Colonien, Arias Marine, Moret Inneres, Puig—
cerver Finanzen, Canalejas öffentliche Arbeiten.
Oryan Kriea.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
— Mundenheim, 13. Juni. Wortwechsel
mit darauffolgendem Streite brachte einen Arbeiter
von hier so in die Hitze, daß er der Mitstreiten-
den, einer Nachbarsfrau von ihm, mit einer Hacke
auf den Kopf schlug. Die Verletzungen durch den
Schlag sollen sehr bedeutend sein und wird die ein⸗
geleitete Untersuchung ergeben, wer die Hauptschuld
an dem Streite trug. (Frk. T.)
— Speyer, 14. Juni. Am zweiten Tag
der Jahresversammlung der südwestdeutschen Kon⸗
ferenz für innere Mission hielt Herr v. Göller einen
sehr interessanten Vortrag über „die sittlichen und
sozialen Notstände auf dem Lande“. Aus der ge—
schichtlichen Erkenntnis der Lage des Bauernstandes
ergaben sich die Mittel zur Abhilfe. Die vielen
Bedrückungen der drei letzten Jahrhunderte haben
das Herz des Bauern vielsach verhärtet. (2) Das
muß uns mild gegen ihn stimmen. Seit Beginn
dieses Jahrhunderts vollzogen sich große Forischritte
der sozialen Lage des Bauernstandes. Der freie
Bacdernstand hob fich sichtlich und stand in den
50er Jahren besonders blühend da; neben dem
Materialismus, welcher infolge hievon sich mancher
Glieder des Bauernstandes bemächtigt, sehen wir
tüchtige, christliche Bauerngestalten von bestem Ein-
fluß auf ihre Umgebung. Durch den wirtschaft⸗
lichen Rückgang der letzten Jahrzehnte, die große
Zerstückelung des Grundresitzes sank der Bauern⸗
stand in bedenklichem Grade. Ueber 89 Prozent
sind kleine Grundbesitzer — im Durchschnitt finde!
sich eine Belastung des Bodens zwischen 40 und
70 Prozent des Wertes im Einzelnen und steig!
bis zu 180 Prozent. Einfache Rechnung ergibt,
daß der Klein- und Mittelbauer keinen andern
Vorteil mehr hat, als daß er auf seinem eigenen
Acker seinen Taglohn verdient. Der Kleinbauer
muß oft verkaufen, der Mittelbauer sinkt auf die
Stufe des Kleinbauern zurück. An der Stelle des
Kleinbauern steht eine Latifundienwirtschaft bevor
welche von schweren fittlichen Folgen zu sein pflegt.
— Die fittlichen Schäden wurden vom Redner an
der Hand der 10 Gebote dargelegt und zugleich
die Mittel zur Hebung empfohlen. Die Hilfe in
allen ländlichen Nothständen ist sehr schwierig, wer
sollte sie bringen? Immer wird das Pfarthaus
die erste Aufgabe haben. Den Laien bleibt eine
Ehrenschuld gegen die Geistlichen, die so lange allein
kämpfen mußten. Es müssen Freiwillige vor —
oft erscheinen Laien geeigneter als Geistliche, be—
sonders wenn es sich um Beschwerden bei Behörden
handelt. Wo sind die Männer, die mithelfen? Die
Werke der inneren Mission fordecn brüderliches
Zusammenwirken. Die Bildung ländlicher Bezirks⸗
vereine, die in häufigen Beratungen Mittel und
Wege suchen, um für die Landgemeinden das zu
sein, was die Stadtmissionen in den großen Städten
sind. werden vom Redner warm empfohlen und ge—⸗
schildert. — In der sich auschließenden Besprechung
betonte Herr Pfarrer Stempel den Unterschied von
Vorderpfalz und Westrich, vornehmlich ist der erste
Teil, der kleinere, inbezug auf die Bevölkerung der
größere der Pfalz. Er schildert die Verhältnisse
der pfälzischen Bevölkerung in der Vorderpfalz. Er
kann die sittlichen Zustände nicht relativ befriedigend
nennen. Die wirtschaftlsche Kalamität hat in allen
Teilen der Pfalz großen Umfang angenommen. Er
berührt die stnkenden Preise der Produkte. Der
mittlere Bauernstand ist im Schwinden begriffen.
