Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Newustadt. Die Volksschullehter haben 
dem Stadtrathe ein Gesuch um Neuregulirung der 
Lehrer⸗Gehalter eingereicht. Das Gesuch enthält 
Belege, welche die Gehalter der Lehrer pfälzischer 
Städte vergleichungsweise anführen. Das jährliche 
Durchschnitisgehalt eines Lehrers in Neustadt (nach 
15 Dienstjahren) steht darnach hinter dem Gehalte 
der Lehrer in neun anderen pfälzischen Städten 
zurück und zwar bewegt sich das Mindereinkommen 
zwischen 78 M. (bei Deidesheim) und 678 M 
(gegen Ludwigshafen.) 
Vermischtes. 
F Forbach, 28. Juni. Der aus Forbach 
entlaufene, der Tollwuth dringend verdächtige Hund 
hat auch in Großblittersdorf einen Hund gebissen. 
Infolge dessen ist von dem Herrn Kreisdirektor zu 
Saargemünd für die Gemeinden Großblittersdorf, 
Lixingen, Ruhlingen und Wölferdingen eine drei⸗ 
monatliche Hundesperre angeordnet worden. 
Metz, 29. Juni. Das Register der empö⸗ 
renden Roheiten, zu welchem gewisse Bevoölkerungs 
schichten fast alltäglich Beiträge liefern, hat sich 
gestern dadurch vermehrt, daß ein notorischer 
Trunkenbold, der Abfuhrarbeiter Hoffmann dahier, 
infolge eines aus nichtigen Gründen herbeigeführten 
Streites mit seiner Ehefrau diese letztere sozusagen 
regelrecht mit einem Strike um den Hals an der 
Zümmerwand aufknüpfte, nachdem er zu dem Zwecke 
einen derben Nagel in die Wand geschlagen hatte. 
Von dem Elenden allein gelassen, vermochte die 
unglückliche Frau sich eben noch durch eine rasche 
Bewegung, bei welcher der Strick riß, vom sicheren 
Tode zu retten. Der Verbrecher ist in Haft. 
(Str. Post.) 
fStraßburg, 29. Juni. Heute wurden 
dem König-⸗Ludwigs-Denkmal am Broglie⸗ 
Platz die AInschriften eingefügt. Unter der Büste 
prangen auf einer Marmortafel die Worte in Gold: 
Zur Erinnerung 
an 
König Ludwig J. von Bayern 
Geboren den 25. August 1786 
Hier im Zweibrücker Hof. 
Unde darunter trägt der Sandstein die Worte: 
Errichtet am hundertsten Gedächtnißtage 
von den 
Bayern in Elsaß⸗Lothringen. 
7 Straßburg, 28. Juni. Zum Präsidenten 
der königlichen Eisenbahndirektion Frankfurt am 
M. ist Herr von Gusrad, Mitglied der Eisen⸗ 
bahndirektion und Stadtrath in Straßburg, be⸗ 
stimmt. Die Ernennung wird demnächst erfolgen. 
FColmar, 27, Juni. Eine unangenehme 
Nacht verbrachte der Knecht Georg Weber aus 
Constantine von gestern auf heute. Derselbe hatte 
sich auf den Hof des in der Schlettstadterstraße 
alleinstehenden Grundstückes des Herrn Kr. begeben 
um an der dortigen Wasserleitung seinen Durst zu 
stillen. Kaum war er auf den Hof gekommen, als 
ihn drei große Hunde unmstellten und ihn 
weder vorwärts noch rückwärts ließen. In dieser 
fatalen Lage mußte er bis heute Morgen um 3 
Uhr aushalten, wo Herr Kr., der wie gewöhnlich 
um diese Zeit sein Bett verließ, ihn befreite. Das 
Aussehen des Weber infolge der ausgestandenen 
Furcht soll bejammernswerth gewesen sein. 
