Full text: St. Ingberter Anzeiger

— * 
— J S * 9 v 
4 —98* 14 
5 ——— — — u 4* 12 8 7 
N — —S 5 8 — 9 z3* —908 
—— * V * *4 —2—6 
— — — 666 —3 —5358 —41489—— 
— * * s — 66 * * 0 ———— —8 —— — 
B—— — RBncch—RR B—— * 
3 7 * ——29 — S — * * — 1 * * 5* 
27 — E 3 7 Vi — h 9 
9 —8 — —D— 8 — 4 —— —* * 
Amtliches Organ des königl. Amisgerichts St. Ingbert. 
— — 
er „St⸗ Ingberter rreige erscheint täglich mu Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wöchentlich mit Unterhaltunge⸗Vlatt und Mittwocht und Samstags mit 
Juft rirten Seilagen. as Blait koftet dierieljährlich 1 M 60 einschließch Tragerlohn; durch die Post bezogen 14 758 4 einschließlich 420. Zustellungsgebuhr. Die 
mrückungsgebühr fur die Igespaltene Garmondjeile ober deren anm belräge dei Inseralen aus der Pfalz 10 , bei außerpfalzischen und solchen auf welche die Erpedition 
Auskunit ertheilt 163, Reklamen 30 2. Bei Amaliaqe? Cinrückung wird nur dreimalige berechnet. 
r 
M 279. Samstag, 30. November 1889. 
Abonnements 
für den Monat 
Dezember 
auf den 
oͤmal wöchentlich erscheinenden 
„St. Ingberter Anzeiger“ 
onnen bei allen Postexpeditionen, den Post⸗ 
voten, bei den Umträgern und in unserer 
ẽrpedition bestellt werden. 
Inserate finden durch den „St. Ing⸗ 
zerter Anzeiger“ die weiteste Verbreitung. 
Politische Uebersicht. 
*In der achten Sitzung des Elberfelder 
Beheimprozesses kam es zu einer nicht un⸗ 
nteressanten Zeugenaussage über den be—⸗ 
annten Polizeispitzel, Bandwirker Julius Weber; 
rin Zeuge erklärt: Weber habe die Gefälligkeit des 
Polizeikommissars Wilsing wegen eines mit dem 
Strafgesetz in Konflikt gekommenen Schwagers, der 
jor dem Schwurgericht wegen eines unter Aus⸗ 
ichlaß der Orffentlichkeit verhandelten Verbrechens 
herurtheilt worden, in Anspruch genommen, und 
„ei dieser Gelegenheit sei er, der ein eifriger Pa⸗ 
riot und Vorstand eines Oberbarmener Krieger⸗ 
jereins gewesen, von dem Kommissar aufgefordert 
vorden, die straf-saren Sozialdemokraten zu beob⸗ 
ichten. Der Kommissar habe ihm wiederholt sein 
Ehrenwort gegeben, daß seine Aussagen niemals 
dazu führen würden, andere Leute ins Unglück zu 
zürzen, und da habe er sich zu den Diensten bereit 
òꝛrklaͤrt, nicht wenig auch durch augenblickliche Noth⸗ 
iage getrieben. Er habe dann mit den Leuten 
nerkehrt, mit denen er früher nichts zu thun ge— 
jabt, und sei in diesem Umgang allmählich selbst 
in überzeugungstreuer Sozialdemokrat geworden, 
jabe sich jedoch nicht mehr aus den Polypenarmen 
)er Polizei befreien können. 
*Nach einer Londoner Meldung des „Berl. 
Tagebl.“ soll die Aeußerung des Staatssekretärs 
Brafen Bismarck im Reichstage, daß mit den 
stap⸗Abenteurern kurzer Prozeß werde gemacht 
werden, sobald die deuische Schutztruppe in Nama⸗ 
Jualand sich organisiert habe, in England beträcht- 
iiche Erregung hervorgerufen haben und von den 
dondoner Blättern scharf besprochen werden. Man 
veist nach dieser Meldung darauf hin, das die 
LIhenteurer britische Staatsbürger sind. 
