Full text: St. Ingberter Anzeiger

Handlungsweise aufmetksam gemacht, wickelte er die 
Schuhe in eine Zeitung und ging mit sauersüßer 
Miene und gerade nicht wohligen Gefühle zu der 
Eigenthümerin zurück, um sie ihr wieder zuzustellen 
Erst nach vielen guten Worten von seiner und nach 
noch mehr, aber weniger guten von ihrer Seite 
(oder soll diel Angelegenheit zur Zufriedenheit 
Beider geordnet worden sein )) soll sich die Frau zut 
Zurücknahme verstanden haben. (L. A.) 
— Gollheim, 12. Juli. Als Lehrer für 
die hiesige obere protestantische Schulstelle wurde 
Herr Hauptlehrer Phil. Gabel von Theisbergstegen 
(Kanton Kusel) gewählt. 
— Billigheim, 12. Juli. Herr Dr. Antz 
bon hier, welcher seit etwa 20 Jahren hier und 
in der Umgegend seine ärztliche Praxis ausübte, 
verlegt demnächst seinen Wirkungskreis nach Speyer, 
indem er am dortigen Diakonissenhause die Sielle 
eines Hausarztes übernommen hat. — Der prakt. 
Arzt Herr Dr. Raab aus Zweibrücken hat sich hier 
niedergelassen. 
— Bergzabern, 18. Juli. Wie dem „S. 
W.“ mitgetheilt wird, soll sich gestern in dem 
nahen Weißenburg ein Hauptmann des 60. 
Inf.Reg. erschossen haben. 
— Bergzabern, 18. Juli. Die Herftellung 
der hiesigen Wasserleitung, veranschlagt zu 48, 000 
Mẽ., wurde unter den fünf Bewerbern der Firma 
Jooß Soöohne in Landau mit einem Abgebot von 
18 pCt. übertragen. 
— Edenkoben. Nächsten Mitwoch, den 
20. d. M., feiert hier der Pfalzische Haupwerein 
der Gustab⸗Adolf⸗Stiftung sein 85. Jahresfest. 
— Der Kaufmanns-Lehrling Jakob Hörner 
bvon Kandel wurde verhaftet und an die königl. 
Staatsbehörde in Landau abgeliefert, weil er sich 
berschiedene Veruntreuungen zu schulden kommen 
ließ. (G. A.) 
— Neustadt, 13. Juli. In kurzer Zeit 
wird dahier eine vierte Bierbrauerei errichtet werden. 
Das dem in Ungarn weilenden L. Straßer gehörige 
an der Thalstraße gelegene Wohnhaus mit Malz⸗ 
fabrik ging um den Kaufpreis von 38,000 Mk 
an dessen Stiefsohn A. Baader, Sodawasserlieferant, 
über. Letzterer vermiethete genanntes Etablissement 
gegen jährige Entschädigung von 4000 Mark an 
Georg Rehm auf neun Jahre, der daselbst eine 
Brauerei errichten wird. 
Bermischtes. 
F Auf dem Saarbrücker Bahnhof fiel gestern 
Morgen ein Arbeiter infolge eines Schlaganfalles 
plötzlich tot nieder. Der Mann soll schon längere 
Zeit kränklich gewesen sein. Die Leiche wurde 
mittelst Transports ins hiesige Civilhospital ver⸗ 
bracht. 
FSaarbrücken, 14. Juli. Eine entsetz 
liche That vollführte heute Vormittag in Herren— 
sohr eine 60jährige Witwe; sie erschlug dem St. 
Joh.eSbr. Anz, zufolge aus Anlaß eines Wori⸗ 
streites eine junge Bergmannsfrau namens Seiler. 
Die Thäterin ist verhaftet worden, doch leugnet sie 
alles. 
FeLetzte Woche verkanfte in München ein 
Dienstknecht den Wagen und das Pferd seines 
Dienstherrn um 120 M.., welche er in den ver— 
schiedenen Wirthschaften verjubelte. Den Musikanten 
warf er Mark⸗ und Thalerstücke zu, mit den Wor⸗ 
ten: IIch verdiene leicht und lasse auch andere 
etwas verdienen!“ Am nächsten Tage wurde er 
verhaftet. Der Schwager des Beschädigten hatte 
fich an den Kaufunterhandlungen betheiligt, ohne 
Pferd und Wagen seines Schwagers zu kennen. 
