Full text: St. Ingberter Anzeiger

Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 10. Dez. Morgen Abend 
producirt sich im Saale des Herrn P. Schweitzer 
der Frankenthaler Athhet Rauscher. Ueber dessen 
Leistungen sprechen sich verschiedene Zeitungen sehr 
günstig aus. So schreibt die „Gegenwart“ vom 
29. Nov.: „Nächsten Sonntag wird sich dahier der 
„stärkste Herkules und Preisringkämpfer der Welt“, 
Herr Jean Rauscher aus Frankenthal, produziren. 
Wo Herr Rauscher bisher aufgetreten, rief er 
stets das Erstaunen des Publikums und die höchste 
Bewunderung seiner Kraftleistungen hervor. Herr 
Rauscher ist erst 24 Jahre alt, hat eine Grötze 
bon 1,72 m., einem Brustumfang von 1,07 m., 
seine Oberarme wessen 0,89 m. Bei diesen Ver⸗ 
hältnissen glänzt Herr Rauscher weder durch Größe 
noch Dicke, sondern durch die kolossale Körperkraft, 
die er besitzt; er „arbeitet“ nämlich mit Gewichten 
bvon 75, 96, 275 und 500 Pfund wie spielend 
mit größter Ruhe und Sicherheit.“ (S. Inseraten⸗ 
theil.) 
— Nach den bestehenden Vorfchriften müssen 
alle diejenigen Personen, welche für das nächste 
Jahr Legitimationsscheine zum Gewerbebetrieb im 
Umherziehen zu erhalten wünschen, den darauf be⸗ 
züglichen Antrag alsbald stellen, wobei es gleichgültig 
ist, ob sie einen solchen Schein bereits besessen haben, 
oder das Gewerbe erst beginnen wollen. Nur bei 
rechtzeitiger Beantragung wird es möglich sein, die 
nöthigen Vorarbeiten so zeitig zu bewirken, daß 
die Antragsteller bis zum Beginn des neuen Jahres 
im Besitze der Scheine sind und von da ab ihr 
Gewerbe unbegnstandet betreiben lönnen. Die Aus—⸗ 
ttellung der Scheine erfolgt durch die kgl. Bezirks— 
imter, jedoch haben sich die Antragsteller mit einem 
Zeugnisse der Ortspolizeibehörde zu versehen, durch 
welches die Befähigung zur Ausübung des Gewer⸗ 
bebetriebes im Umherziehen nach den gesetzlich vor⸗ 
geschriebenen Bestimmungen nachzuweisen ist. 
— Landau, 8. Dez. (L. T.) Gestern Abend 
gegen 6 Uhr kam ein dem Anscheine nach gutsitu— 
rter Bauersmann in die Tuchhandlung des Hern. 
Kimmel, obere Marktstraße, und ließ sich Stoff zu 
einer Hose im Werthe von 8 Mk. vom Stück ab⸗ 
messen. Nach Empfangnahme der gekauften Waare 
erkiärte der Fremde, er habe kein Baargeld, und 
fragte den Besitzer des Ladens, ob er als Zahlung 
einen Wechsel annehmen würde. Auf dessen Be— 
jahung überreichte er einen solchen im Nominalwerthe 
von 180 Mk., worauf Herr K. dem Käufer des 
Hosenstoffes noch 175 Mk. einhändigte. Kaum 
waren zehn Minuten verstrichen, als ein College 
des vermeintlichen Bauern in den Laden kam und 
ebenfalls Stoff zu einer Hose für 8 Mi. kauste. 
Dieser überreichte Herrn K. nun einen Wechsel über 
400 Mk., auf welchem derselbe 392 Mk. heraus⸗ 
gab. Nach Entfernung der Käufer fiel es Herrn 
K. erst ein, sich zu vergewissern, ob diese Wechsel 
auch ächt seien, und man denke sich den Schrecken 
desselben, als er erfuhr, daß beide Wechsel keinen 
Pfennig Werth haben. 
