Full text: St. Ingberter Anzeiger

kam wieder der eine der betreffenden Herren mit 
Gewehr und Hund und suchte den „Rehbock“, welcher 
don Holz suchenden Buben aus Ebesheim schon 
occupirt war. Er ließ sich von diesen Buben den 
„Bock“ bis in den Wald von Gleisweiler tragen 
— ein Weg von mindestens einer halben Stunde — 
und gab jedem 30 Pfg. Wegen dieser That ist der 
betreffende Herr sowie ein Bediensteler von Burr⸗ 
weiler angezeigt. 
— Edenkoben. Der Vorstand des Pferde⸗ 
zuchtsvereins der Pfalz macht bekannt, daß die 
Prämien für einjährige Füllen (geboren 1885) von 
Vereinsstuten à 50 Mark zur Auszahlung gelangen 
sollen. Die Besitzer solcher Füllen werden aufgefor⸗ 
dert, ihre Stuten nebst Füllen dem betreffenden 
Respicienten oder dem Vereinsvorstande vorzuführen 
worauf dann die Auszahlung der Gelder erfolgen 
wird. 
Vermischtes. 
F Die überse eische Auswanderung 
aus Deutschland hat gegen das Vorjahr abgenom⸗ 
men. Waährend sie bis zum 1. Oktober 1885 
38,180 Personen betrug sind bis zum 1. Oktober 
1886 nur 59,576 Personen ausgewandert. Auch 
das ist aber noch immer eine bedeutende Zahl, 
überdies weist der September d. J. dem der Vor⸗ 
jahre gegenüber eine wenn auch geringe Zunahme 
auf, was vermuthlich mit der Besserung der ge⸗ 
chäftlichen Lage in den Vereinigten Staaten zu⸗ 
ammenhängt. Dauert dieselbe an, so dürfte die 
Auswanderung im nächsten Führjahr be deutend 
anwachsen. 
F In dem benachbarten Lothringen machen sich 
die Wölfe schon jetzt recht bemerkbar. So wurden 
dieser Tage bei Chatean; Salins elf Schafe todtge⸗ 
zissen und die ganze Heerde zerstreut. Im Gebirge 
zeigen fich diese Raubthiere weniger. 
F Bonn, 8. Nov. Ein böses Abenteuer 
hatte gestern ein hiesiger Buchdruckerlehrling. Der⸗ 
selbe wurde nämlich in einer Wirthschaft mit 
einem Infanteristen bekannt, der ihn schließlich be⸗ 
wog, zum Scherz die Kleider zu wechseln. Nach⸗ 
dem die Metamorphose sich vollzogen und der 
Buchdruckerlehrling stolz im Königsrocke durch die 
Wirthschaft schritt, kam plötzlich eine Patrouille, 
welche dem jungen Typographen das Seitenge⸗ 
wehr abnahm und ihn selbst arretierte. Der an⸗ 
dere Kumpan, ein Soldat II. Klasse, welcher bereits 
längere Festungsstrafe verbüßt hatte und diese Szene 
im voraus gewußt hatte, war in des angeführten 
Jünglings Sonntagsstaat verschwunden und nicht 
mehr zu finden. 
F Gutten⸗Sickingen-Denkmal.) Die 
erste Anregung zur Errichtung eines Hutten⸗Si⸗ 
kingen⸗Denkmals ging vor beinahe 25 Jahren von 
dem im vorigen Jahre verstorbene Bildhauer Karl 
Cauer in Kreuznach aus, der lediglich gegen Er⸗ 
stattung der Selbstkosten ein Denkmal aus Sand⸗ 
tein auf der Ebernburg errichten wollte, dis später 
ein würdigeres Denkmal gesetzt würde. Im vorigen 
Sommer wurde das Project, dessen Verwirklichung 
Karl Cauer vergeblich angestrebt hatte, von einer 
Anzahl angesehener Männer in Kreuznach, denen 
sich bald eine Reihe hochgestellter Männer aus allen 
großeren Städten Deuischlands anschloß, von Neuem 
aufgenommen und energisch verfolgt. In seiner 
Generalversammlung vom 6. Januar d. J.beschloß 
das Denkmal-Comite, das Denkmal in Erz nach 
dem von Karl Cauer angefertigten Modell, welches 
von den hervorragendsten Künsilern (Prof. Otto in 
Rom, Akademie-VDirektor Prof. Bendemann in 
Düsseldorf, Reinhold Begas in Berlin und Prof. 
