Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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M 388. Montag, 21. Februar 1883. 22. Jahrg.
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Deutsches Reich. 141
Darmstadt, 19. Februar. Fürst Alexander
oon Bulgarien ist gestern Abend hier wieder ein⸗
Jetroffen. Durch Rückfall im Wechselfieber wurde
er zur Rückreise gezwungen. F
Berlin, 18. Febr. Ueber eine Verstän⸗
»igungzwischen Belgienund Deutsch—
land für den Fall eines deutsch⸗französischen
strieges weiß der Berliner Korrespondent des „Stan⸗
dard“ folgendes zu melden: „Die deutschen Behör⸗
den find überzeugt, daß Frankreich über kurz oder
lang Deutschland angreifen werde. Die westliche
Brenze Deutschlands ist ihrem Ermessen nach ab⸗
solut unüberwindlich und sie find demnach zu der
Folgerung gelangt, daß die franzöfische Armee nur
uüber Belgien in Deutschland einfallen kann. Zur
Verhinderung einer solchen Gefahr verlangten die
Militärbehörden schon nach dem letzten Kriege nach—
drücklichst, daß Frankreich der sogenannten „Maas-⸗
linie“, welche Sedan, Nanch, Epinal und Belfort
in fich schließt, beraubt werden sollte, allein die
deutsche Diplomatie hielt diese Annexion zur da—
maligen Zeit nicht für nothwendig. Zur Ver—⸗
meidung der schlimmen Folgen dieser Unterlassung
wurde Belgien jüngst bewogen, seine Streitkräfte
zu verstärken, um seine französische Grenze zu
schützen, da Deutschland augenscheinlich Versiche⸗
rungen erhielt, daß es im Osten nichts zu fürchten
habe. Wenn Frankreich, wie in Berlin gefürchtet
wird, wirklich versuchen sollte, durch Belgien zu
marschieren und die beigischen Truppen sich als
unzureichend erweisen sollten, hat Deutschland dem
Vernehmen nach versprochen, einen Theil seiner
Truppen zu entsenden, um den Belgiern gegen die
Franzosen beizustehen. Deutschland betrachiet es
als sein Recht, in irgend einem Falle die Verletzung
der belgischen Neutralixzät zu verhindern und ich
lann aus befster Quelle mittheilen, daß es in voll⸗
lommener Uebereinstimmung mit diesem Recht, nö⸗
tigenfalls selbst durch Anwendung von Gewalt han⸗
deln werde“ I
Berlin, 19. Febr. Vom 9. Januar bis 12.
Februar sind von deutschen Eisenbahnstationen im
zanzen 1118 Waggonladungen Holz für den
Barackenb au nach Frankreich gegangen.
Die Nordd. Allg. Ztg. erwähnt eine rufssische
militärische Broschüre, in der behauptet wird, die
Festungen in Polen koͤnnten inklusive ihrer
dorgeschobenen Werke 800000 Mann aufnehmen.
Ausland.
Paris, 17. Februar. In der Kammer ver—
langte Dechanel die Erhöhung des Kornzolls auf
jünf Franken als Aequivalent für die industriellen
Schutzzölle.
Paris, 19. Februar. Mit gespannter Un⸗
geduld sieht man hier dem Ergebniß der Wahlen
jum deutschen Reichsstag vom Montag entgegen,
besonders denen von Eisaß⸗Lothringen. Fast alle
Blatter sind dermaßen von Wahlnachrichten über⸗
füllt, als ob es sich nur um Wahlen in Frankreich
selbst handle.