F Todeskandidaten. Ueber die zur Zeit 
in der Frohnveste am Unteranger in München ihrem 
Schicksal entgegenharrenden, zum Tode verurtheilten 
Verbrecher, theilen dortige Blätter mit, daß der 
GBendarmenmorder Placat sich in sehr niederge⸗ 
schlagener Stimmung befindet, häusig weint, doch 
aber auf Begnadigung hofft. Auch der Gatten— 
mörder, der Magistratsbote Mich Maier von Bruck, 
joll sich in höchst gedrückter Stimmung befinden, 
jedoch ebenfalls Hoffnung auf Begnadigung hegen. 
Der Bauer Mich. Hoffmann, der den Wirth 
Grasenhiller auf Anstiften von dessen Frau erschlug, 
ist heitrr und guter Dinge und scheint ihn sein 
Schicksal nicht viel zu kümmern. Die beiden erst⸗ 
genannten haben belanntlich die Revision zum 
Reichsgericht erhoben. — Seitdem der Nachtposten 
dor der Frohnveste auf der Straße sich befindet, 
zat auch der Unfug dortselbst zur Befriedigung der 
Anwohner sein Ende genommen, indem es den 
Inhaftirten nunmehr nicht mehr möglich ist, sich 
stachts mit auf der Straße herumtreibenden Be⸗ 
rannten zu unterhalten und verständlich zu machen. 
Angsbach, 10. Juli. (Aus der protestant⸗ 
schen Landeskirche) An der beim hiesigen 
Zonsistorium jüngst abgehaltenen Anstellungepruüfung 
für protestantische Theologen haben fich 27 Kan⸗ 
didaten betheiligt. Dieselben haben Aussicht, sehr 
bald Anstellung zu finden, nachdem über 100 
Pfarreien unbesetzt sind. Für die demnächst statt ⸗ 
indende theologische Aufnahmsprüfung steht großer 
Zugang in Ausficht, sodaß wenigstens Hilfskräfte 
n groͤßerer Zahl gewonnen werden. 
F Nürnberg, 12 Juli. Der deutsche 
Hopfenbauoberein hat einen Preis von 200 Mark 
ür ein allen Zwecken entsprechendes Trocken⸗ 
ystem für Hopfen mit künstlicher Wärme, ins⸗ 
jesondere für kleinere Produzenten, ausgeschrieben. 
Aus Württemberg. Im Orte Schmie 
vurde einem Mädchen Nachts der Hals durch— 
chnitten unter auffallenden Umständen. Das 
Nädchen übernachtete oft im Einverständniß mit 
den Eltern bei kinderlosen Nachbarsleuten, dei 
»enen die Eintracht nicht die beste war. In der 
Racht, als die That verübt wurde, erwachte der 
HMann infolge jämmerlicher Schmerzenslaute des 
m nebenanstehenden Bette bei seiner Frau schlafen⸗ 
den Mädchens; nachdem er Licht gemacht und auch 
einen Vater gerufen hatte, fanden sie das Kind 
m Blute liegen mit einer tiefen Schnittwunde am 
halse; die Frau hatte einige Schrammen im Ge— 
icht und behauptete, es müsse ein böser Geist ge⸗ 
ommen und die That verübt haben, denn auch sie 
ei gewürgt worden. Erst spät Morgens wurde 
das Gericht in Maulbronn gerufen und diesem 
bei Aufnahme des Thatbestandes von dem Vater 
des Mannes die Mittheilung gemacht, daß die Frau 
iurze Zeit nach dem Mordanfall etwas unter ihrem 
Zdopfkissen hervorgenommen habe und damit auf 
den Adort gegangen sei. Bei sofortiger Entleerung 
des letzteren fand man das blutige Rasiermesser des 
Mannes und es erfolgte alsbald auch die Berhaf⸗ 
iung der Frau, weil aus allen Umständen zu 
chließen war, daß diese einen Mordversuch an dem 
Manne beabsichtigt, in der Aufregung siatt nach 
der linken nach der rechten Seite sich gewendet und 
so statt des Mannes das ihr anvertraute arme 
tind getödtet habe. 
