Full text: St. Ingberter Anzeiger

und so können wir diesem allgemeinen Volksver— 
gnügen mit Freuden entgegen sehen! 
— Die Kgl. Lehrerbildungsanstalt 
zu Kaiserslautern veröffentlicht jetzt ihren 
Jahresbericht pro 1887 —88. Aus demselben ent⸗ 
nehmen wir, daß an der Anstalt 14 Lehrkrtäfte 
wirken, einschließlich des Vorstandes, des kgl. Se—⸗ 
minarinspeltors Dr. Carl Andreae, welcher die 
Anterrichts· und Erziehungskunde traktirt. Aus 
dec Chronik der Anstalt geht herbor, daß der G⸗ 
sundheitszustand während des Jahres ein sehr gün— 
tiger gewesen iß und sei dies nicht zum kleinsten 
Theil der regelmäßigen Benutzung der neuen Bade 
einrichtung des Instituts zuzuschreißen. Dieselbe, 
bestehend aus 6Wannen⸗ und 10 Brausebädern, ist 
praktisch und gefällig und hat fich bereits als eine 
Wohlthat für das Internat erwiesen. Am Schlusse 
des Schuljahres waren 1483 Schüler vorhanden, 
hierunter 3 Nichtpfälzer. Von diesen wohnten 106 
im Internat, 24 bei Eltern oder Verwandten und 
13 in Privatwohnungen. Das nächste Schuljahr 
deginnt am 1. Oktober, an welchem Tage sich alle 
neu eintretenden Schüler bei dem Vorstand zu mel- 
den haben. Anmeldungen zur Aufnahme in einen 
der drei Präparandenkurse haben schriftlich zu er— 
folgen und müssen belegt sein mit Tauf⸗ und 
Impfschein, mit einem amtsärztlichen Gesundheits⸗ 
attest, mit dem Schulzeugniß der Volksschule oder 
einer anderen Lehranstalt, endlich mit einem nach 
Vorschrift ausgestellten Vermögenszeugniß. (Pf. Vz.) 
— Zu der vorgestern Mittag beendigken Senm i⸗ 
naraufnahmsprüfunginkKaiserslautern 
hatten sich 41 Candidaten angemeldet. Hievon 
sind 3 durchgefallen, bezw. zurückgetreten nämlich 
1 Präparand von Edenkoben und 2 Zöglinge der 
Realschule in Speyer. 
— Landau, 3. August. Die sämmtlichen 
fieben an der Absolutorialprüfung beteiligten Schüler 
des 6. Kurses der Realschule haben die Vrüfung 
bestanden. 
— Gestern Abend gegen halb 12 Uhr stürzte 
der Soldat Fuchs des 18. Regiments aus einem Fenster 
im Kriegsspitale auf die Straße, wobei derselbe neben 
andern Verletzungen einen Beinbruch erlitt. Fuchs 
wurde in das gegenüberliegende Militärlazareth ge— 
bracht. Ueber die Entstehungsursache des Unglücks 
falles liegen zuverlässige Angaben nicht vor. 
(Eilb.) 
— Neustadt, 83. Aug. Auf dem hiesigen 
Polizeibureau ist das Resultat der jüngsten „Haus⸗ 
resp. Kellersuchungen“ in Gestalt einer Batterie von 
34 wohlversiegelten genau etikettirten Flaschen auf— 
gefahren. — Der Instrumentenhändler Paetz, 
wohnhaft Haupistraße hier, soll mit seiner Gattin 
durchgebrannt sein. R. 3) 
— Von der Haardt. Der Monat Juli 
hat im großen und ganzen dem Weinstock und dessen 
Früchten nichts genützt; statt das Wachstum und 
die Entwicklung zu fördern, hat er dieses sogar ge⸗ 
schädigt. Wir stehen jetzt im Beginn eines neuen 
Monais, welcher trockene und warme Witterung 
bringen muß, wenn noch vieles gut gemacht werden 
soll. Im Verhältniß find die Trauben heuer so 
weit als im Vorjahre, aber infolge der Nässe wird 
die Entwicklung selbst bei anhaltendend trockener 
Witterung nicht so rasch von statten gehen, 
indem die Nächte länger und bedeutend kühler 
werden. Im Weingeschäft ist es allerdings noch 
ziemlich ruhig, jedoch scheinen die Preise eine stei— 
gende Tendenz anzunehmen, indem 1886er und 
1887er Weine zum Verkauf gelangten, für welche 
bor einigen Tagen 50 Mk. per Fuder weniger ge⸗ 
boten wurden. 