* Eine beachtenswerthe Miitheilung über die 
Ktonferenzen in Konstantinopel während 
des Kaiserbesuches bringt die „Akropolis.“ 
Das griechische offiziöse Organ will aus durchaus 
anthentischer Quelle die Bestätigung erhalten haben, 
zaß die in Konstantinopel gepflogenen Unterhad⸗ 
ungen nur in geringem Maße pnlitischen Charak⸗ 
ersz waren, daß aber sowohl Graf Bismarck als 
nuch Kaiser Wilhelm handelspolitische Gegen⸗ 
tände verhandeiten. So habe der Kaiser das Ge⸗ 
prach auf die Verhandlungen hinsichtlich des deutsch⸗ 
ürkischen Handelsvertrages gelenkt und deren Be— 
schleunigung als im Interisse beider Staaten liegend 
zezeichnet. Graf Bismarck habe ferner den Groß⸗ 
dezier an die Ausführung der Eisenbahn von Ni⸗ 
fomedia noch Bagdad erinnert und die Konzession 
Baus derselben für eine deutsche Gesellschaft 
rbheten. 
x In der Belgischen Kammer kündigte 
Bara an, daß er die Regierung über die Amts⸗ 
entsetzung des Chefs der öffentlichen Sicherheit, 
Zautier de Resse, interpelliren werde und 
berlangte die Vorlegung der auf diese Angelegen⸗ 
jeit bezüglichen Akten. Der Jusiizminister nahm 
zie Interpellation an, welche am Dienstag zur 
Berhandlung gelangt. 
* Auch in der Schweiz treibt man praktische 
Sozialpolitik. Der schweizerische Bundesrath 
eantragt einen Verfassungsantrag behufs Ein⸗ 
ichtung der obligatorischen Unfallversicherung und 
zwangsversicherung sämmtlicher Lohnarbeiter. Die⸗ 
er Zusatz zur Verfassung unterliegt der Abstimm⸗ 
ing des Volkes und der Kantone. 
*Die Erörterungen über die angeblichen 
nilitärischen Nebenströmungen“ in 
deutschland werden von der russischen 
Preffe lebhaft besprochen. Der „Grajshdanin“ 
urchtet, daß des Grafen Waldersee „Einfluß“ dem 
Frieden schädlich werden könne. Er schreibt: „So 
ange Fürst Bismarck lebt, begegnet dieser Einfluß 
edeutendem Widerstande. Sobald aber der Kanzler 
richt mehr da sein wird, kann man befürchten, 
aß Graf Waldersee in sich die ganze Summe des 
Finflusses auf den Kaiser vereinigen wird, und 
ies wird kaum besonders günstig für den europä⸗ 
schen Frieden sein“. Während also, schreibt die 
Str. P.“, ein Theil der russischen Presse die 
zemühungen des Fürsten Bismarck um die Auf⸗- 
echt rhaltung des europäischen Friedens anerkennt, 
röffnen die panslavistischen Biätter mit den Mos⸗ 
auer „Wjedomosti“ an der Spitze einen neuen 
Feldzug gegen Deutschland wegen dessen Politik 
jegenüber Rußland. Die Frage der Anerkennung 
jes Prinzen Ferdinand von Bulgarien sei, so 
neinen die „Moskowskija Wjedomosti“, von Bis⸗ 
narck aufgeworfen worden, um Rußland in das 
Netz der deutschen Politik zu locken; dieser Versuch 
ei jdoch mißlungen. Ein Einvernehmen der 
Jentralmächte mit Rußland, von dessen Zustande⸗ 
ommen deutsche Offiziöse gesprochen haben sollen, 
ei eine bloße Erfindung. 
Deutsiches Reich. 
Karlsruhe, 29. Nov. In der Siztung der 
‚weiten Kammer interpelliert das JFentrum 
die Regierung, welche Stellung dieselbe einnehme 
zu den bei ihr eingekommenen Anträgen auf Zu— 
afsung religiöser Orden nach 8 11 des Gesetzes 
von 1860. 
Munchen, 29. Nov. In der Zentrums⸗ 
sraktion hat sich jetzt eine mildere Anschauung 
ahin Bahn gebrochen, daß Budgetbedürfnisse, welche 
n der Fraktion von bekannter Seite bestritten 
vurden, mit großer Mehrheit anerkannt wurden. 
Pie der „Pf. K.“ vernimmt, wird ein Antrag, 
»em Kultusminister den Ministergehalt zust reichen, 
edoch die Mehrheit der Fraltion nicht erhalten. — 
der hiesige Demokratische Verein wird auf 
ie Aufstellung einer Reichsstags⸗ Gaähl⸗) 
dandidatur verzichten. 