Alb. Wolff in Berlin) begutachtet und zur Aus— 
führung empfohlen worden war, herstellen zu lassen 
und die Ausführung den Söhnen Karl Cauers 
unter Beirath bewahrter Meister, des Herrn Prof. 
Alb. Wolff und des Herrn Robert Cauer, zu über⸗ 
tragen. Ist es also dem Vater nicht vergönnt ge⸗ 
wesen, den Wunsch, den er seit Jahren hegte, in 
Erfüllung gehen zu sehen, so werden jetzt die Söhne 
pietätvoll das Werk des Vaters ausführen. Das 
Modell, an dessen Ausführung die jungen Künstler 
bereits arbeiten, zeigt uns die beiden ritterlichen 
Freunde in trefflicher Weise vereint. 
fFFrankfurt, a. M. Ein junger Bahn— 
beamter hatte im Juli das Glück, einem alten vor⸗ 
nehmen Herrn den Hut zu retten, der, während 
der Zug sich bereits in Bewegung gesetzt hatte, 
dem Fremden aus Unachtsamkeit auf den Bahn⸗ 
damm fiel. Der Fremde frug den Beamten, als 
er die Billete controlirte, nach Namen und Wohn— 
ung, notirte sich Beides und damit schien die Sache 
zrledigt. Neulich nun erhielt der arme Beamte 
nus Wien einen Geldbrief. Demselben waren 500 
Mark beigefügt und der ganze schriftliche Inhalt 
des Briefes lantete: „Für den im Juli 1886 
nir geretteten Cylinderhut, mit freundlichstem Gruße 
ine kleine Anerkennung. Hätte damals der Hut 
gefehlt, so wäre ich bei einer wichtigen Angelegen ; 
heit zu spät gekommen. Graf X...“ Der arme 
kisenbahnbeamte war von dem unverhofften Glück 
öllig verblüfft. Die Moral der Geschichte aber 
st, daß Höflichkeit und Gefälligkeit sich oft recht 
zut lohnt. 
FWürzburg, 4. Nob. Ein seltenes akade⸗ 
misches Fest wurde gestern gefeiert. Der Geburts⸗ 
tag des Kaisers von Japan wurde nämlich von 
der hier lebenden und von Auswärts verstärkten 
Zahl der Japaner zum ersten Male in Bayern 
jestlich begangen. Der Hintergrund des Saales 
zeigte die Aussicht auf die Bucht von Yeddo mit 
dem zum Himmel emporragenden Berge. Das 
Wappen Jappans — die aufgehende Sonne strahlte 
m herrlichstem Lichte — umgeben von deutschen 
ind bayrischen Waphpen und den japanischen Kaiser⸗ 
laggen. Der Festkommers, an welchem außer 
„tudenten fast nur ehemalige Akademiker in großer 
Anzahl Theil nahmen, wurde von Herrn Dr. Na-⸗ 
„amatz, dem Sohne eines japanischen Ministers, 
xäsidirt. Derselbe toastete auf den Kaiser von 
Japan, dann auf den König und den Prinz⸗Regenten 
on Bayern, auf den Kaiser Wilhelm, unter Be⸗ 
onung der Freundschaft, welche die deutsche mit der 
apanischen Nation verbindet. Im Auftrage der 
GBaste sprach ein Eingeladener, welcher die Ver⸗ 
dienste des japanischen Kaisers, den Forischritt 
jeines Volkes und die Freundschaft der japanischen 
uind der deutschen Nation pries, auf die er sein 
doch ausbrachte. 
F Würzburg, 9. Nob. Wie das „Frk. 
Polksbl.“ mittheilt, ist gegen dessen verantwortlichen 
Redakteur stud. juris an der hiefigen Hochschule 
J. Wictl, der vom letzten Schwurgericht wegen 
Ministerbeleidigung zu 2 Monaten Gefängnitzstrafe 
ʒerurtheilt worden ist, vom akademischen Senate 
as consilum abeundi für 4 Semester verhänqt 
vorden. 
F GDie Tournüre in der Bratröhre.) 