Wie der Pariser „Figaro“ miittheilt, hätte
Beneral Sauff i er, Kommandant von Paris, der
seit längerer Zeit zum Oberbefehlshaber im Falle
eines Krieges designirt war, erklärt, daß er in Folge
seiner Gesundsheitsverhältnisse nicht mehr in der
dage sei, eine solche Ernennung anzunehmen. Da⸗
tauf hin sei General Feverier, Kommandant
— Oberbefehlshaber
von dem Ministerrath gewählt worden. Der
„Figaro“ gibt zu verstehen, daß die Kandidatur
»es Generals Boulanger für diesen Posten
»amit beseitigt worden sei. Vorgesehen waren jetzt
für den Kriegsfall neben Saussier als Generallissi⸗
mus, General Billot als Befehlshaber für die
Nordarmee, die Generale Wolff und Fevrier für
die Armeen des Centrums, General Durant für
die Südostarme
Heute widerruft übrigens der „Figaro“ seine
Nachricht in Bezug auf General Saussier, in⸗
em er erklärt, derselbe leide schon lange nicht mehr
in seinen Verwundungen, erfreue sich einer ausge⸗
zeichneten Gesundheit und habe niemals Aehnliches
verlangt, wie angegeben.
In Rusiland ist man gegenwärtig wegen
der in Konstantinopel erlittenen diplomatischen
—„Schlappen gereizt. Die Verhandlungen der Pforte
ezüglich Bulgariens find als ergebnißlos zu be—⸗
cachten, da die Forderungen Zankows, der offen⸗
nar im russischen Auftrage handelt, in Sofia zu⸗
rückgewiesen worden. Ferner wird in Petersburg
die Wohl des griechischen Erzbischofs von Adria⸗
aopel, Dionysios, zum Patriachen, als eine Nieder⸗
age empfunden. Diese von der Pforte bestätigte
Wahl ist ein Sieg der hellenistischen Partei in der
xxthodoxen Kirche. Die panslavistischen Wühler
verden sich für diese Niederlagen durch verstärkte
Amtriebe in Bulgarien zu rächen suchen, doch hält
nan eine russische Besetzung noch immer nicht für
wahrscheinlich. Daß der Zar einen freundlichen
Brief an Kaiser Wilhelm gerichtet hat, wird der
„K. 3.“ offiziöss von Berlin geschrieben, scheint
eichtig. Derselbe soll aber schon eine geraume Zeit
zinaufreichen. J 9
Pest, 19. Februar. (Tel.) Die Abgeordneten⸗
ammer bewilligte den Kredit für die Landsturm⸗
Vorlage einstimmig. Tisza bezeichnete wiederholt
die Erhaltung des Friedens unter vollem Schutze
der Reichsinseressen als Ziel der Regierung. Das
Verlangen des Kredits geschah im Interesse des
Friedens, um im Falle eines aufgebürdeten Krieges
die Interessen dre Monarchie in defensiver Weise
vahren zu kfönnen. —
Wahßhington, 18. Febr. Der“ Kongreß
iahm eine Bill, betreffend das Verbot der Viel⸗
veiberei unter den Mormonen an.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
— *St. Inabert, 21. Februar, GBerichtig⸗
ing.) In Nr. 37 unseres Blattes hat sich bei der
Annonce der „Gemüthlichkeit“ seitens des Setzers
ein Fehler eingeschlichen, indem es heißen soll statt
Freunde „Frem de“. Eiehe heut. Inserat.)
Sit. Johann, 18. Febr. Der Reichsanz.
ꝛeröffentlicht ein allerhöchstes Privilegium. durch
velches die Stadt St. Johann ermächtigt wird,
Schuldverschreibungen im Betrage von 700000 Mt.
iusfertigen zu lassen.“ Durch diese Anleihe sollen
iltere städtische Schulden zurückgezahlt, sowie ein
Haswerk angekauft und mehrere städtische Anlagen
musgeführt werden. Die Anleihescheine, welche auf
200, 500, 1000 und 2000 Mk. lauten, müssen
nit 4 pCt. jährlich verzinst und« wenigstens mit
lula pCt. amortisirt werden.
