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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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4J.
Saunmstag, 18. Dezember 1888.
21. Jahrg.
it; Ueber die Beziehungen zwischen Frankreich und
F Politische Uebersicht. sußland äußzert sich ein über die Anschauungen in
Der Kaiser erfreut sich trotz der gegen⸗ bariser diplomatischen Kreisen augenscheinlich bestens
oartig nicht besonders gunstigen Witterung des er⸗ interrichteter Correspon dent der „K. Z.“ in fol⸗
oünschtesten Wohlbefindens, auch das kürz gender bemerkenswerther Weise: „Es sind in der
ich gegen das taiserliche Palais verubie Bubenstuck That in jüngster Zeit, wenn auch nicht auf amt⸗
at den greisen Monarchen glüclicher Weise nicht ichem Wege, so doch von autoritativer Seite, An
m Geringsten alterirt. Der Verüber der Frevei- krengungen gemacht worden, Rußland und Franbk⸗
hat, der unterstandslose Schlosser Boenicke, welcher, reich so eng zusammenzuschmieden, daß die beiden
vie er selbst gestanden hat, den Stein in das histo- jegenüber anderen Mächten ˖ ein einziges Ganzes
ische Eckfenster schleuderte, um ein „Unterkommen“ dilden würden, bereit einen gemeinsamen Kampf
u finden, befindet sich natürlich in polize iüchem degen diese aufzunehmen und durchzuführen; aber
Zewahrsam. Hoffeuntlich wird der freche Bursche zieses ‚Liebeswerben“ ging nicht von Frankreich,
ime ganz exemplarische Strafe erhalten. s ging von Rußland aus. Diejenigen, die dabei
ꝛesonders thätig gewesen sind, stehen theilweise so
hoch, daß es wohl besser ist, ihre Namen hier nicht
u nennen. (11)) In welchen Maße die öffentliche
Meinung in Rußland aber für den Erfolg jener
Bemühungen eingenommen war, das erhellt aus
der Haltung der tonangebenden russischen Zeitungen,
die wochenlang mit Feuereifer für einen engen
Anschluß Rußlands an Frankreich plaidirt haben
und dies theilweise noch heute thun. Sollte es
also zutreffen, daß Freycinet gestürzt worden ist.
veil man in Frankreich mit seiner auswärtigen
zZolitik, die eine entschieden friedliebende war Un⸗
ufriedenheit empfand, so wäre dies ein bedenkliches
Symptom, denn es gübe der Befürchtung Raum,
aß diejenigen Blätter recht haben, welche annehmen,
nan wolle in Frankreich einen kriegerischen Minister am
studer sehen, einen, der den russischen Liebeswerb ⸗
ingen williges Ohr liehe und bereit wäre, sein,
ind Frantreichs Glück auf eine Karte zu setzen
ind va banque zu spielen, indem er, Frankreich
nit Rußland verbindend, nach btutigen Händeln
uchte, von deren siegreichem Ausgange allein viele
n Frankreich das Ende der jetzigen franzöfischen
Notlage erwarten.“
Kaiser noch die Familie Coburg opponieren der
Annahme der bulgarischen Fürstenwürde. Kalnoky
zlaubt, diese Kandidatur werde wohl überall eine
ympathische Aufnahme finden; die Sobranie könne
eine hessere Wahbl treffen.
Lokale und pfälzische Rach rid ten.
— Durch Prüsidial⸗Beschluß des bayerischen
Veteranen⸗, Krieger, und Kampfgenossen⸗Bundes in
München wurde Freiherr v. Seckendorff in Ed en⸗
koben auch als Bezirks-Obmann des genannten
Bundes für das Bezirksamt Landau aufgestellt.
— Mundenheim. 15. Dez. Die auf's
Peinlichste gepflegten Recherchen nach dem nun
schon vierzehn Tage verschwundenen Söhnchen
des Mauerers Matheus Weiß haben bis jetzt nicht
die geringsten Anhaltpunkte über den Verbleib des⸗
selben ergeben.
