Full text: St. Ingberter Anzeiger

wie folgt: Die Frage der Reorganisation der 
Gebäude⸗Brand · Versicherung in der Pfalz hat der 
Landrath seit vielen Jahren beschäftigt, ohne den 
gewünschten Abschluß zu finden. Es darf der 
doffnung Raum gegeben werden, daß durch An⸗ 
nahme der nunmehr vorliegenden Vorschläge eine 
befriedigende Regelung geschaffen werde. Die 
Grundlage unsetes Gebäude-Brand⸗Verficherungs⸗ 
wesens bildet die Brand-Versicherungs⸗Ordnung 
vom 26. November 1817, welche ihrerseits der 
damals im rechtsrheinischen Bayern bestandenen 
Brand Versicherungs⸗Ordnung entnommen worden 
war. Sie ist aufgebaut auf dem Grundsatze der 
Begenseitigkett und auf die Bestimmung, daß 
sämmtliche Brandentschädigungen mit Zurechnung 
der Verwaltungs- und sonstigen Ausgaben gleich- 
heitlich von sammtlichen versicherten Mitgliedern 
ohne Rückficht auf großere oder geringere Feuer⸗ 
gefährlichkeit der versicherten Gegenstände getragen 
werden. Bei ihrer Gründung war die Voraus— 
setzung maßgebend, daß die bei ihr zur Versicher⸗ 
ung gelangenden Gegenstände in nicht allzu großen 
Mißverhältnissen stehen zu der Gefahr und Be— 
lastung, welche von den Theilnehmern der Anstalt 
gegenseitig versichert und Ubernommen werden. Da⸗ 
mals mögen diese Verhältmisse gegeben gewesen 
sein. Im Laufe der Zeit aber hal fich eine ge⸗ 
waltige Veränderung in den Versicherungsderhält⸗ 
niffen vollzogen. Der außerordentliche Aufschwung 
der Industrie brachte fortschreitend die Aufsiellung 
werthvollerer Maschinen und großartiger Werke in 
den Fabriken und der bedeulende Muühlenbetrieb 
wurde nach neuen kostspieligeren Systemen umge— 
ftaltet. Der Kapitalwerth jener Maschinen und 
Werke war außer Verhältniß getreten zu dem⸗ 
jenigen der gewöhnlichen Verficherungsgegenstände. 
— Im Interesse der versicherten Gebäudebesitzer 
gegenüber den Fabrikinhabern sollte Abhilfe ge⸗ 
schaffen werden. Deßhalb find im Allerhöchsten 
Landrathsabschiede vom 10. Nobember 1861 durch 
Aufhebung des Art. 8 Abs. 8 die Werke und 
Maschinen in Fabriken von der Versicherung aus— 
geschlossen worden. So modifizirt besteht die ürand⸗ 
verficherungsOrdnung von 1817 bis zum heutigen 
Tage unverändert in Kraft. Inzwischen hat sich 
in iramer weiteren Kreisen die Ueberzeugung Bahn 
gebrochen, daß, einerseits es nicht länger angehe, 
die aufblühende Industrie mit ihren Fabriken und 
Müuhlwerken von der Theilnahme an der heimischen 
Brandversicherung ausschließen zu lassen, daß aber 
anderseits eine ganz eingehende Umgeftaltung der 
Anstalt und insbesondere eine wohlberechnete Ab⸗ 
fufung der zu leistenden Versicherungsbeiträge ein⸗ 
zutreten habe, wenn nicht die Eigenthümer von 
Gebäuden mit guter Bauart und ohne feuerge⸗ 
fährlichen Betrieb den übrigen Gebäudeeigenthümern 
zegenüber als zu hoch belastet bleiben sollten. 
