Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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der „St. Ingberter Anuzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal woͤchentlich mit Unterhaltunas- 
lati und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 146 60 — einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1/ 75 4, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I3 4, Reklamen 80 . Bei maliger Einruüchung wird nur dreimalige berechnet. 
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B 239. Samstag, 11. Dezember 1886. 
21. Jadbrg. 
Volitische Uebersicht. 
* Der Besuch des Prinz⸗Regenten 
Luitpohd von Bayern in Berlin ist ein Er⸗ 
igniß, dessen außergewöhnliche Bedeutung schon 
zus dem glänzenden Empfange erhellt, den der 
Johe Gast unstres Kaiserhauses bei seiner Ankunft 
n der Reichshauptstadt gefunden hat. Am Diens- 
ag Vormittag Punkt 10 Uhr traf der Prinz⸗ Re⸗— 
jent, welchem der bayerische Gesandte und Bundes⸗ 
cathsbevollmächtigte, Graf v. Köfering-Lerchenfeld, 
ind der Militairbevollmächtigte Baherns am Ber— 
iner Hofe, Oberst v. Xylander, bis Leipzig ent ⸗ 
jegengefahren waren, auf dem Anhalter Bahnhofe 
in. Der Kaiser hatte es sich nicht nehmen lassen, 
einen erlauchten Gast und Freund bereits auf dem 
Bahnhofe zu begrüßen und trug die Begrüßung 
wischen den beiden greisen Fürsten einen ebenso 
zerzlichen wi. rührenden Charakter. Von den an⸗ 
jeren Mitgliedern des Kaiserhauses waren außer⸗ 
»em der Kronprinz, die Prinzen Wilhelm und 
Alexander von Preußen und der Erbprinz von 
Sachsen-⸗Meiningen auf dem Bahnhofe anwesend; 
nuf demselben hatte auch die vom 2. Garderegi⸗ 
nent gestellte Ehrenwache, sowie ein sehr glänzen⸗ 
»es und zahlreiches Offizierscorps. Aufstellung ge⸗ 
wommen. Nach den üblichen Vorstellungen des 
HZefolges u. s. w. fuhren der Kaiser und der 
ßrinz-Regent in geschlossener Gala-Equipage unter 
zen braufsenden Hochrufen des zahlreich versammel—⸗ 
en Publikums nach dem königlichen Schlosse. wo 
Brinz Luitpold Absteigequartier genommen hat. — 
die Presse der Reichshauptstadt widmet dem Prinz 
Regenten sympathische Begrüßungsortikel. U. A 
schreibt die „Nat. Zig.“: „Wenn König Ludwig U. 
s niemals über sich gewann, in der Reichshaupt— 
tadt zu erscheinen, so hat dies das Vernauen in 
die reichstreue Gesinnung der Regierung und der 
Bevölkerung Bayerns nicht vermindert; aber es 
zlieb bei alledem ein schmerzlich empfundener 
Mangel, daß zwischen dem führenden und dem 
weitgrößten Staate des Reiches diejenige sympa⸗ 
hische Verbindung fehlte, welche in dem herzlichen 
Jersönlichen Verkehre der Herrscher zum Ausdruck 
ommt. Um so freudiger wird in den weitesten 
reisen der Befuch des Prinzen Luitpold begrüßt 
werden, welcher mit starker Hand und nationalem 
Sinne Bayern durch eine traurige Crisis hindurch 
geführt und in ganz Deutschland die Ueberzeugung 
zefestigt hat, daß der Hader der deutschen Stämme 
ür immer beseitigt, die nationale Einheit uner⸗ 
chütterlich begrundet ist.“ — An diesem Freitag, 
zeute, gedenkt der Prinz Regent Luitpold in Dres⸗ 
den einzutreffen, um der saächsischen Königsfamilie 
einen Besuch abzustatten. 