F Stuttgart, 12. Juli. Der Besitzer des 
Basthauses zum „Züricher Hof“ in Zug war laut 
‚N. T.“ ein Bürger aus dem nahen Dätzingen 
jei Wilderstadt. Nachdem er sein Anwesen in der 
»eimath verkauft hatte, stand er eben im Begriff, 
ein neues Besitzthum in Zug anzutreten, als ihm 
yon dort die Nachricht zukam, daß dasselbe spur⸗ 
os vom Erdboden verschwunden sei. 
F EineEntführung. Am Sonntag Abend 
var eine junge elegant gekleidete Dame in Gesell⸗ 
chaft eines Herrn, der sich für ihren Gemahl aus⸗ 
zab, von Wien kommend, in einem Frankfurter 
hotel abgestiegen. Als am Montag Nachmittag 
zas Paar in seinem Zimmer ein wenig ausruhen 
vollte, erschien, wie das „J. Bl.“ erzählt, in dem 
dotel ein älierer Herr in Begleilung eines jüngeren; 
sie verlangten den angeblichen Gemahl der Dame 
zu sprechen. Man führte sie bis vor die Thüre des 
etreffenden Zimmers. Ehe aber noch der Diener 
»es Hoteis die beiden anmelden donnte, waren 
letztere bereits in höchster Erregung eingetreten. 
Der alte Herr stürzte sich auf die auf einem Di—⸗ 
dan ruhende Dame, riß sie empor und schrie fie 
in. Inzwischen hatte der Begleiter des alten 
Zerrn, des Vaters der Dame, sich mit deren an⸗ 
jeblichen Gemahl beschäftigt. Er hatte ihn an der 
Brust gefaßt und auf einen Sessel gedrückt, wo er 
hn niederhielt. „Schurke! Rauber meiner Braut! 
Mörder meines Glücks!“ und Aehnliches schrie er 
'o laut, daß die im Hotel anwesenden Fremden 
usammenliefen. Der Mann wäre von dem Bräuti⸗ 
gam erwürgt worden, hätte nicht der Hotelier die 
dämpfenden auseinandergebracht. Nachdem die 
suhe einigermaßen hergestellt war, mußte der In⸗ 
sjaber des Zimmers an den Vater des Mäödchens 
den Inhalt der Brieftasche, noch etwa 19,600 Mk. 
n österreichischem Geld, das die Tochter dem Vater 
ntwendet und ihrem Entführer anvertraut hatte, 
jerausgeben. Die Tochter und Braut wurde ge⸗ 
wungen, ihrem Vater und Bräutigam noch an 
emselben Abend nach Wien zu folgen. 
F Wiesbaden, 12. Juli. Herzog Dr. 
ned. Karl Theodor in Bayern, der in dem 
enachbarten Bade Schwaldach zur Cur weilt, hat 
von dort in der jüngsten Zeit verschiedene M 
die hiesige unter Leitung des Dr. Herm. —* 
techer stehende Armen⸗Augenheilanstalt besucht 
zerschiedenen Augen⸗, namentlich —D 
zes genannten Arztes beigewohnt. n. 
FMarnz, 13. Juli. Heute früh stüürzte ei 
2MOjähriges Mädchen aus Dienheim aus dem aen 
Stock eines Hauses am Boulevard und war sofru 
ine Leiche. Die Unglückliche hatte sich auz —* 
Fenster gebeugt, um zum Trocknen draußen bangen 
zes Zeug herein zu ziehen, dabei verlor sie * 
Bleichgewicht und stürzte hinunter in die Tiefe 
FKreuznach, 14. Juli. Das zweite dies⸗ 
ährige Rennen des Nahethal ⸗Renn ⸗Vereins findet 
Zonntag den 24. Juli, nachmittags 3 Uhr auf 
zer Pfingstwiese hier statt und dürfte in gewohnler 
Beise eine recht rege Beteiligung in Aussicht haben 
a die Nennungen zu den einzelnen Rennen be— 
riedigend eingelaufend sind. Der Vorstand hat 
s fich angelegen sein lassen, auch den vor dem 
steuntage eintreffenden Gästen einige angenehme 
S„tunden zu bereiten. Die Concertmusik fuͤhrt 
as Trompeterkorps des Saarbrüder 
dragoner⸗Regiments aus. Wie früher so ist auch 
etzt wiedet der Verein bezüglich eines Extrazuges 
Zaarbrücken⸗Bingerbrück und zurück, am Renntage 
»ei der Eisenbahn · Betriebs⸗Direktion eingekommm 
F Krefeld, 13. Juli. Heute Vormittag 
vurde hier in der Nähe des Hagerweges ein Dop⸗ 
»elmord an einem Ehepaar begangen. Nahere 
Nittheilungen stehen noch aus. 