— Bergzabern, 8. Dez. Ein schulpflichtiger 
Junge dahier hatte in voriger Woche seinen Eltern 
einen kleinen Geldbetrag entwendet und sich hierauf, 
wahrscheinlich aus Furcht von Strafe, von zu Hause 
entfernt, ohne daß Jemand über seinen Aufenthalt 
eine Ahnung hatte. Gestern wurde der seit vorigen 
Freitag vermißte Galgenstrick im Gänsestall eines 
Nachbarhauses, wo er sich ein Strohnest bereitet 
hatte, gefunden. Wahrscheinlich hat er sich von dem 
entwendeten Gelde zur Abendzeit Nahrungsmittel 
gekauft und so sein Leben mehrere Tage hindurch 
gefristet. 
— Speier 7. Dez. Zur Errichtung eines 
evangelischen Krankenhauses in Metz wurde eine 
Collecte in sämmtlichen protestantischen Kirchen der 
Pfalz genehmigt und wird dieselbt am zweiten 
Weihnachtstage vorgenommen werden. Ein sehr 
großer Theil der meist armen Einwanderer in 
Metz stammt aus urserer Pfalz. Wenn darum in 
den anderen deutschen Staaten aus allgemein 
menschlichen, religiösen oder nationalen Rücksichten 
die Errichtung eines evangelischen Krankenhauses in 
Metz eifrig gefördert wird, so haben die Protestanten 
der Pfalz doppelte Veranlassung, dieses Werk durch 
milde Gaben zu unterstützen, da durch dasselbe nicht 
blos für ihre Glaubensgenossen, sondern auch für 
ihre speciellen Landsleute, wenn sie in der Fremde 
erkranken in zweckmäßiger Weise gesorgt wird. 
— Weisenheimla. S., 8. Dez. Der 
Stationsverwalter Herr Gottfried Rübel ist heute 
früh plötzlich infolge eines Schlaflusses verschieden 
Pfälzisches Schwurgericht. 
IV. Quartal. 
Zweibrücken, 7. Dezbr. Verhandlung 1) 
jegen Johann Fischer, Wirth von Bebelsheim, 
wegen betrügerischen Bankerotts; 2) gegen Johann 
Michael Körner, Wirth von Blieskastel, wegen 
Beihülfe hiezu. 
Am 9. Februar 1886 wurde durch Beschluß 
des k. Amtsgerichts Blieskastel über das Vermögen 
der Eheleute Fischer in Bebelsheim das Konkurs⸗ 
herfahren eröffnet; zum Konkursberwalter war der 
rühere Geschäftsmann Schütz von Blieskastel er— 
nannt worden. Bei der Aufnahme des Vermögens 
ind der Schulden der Gemeinschuldner durch den 
donkursberwalter gab Fischer den Mitangeklagten 
dörner als seinen Gläubiger an, dem er den Betrag 
bon 9500 M. schulde. Obwohl sogleich Zweifel 
iber die Existenz und Höhe dieser Schuld aufkamen 
und ihm gegenüber geltend gemacht wurden, blieb 
er doch auf seinen Angaben bestehen. Der Ange— 
lagte Körner hat nun in dem Konkursverfahren 
die Forderuug von 9500 M. angemeldet. Derselbe 
satte jedoch niemals an den Angeklagten Fischer 
eine so hohe Forderung gehabt und hatte zur Zeit 
»er Konkurserklärung höchstens 1000 M. an den- 
elben zu beanspruchen. Im Prüfungstermin er— 
näßigte er auf ernstliches Zureden seine Forderung 
infangs auf 1000 und später auf 500 M., indem 
er angab, er habe mittlerweile von Verwandten des 
Fischer Deckung erhalten. 
Der Angeklagte Fischer betrieb in Bebelsheim 
ine Wirihschaft, zu seinem Unglück fiug er einen 
hdolzhandel an, dem er keineswegs gewachsen war 
Unglücksfälle, Mangel an Kredit und Geschäfts 
enntniß führten. bald seinen finanziellen Ruin herbei. 
Fischer giebt die ihm zur Last gelegte That unum⸗ 
vunden zu und bezeichnet als Grund, er habe das 
Sondergut seiner Frau, welche durch Bürgschafts⸗ 
eistung mit ihm in Konkurs geralhen war, zum 
Theil retten wollen. Fischer bekam wähtend der 
Beweisaufnahme den Leumund eines braven und 
Ixdentlichen Mannes ausgestellt, Körner dagegen 
aicht. Letzterer erklärte, Zureden und Drohen, so⸗ 
vie Mitleid habe ihn zur Anmeldung der Schein⸗ 
forderung bestimmt. 