— Lu dwigshafen a. Rh. 2. Aug. In 
Bezug auf verschiedene hier umlaufende Gerüchte, 
nach welchen sich auch der Bruder des Karls Fritz 
Andreas Fritz, erhängt habe, will ich konstatieren, 
daß diese Annahme bis jetzt eine willkürliche ist. 
Andreas Fritz hat sich zwar gleichzeitig in der 
Nacht mit seinem Bruder Karl entfernt, doch ist 
nichts näheres über seinen Verbleib bis jetzt entdedt 
worden. Die Möglichkeit ist vorhanden, daß er 
vielleicht sogar noch am Leben und sich irgendwo 
umhertreibt. 
— Ludwigshafen, 2. Aug. Nicht) 60 
Pfg., wie wir gestern irrthümlich berichteten, son⸗ 
dern eine Mark wird per Hektoliter Malz als Lokal- 
malzaufschlag vom 1. August an erhoben. Für 
eingeführtes Bier müssen 60 Pfg., pro Hektoliter 
ntrichtet werden, sobald ein hierzu nothwendiger 
Ortspolizeibeschluß erlassen ist. (G. A.) 
— Laumersheim, 2. Aug. In unserer 
aus 120 Tagwerk Weinbergen und 1300 Tagwert 
Feldgut bestehenden Gemarkung definden sich 3000 
ertragsfähige Obstbäume, worunter 1400 Zweschgen.«, 
750 Apfels, 300 Kirsch·, 200 Birn⸗, 150 Nuß- 
und 81 Kastanienbäume. Der Rest vertheilt sich 
zuf verschiedene andere Obstsorten. 
— Grünstadt. Die zum bevorstehenden 
Bustav ⸗Adolf⸗-Fest bis letzten Juli angemeldeten 
Bereine beziffern sich auf 70. Nach den bis jtzt 
etroffenen Dispositionen werden bei dem Feste seidst 
nachstehende Herren als Redner auftreten: Inspektor 
Piton von Annweiler, Festprediger; Prälat Doll, 
Bertreter des Centralvorstandes; Stadtpfarrer 
stitsert von Darmstadt für Hessen⸗Darmstadt; 
Dekan Deismann von Griävenwindsbach; Pfarrer 
körber von Hamsdach; Pfarrer Schneider von 
Oberbetschdorf, Vertreter der Evangelisationsgesell 
chaft in ElsaßLothringen. 
Die Centenr ⁊er un München. 
München, 1. August. (Original-Bericht) II. 
Die Katastrophe beim Festzug. 
Unser Münchener BPC-Korrespondent schreibt 
ins hierüber: 
Großartige Festlichkeiten, bei welchen kolossale 
Menschenmengen auf einem verhältnißmäßig beschränk—⸗ 
ten Raume zusammenströmen, erfordern wie uns 
ja die Erfahrung schon zur Genüge lehrte, fast 
immer Opfer an Menschenleben und verlaufen 
selten ohne mehr oder minder schwere Unglücksfälle. 
Auch die Centenarfeier sollte nicht ohne eine Kata⸗ 
trophe vorübergehen. 
Es war gegen 12 Uhr und der Festzug nahte 
einem Ende, als man auf der dem Königspavillon 
im Odeonsplatz gegenüber gelegenen Tribüne, auf 
velcher fich die Vertreter der Presse befanden, 
olötzlich gellende, immer weiter sich forwflanzende 
dilferufe im nördlichen Theile der Ludwigsstraße 
»ernahm und gleichzeitig das dortselbst stehende 
ichtgedrängte Publikum in wilder Flucht gegen die 
Seitenstraßen drängen sah. Noch wußte Niemand 
zuf der Tribüne, was die Ursache dieser so plötz- 
ich ausgebrochenen Panik war, aber schon im 
rächsten Momente drang der Ruf: „Rettet Euch! 