— Bei dem sog. „Kleedeich,“ in nächster Nähe
von Munden heim, wurde eine weibliche Leiche
aufgefunden und dieselbe als die der Margaretha
Wettengel aus Ludwigqshafen erkannt.
Vermisßchtes.
7 Nennkirchen, 18. Dec. Gestern Abend gegen
8 Uhr verunglückten beim Schießen zu Grube
„Dechen“ 83 Bergleute, darunter ein hier wohn⸗
jafter Bergschüler Namens Wagner aus Dirmingen
die andern beiden sind von Wiebelskirchen. Die
Unglücklichen, mehr oder weniger schwer verletzt.
vurden gegen1/2 10 Uhr in's hiesige Knappschafis⸗
azareth verbracht. — In der Nacht von Samstag
uuf Sonntag verunglückte auf Grube „Heinitz“
ebenfalls beiim Schießen der Bergmann Emmrich
ius Elversberg, wobei derselbste nicht unerhe bliche
Lerletzungen am Kopfe davontrug. Emmrich ist
zerheirathet nnd Vatet von 4 Kindern.
FMannheim, 15. Dez. In der heutigen
Schwurgerichtssitzung wurde der verantwortliche
Redakteur der „Neuen Bad.“ Landeszeitung“, Vin⸗
enz Becker, wegen Beleidigung eines Beamten durch
zie Presse, zu zwei Monaten Gefängniß verurtheilt.
Der inkriminirte Artikel kritisirte die Thätigkeit der
deidelberger Bahnbetriebs⸗Inspektion.
F Man schreibtaus Pforzheim: Seit dem
Auftreten des Hypnotiseurs Geo. Schmidt ist es
jier zur förmlichen Mode geworden, in allen Ge⸗
ellschaften wissenschaftliche und und unwissenschaft⸗
iche Versuche mit dieser geheimnißvollen
draft zu machen, umsomehr, als sich hier
zerschiedene Leute als eben so kräftig einwirkende
»ypnotiseure „entdeckten“, wie Geo. Schmidt oder
dansen. Die Sache kann aber auch ungemüthlich
verden, das zeigte sich dieser Tage bei einem Essen,
velches in einem hiesigen Gasihof von einer größeren
Besellschaft veranstaltet worden war. Nach Tisch
vurden ebenfalls hypnotische Versuche gemacht.
Finige Medien verfielen aber anstatt in den harm⸗
osen Dusel in vollständige Tobsucht, schlugen mit
Ztühlen um sich wie rasend, richteten eine große
Zerstörung unter Spiegeln, Kandelabern, Flaschen,
Bläsern u. dergl. an, und bedrohten ihre Tischge⸗
idssen in lebensgefährlicher Weise,. so daß eine
allgemeine Panik entstand. Nur mit Anwendung
zußerster Mühe und überlegener Gewalt konnten
die Rasenden gebändigt und allmählig wieder in
vachenr Zustand zurückversetzt werden, wobei sie sich
ehr ve wunderten über das Unheil, welches sie an⸗
jerichtet hatten. Der „Spaß“ dürfte etwas theuer
inmmen
Wie die „Köln. Ztg.“ mittheilt, sei unter Um—
sänden eine kaiserliche Boischaft im Reichs—
age zu erwarten, welche demselben die schleunige
Erledigung der Militärvorlage zur Pflicht machen
hürde.