Den Geschworenen wurden Fragen aus 8 209 
3. 2 und 212 3. 2 der Konturs Ordnung vor— 
gelegt. Der Vertreter der k Staatsbehörde führte 
aus, daß Fifcher eine Schuld, die theilweise erdich⸗ 
tet war, anerkannt hatte, nachdem er bereits in 
donkurs erklärt war, und daß Körner erdichtete 
Forderungen in dem Konkursverfahren geltend ge— 
nacht habe. Der Thatbestand sei vollständig er— 
viesen und auch zugegeben. 
Die Geschworenen bejahten die Schuldfragen, 
'ndem sie dem Angeklagten Fischer mildernde Um⸗ 
tände zuerkannten, dem Körner dagegen nicht. Das 
Bericht verurtheilte hierauf den Angeklagten Fischer 
zu einer Gefängnißstrafe von 1 Jahr, den Ange—⸗ 
lagten Körner zu einer Zuchthausstrafe von 1l Jahr 
ind Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf 
die Dauer von 3 Jahren. 
Zweibrücken, 7. Dez. Verhandlung gegen 
Johannes Donauer, 20 J. alt, Dienstknech 
ron Neunkirchen, wegen Brandstiftung. 
Im Sommer 1884 hat der Angeklagte in der 
Nähe von Neunkirchen am Potzberg auf einem Acker 
100 kiefern Wellen im Werthe von ungefähr 15 
M. in Brand gesetzt und wurde deshalb vor etwa 
‚wei Monaten in Untersuchungshaft genommen. Er 
gesteht seine That ein und sagt, er wisse nicht, wie 
r zu diesem leichtsinnigen Streich gekommen. 
Die Beweisaufnahme war eine kurze. Der k 
Staatsanwalt überließ es dem Ermessen der Ge— 
chworenen, ob sie auf Sachbeschädigung oder auf 
zraudstiftung unter mildernden Umständen erkennen 
voslten. Die Geschworenen erkannten auf Sach⸗ 
heschädigung, worauf das Gericht den Angeklagten 
inter Anrechnung der erlittenen Untersuchungshaft 
u einer Gefängnißstrafe von 3 Monaten verur 
heilte. 
Zweibrücken, 8. Dez. Redakteur Hanft 
»om „Pfälz. Volksbl.“ wurde vom Schwurgericht, 
veil die Geschworenen die Schuldfrage, den Prinz⸗ 
Regenten beleidigt zu haben, verneinten, freige— 
prochen. 
Vermißschtes. 
4 Metz, 7. Dez. Mitte vorigen Jahres wurde 
die Reichsbank in Hamburg um 200,000 Mt. be⸗ 
tohlen; jetzt sind die Diebe, zwei Engländer namens 
Anderson und Barton, von der französischen Polizei 
der deutschen Vehörde in Noveant überliefert word 
Dieselben waren nach Frankreich geflüchtet e— 
dort neue Gaunereien ausgeführi und wurden 8 
nach verbüßter Strafe, auf Verlangen au —* 
land ausgeliefert, uu in Hamburg neuerdings 
Gericht gestellt zu werden. or 
Mülhausen, 7. Dezbr. Man wird sich 
erinnern, daß vor nunmehr Jahresfrist der Wein. 
häudler Eduard Nithardt von hier wegen Wein. 
fälschung zu 18 Monaten Gefängniß und zu —* 
Geldbuße von 60 000 Mt. verurtheilt wurde. Ein 
Nachspiel dieses Prozesses fand gestern vor der hie⸗ 
sigen Strafkammer fslatt, indem jetzt der Vater de 
Eduard Nuhardt, der Weinhändler Franz Xabe 
Nithardt, unter der gleichen Anklage wie sein Sohn 
vor Gericht stand. Nithardt Vater hatte sich da 
mals der Untersuchung durch die Flucht ins Aus. 