Mannheim, 28. Juni. Das hiesige 
Amtsgefängniß war gestern der Schauplatz einer 
entsetzlich rohen That. Der Gefangenwäcter Dold 
wollte einen von zwei Schutzleuten eingebrachten 
Arrestanten, Namens Robert Heß von Kronau, 
hinter Schloß und Riegel verbringen. Auf dem 
Wege durch den Gefängnißhof fiel letzterer plötzlich 
über den Aufseher her, warf ihn zu Boden, trat 
ihm mit den Füßen auf den Unterleib, erfaßte eine 
in der Nähe befindliche Eisenstange und schlug mit 
derselben auf den Wärter ein, so daß dieser be— 
wußtlos liegen blieb und nun hoffnungslos dar⸗ 
niederliegt. 
rKarlsruhe, 28. Juni. Es bestätigt sich, 
daß an den strategischen Bahnen mit 
üußerster Beschleunigung gearbeitet werden soll. 
Bei der Strecke Weizen-Immendingen sollen all⸗ 
mählig bis zu 7000 italienische Arbeiter eingestellt 
werden. 
F Bei der diesjährigen Heuernte wird aus 
der Nahe von Frankfurt geschrieben, kowmt 
zum ersten Mal die Wirkung des im Winter und 
Frühling ausgestreuten Thomasschlackenmeh—⸗ 
hes zur Beobachtung; sie ist eine so auffallende, 
daß es nur zu wünschen wäre, jeder Wiesenbesitzer 
ähe unsere Wiesen einmal. Nicht nur ist die 
Menge: des geernteten Futters vermehrt, sondern 
uuch die Güte eine ganz andere geworden; die 
auren Gräser der etwas moorigen Wiesen sind 
zurch Klee und andere gute Futterkräuter ersetzt 
Am auffallendsten ist die Wirkung freilich da, wo 
m Herdst die Wiesenegge energisch angewandt und 
dann Kainit gestreut wurde. 
Frankfurta. M., 28. Juni. Die Frank⸗ 
furter lassen es sich angelegen sein, zu probiren, 
ob die vielen Bier⸗ und Weinsorten, welche die 
Schützengäste in dieser heißen Zeit zu ihrer Erquick⸗ 
ung finden sollen, auch recht schmackhaft und Froh⸗ 
sinn erzeugend seien. Der Festplatz wimmelte 
namentlich am Sonntag von einer froh bewegten 
Menge. Wie gründlich aber das Probiren der 
Betraͤnke genommen wird, geht daraus hervor, daß 
ein einziges Etatblissement, das Münchener Brau⸗ 
„aus, am 26. d. 100 Hektoliter (also 10000 
rditer! a 70 Pf. einschließlich Musikgeld) ausschenken 
onnte. Dazu kommen noch zahlreiche andere Bier⸗ 
jallen (Stern, Henrich, Bauer), die Weinhalle 
der Aepfelweinausschankbund, die Fesibanketthalle 
selbst mit ihren 4000 Sitzplätzen. Damit aber 
auch in der Stadt drinnen der Schütze wisse, wo 
man sich eine gute Bachusgabe kauft, so zeigt ihm 
die in Oktogonform errichtete Annoncensäule an 
daß in der Hasengasse die berühmte deutsche Wein⸗ 
gesellschaft Duhr u. Co. eine permanente Weinaus⸗ 
tellung mit Weinberkauf (Mosel⸗ und Rheinweine, 
Tokaier, Kapwein ꝛc.) ertichtet hat, und daß ein 
gzuter Schaumwein bei Feist u. Co. in Frankfurt zu 
erhalten ist. 
F Der ehemalige Reichstagsabge— 
»rdnete Heine veröffentlicht in der in Nirn⸗ 
jerg erscheinenden „Arbeiterztg.“ folgendes Inserat 
„Neueste Hutmoden! Ich empfehle Facon Lieb 
inecht, wie Herr Liebknecht solche schon seit Menschen 
gedenken () trägt, weich, schwarz; Facon Bebel 
weich, in allen Farben; Facon Viereck und Grillen⸗ 
herger, steif, schwarz und braun. Sämmtliche Hüte 
sind inwendig mit den Photographien der betreffen⸗ 
den Herren deren Namen die Mode trägt, versehen. 
August Heine, Hutfabrilant, Halberstadt. 
F Töl z, 26. Juni. Ueber die heute in Bei⸗ 
ein des Prinz⸗Regenten erfolgte Enthüllung 
»es Tölzer Kriegerdenkmals bringt die 
„Augab. Abdztg.“ einen ausführlichen Bericht, dem 
vir Folgendes entnehmen. Die Festrede des Prof. 