*Die Verhandlungen der Militärkommission
es Reichstages gestatten leider noch immer keinen
migermaßen ficheren Schluß auf das endliche Schick⸗
il des Septennatsentwurfes — Centrum und
Nutschfreisinnige verschleiern eben noch immer ihre
?tellungnahme zu der Vorlage. Die Generandebatte
n der Commission hat ungeachtet ihrer viertägigen
dauer in sachlicher Hinsicht nichts besonders Neues
ebracht und auch die am Dienstag begonnene
Pezialdis kussion scheint die Entscheidung noch nicht
eitigen zu wollen. In der Dienstagssitzung, in wei ·
her zunächst F52 C Formirung der Infanterie in
534 Bataillone, der CTadallerie in 465 Schwadro ⸗
ien, der Feldartillerie in 364 Batterien, der Fuß⸗
irtillerie in 31, der Pioniere in 19 und des Trains
a 18 Bataillone) erörtert wurde, befürwortete der
driegsminister Bronsart von Schellendorf, unter⸗
fützt vom Generalmajor von Hänisch, lebhaft die
inzelnen Positionen uͤnd wurden eigentlich nur vom
Ibg. Richter fortgesetzt Einwendungen gemacht, die
ich auf die verschiedensten Punkte bezogen. Da es
in dem genannten Tage zu einer Abstimmung noch
icht kam, so lohnt sich eine Wiedergabe der zum
cheil sehr ins Einzelne gehenden Verhandlungen
icht und verdient nur gegenüber den Vermängel⸗
engen der Freisinnigen Abgeordneten die Erklärung
es Kriegsministers hervorgehoben zu werden, daß
immiliche Forderungen für den Kriegsfall berechnet
eien. Die bisherigen Verhandlungen der Commis⸗
son machen überhaupt den Eindruck, als ob es in
erselben zu gar keiner Entscheidung kommen wird,
ondern daß sie erst in der zweiten Plenarsitzung,
avielleicht erst in der dritten Lesung der Mülitär⸗
orlage fallen wird — ein besonders erquickliches
Schauspiel geben wir dem Ausiande freilich damit
uchtet
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Deutsches Reich.
Berlin, 16. Dez. Nach der oben mitgetheilten
Abstimmung machte die Militärkommission eine Pause,
veil die Freifinnigen neue Anträge formuliren
vollten. Nach der Wiederaufnahme der Berathungen
vurden schließlich mit 16 gegen 12 Stimmen statt
zer in Paragraph J der Vorlage geforderten Frie-
denspräsenzstärke bon 468, 409 Mann nur 450,000
Mann, und zwar nur auf drei Jahre bewilligt.
Berlin, 16. Dez. Inr der heutigen Sitzung
der Mil itärkommission wurden zunächst die Abänder⸗
ungsan iräge abgelehnt. Hierauf wurde Varagraph
2 der Regierungsvorlage über die Formation der
rmee vom 1 April 1887 ab mit 16 gegen 12
Stimmen ebenfalls abgelehnt.
Ausland.
Wien, 15. Dez. Die bulgarische Deputation
jat gestern dem Prinzen Ferdinand von Coburg
zie bulgarische Fürstenwürde förmlich angeboten
ind sich bereit erklürt, sowohl für die Annahme
einer Kandidatur seitens der Sobranje, deren sie
zcher sei, als auch seitens der Mächte thätig zu
»in. Prinz Ferdinand erklärte sich nach vorheriger
zenehmigung des Kaisers Franz Josef geneigt, die
Fürstenwürde anzunehmen, jedoch unter der Voraus⸗
etzung daß, sämmtliche Mächte zustimmten. Man
Jlaubt, Deutschland werde diese Kandidatur in
Betersburg propagiren. (Fr. Ztg.)
Wien, 15. Dez. Prinz Ferdinand Coburg
exklärte gestern dem Grafen Kalnoky weder der
Nach einem Telegramm des Hauptmanns Raben⸗
orst aus Wituland an den „Deutschen Colonial⸗
jerein?, in welchem die Ermordung Dr. Jühlke's
estätigt wird, soll auch Lieutenant Güntter, der
degleiter Jühlke's, ermordet, und nicht ertrunken
ein, wie seitens der deutsch- ostafrikanischen Ge⸗
ellschaft verbreitet wurde. Hach der „Berliner
Zörsen-Ztg.“ soll sich eines der an der Sansibar-
üste befindlichen Kriegsschiffe nach ismayu begeben,
im die Ursachen der Ermordetung Jühlke's klar⸗
ulegen. Vor Sansibar befinder sich gegenwärtig
as Kanonenboot „Hyäne“ und der Kreuzer „Mövbe“.