land entzogen, von wo er erst zurückkehrte, alz 
gerichtlich seia Vermögen mit Beschlag belegt wurde 
Er will von den Manipulationen seines Sohne 
nichts gewußt haben; doch wurde er des Gegen 
cheils überführt und zu 1 Monat Gefängniß, sowi 
zu einer Geldbuße von 80,000 Mark verurtheill 
dem Antrage der Staatsanwaltschaft gemäß. Im 
Falle der Nichtzahlung tritt an Sielle der Geld— 
rafe eine zweijährige Gefängnißstrafe. Die Strafe 
würde noch höher ausgefallen sein, wenn nicht di⸗ 
dränklichkeit und das hohe Alter des Verurtheilten 
mit in Berücksichtigung gezogen wären. Das Ge— 
richt fand den Nithardt in mindestens 50 Fällen 
des wissentlichen Verkaufs gefälschter Weine unter 
Verschweigung dieses Umstandes, sowie in 30 Fällen 
des Betrugs schuldig. 
Mainz, 8. Dez. Im Dom wurde heute 
morgen Herr Domkapitular Erler, während er die 
heilige Messe celebrirte, von einem Blutsturz befallen 
so daß der alte Herr von dem Altar hinweg getragen 
werden mußte und die Messe dadurch unterbrochen 
wurde. Die zahlreichen Andächtigen waren natür— 
lich ob dieses Vorfalles aufs Höchste erschreckt. 
Der „Koöln. Zig.“ wird aus Frankfurt 
geschrieben: „Oberbürgermeister Dr. Miquel is 
am Sonntag früh nach Berlin gereist und noch nicht 
zurügekehrt. Weitere Kreise bringen diese Reise in 
Zusammenenhang mit Verhandlungen, welche dami 
endigen können, daß der Oberbürgermeister von Frank 
furt seiner gegenwärtigen, für die Stadt so segens— 
reichen Thätigkeit entführt würde. Im besonderen 
Interesse unserer Stadt wäre zu wünschen, daß die 
Vermuthungen diesmal ebenso unbegründet seien 
wie bei fühecen ähnlichen Anlässen.“ 
F GMünchener Journalistik.) Ein 
Münchener kleines Blatt ärgert sich, daß das Siglsche 
„Vaterland“ in den Zeitungen so oft citiert und 
ihm „eine Wichtigkeit beigelegt wird, welche di 
Thatsachen nicht im entferntesten rechtfertigen.“ Dr 
Sigl antwortet dazu: „Konservatives Neidhämmel 
chen, warum ärgerst du dich? Da gibts nur ei 
Mittel zur Abhülfe: Schreib du das „Vild. 
und es wird gewiß nicht mehr citiert werden. Servus 
College!“ 
FChemnitz, 8. Dez. Der Raubmörden 
Schroth wurde heute zum Tode verurtheilt. 
07 Gondem berühmten Texte! 
„Mutter, der Mann mit dem Koks ist da“ gib 
es jetzt eine neue Bariation, welche lautet: 
Muiter, der Herr Referendar ist da! 
—A—— 
Ich hab kein Geld, er hat kein Geld — 
Wenn er nun durch das Examen fällt! 
Weiß oder schwarz? Man schreibt den 
Berl. Tagbl. aus Ratzeburg: Kürzlich wurde von 
einigen Herren hiersetbst behauptet, Negerkinder 
kämen weiß zur Welt, was von anderer Seit⸗ 
heftig bestritten wurde. Aus dem Streit entwickelt 
sich eine Wette um 6 Flaschen Wein. Zu Kampf 
richteru wurden erwählt die Herren Thierhändlet 
Hagenbeck in Hamburg und Professor Virchow in 
Berlin. Prompt trafen die Antworten beide 
Herren ein. Sie lauten; 
„Hamburg, 29. Nov. 1886. Negerkinder 
kommen schwarz zur Welt. Die einzige Aus 
nahme dieser Regel ist, daß die Schornstein⸗ 
feger unseres Heimathlandes das Reich mi 
weißen Kindern bedölkern. 
Ergebenst Karl Hagenbeck.“ 
„Berlin, 2. Dez. 1886. Die Negerkinde 
werden nicht schwarz gebopren. Ob Sie der 
Zustand der Neugeborenen weiß nennen wollen 
stelle Ihnen anheim. 
Virchow, Professor.“ 
Wer hat nun recht, der Praktikus oder de