— Pirmasens, 19. Febr. Die gestrige
Lersammlung reichstreuer Wähler im Hart⸗
muth'schen Saale war nach dem ,Kur.“ von mehr
als 1200 Männern besucht, darunter viele Hun⸗
derie Atbeiter. Es sprachen die HH. Oscar
drämer (derselbe wurde mit Hochrufen begrüßt),
Anwalt Rosenberger, dessen Rede Stürme
von Beifall entfesselte, Bezirksamtsaffessor Stobäͤus,
det mit Hrn. Detan Huth scharf ins Gericht ging,
und ein Arbeiter Namens Zimpfer. Ruhig und
leidenschaftslos ermahnte Letzterer seine Genossen,
kür Herrn Krämer zu stimmen. Er wies nach,
daß die Lage der Arbeiter jetzt in hiesiger Stadt
eine ganz andere, bessere sei, als früher, daß die
Arbeuler keinen Grund hätten, sich aufzulehnen und
unzufrieden zu sein. Ein kräftiges Bravo belohnte
seine Ausführungen. Nachdem Herr Banquier
Schneider die Versammlung geschlossen, wurde von
allen Anwesenden die „Wacht am Rhein“ gesungen.
— Man kann fich der freien Hoffnung hingeben,
daß Herr Oscar Krämer hier mit überwäl⸗
tigender Stimmenmehrheit gewählt wird.
(Zw. Tagbl.)
— Auf der Straße zwischen Gerolsheim
und Dirmstein wurde, ganz unter Schnee ver⸗
zraben, dicht an der Straßenböschung die Leiche
eineb Mannes aufgefunden. Ein Mädchen, das
zufällig über den Schnee wegschreiten wollte, wurde
die Entdeckerin des Verunglückten. Der Unglückiche
lag, mit über der Brust gekreuzten Armen mit dem
Angesicht nach oben. Unzweifelhaft muß die Person
hbereis bei dem ersten Schnee vor Weihnachten ver⸗
unglückt sein; die Haut der Stirn, des Gesichts
und der Hande ist größtenteils geschwunden, so daß
die Knochen freiliegen. Die Identität der Leiche
lonnte bis jetzt nach dem „F. T.“ nicht festgestellt
wverden.
WVermischtes.
Pfalzburg, 17. Febr. Ein furchtbares
Brandunglück hat vorgestern Nacht das orme
BZebirgsdorf Dagsburg heimgesucht; 87 Häuser
vurden ein kurzer Zeit bei starkem Ostwind einge⸗
ischert; die Einwohner retteten das nackte Leben
Die Noth ist groß; Hülfe muß geschafft werden.
dier hat sich ein Ortskomitee gebildet, welches bit⸗
et, gütige Gaben an Lebensmitteln und Kleidungs⸗
rücken an Herrn Pfarrer Küchli in Dagsburg zu
chicken, Geidsendungen dagegen an Herrn Ober⸗
oͤrster Dr. Kahl in Pfalzburg zu adressieren. Es
ehlt in Dagsburg an allem, namentlich an Klei⸗
ungsstücken für Kinder, welche mit Mühe und
Noth aus den Betten gereitet wurden.
Saargemuünd, 18. Februar. Die in⸗
olge Zahlungseinstellung der Firma J. Marx fils
inberufene Gläubiger⸗ Versammlung war von ca.
100, meistens hier und der nächsten Umgebung
msässigen Gläubigern besucht, während 83 nicht
zertreten waren. Die gehegten günstigen Erwar⸗
ungen sind leider nicht in Erfüllung gegangen.
Bei einer Ueberschuldung von annaͤhernd 200 000
Franken wurden 25/0 baar angeboten, weitere 100
oslen zur Hälfte am 1. Januar 1888, der Rest
im 1L. Januar 1889 zinsenlos bezahlt werden.
Von den Anwesenden haben 91 diese Vorschläge
ingenommen und sich unterschriftlich verpflichtet;
»er Rest konnte sich dazu nicht entschließen, bevor
eine Kommission von 8 Herren, die auch ernannt
vurden, die Bücher der Firma revidiert und über
den Befund Bericht erstattet haben. Die bis jetzt
dem Arrangement beigetretenen Gläubiger repräsen⸗
tieren nach der „Saarg. Ztg.“ über * der Passiv⸗
masse.
F Mentzz, 18. Februar. Am 14. d. M ist
von Arbeitern der in der Nähe von Deutsch-Oth
zefindlichen, der Gesellschaft Chatillon u. Comman⸗
ory in Paris gehörigen Erzgruben am hellen lichten
Taͤge, und zwar vormittags um 10 Uhr, in einer