Von Seite der k. Staaisregierung ist die Frage 
des Anschlusses der pfälz. Brand⸗Versicherungs⸗An⸗ 
stalt an die rechtsrheinische neuerdings einer Prüf· 
ung unterzogen und zur Erleichterung derselben 
eine Zusammenstellung derjenigen Beftimmungen 
der rechtsrheinischen Bauordnung veranlaßt worden, 
deren Ausdehnung auf die Pfalz im Falle des 
Anschlusses cls unbedingt nothwendig erachtel 
Vurde. Diese Bestimmungen beschränken fich im 
Wesentlichen auf die in der allgemeinen Bauord⸗ 
nung für die Landestheile rechts des Rheines vom 
19. September 1881 in Bezug auf die Feuer⸗ 
fsicherheit enthaltenen Vorschriften und ist insbe- 
sondere eine vorguͤngige Plangenehmigung nur be⸗ 
züglich einzelner Bauten, bei denen eine erhöhte 
Feuersgefahr obwaltet, ins Auge gefaßt. Auf 
diese Grundlage und nachdem einige Wünsche in 
Betreff der für die Pfalz vorgeschlagenen bau⸗ 
polizeilichen Vorschriften und bezüglich der Er— 
gänzung des Reservefonds Seitens der k. Staats⸗ 
regierung in wohlwollendster Weise Berücksichtigung ge⸗ 
funden hatten, erllärte fich der ftändige Landraths⸗ 
Ausschuß in seinen Sitzungen dom 8. April und 
31. Juli l. Is. einstimmig für den An— 
schluß an die rechtsrheinische Anstalt. 
Der vorliegende Gesetzentwurf kam, dem Auftrage 
des Landrathes enisprechend, im 6. Landraths⸗ 
Ausschusse zur Durchberathung und wurde von 
demselben nach Maßgabe des aufgenommenen Mo⸗ 
tokolles eBg ancen. nen 
Lokale und pfaltisse achtien. 
*St. Ingbert, 18. Nob. Funktionär 
Schiller vom Hüttenamt Obereichflatt wurde zum 
Kafsier bei dem, Bergeamt St. In aberf 
ernannt. 
*St. Ingbert, 13. Nob. Schöffen⸗ 
gerichtssitzung. Als Schöffen fungiren die 
Herren Heinrich Martin, Pulverfabrikant hier und 
Heinrich Fries, Gastwirth und Adjunkt in Ens—⸗ 
heim. Als 1. Fall kam zur Verhandlung ein 
Diebstahl, welchen die 15jährige Marg. Br. in 
Ensheim am 28. August in einem Garten dort- 
selbst ausführte, indem sie einen Apfel vom Baumet 
schlug. Geständig, wird sie, da erkannt wird, daß 
fie zur Zeit der That die Einsicht der Strafbar⸗ 
keit derselben besaß, zu einer Geldstrafe von 1 
Mark evb. 1 Tag Haft und zu den Kosten ver⸗ 
artheilc. 2. Wegen Diebstahls von *30 Ster 
iefern Prügelholz aus dem Doͤrr'schen Walde sind 
»orgeladen und werden überführt die Ehefrau 
Mar. Fl., 38 J. a., und deren 14ährige Toch⸗ 
er aus Hassel. Ihre Strafe besteht in je 1 Tag 
Befängniß und gemeinschaftlicher Tragung der 
dosten, indem auch bei der letzteren die Einsicht 
der Strafbarkeit ihrer Handlung angenommen 
vird. 83. In der Nacht des 28. Juli kam der 
Fabrikarbeiter Joh. R., 25 J. a., hier, vor die 
Wohnung des Maschinenwärters N. A. Da er 
von einem zwischen seinem Bruder und jenes 
Schwager abgelaufenen Zank gehört hatte, glaubte 
er sich veranlaßt gegen den Maschinenwärter vor⸗ 
zugehen und warf diesem, welcher an seinem Fen⸗ 
ster stand, mit einem harten Gegenstand auf den 
Mund, sodaß die Lippe aufsprang und 2 Zähne 
abbrachen. Diese Koͤrperverletzung trägt dem Thä⸗ 
der unter Annahme mildernder Umstände eine 
Strafe von 10 Tagen Gefängniß nebst den Kosten 
in. Von der gegen ihn erhobenen Anklage wegen 
Bedrohung wird er als nicht überführt freigesprochen. 
b. Der Steinhauer Hrch. St. 19 J. a. aus Eh—⸗ 
ingen und der Maurer Joh. S., 24 J. a., aus 
Ballweiler, hatten am 11. Juli in der Diener'schen 
Wirthschaft zu St. Ingbert mit etlichen St. Jug⸗ 
vertern einen Disput, welcher zu einer Schlägerei 
ausartete. Hierbei erhielt ein Bergmann von hier 
von dem Ersteren einen Stich in den rechten Unter- 
arm und zwar ohne Anlaß seinerseits. Der ge⸗ 
nannte Maurer hatte den Thäter zum Stechen auf⸗ 
zestiftet. Bei dieser Gelegenheit verüdten beide 
zroben Unfug. St. behauptet, nicht mit einem 
Messer, sondern mit einem Stück Blech gestochen zu 
hjaben. Der Angeklagte S. leugnet zwar, erscheint 
aber durch Zeugenaussage überführt. Unter Zubil- 
ligung mildernder Umslände wird gegen beide auf 
14 Tage Gefängniß, 2. Tage Haft und Ueber⸗ 
hürdung der Kosten erkannt. 5. Eine Schlägeret 
ppielte sich in Heckendalheim in der Nacht bom 7. 