zie Elefanten, die Elefanten!“ an unser Ohr. Nun 
onnten wir uns freilich den Hergang der Sache 
»enken: Die Elefanten, welche ungefähr 5 Minu 
sen vorher an uns vorübergezogen waren und vor 
Ze. k. Hoh. dem Prinzregenten einige Exerzitien 
usgeführt hatten, waren durch die auf dem Re⸗ 
ourmarsche befindliche Straßenlokomotive in Drachen⸗ 
rorm, welche ihnen in der Nähe der Ludwigskirche 
zegegnete, scheu gemacht worden und hatten trotz 
der Ketten, welche ihre Vorderfüße umschlossen, in 
ziligem Laufe die Flucht ergriffen. Die ganze 
Störung dauerte indeß nur wenige Minuten und 
der Zug setzte sich wieder in Bewegung. Kaum 
jatten jedoch 2 weitere Gruppen unsere Tribüne 
passirt, als auf's Neue markdurchdringendes Geschrei 
hötbar wurde und im nächsten Momente auf der 
entgegengesetzten Seite, bei der Feldherrnhalle, ein 
furchtbares Gewoge nur zu deutlich zu erkennen 
jab, daß auch hier etwas Außergewöhnliches vor⸗ 
gjefallen sei. Gleich darauf sah' man einen Ele⸗ 
'anten gegen die Residenzstraße zu laufen. Wie 
ieses Thier so plötzlich auf die entgegengesetzte 
Seite kam, konnte sich Niemand erklären, bis ein 
Polizeioffiziant uns die nöthige Aufklärung hierüber 
zab. Die Thiere, 8 an der Zahl, waren mitten 
nn der Straßze gescheut, hatten das auf dem Trot- 
oir vom Publikum gebildete Spalier durchbrochen 
ind liefen theils in gerader Richtung nach dem 
Siegesthor, theils durch die Theresien- und Fürsten— 
straße, über den Wittelsboacherplatz und von hier 
aus auf der oberen Seite der Ludwigsstraße über 
den Odeonsplatz, an dem Festzuge vorüber nach 
dem Hoftheater, stiegen dort die Auffahrt, welche 
dicht von Menschen besetzt war, hinauf und gingen 
dort den Gang mehrmals ruhig ab. Als jedoch 
ein Wachtmeister mit seinem Säbel die Fenster der 
jegen den Brunnenhof der Residenz führenden Thüre 
einschlug, um einen Weg für die Flucht 
zu bahnen, wurden die Thiere auf's Neue 
derscheucht, stiegen die Treppen wieder herab, rann⸗ 
len gegen die Münze zu, woselbst sie mit den 
Köpfen eine Thüre eindrückten, begaben sich von 
hier aus durch den Rathhausbdogen, die Heiliggeist⸗ 
traße über den Markt zum Gärtnerplatz und von 
hvort aus in die Baumstraße, woselbst 2 in ein 
Haus eindrangen, die Bewohner zur Flucht auf's 
Dach nöthigten und schließlich beim Versuche, die 
kreppen zu ersteigen, letztere vollständig durchdrück⸗ 
en. Auf einer Wiese in der 
ie endlich wieder eingefangen —8 lor 
vheigeholten Abrichter ohne alle —* ihten 
dause gebtacht werden. Jene Tu uin we 
Siegesthor zugelaufen waren, wurden Ghn 
der festgenommen. Auf ihrem éue abald h 
die Thiere einen eisernen Lalernenhhennm 
Droschke umgeworfen. und * 
Die größte Panik herrschte au 
Platze, welcher bis zum — —D 
dopf an Kopf besetzt war. Die — 
ine geradezu schreckliche. Nicht allein —* ub 
cinder, seldst kräftige Männer lagen I 
)er Erde. Alles Zurufen, ruhig und a ⸗ 
leiben, half nichts; die Menge vdene 
rasend. Ganze Menschenknäuel vaine do 
dem Boden. Laut Bekanntmachung der 
direktion wurde eine ältere Frau, kine vann 
vittwe derart getreten, daß sie alsbald * 
Fine andere Frau wurde tödtlich vom Schla w 
roffen. Die auf einem der Elefanten nn 
erin des Zirkus Hagenbeck wurde — * 
dom Elefanten getreten und erlitt einen —*9 
bruch; zwei Herren erlitten Beinbrüche. an 
find noch 11 meist schwere Verletzungen vorgelnn 
Die Schuld an dem ganzen Vorfall uisn 
das Publikum selbst. Als die 8 dem dichn 
Hagenbeck entnommenen Thiere der als Dtoche du 
tteideten Straßenlokomotive sich näherten, wun 
eines des am Schlusse gehenden Elephantenhacn 
unruhig und drückte auf die neben ihm und du— 
ausgehenden Elephanten. Die Versuche, die Thie 
zu beruhigen, beängstigten das Publikum, das 
zu schreien und auf die Thiere einzuschlagen arfn 
Hiedurch wurden die an sich gutmüthigen Thi 
urchtsam und scheu gemacht, und die Katastrop 
eranlaßt. 
