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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. —*8*
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der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag⸗ Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöoͤchentlich mit Unterhaltungs⸗
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ä1J.—
Samstag, 15. Januar 1887.
22 Jahrg.
Politische Uebersicht. 9
Englische und österreichische Stimmen
Aber die Reichstags⸗Sitzung.
Der „Standard“ sagt, die Deutschen würden
ne hohe Stellung, die sie unter den Völkern ein⸗
ahmen, nicht laͤnger verdienen, wenn sie taub
lieben gegen die gestrigen gewichtigen Worte des
zürsten Bismarck und Moltke's und verzögen, sich
urch Haarspaltereien und Abstraktionen parlarmen⸗
arischer Führer leiten zu lassen. Sobald Frank⸗
eich oder Rußland glaubien, Deutschland sei seiner
nilitärischen Lasten müde, werde der Friede nicht
ine Woche gesichert sein. Die „Times? meint,
Ddeuischland koͤnne mehr als andere Mächte zur
crhaltung des Friedens thun, aber nur dann, wenn
« gesichert sei gegen jeden möglichen Angriff.
Das officiöse , Fremdenblatt“ hebt den warmen
ind herzlichen Ton hervor, in welchem Fürst Bis-
nark gestern in Durchführung seiner Friedeasmission
Desterreichs gedachte. Wenn Fürst Bismarck den
ximfluß der Dreikaisermächte auf die Befestigung
des Friedens hervorgehoben, wenn er die freund⸗
ichen Beziehungen dieser Mächte zu einander be⸗
ont habe, so koͤnne dies Oestereich nur mit hoher
tefriedigung erfüllen als eine nachdrückliche Wieder⸗
egung der so vielfach variirten Meinung, als wäre
»as Verhältniß Deutschlaudss zu Rußland jemals
zeeignet gewesen, das Band zu lodckern, das Oester⸗
eich mit Deutschland so innig verknüpfe. — Die
Presse“ betont, was Füurst Bismarch gesagt, sei
iberzeugend für jeden Redlichen, seine Bemerkungen
iber Frankreich zeigten Achtung vor der französ⸗
ischen Nation und das siolze deutsche Machtbewußt⸗
ein, welches er ausdrückte, sei frei von jeder Ver⸗
etzung fremder Empfindlichkeit. Das Schwergewicht
einer Ausführungen liege in dem Apell an gewisse
keichstagsabgeordnete; die Wahrung des deutschen
steiches sei die Parole fuͤr die Abßimmung des
Keichstages oder für Neuwahlen.
Deutscherussische Beziehungen.
Fürst Bismarck hat vorgestern die Verwechselung
es Abg. Windhorst zwischen freundschaftlichen Be⸗
tehungen zu Rußland und einem Bündnisse mit
emselben mit hinlänglicher Deutlichkeit richtig ge⸗
lellt. In demselben Sinne tritt der St. Peters⸗
urger Korrespondent der „Pol. Korr.“ den vom
bdariser Korrespondenten der „Times“ lanzirten
ind harmaädig festgehaltenen Gerüchten betreffend
en erfolgten Abschluß einer deutsch-rusfischen Alli⸗
inz auf das Entschiedenste entgegen. Falls man
ich darauf beschrankte, zu sagen, daß ausgezeichnete
Zeziehungen und ein volles Einvernehmen zwischen
ꝛen Höfen und Regierungen in Berlin und St.
detersburg herrschen, würde dies der Wahrheit
ollständig entsprechen. Zwischen Einvernehmen
ind einer Allianz bestehe ein in die Augen spring ·
nder Unterschied und genau in diesem Unterschied
eien die bezüglichen Meldungen der Wahrheit vor⸗
us. Das Gleiche gelte auch von der mehrfach be⸗
aupteten und aus rürkischen Quellen wiederholt
nit vollem Rechte bestrittenen türkisch⸗russischen
Allianz. Weder Deutschland noch der Türkei gegen⸗
ber erscheine die Grenzlinie zwischen Einvernehmen
ind Allianz überschritten und es liege kein Anzeichen
or, als ob von der einen oder anderen Seite de⸗
ibsichtigt oder versucht werden sollte, die in Zukunft
u überschreiiten.