Juli zwischen folgenden Angeklagten: Nit. F., 
23 J. a., Schmelzarbeiter, Ludw. F., 25 J. a., 
Schuhmacher, Joh. F., 21 J. a., Schmelzarbeiter, 
inerseits und dem Beschuldigten Wilh. St.,24 J. 
1., Ackerer, anderseits ab. Wegen gemeinschaftlich 
ziebei begangener Koörperberletzung wurden folgende 
Strafen ausgesprochen: ad 1, 2 und 8 je 9 Mark 
ꝛvp. 8 Tage Gefängniß und je der Kosten; 
2d. 4 wegen einfacher Korperverletzung6 
Mark eb. 2 Tage Gefängniß und der 
Zosten; allen kommen mildernde Umstände zustatten. 
6. Eine Privatbeleidigungsklage gegen eine Frau 
von hier wird dadurch erledigt, daß die Beklagte 
ohne Verhandlung ihre Aussagen zurücknimmt und 
die entstandenen Kosten trägt. 
*Wie alljaͤhrlich, wird auch jetzi wieder darauf 
aufmerksam gemacht, daß diejenigen Militäran— 
wärter, welche bis jetzt eine Anstellung noch nicht 
zefunden haben, ihre Meldung bis zum 1. Dej. 
zu wiederholen haben, widrigenfalls die Streichung 
hrer Namen in den Bewerber⸗Verzeichnissen er⸗ 
'olgen würde. 
— Lautzkirchen. Gewählt wurden hier 
ils Gemeinderäthe: Jann Nikolaus, Wack Paul, 
Wannemacher Johann, Adjunkt, Redelberger Albert, 
Scheuer Johann, Kraus Nikolaus, Schuler Wil— 
jelm, Eich Jakob, Kuhn Karl, Schößer Nikolaus J. 
und Petry Christian. (Zw. 3.) 
— Zweibrücken, 12. Nov. In start be⸗ 
uchter Versammlung hielt gestern Abend Herr Hugo 
Zamin aus Berlin, Vorsitzzender des General- 
taths der Maschinenbauer, den angesagten; Vortrag 
über: „Gewerkverein und dessen Kafsen“. Rednet 
zerbreitete sich kurz über die Zwangskrankenversicher⸗ 
ung, wies auf die seiner Ansicht nach bestehenden 
Pachtheile derselben hin und hoffte, daß dieser 
Zwang mit der Zeit nachlafsen werde. Redner 
am nun auf die Verbands⸗Invalidenkasse zu spre⸗ 
hen und erklärte hierbei der ‚Zw. Z.“ Jhufolge, 
aß die Auffichtsbehörde den Beschluß der General— 
versammlung, die Auflösung dieser Kasse betreffend 
Jenehmigt habe. Die Kasse habe zu humag gegen 
hre Mitglieder gehandelt, und sei von vielen der. 
elben in gemeinet Weise ausgenutzt worden. Das 
reien die hauptsächlichsten Gründe gewesen, die iht⸗ 
Auflösung nothwendig machten. Trotzdem verblieben 
edoch noch 150 bis 160,000 Mark in der Laffe 
ind diese würden an die Mitglieder aus bezahl⸗ 
odaß jedes Mitglied noch ungefähr 8 (78 prozj 
eines eingezahlien Betrags herausbekomme. Hoi 
n Bälde, so ungefähr fuhr Redner fort, die staat. 
liche Alters und Invaliden-Versicherung ins Leben 
srete, sei noch unbestimmt, komme sie, so werde fie 
hoffentlich den Arbeitern zum Segen gereichen. 
