die Untersuchung an Ort und
Stelle festzustellen sein.
— Hertlinghausen, 1. Nov. In unserem
Thale gelang es gestern einem nicht gerade zu den
Schnelliäufern zählenden Manne, am hellen Tage
einen Rehbock, der sich auf dem Grundstücke des
Mannes gütlich that, beim Geweih zu nehmen,