* Der Reichstag hat, nachdem er an den 
zeiden ersten Tagen dieser Woche neben den ersten 
desungen der Vorlagen über die Veränderung des 
Servistarifs und über die Errichtung eines orien⸗ 
ralischen Sprachenseminars verschiedene Etatstheile 
aach meist unerheblicher Debatte erledigt, am Schlusse 
»er Dienstagssitzung in seinen Arbeiten eine zwei⸗ 
ägige Pause eintreten lassen. Allgemein war er⸗ 
vartet worden, daß das Plenum die Sitzungen 
his kommenden Montag vertagen würde, um vor 
Allem der Militaircommssion Zeit zu ihren Berath⸗ 
ungen zu gewähren; es scheint nun, als ob diese 
Pause mit Rücksicht auf die Dringlichkeit der Etats⸗ 
»eraihung abgekürzt worden ist. — Die Mili— 
adircommission des Reichstages hat an 
iesem Donnerstag ihre Sitzungen unter dem 
Bräsidium des Centrumsmitgliedes Grafen Ballestrem 
röffnet. Betanntlich sollen die Verhandlungen 
ertraulich geführt werden, da der preußische Kriegs 
ninister nur unter dieser Bedingung die von ihm 
Herheißenen wichtigen Mittheilungen machen wollte, 
da aber jedes Reichssstagsmitglied das Recht hat, 
en Commissionssitzungen beizuwohnen, so wird die 
Zache der Geheimhaliung ziemlich schwierig und 
in Gesetze oder Zwangsmittel, die Reichstagsabge⸗ 
cdneten zur Amtsverschwiegenheit zu verpflichten, 
zibt es nicht. Bis ietzt läßt sich noch nicht absehen, 
vie der votliegende eigenthümliche Fall, der sich in 
den parlamentarischen Annalen noch nie ereignet 
hat, seine Losung finden wird. 
Von sozialdemokratischer Seite wird im Reichs⸗ 
jage beantragt, im Wege der Gefetzgebung eine 
Aenderung der Bestimmungen der Zivilprozeß · 
»xdnung über die Zwangsvollstreckung 
aach der Richtung zu bewirken, daß die Zahl der 
hon der Pfändung befreiten Gegenstände und For⸗ 
derungen dermehrt und soweit erforderlich, noch 
genauer spezialisirt und auch das Zurückbehaltungs⸗ 
recht der Vermiether und Verpächter an den sonst 
don der Pfändung befreiten Gegenständen aufqge⸗ 
hoben werde. 
Ueber die Beziehungen zwischen F rankreich 
ind Rußland berichtet der St. Petersburger 
Torrespondent des Reuter'schen Bureaus in London 
interem 4. ds.: Obwohl aligemein zugegeben wird, 
daß Herr von Laboulaye, der neue französische 
hotschafter, einen sehr günstigen Eindruck bei Hofe 
gemacht hat, wo Se. Excellenz außerst huldreich 
mpfangen wurde, so macht sich in amtlichen Kreisen 
och eine Tendenz bemerklich, den Ton übertriebener 
Foinplimente, welche die russischen Journale bei 
xkrwähnung des neuen Vertreters Frankreichs an⸗ 
chlagen, mit Mißbilligung anzusehen. Man weist 
darauf hin, daß diese schmeichelhaften Anspielungen 
muf Herrn von Laboulaye und die französische 
sation dazu angethan sind, den unrichtigen Glauben 
zu erwecken, daß Rußland auf dem Punkte siehe, 
mit Frankreich ein Bündniß abzuschließen, welcher 
Findruch irrihümliche Ideen in Frankreich und 
leichzeitig Mißtrauen in Deutschland hervorrufen 
ürfte. Mit Bezug auf letztere Macht wird be— 
tätigt, daß von der russischen Regierung an einen 
Zruch mit Berlin nicht gedacht wird; und da dem 
o ist, ist man der Ansicht, daß die rusischen Jour⸗ 
sale ein unheilvolles Verfahren verfolgen, indem 
je ein Gefühl des Mißtrauens wachrufen, welches 
jur die Wirkung haben kann, in den gegenwärtigen 
nternationalen Ünterhandlungen Deutschland weniger 
nünstig gesinnt zu stimmen, und auf diese Weise 
stußland der Wohlthat seiner Bundesgenossenschaft 
u berauben. Die wirkliche Lage der Dinge in 
getreff Frankreichs und Rußlands soll folgende 
ein; Rußland anerkennt völlig, daß Frankreich 
zurch seine Haltung in der bulgarischen Frage ein 
stecht auftseine Sympathie erworben hat; aber dem⸗ 
ingeachtet kann es —, da die Regierung des 
Zaren gegenwärtig nicht die Absicht hat, ihre Po— 
itk zu modificiren oder anders zu gestalten — 
xrankreich nicht als Bundesgenossen für den morgenden 
Tag, sondern einfach für eine ausgezeichnete Re— 
erbe im Falle der Noth betrachten, die im Stande 
väre, die Stärcke der Feinde Rußlands abzuschwächen 
ind zu neutralisiren, und sie zu zwingen gegen— 
iber dem Zaren-Reiche ein weisere Politik zu ver⸗ 
olgen. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 9. Dez. Die Kommission für die 
Milisärvorlage hielt heute unter zahlreicher Betheilig⸗ 
aing von Abgeordneten und Mitglieder des Bundes⸗ 
athes ihre erste Sitzung ab. Nach kurzer Geschäfts- 
»rdnungsdebatte üder die Geheimhaltung gewisser 
Ziffern, welcher Richter widerspricht, theilte der 
riegsminister mit, die Vorlage habe Eile, weil 
das Mobilmachungsgesetz am 1. . April beginne. 