Aus ihm wird nämlich in der Nähe der Industrie⸗
städte Proletariat; hier hat die Gesetzgebung
hessernd einzugreifen. Uebrigens empfahl Redner,
Hand in Hand mit dem Lehrer, den Presbytern
und aläubigen Gemeindemitgliedern zu wirken.
Sp. Ztg.)
— Speyer, 15. Juni. Im Sagale des
Bayer. Hofes hat Herr Velozipedlehrer Egger aus
München, welchem von höchsten Personen zahlreiche
Anerkennungsschreiben zur Seite stehen, einen Lehr⸗⸗
kurs zur gründlichen, sicheren und gefahrlosen Er—
lernung des Radfahrens auf dem Zweirad errichtet
(Sp. 83)
— Unter den soeben veröffentlichten Lehran⸗
stalten, welche zur Ausstellung eines Zeugnifses
über die wissenschaftliche Befähigung für den ein—⸗
jährigfreiwilligen Militärdienst berechtigt sind, be—
finden sich die pfälzischen Gymnasien und die
Realschulen zu Landau, Kaiserslautern. Neustadt.
Speyer und Zweibrücken, sowie das Lehr-Institut
von Bertololh und Trautmann zu Frankenthal.
Pfälzisches Schwurgericht.
2. Quartal 1888.
2Zweibrücken, 14. Juni. Verhandlung
jegen Werner wegen Meineid. (Fortsetzung zu
V. Fall.) Die k. Staatsbehörde schildert vor allen
die infamen Verdächtigungsversuche gegen den Lehrer
Theis und sucht nachzuweisen, daß durch die Aus—
sagen des heutigen Angeklagten, die er teils in dem
Ermittlungsverfahren vor der eidlichen Vernehmung,
teils nach derselben in der gegen ihn geführten
Untersuchung zu Protokoll gegeben, unzweifelhaft
festgestellt sei, daß er wissentlich falsch geschworen
habe. Von Fahrlässigkeit könne hier keine Rede
sein, da er ausdrücklich auf die Tragweite seiner
eidlichen Aeußerungen aufmerksam gemacht worden
sei und genügsame Zeit zur Ueberlegung gehab,
dätte.
Die Verteidigung führt hiegegen aus: Anfangt?
habe man den Werner angeklagt, alle in dem betr.
Protokolle gemachten Aufstellungen wissentlich falsch
beschworen zu haben. Heute greife die Anklage
nur noch zwei Punkte heraus. Zum ersften nun
habe aber der Angeklagte am Tage der eidlichen
Vernehmung den Namen des „Schreibers“ der An⸗
zeige noch nicht genau gewußt, sondern diesen, wie
er aussagt — und das Gegenteil sei nicht erwiesen
— erst später erfahren. Zweitens habe er die
erste Anzeige aus „eignem Antrieb“ abgeschickt,
zleichgültig wer sie geschrieben. Nur soviel habe
der Angeklagte damals beschwören wollen. Er sei
ein sehr beschränkter Mensch, der sich eigentümlich
ausdrücke und wohl mißverstanden worden sei. Es
fehle hier also der Dolus und müsse Freisprechung
erfolgen.
Schlimmsten Falls könnte man sagen, es sei
seine Pflicht gewesen, sich seine Aussagen besser zu
überlegen — dann läge aber nur Fahrlässigkeit voc
(Resultat wie gestern bemerkt: 1 Jahr Gefäng
niß wegen fahrlässigen Falscheides.)
— —*
2 Zweibrücken, 15. Juni. Vormittaas 8
Uhr. (VI. Fall.)