Redner gab hierauf einen kurzen Ueberbuͤd über 
die letzten Ausstände in den norddeutschen Kohlen⸗ 
revieren und betonte, daß seiner Ansicht nach die⸗ 
elben in jedem Jahre wiederkehren würden, da 
immerhin der einmal gewedte Funke des Unfriedens 
anter der Oberflache fortglimme. Er selbsi sprach 
sich entschieden gegen die Ausstände aus und en 
mahnte im Falle von Zwistigkeiten eine friedliche 
Einigung zwischen Arbeitgebern und Arbeitern zu 
suchen. Nur auf diesem Wege koönne die Lage der 
Arbeiter verbessert werden. Ferner erwähnte r 
»en Nutzen der Einrichtung eines geworblichen 
Schiedsgerichtes, jedoch auf gesetzlichen Grundlagen 
ind forderte, daß solche überall eingeführt werden 
nöchten, da fie ein Schatz für den Arbeiterstand, 
L Nachdem 
Redner noch in Kürze betont hatte, daß der Ge— 
verkverein auch in mannigfacher Weise für Bild— 
ungsbestrebungen sorge, schloß er mit der Aufforder⸗ 
ung, kräftig und nach jeder Richtung für die Agi⸗ 
ation des Vereins zu wirken und sprach die Hoff · 
uung aus, daß derselbe, der jetzt schon 22000 
Mitglieder zählte, baldig auf das Doppelte an⸗ 
vachsen möge. 
— Zweibrücken. Parkhrauereten 
Zweibrücken Pirmasens. Die Bilanz für 
das zu Ende gegangene erste Geschäftsjahr weist 
ꝛeinen Gewinn von 157 653 Mt. auf. diervon 
sollen 36942 Mt. zu Abschreibungen, 2934 Mk. 
u Tantiemen an die Direktion verwendet, 6085 
Mark dem ordentlichen Reserbefonds, 5000 M. 
dem Delkredere⸗Konto, 11835 Mkw dem Spezial⸗ 
Keservefonds überwiesen, 72 pCt, Dividende der-⸗ 
heilt und 10 154 Mk. auf neue Rechnung vor⸗ 
etragen werden. Die Reserven am Ende des ersien 
Heschäftsljahres betragen alsdann: Ordentliche 
kKeserbe 21035 Mk., Spezial⸗Reserve 20 000 
Mark. Delkredere-Konto 5000 Mtk. zusammen 
16 035 Mk. 
— Homburg, 12. Novb. Bei der gestrigen 
S5tadtrathswahl wählten von ungefähr 500 
Stimmberechtigten nur 313. Trotzdem war der 
Berlauf der Wahl ein sehr erregter, da fich zwei 
dauptparteien gegenüber standen. 
— In Odenbach a. Glan fand am Sonn⸗ 
lag eine Versammlung statt behufs Agitation fur 
ur das Bahnprojekt Staudernheim⸗Meisenheim⸗ 
dauterechen, an welcher fich auch Bürger von 
Ddernheim a. Glan beteiligten. 
— Pirmasens, 12. Novb. Ein bedauer⸗ 
licher Unfall ereignete fich gestern bei der Heimbe⸗ 
sorderung der während der Wahl zum drucken 
von Stimmzetteln vor dem Ccfs Feß aufgestellt 
zewesenen kleinen Schnellpresse. Als man dieselhe 
vor der Druckerei abladen wollte, klippte der Roll⸗ 
vagen, auf dem sie stand, um, die Presse fiel zut 
Erde und einem Schriftsetzer aus Gohlis⸗Leipzig 
auf den linken Fuß, so daß der Verunglückte, wel⸗ 
cher rücklings zu Boden stürzte und sich dabei auch 
noch am Kopfe verletzte, ins Spital befördert wer⸗ 
den mußte. Die Maschine selbst erliit ebenfalls 
Beschädigungen. (A.) 
— Landau, 12. Nov. Die Aktiengesellschaft 
dandauer Volksbank beruft auf Grund eines 
Beschlusses des Auffichtsrathes weitere 2090 des 
Aktienkapitals zur Einzahlung auf den 10. Dez. 
i. Irs. ein. 
— Schhifferst adt. Nicht geringes Aufsehen 
rregte dahier die vor einigen Tagen plötzlich vor⸗ 
zenommene AImtsenthebung des seit ungefähr 
wei Jahren hier anwesenden Posiexpeditors 
duchenmeister. 
— pPfaälzischer Kunstverein. Die 
BZeneralversammlung findet am 24. d. M., Nach⸗ 
nittags 3 Uhr, im Vereinslokale in Speher 
tatt. Tagesordnung: 1) Jahresbericht, 2) Rech— 
aungsablage für 1888189. 3) Budget fün