— Ems. Wenige Schritte von dem Fenster 
des Kaisers befindet sich bekanntlich die Stätte wo 
die weltgeschichtliche Brunnen⸗Scene von 1870 einst 
vor sich ging und der Kaiser tiefgekrankt Benedett, 
dem Botschafter Napoleons III., den Rücken kehrte. 
Die hiefigen Bürger wollten den Vorgang durch 
eine Denksäule verherrlichen; allein der Kaiser lehnte 
jede ihm auf diese Weise dargebrachte Huldigung 
auf das Bestimmteste ab. Es blieb somit nichts 
übrig, als eine einfache Sandsteinplatte, welche in 
die Kieslage eingesenkt ist und mit derselben die 
gleiche Höhe hat. Man liest auf derselben die 
inhaltsschweren Worte: 13. JUILI 1870 9 UVbr 
10 MIN. MORGENS. Auf besondere Anordnung 
des Kaisers durfte der Stein am Gedenktage nicht 
hekränzt werden. 
F Deutscher Turntag. Am 19. und 
20. Juli wird in Coburg der neunte Turntag 
der deutschen Turnerschaft abgehalten werden. 
Unter den Anträgen auf Abänderung des Grund⸗ 
zesetzes, welche auf der Tagesordnung stehen, be⸗ 
indet sich einer des Reichstagsabg. Dr. Götz-Lin⸗ 
»enau, dessen Haupistelle, wie folgt, lautet: „Turn 
jereine, welche den Frieden in der Turnertschaft, 
)en Kreisen oder Gauen stören, dem Grundgesetz 
ich nicht unterwerfen oder den guten Ruf der 
rurnsache in sittlicher und nationaler Beziehung, 
owie durch Einmischung von Zwecken, die der 
kurnsache fremd find, schädigen, können vom Aus⸗ 
chuß der deutschen Turnerschaft auf Antrag der 
dreisausschüsse mittelst *»5 der anwesenden Mit 
lieder aus der deutschen Turnerschaft ausgeschlossen 
verden. 
f Todesurtheil. Das Schwurgericht zu 
Magdeburg vecurtheilte am Montag den des Dop⸗ 
helmordes beschuldigten Fabrikarbeiter Drebenstedt 
um Tode. Derselbe hatte anfangs 1885 und 
September 1886 seine Söhne Andreas und Albert 
mittelst Schwefelsaure. aus Noth, wie er angab, 
getötet. 
F Hamburg, 11. Juli. Auf Havana haben 
zwölf greße Handelshäuser Insolvenz angemeldet. 
Auf Cuba ist eine Handelskrisis eingetreten. 
F Berlin, 13. Juli. In einem Anfall von 
Zeistesgestörtheit machte gestern Nachmittag gegen 
3 Uhr der Legationsrath Graf Heinrich 
Beust im Hotel Windsor einen Selbstmordversuch. 
Braf Heinrich Beust war vor einigen Wochen aus 
Brüssel wo er bis dahin bei unserer Gesandtschaft 
hätig war, nach Berlin übergesiedelt, um beim 
ziesigen Auswärtigen Amte thätig zu sein. Schon 
jeit Beginn seines Aufenthalts in Berlin water 
hei ihm Symptome von Tiefsinn bemerkbar. Seit 
einigen Tagen war er bettlägerig und mußte be⸗ 
standig von einem Krankenwärter überwacht werden. 
Heute Mittag gegen 3 Uhr sprang er plötzlich aus 
Jem Bette, sieß den Wärter, der vor ihm auf dem 
Stuhle saß, zurück, stürzte, nur mit Hemden und 
Strumpfen bekleidet, ans Fenster und versuchte, 
ndem ei mit der Hand die Scheiben zertrlummerte. 
ich auf das Pflaster hiuaozuwerfen. Der Wacket