Angekllagt: 1. Brünisholz Jakob, 49
Jahre alt, Müller. 2. Schmidt Amalie, 49 J. a.
dessen Ehefrau. 3. Enkler Jak. Christ., 26 J. a.
Bahnarbeiter, alle in Zweibrücken wohnhaft. wegen
Meineids.
Gerichtshof: die HH. Scherrer, k.
Oberlandesgerichtsrat als Vorsitzender, k. Landge⸗
richtsräte Bauer, Gulden, k. Sekretär
Wagner als Gerichtschreiber Staatsbe⸗
hörde: Wagner, k. II. St. A. Vertei—
diger: ad 1. Rechtsanwalt Schmidt, ad 2.
Rechtsanwalt Trier, ad 8. Rechtsanwalt König.
Geschworne: Weiß, Schönlaub, Tremmel,
Rapp, Höfle, Weidmann, Beckenhaupt, Gümbel,
Thristmann, Weber. Hoffmann, Exter.
Der Angeklagte, Müller Jakob Brünisholz, war
als Besitzer der Schloßmühle zu Zweibrücken mit
hedeutender Ueberschuldung am 16. November 1877
in Conkurs geraten. Nachdem das Conkursver⸗
fahren zum Abschluß gelangt war, brachten einigt
Verwandte des Brünisholz die Mühle in ihr Eigen⸗
sum und ließen diesen als Geschäftsführer darin.
Im Jahre 1885 wurde durch Kauf die Schloßmühle
an den heutigen Befitzer Weber abgegeben und die
nebenanliegende Stadtmühle, die bisher dem letztern
zehörte, auf den Namen der minderjährigen Tochter
des Brünisholz von diesem gekauft. Hier betrieb
aun der heutige Angeklagte die Müllerei weiter
Um seinen weitern Erwerb vor den früher unbe⸗
friedigt gebliebenen Gläubigern sicher zu stellen
errichtete er nun am 20. Mai 1885 vor demk
Notar W. zu Hornbach mit dem ebenfalls ange⸗
lagten Enkler einen Kauf und Mietvertrag über
die Mühle, Bäckerei, Laden und Zubehör. Dieser
knkler ist ein Verwandter des Brünisholz, den
derselbe aufgezogen und später als Mühlburscht
zehalten hatie. Als nun ein Gläubiger auf Grund
eines Urteils gegen Brünisholz eine Mobiliarpfänd⸗
aung erwirkte, erhob Enkler beim k. Amtsgerichte
dahier Widerspruch gegen dieselbe unterm 4. Januar
1886, auf Grund des betr. Vertrages. Der Gläu⸗
hbiger erbot sich hiegegen zum Beweise, indem er
dem Enkler einen Eid darüber zuschob, ob jener
Verrrag ernsthaft gemeint und kein Scheingeschäft
gewesen sei. Nach langem Zögern nahm letzteren
am 24. Nov. 1886 den Eid an und schwor ihn
dor Gericht am 15. Januar 1887 aus. Da Ver—⸗
dacht bestand, daß der Vertrag doch nur ein Schein⸗
geschäft gewesen, wurde Untersu—
wegen Meineids eingeleitet snt dun
Februar 1887 der Müller Brünisholze wh
Ebefrau eidlich vernommen, die abe und
auf bestehen blieben, daß ein ahin
vorliege. er Var
Die Anklage behauptet nun heute daß
lichen Aussagen der drei Angellagien nde
falsche gewesen seien— wisen
Das wesentliche der ausgedehnten Vewehr
Vermischtes.