Sepp schloß darnach etwa folgendermaßen: „Win⸗ 
jerer, der goldene Ritter, der frommen, d. h. 
apferen Landsknechte mildiglicher Vater, hat uns 
ein großes Beispiel hinterlassen. Er ist der Hel⸗ 
dendater des Bahyernoberlandes, der Reich s⸗ 
reue mit Bahyerntreue zu vereinbaren 
vußte. Heute tragen wir ihm die Dankesschuld 
1b, indem wir ein Monument von Erz ihm er⸗ 
ichten. 
Dieses Denkmal sei geweiht 
Bayerns alter Heldenzeit. 
Laft uns geh'n in Kampf und Streit 
Für des Reiches Herrlichkeit. 
In diesem charakterfesten Zusammenhalt liegt die 
Zürgschaft für unsere Uebermacht. Die deutsche 
Faust ist' noch immer dieselbe, möge der deutsche 
Beist nie untergehen! Winzerer's heroische Tugen⸗ 
den sind unser Ehrenspiegel: wir richten uns auf 
und erheben unser Haupt zu diesem unserem Vor⸗ 
ämpfer. 
Winzerer, Du, der Feinde Schrecken, 
Tritt hervor aus deiner Gruft, 
Wenn der Franzmann uns will necken 
Und aufs neue Krieg erwecken, 
Wenn nach uns der König ruft. 
Will der Reichsfeind wieder nöthen 
Uns zum blut'gen Schlachtentanz, 
Jemals deutsches Land betreten — 
Mit Kanonenkugeln beten 
Wir dann ab den Rosenkranz. 
Die vier historischen Erztafeln am Postamente stellen 
dar einmal die Gefangennahme des Franzosen⸗ 
önigs Franz in der Entscheidungsschlacht bei Padia; 
»as Gegenbild zeigt uns die Verhaftung Kaiser 
Ludwig Napoleons III.; an der Ostseite sehen wir 
den goldenen Ritter Winzerer im Turnier mit 
Kaiser Marximilian, dem letzten Ritter, der sich 
elber für den stärksten Mann seiner Zeit hielt, 
iber an unserem so hochgeehrten Pfleger den sattel⸗ 
iesten Mann fand. Es war ein Kampf, daß die 
danzen splitterten und die Stücke in die Luft flogen. 
Bestlich ist das letzte Ritterspiel zu schauen, welches 
mnser Held mit 77 Jahren auf sich nahm. Die 
hülle fällt, der erste Anblick des sinnreichen 
gedankenvollen Kriegerdenkmals erwedcht lautend 
ruf. Der Festredner schließt: ubt 
Nun, Gott im Himmel, sieh darein. 
Wie wir's in Zukunft treiben 
Wir wollen gute Deutsche sein, J 
Und brave Bayhern bleiben.“ 3 
Mit brausendem Jubel wurde, nachdem die d 
malhülde gefallen war, in das Hoch auf den * 
Regenten eingestimmt und hierauf die —8 
yymne gesungen. An 
fFJohanni. „A echter Munchner und 
Johann hoaßen — geh, laßt's mi aus, der dir 
kruag, 's pflegmatische Temperament und der —8 
de g'hören dazu, wenn ma mit Isarwasser gewesch 
verden will, besheltive jegt mit der angsedn 
—D — dud 
ma si dagegen sträubt und will fich an noblinge 
stanien derzappeln — „Marsch!“ sagt's son 
.„A Hansel bist und a Hansel bleibst und dau 
Bunktum!“ Mei Frau Muatta nämli, Gott hobn 
eli dos guate Wei, war en ihrer Jugend g 
jon an Dichter, der sich in sie verschaugt g'heb 
jat, ang'sunga worn und in Folge dessen ha sa 
hr ganz's. Leben lang so an gewissen Gusio fu 
as Swärmerische, für Liadln, Theaterstüd' g 
desen und so furt g'habt — als a revirrische Pet 
'on hat's aber trotzdem an Schweinmetzger ghen 
rathet, der dann de Freundlichleit besessen hat 