Seutsches Reich. a
Berlin, 11. Jan. In Süudwesdeutschland
oll eine neue Kadettenanstallt errichtet werden. Die
„tadt Konstanz hatte sich mit der Hoffnung getragen
ie selbe zu bekommen und sich deßhalb sogar mit
iner Immediateingabe dis an den Kaiser gewandt.
inter dem 28. v. Mis. ist aber den Gemeinde⸗
ehörden der Bescheid geworden, daß der Antrag
er Siadt noch einmal geprüft worden sei, demsel⸗
en aber keine Folge gegeben werden könne, da
zie Wahl für die ebentuelle Errichtung einer neuen
dadettenanstalt bereits auf eine andere Stadt
wahrscheinich Karlsruhe) gefallen sei.
Berlin, 18. Jan. (Deutscher Reichstag.)
hZraf Molike erlautert seine Außerung, daß keine
artei dem Reiche das Notwendige verweigern werde,
ahin, daß eine dreijährige Bewilligung nutzlos und
nindestens eine fiebenjührige absolut notwendig sei,
imn die Stabilität der Armee zu sichern.
Richter bedauert die dem Reichstage vom Kanzler
viderfahrende Behandlung, erklärt seine Zustimmung
zu den Außerungen Bismarcks über Frankreich und
Zemerkt, die Ausführungen des Reichskanzlers über
die Auslegung der Verfassung bei Nichtbewillig⸗
ing der Vorlage seien widerspruchsvoll und un⸗
jaltbar.
Der Kaiser werde und solle Führer des Heeres
ein, aber nicht Führer der Parteien.
Fürst Bismardh konstatiert Windhorst gegenüber
vochmals, daß die Verfafsuag einfach und klar die
FJesistellung der Präsenzsiärke des Heeres dem Kaiser
uweise.
Verweigere der Reichstag die Mittel, so würde
dem König von Preußen, immer noch der Ausweg
hleiben, sich an den preußischen Landtag zu wenden.
der die Mittel wohl bewilligen werde.
Anlangend die Angriffe gegen seine Wirischafts⸗
politik würde sich die Thatsache nicht wegleugnen
assen, daß der Wohlstand gestiegen sei
Wenn die Regierung den Reichstag auflöse, so
verlasse fie nicht den Boden der Verfafsung.
Bei einer siebenjährigen Gesetzesdauer müsse die
Kegieruug stehen bleiben.
Der Kriegsminister siellt mehrere Behauptungen
stichter's richtig.
Die Sitzung wird auf morgen 1 Uhr verlagt.
Berlin, 12. Jan. Die Chancen der Vorlage
ind noch immer zweifelhaft. Die hier anwe senden
lsaß⸗ lothringischen Reichstagsabgeordneten beschlossen
heute sammtiich — dis auf Abgeordneten Baron
zugo Zorn v. Bulach, welcher für das Septennat
ju stimmen gewillt ist —. sich der Abstimmung zu
enthalten.
Berlin, 18. Jan. Dem „Deutschen Tage⸗
olatt“ zufolge sei der Urheber der falschen Preß
nachrichten aus Petersburg über den Oberstlieutenant
». Villaume nunmehr entdeckt; ein Oesterreicher
Ramenz Sammberg wurde deshalb aus Rußland
ausgewiesen.
Altona, 12. Jan. Von Norden lommend,
pasfierten gestern siebzig Waggonladungen danischer
Iferde, für die franzdsische Artillerie bestimmt.
insere Stadt.
men werden. — Es ist durchaus nicht begründet.
daß Boulanger seine Kreditforderung von 360
Millionen für die Umwandlung der Waff.u und
ie Verstärkung der Festun jen aufgegeben habe.
Boulanger bleibt fest bei seiner ganzen Forderung.
Im außerordentlichen Budget steht allerdings nur
ine Forderung von 86 Millionen, aber nur, weil
diese 86 Millionen für den Anfang genügen.