F(Gerichtsbarkeit füri
anfasfige preußzische dbe
Eine interessante Entscheidung über desuhien
cher Gerichtsbarkeit in Bayern ansihehn
preußische Offiziere unterstehen, ist net
einem bayerischen Gerichtshofe gefällt —*8
preußischer Premier ·Lieutenant a. D. dagh,
cher als Gutsbefitzer in Bayern lebt, —R
Kaufmann wegen Beleidigung verklagt
Vor dem Schöffengerichte erhob er den Eim—
daß er als ehemaliger preußischer Offizier deß
ßischen Militärgerichtsbarkeit unterstehe und'
Korpsgericht des IV. Armeekorps, weil er in!
reiche desselben zuletzt gestanden habe, sein zust
diges Gericht sei. Das Schöffengericht eum
den Einwand an und erklärte sich fuür inlompe
das Landgericht zu Hof aber sprach die Kompn
der bayerischen Zivilgerichte aus. Die Begründ
lautete, kurz zusammengefaßt, dahin, daß die p
ßische Gesetzgebung über die Militärgeriche
Bayern nicht publizirt und ein preußisches da
in Bayern nicht zuständig sei, wenn es sih
um einen in Bayern wohnenden ehemaligen ha
zischen Offizier handle; für einen solchen seine
auch ein bayerisches Militärgericht nicht zuftdmn
weil ein solches nach der bayerischen Geseßgeh
nur bayerische, nicht aber preußische Offiziee
sein Forum ziehen koöͤnne; allein zuständig
daher die ordentlichen bürgerlichen Gerichte
ehemalige preußische, in Bayern wohnende Offze
Das Ober⸗Landesgericht zu Bamberg wies diep
Herrn v. V. erhobene Beschwerde kurzer Hand
weil Beschlüsse des Landgerichts als Beschwmn
Instanz im Beschwerdewege nicht weiter angefohh
werden können. Das Schöffengericht verurthe
darauf Herrn v. V. zu einer geringfügigen 6
buße, und Letzterer beruhigte sich dabei, vetzich
also darauf, seine Einrede auf dem Rexvisionkn
in die dritte Instanz zu bringen..
Fæ Opferstockdie be. Vor der Straflant
des Landgerichts Augsburg kamen am Miln—
zwei jugendliche Verbrecher von 20 und 17 Ihe
zur Abuürtheilung, die in der obern Alimuhle
Sulzachgegend lange ihr Unwesen trieben. *
da, bald dort kamen Kirchendiebstähle vor,
defonders die Opferstöcke waren die Objekte.
welche die beiden Gauner es abgesehen hun
Den alteren der beiden Strolche, einen verlonmn
Maurer aus Herrieden, hatte man zwar
langer in Verdacht, allein Beweise waren nihh
erbringen, und so konnte man ihm nicht wit
folg zu Leib rücken. Endlich nahte fich ijn
Remesis in Gestalt eines Stückchens Eisen.
der Kirche zu Dentlein a. Forst fand man
Morgens den Opferstoct feines Inhalts beu
ein kleines Eisenspitzchen, offenbar die —
Spitze eines Brecheisens, fand sich darin —J
begruͤndet der bereits erwähnte Verdacht wat—
fich bald heraus, denn die in Herreden vorge—
mene Haussuchung nach dem Brecheisen
dieses sofort zu Tage und siehe, das kleine kir
stückchen paßie ganz genau auf das gelun
Brecheisen. Damit war ein erdrückender
geliefert und das Urtheil lautete für den vin
schon mehrfach vorbestraften Schuldigen, det
der Anfifter war, auf 8 Jahre Zuchthaus
den juͤngeren, den Verfübrten auf ZJohr⸗
fangniß. in
F Stuttgart, 7. Juni. (Al l gement,
Deutscher Versicherung —
Monat Mai 1888wurden 810 Schadenfaͤlle dur
fall angemeldet. Von diesen hatten 0O den
Tod und 22 eine gaͤnzliche oder teilweise
dität der Verletzten zur Folge. Von den Mituen
der Sterbekasse starben in diesem Monat 8
abgeschlossen wurden im Monat Mai löl *
ficherungen über 10,084 Personen. Alle
1. Februar 1888 eingetretenen Schäden in
Todes- und Inpaliditats-Fälle sind bis 0