Zroße Heiterkeit entstand am Montag unter den 
hasten einer Bierwirthschaft in Würz burg. Die 
dellnerin hatte zum großen Gaudium der Gäste 
hren weitaufbauschenden Hinterhöcker verloren und 
tedte denselben rasch bei Seite. Am anderen Tag, 
ils der Ofen geheizt wurde, gab es einen infer— 
nalischen Qualm und einen Geruch, gegen den Pech 
ind Schwefel noch als Wohlgerüche zu betrachten 
ind. Man glaubte, es ssei ein Brand ausgebrochen, 
töberte überall umher und öffnete endlich auch die 
IRfenröhre — da fand fich denn ganz verkohlt die 
chmerzlich gesuchte Tournüre der Kellnerin. Nur 
ein paar angekohlte Hühnerfedern zeuaten von der 
hemaligen Pracht. 
Nürnberg, 10. Nov. Auch bei den baye⸗ 
cischen Truppentheilen wird jetzt begonnen, dieselben 
nit den neuen Repetir⸗Gewehr, auszurüsten. Wie 
die „N. Nürnb. Ztg.“ berichtet, trafen gestern 
Abend auf dem hiesigem Bahnhofe zwei Waggons 
mit Repetier-Gewehren ein, welche für das hier 
stehende 14. bayer. Infant.-Regiment bestimmt sind. 
F München. Dem Präsidium des bayerischen 
Veteranen-, Krieger und Kampfgenos— 
sen⸗Bundes lagen in der letzten Sitzung vom 
3. d. M. 115 Unterstützungsgesuche zur Verbe⸗ 
cheidung vor. 102 derselben, unter welchen 18 
von Wittwen und Waisen, wurden mit 1492 M. 
hedacht; 11 abgewiesen, 2 ausgesetzt. 54 Gesuch⸗ 
teller machten die Feldzüge 1866 oder 1870 71 
1849 mit. Bei 20 derselben sind die Leiden 
noch Folgen des Feldzuges 187071. Neu aufge⸗ 
nommen wurden 12 Vereine. 
FAus Bahern. Nach dem die Landraths 
dersammlungen eröffnet sind und die Kreisbudgets 
dorliegen, sind aus denselben folgende Kreisumlage⸗ 
boranschläge zu ersehen: Pfalz 41,8 (seither 39,8) 
Mittelfranken 28,0 (26.0); Oberfranken 280 
28,0); Oberbayern 28,8 (22,7); Oberpfalʒ 
283,83 (22,8); Unterfranken 21,5 (20,5); Schwa⸗ 
28,1 (283,2) und Niederbayern 21,0 (21,0). 
Aus Bayern. Im alten Gottesacker zu 
Fichstadt liegt eine Frauensperson begraben, die 
drei Jahre lang als Gemeiner und drei Jahre als 
Forporal in einem österreichischen Infanterie⸗Regi⸗ 
nente diente und für ihr Wohlvberhalten, wie es 
am Grabsleine heißt, monatlich acht Gulden Pensi 
bezog. Sie erreichte ein Alter von 83 e 
and trug zu Lebzeiten, wie sich ältere Leun bg 
rinnern, neben dem Weiberrocke stets eine ae 
Die bayerischen Missionäre Bach und —* 
nann find im September in Zanzibar an s 
angt. Mit 17 anderen Herren wurden sie gp 
inem vom Sultan Said Bargasch detanstuten 
Fest eingeladen. Der Sultan begrüßte sie sann 
ichst und übergab ihnen, wie die „KreZig. b 
cichtet, einen Empfehlungsbrief an seinen Wali g 
Mombas. Hier wurden sie von dem englische 
Missionär der Kolonie befreiter Sklaven, Freretown 
empfangen und beherbergt. Bald fuhren sie die Ba 
don Mombas hinauf nach der anderen englischen 
Missionsstation Kisuludini. Ein günstig gelegenes 
Dorf Timboni fanden sie verlassen, die Aehtese 
der Wakamba aber bereit, dahin zurückzukehren 
wenn weiße Männer in Timboni sich nieder 
lassen. Sonach wird Timboni, eine Stunde don 
Kisuludini bei Mombas, die erste deutsche Stati— 
der ostcfrikanischen Mission sein. 