nir das irdische Dasein zu ermöglichen. No giso 
via d' Taufzeit kummt, bringt d' Mutter an großen 
debzelten in Form von an g'schwollbadeten Herzen 
»aher und fragt: „Vater, welche Hälfte mags 
»d, wo du wählst, enthalt den Namen, den m 
inserm Buam geb'n wollen!“ Sie hat nämli ihr 
woa Liblingsnama „Amandus“ und „Constantius 
nuf Zetterln g'schrieb'n und hat's dom Lebzellen 
zacka 'neinbacka lassen. Wia aber mei Vatad 
inke Hälfte abbrocha und anbissen hat, hat er stat'n 
Zettel an mordsgroßen Russen mit Verlaub in's 
Maul kriegt und da i diesen heidnischen und dyno 
mitgruseligen Namen do net hab' kriag'n koönnq, 
war's mit dem ersien Angriff auf das Schichoi 
nix. „Warum“ hat der Vater g'sagt, „vwillsen 
denn a net Hans hoaßen, wia sei Herr Taufpath 
soaßt? Dös ist ja der schönste Nama!“ Aber na 
'woant und g'winselt hat's und aus der Leih⸗ 
Fibliothek drei Waschkörb' voll Nitterg'schichten holen 
lassen, bis 's endlich den schönen Namen Geiserich 
yfunden hat, mit dem's mich dann in d' Tauf 
geschickt hat. Weil's aber dem Vater und dem 
Taufpathen graust vor dem Namen, hat's 'n ihnen 
aufschreiben müssen, und bei der heiligen Tauf— 
dandlung haben's erst alle zwaa buchstabirt, die 
n Herrn Pfarrer hab'n sagen können, was aber 
rotzdem so undeutli ausg'fallen is, daß der Heu 
Pfarrer, der a Bisserl schwerhörig war, d' Augen 
veit aufg'macht und geftagt hat: „Hans?“ — 
„Ja, Hans!“ hat da mein Vater mit überfströmen⸗ 
»em Herzen g'schrian: „Hans soll er hoagßen, 
derr Pfarrer — jetzt nur g'schwind an Segen 
xauf!“ — Und so bin i denn richti der Han⸗ 
vorden, zu dem mi's Schicksal hat haben wollen! 
s hat mi a nia g'reut; denn gar manchmal, wann 
als Bua a bös's Stückl ang'stellt hab', hals 
venn ma gefragt hat, g'hoaßen: „Ja der Hanß 
var's!“ und i hab mi na auf irgend an andern 
Hans'l uausg'togen, der für mi d' Prügel kriagt 
jat. Und später im Leben draus, wo van d 
Menschen mißtrauisch begegna is mir oft schone 
Thür' wieder aufg'macht worn, des 's ma z'etsdt 
or der Nasen zuag'haut hab'n wann i g'sagt hab' 
Aber i bitt Sie, für was schaugens mi denn of 
Ich bin ja doch koa Lump net, i hoaß ja Hans 
„Es is so a ordinärer Namen“, sagen biele Leut 
- ja freili, an Felix oder Bodo wer i mit en⸗ 
änga iassen und in jedem Roman in a Geisblat 
auben mit a derwunschenen Prinzessin und fünf⸗ 
idreiß'g Fortsetzungen vorkommo!“ Hans hoaß' i. 
dos isa Passepariout durch's ganze Leben! Könige 
haben scho Johann g'hoaßen und Stiefelpuzer 
hoaßen's no; wenn ma nac, de größten Kunfllet 
ind nach de kloansten Kraama fragt, überall san 
danseln drunter — kurz und guat, unser Nema 
3 so weltumfassend, daß mi nur dös oane wun 
Heri. daß 's no net in's Volapuk aufgenomme 
Jab'n! No, hoffentlich kimmt's bald!“ (M. 3. 8 
Stad'tium, 26. Juni. Die stärlste Tann 
zanz Thüringens, vielleicht auch ganz Deunaun 
st kürzlich von zwei Stadtilmern in Bezug a 
hren Stammesumfang gemessen worden. Sieben 
Heeter und sechszig Cenuͤmeler betragt der Umfang