domme das Gesetz nicht bis 1. Januar zu Staͤnde, 
id önne die nothwendige Aenderung in der Mobil- 
machung nicht vorgenommen werden. Uber die 
wuswärtige Lage Mittheilung zu machen, sei nicht 
seine Sache, er wisse auch picht, ob der Reichs⸗ 
tanzlet über die gegenwärtigen Friedenschancen Aus⸗ 
kunft geben wolle, Jedenfalls sei ein Krieg 
nicht unmöglich. Er könne aber die Vorlage 
aus millitärischen Gründen vertreten und lasse 
politische Fragen außer Acht. Der Kriegsminister 
machte hierauf weiter Mittheilungen über österreich⸗ 
sche und russische Militärverhältnisse. die sich zur 
Veröffen tlichung nicht eignen. Deutschland müsse auf 
eignen Füßen stehen. Er suchte nachzuweisen, daß 
gegenüber Frankreich Verstärkungen nothwendig seien. 
Di Nachrichten über gewisse Dislokationszustände 
sollten geheim bleiben. An dem Septennat bittet der 
Minisler festzuhalten. 
Berlin, 9. Dez. In der Militär⸗Commission 
herbreitete sich der Kriegsminister ferner über die 
Heeresstärke der Nachbarstaaten. Er sagte, die 
oͤsterre ich ische Heeresmacht seinder r u s⸗ 
sischen nicht gew ach sen. Deutschland stehe 
dinter Frankreich zurück. Die Zahlenangaben hat 
der Minister wiederholt als vertrauliche behandelt. 
Er sagte wörtlich: „Jedenfals ist die Möglichkeit 
eines Krieges nicht ausgeschlofsen.“ Die Commission 
heschloß hierauf, in die Generaldebatte einzutreten. 
—— — 
Ausland. 
Wien, 8 Dez. Von einer dem Fürsten 
Alexander von Battenberg nahe stehenden Seite 
wird der „Pol. Corr.“ mitgetheilt, daß der Prinz 
sich allen ihm von Privaten in Bulgarien ange⸗ 
kündigten Besuchen gegnüber entschieden ablehnend 
berhailen, und jeden sich in solcher und anderer 
Weise bieltenden Anlaß ergriffe n hat, um die Un⸗ 
erschütterlichkeit seines Entschlusses im Privatleben 
zu berharren, in einer jeden Zweifel ausschließenden 
Weise zu betonen. 
Petersburg. 8. Dez. Bei dem heutigen 
Banfel anlaßlich des Georgs⸗Ordenfestes 
grachte der Kaiser, zu dem anwesenden General 
Schweinitz sich wendend, einen Toast auf die Ge⸗ 
jundheit des Kaisers Wilhelm, als des ältesten Ritters 
des Georgsordens, aus. 
Petersburg, 7. Dez. Eine indirekte Meldung 
der IFretf. Ztg., besagt: Den hiesigen Redaktionen 
ist verboten worden, über die militärischen 
Vorbereitungen, Truppendislokationen ⁊c., 
Nachrichten zu bringen. 
Konstontinopel, 8. Dez. Von den in 
Deutschland dienenden türkischen Offizieren sind kürz⸗ 
lich drei avancirt, worauf der Sultan sofort dem 
Fhifer Wilhelm gedankt, jene drei Offiziere 
dekorirt und zu seinen Abiutanten ernannt 
hat. (Fr. Ztg.)