BPC. München, 1. Aug. DieIllun 
nation. Trotz des heftigen Regens strahlte geste 
Abend unsere Stadt im hellsten Lichterglanze. Hun 
derte von elektrischen Bogenlampen, Millionen klein 
daempchen, zahlreiche bengalische Feuer und Pet 
ackeln erglänzten auf den Straßen und Plätze 
Rach acht Uhr Abends unternahm Se—k. Hoh. de 
Prinz ˖ Regent eine Rundfahrt durch die Siadt ur 
die Illuminalion zu besehen. Einen prächtige 
Anblick gewährte die Beleuchtung des Auer Kirhh 
thurms. Die Galerien desselben waren bengalish 
—XVV& 
Glanze von elektrischen Glühlichtern. Der Anblu 
der Kirche war um so prächtiger, weil auch de 
Innenraum elektrisch beleuchtet war und dadurchde 
herrlichen Glasmalereien der Fenster zur Geltung kamen 
Die Neuhauser-⸗ Amnd Kaufingerstraße schwammen 
in einem wahren Lichtmeere. In der inneten Siadl 
war kein Haus anzutreffen, das nicht bis zum oberser 
Stockwerke hellerleuchtete Fenster gezeigt hätte. Aut 
waren an den Häusern zaählreiche, auf die Centenn 
feier Bezug habdende Transparente angebracht. hon 
dem kgl. Hoftheater und den Propyläen leuchtele 
bengalische Feuer herab, welche in ihrem darhe. 
spiel einen prachtvollen Anblick gewährten. br 
gegen Mitternacht erlosch allmählich der Lichin⸗ 
zlanz, der den Abschluß gebildet, von einer den 
die sie in allen ihren Teilen großartiger nicht 
ucht werden kann Bahern und vor allem unse 
Zunststadt Munchen, hat ein beredtes Zeugniß d 
für abgelegt, daß die Dankbarkeit des Volkes gen 
einen Fürsten nie erlischt und daß das —— 
Bayernvolk seine Könige und sein Fürstenhaus ied 
eit würdig zu ehren weiß. 
——— —— — — 
Vermischtes. 
St. Johann, 8. Aug. In einem hiesr 
Tigarrenladen erschien am Mitiwoch Abend ein gu 
gelleideter Mensch, bezeichnete sich als Reisendn 
und bat, ihm bis zum nächsten Morgen drei Nu 
leihen zu wollen; er sei in Verlegenheit geratten 
erhalte jedoch morgen fruhe eine Geldsendum 
Als man durchaus keine Neigung zeigte, ihm 
yhne Weiteres drei Mark zu geben. —D 
„Reisende“ seine Urkette los und sagte: „Ich lam 
mir wohl denlen, daß Sie mir, eincm Jonen eh 
lig Fremden, mißtrauen; ich bitte daher, dir 
joͤldene Kette als Pfand annehmen zu woln 
hren Werth werden Sie selbst ermessen konnen. 
Dabei schob er die ziemlich dicke Kette dem junge 
Verkäufer in vertraulicher Weise hin. So. un 
nun bitle ich noch, mir freundlichst ein Dutzn 
recht gute Cigarren geben zu wollen; haben * 
vdielleicht Cuba mit Pottorico⸗Einlage? Miltelschwe 
Auch eine reine Cuba ist mir angenehm.“ a