Paris, 12. Jan. Die anderen Blätter fassen
die Rede Bismarckss in friedlichem Sinne auf, sie
erblicken darin wirklich die Absicht Deutschlands,
Frankreich nicht anzugreifen und stellen zugleich in
Abrede, daß Frankteich daran denke, Deutschland
mzugreifen. — Frankreich und Rumänien sind
ibereingekommen, das seit dem L. Juli 1886 be⸗
dehende provisorische Handelsverhältniß b 8 zum
J. April 1887 zunächst weiter bestehen zu lassen.
Rom, 12. Jan. Sämmiliche Blätter com⸗
nentiten Bismarcks Reden als einen Erfolg Ruß⸗
ands. Der „Moniteur de Rome“ erblict in der
Rede drs Fürsten einen n uen Beweis, daß Ruß
and Europa beherrsche. Er ist ganz entzückt von
der Feinheit der Berechnung, mit welcher die
ussische Diplomatie des Szepter Bismarch's Händen
niwunden habe und behauptet, daß es deßhalb
ingeschickt von Italien gewesen sei, sich mit Eng⸗
and gegen Rußland zu erklären. Alle sind einig
arüber, daß der wichtigste Passus der Rede der
ei, datß Deuischland im Kriege mit Frankreich auf
Desterreich nicht rechnen könne und vemerlen dazu,
»aß das oͤsterreichisch⸗ deutsche Bündniß dann zwed ·
os sei. — Der „Diritto“ Mancinis jchreibt: Heute
stsdie Situation durch den deutschen Kanzler so
jestaltet, daß Europa sich schützen müsse vor dem
Jebergewicht Deutschlands, weiches eine despotische
Holitik mit bewaffneter Hand treibt. ohne Betbün⸗
ʒete oder Gegner.
In Petersburg herrscht große Freude über
ʒen lühlen, eiuer „Abfertigung“ gleichlommenden
cẽmpfang, den die bulgarische Deputation in Paris
jefunden; dieses berühre wohlthuend im Vergleich
nit der AÄufnahme, welche derse: ben an den Höfen
inderer Großmachte dereitet worden. — Laut un⸗
rbürgien Konstantinopeler Meldungen. soll die
Ziotte beabsichtigen, Zankoff zum Generalgouver⸗
eur von Ostrum lien zr ernennen.
m
pe uud pfälztsche Nachrichten.
L. St. Ingabert, 14. Januar. Entsprechend
dem Wunsche mehrerer Schrittschuhlaufer gestatten
vir uns,. einen Vorschlag in Auregung zu bringen,
der wohl allgemein wohlwollende Aufnahme finden
ürfte. Auf den hiesigen Weihern ist infolge des
Fissahrens der Bierbrauer krine Gelegenheit geboten
ich dem Vergnügen des Schlutschuhlaufens hin⸗
ugeben. Aber sollte man noch nicht an den Wurz⸗
zacher Weiher, das Besitzthum unseres verehrten
Mildurgers, Herrn Beer, gedacht haben? Ge˖
aannter Herr wird wohl nichts dagegen einwenden,
venn eine Gesellschaft St. Ingberter Dam n, Herren,
Jungfrauen, Junglinge ꝛtc ⁊c., die Obeiflache seines
Besiztums beitritt. Ist es ja doch nur eine ober⸗
lachiiche Berührung desselben, obwohl einer ein⸗
denden kbonnte, daß es mit Füßen getreten werde!
Im Interesse der Schlittschuhläuferinnen u. Laufer
uso, haben wir es übernommen nächsten Sonntag
Nachmittag zur Ausübung unseres ebenso schoͤnen
pie gesunden Sportes in Anregung zu bringen.
das Eis hat die nöothige Dide erreicht!
Wir hoffen demnach auf rege Beteiligung, falls
ucht der Himmel durch unsere Rechnang uns
—
Ausland.
Paris, 12. Jan. Der Armee Ausschuß der
Deputirienkammer genehmigte die vom Kriegsminister
Jewünschten Textänderungen des Armeegesetzes,
—EXE
Abschnitte 19, 20, 46, 47. Boulanger wird in
Heier Sache am Freitag vom Ausschusse vernom