F Ueber Träume, von einmenm Sachsen 
„Daß Treime keine Scheime sind, sondern ihre Be. 
deitung ham, kann ich Sie ganz genau sagen, 
meinte der Aufseher Lohse beim Bier an seinem 
Stammtisch in einer Vorstadt Leippig's. „Daß 
ham mir mit erlebt, daß ham mir so ze jagen 
ausprowirt. Es war Sie nämlich vor Paris Annt 
71, mir lagen bei Nossilegrang (Noisy le Grand 
schon ne g'raume Zeit, unn keen Mensch wußte 
venn's alle wirde sein. Von de Komunen hatter 
ner ooch nicht mehr g'hert. Wie mer nu eene 
Tags von die Wache kamen, meente eener, wenns 
s»och nu balde alle wäre. Es wäre heite e' merk 
wärdige Nacht, do sullt mer 'mol uffpassen, was 
mehr treimen thät'n. Der eene gloobte nu dran, 
der annere widder nich. Nun sagt'ch, Kinder, mer 
ennt'n ja mal achte geben, was mehr alle treimten, 
ob mers gloobten oder nich. Deß leicht'n ein, mir 
Sachsen sein helle. Des andern Tags, als mer 
aufwachten, dacht'ch gleich dran un fragte eenen 
nach seinen Troom. Der hatte un nischt getreimt. 
der annre ooch nischt, der dritte nischt, keener nischt, 
ich occh nischt um richt'g! S' is ovoch nischt 
mehr basirt. S' gab Friede, unn mer kamer 
balde ooch heeme. Wees Knebbchen, so isses mit⸗ 
Treimen. 
. Dassel (Probinz Hanover). Dem Baron 
von Garmissen hierselbst wurde dieser Tage aue 
seiner Wohnung ein Betrag von ungefähr 3000 
Mark, bestehend in einem Tausendmarkscheine, einigen 
Hundertmarkscheinen und Goldstücken gestohlen. 
Einige Tage später erhielt Herr v. G. den Tau⸗ 
sendmarkschein in einem Briefe folgenden Inhaltz 
zurück: „Den Tausendmarkschein schicken wir Dir 
wieder. Sollten wir die mitgenommenen Hundert 
markscheine auch nicht los werden können, so senden 
wir Dir diese auch zurück. Für die mitgenom⸗ 
menen Goldstücke werden wir einen vergnügten 
Winter feiern. Nächstens kommen wieder ein paar 
tapfere Krieger.“ 
F Einer Nachricht der „Allg. Ztg.“ zufolge 
ist die „deutsch- ostafrikanische Plan 
tagen⸗Gesellschaft“ jetzt gebildet. Es soll 
etwas über eine Million Mark gezeichnet worden 
sein. An der Spitze stehen die Herren Graf Behr⸗ 
Bandelin und Rittergutsbesitzer Dr. Schröder. Die 
Antheilscheine lauten auf je 1000 Mark. Bei der 
Zeichnung würden je 25 pCt. einbezahlt und in 
edem Kalenderjahre werden weitere 25 pCt ein⸗ 
zezogen. Eine Haftbarkeit über die Höhe des ge⸗ 
eichneten Aktienbetrages hinaus ist ausgeschlossen. 
Die Pflanzungsgesellschaft gedenkt etwa 25,000 
decktar auszunutzen, die ihr die Deutlchostafrikanischt 
Gesellschaft gegen 100 Antheilscheine als Grund⸗ 
eigenthum abtritt, und die endgiltige Wahl von 
20 geeigneten Plätzen wird ihr überlassen. Zunächst 
soll Tabak angebaut werden, da die bisherigen 
Probepflanzungen eine gute Qualität ergeben hätten. 
Bei der billigen Negerarbeit hofft man mit Su— 
mnatra konkurriren zu können. 
7 Aus Westpreußen. Fünf Reservisten, 
welche bei der diesjährigen Frühjahrs-Controllber⸗ 
sammlung in einer Ortschaft des Kreises Berent in 
betrunkenem Zustande in einem Restaurationslokale 
einem Gendarmen den Gehorsam verweigerten, sind 
durch kriegsgerichtliches Urtheil mit 53 Jahren Zucht⸗ 
Jaus resp. mit5 Jahren Gefängniß bestraft worden. 
Außerdem wurden alle fünf Mann in die zweite 
dlasse des Soldalenstandes versetzt. 
*173650 Prozent Zinsen! Beigefülltem 
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