Efsen, 29. Norb. Der Kaiser ließ, der 
Rheinisch⸗Westfälischen Zeitung“ zufolge, den ge⸗ 
etieten 224 Bergleuten von der Zeche 
Schlägel“ und „Eisen“ durch den Minister des 
znnern v. Herfurth seinen Glückwunsch ent⸗ 
ieten. 
Berlin, 28. Nob. (Reichstag.) Zweite 
desung des Bankgesetzes. Graf Stol⸗ 
erg begründet seinen Antrag, den Gesetzentwurf 
bzulehnen und die Reichsbank in den Befitz des 
Reichs überzuführen. Das Motiv des Antrages 
ei nicht agrarische Begehrlichkeit, sondern das B⸗ 
nühen, den Gewinn von über 88 Millionen 
dem Reiche zuzuwenden. v. Benda spricht für 
»ie Regierungsvorlage. Reichsbanlpräsident v. 
Ddechenid betont, er sei den Ansprüchen der 
randwirthschaft jeder Zeit möglichst gerecht gewor⸗ 
»en. Warum bilde die Landwirthschaft, wenn ihr 
ies nicht genüge, nicht eine eigene Kreditgenossen⸗ 
chaft? Bei Zeichnung der Reichsbankanteile seien 
vorwiegend kleine Zeichner berücksichtigt worden; 
ie große Mehrheit der Anteilseigner besitze nur 
in bis zwei Anteile. Die Kündigung werde un— 
ibsehbare Schaden und einen Sturm des Unwillens 
zervorrufen. Er bitte um unveränderte Annahme 
der Vorlage. v. Huene begründet den Antrag, 
die Gesamtdidvidende auf 5 (statt 6) Prozent 
estzusetzen und die Restdividende von '4 für An—⸗ 
eilseigner nach 5 Prozent beginnen zu lassen. 
Minister v. Böttich er erllärt, die Gründe für 
Berstaatlichung der Bank seien nicht schwerwiegend 
jenug, um an einer bewährten Einrichtung zu 
ütteln. Die Vordividende von 414 Prozent sei 
nuf 332 herabgesetzt. Eine weitere Oividendengrenze 
var in demselben Verhältnis zu normiren. Eine 
veitere Schmaͤlerung det Anteilseigner im Divi⸗ 
vendenbezuge könne zu einer Verstaatlichung oder 
iner Neugründung der Reichsbank führen. v. 
dardorff wünscht die Erhöhung des Kapitals 
der Reichsbank. v. Dech end spricht sich entschieden 
agegen aus und rühmt den Patriotismus des 
Zandelsstandes, dem allein die enorme Goldzunahme 
u danken sei. Das Kapital der Reichsbank könne 
eder Zeit für das Reich flüssig gemacht werden. 
Fortsetzung Montag 12 Uhr. 
Berlin, 28. Nov. Anläßlich des heutigen 
merikanischen Feiertktages fand im Hotel 
daiserhof ein großes Festefssen statt, welchem im 
janzen gegen 450 Personen beiwohnten. Den 
Borsitz führte der amerikanische Gesandte Phelps; 
u seiner Rechten saß Staatsminister Graf Herbert 
Bismarck. 
Berlin, 28. Nob. Der Afrikareisende 
Slaser macht, nach dem „Frkf. Journ.“, darauf 
zufmerksom, daß die Taktik der Engländer, wonach 
ie die Presse mit Berichten Stanleys übersd wemmen, 
zeeignei ist, die Verdienste Emin Paschas zu ver⸗ 
decken, und doch sei evident, daß der Lärm über 
die Reise Stanleys die Mahdisten erst veranlaßt 
hat, nach der A quatorialprovinz vorzurücken. Man 
jollte mit Veröffentl ichung der Berichte warten, 
hdis der holb erblindete Emin das Wort ergreift. 
Berlin, 29. Nov. Den „Berliner Politischen 
Nachrichten“ zufolge ermangelt die Reldung, Major 
Wißmann gedenke demnächst mit Urlaub nach 
Berlin zu kommen, der Begründung. 
Berlin, 29. Nov. Gestern Abeud fand in 
den Räumen des „Berliner Volksblattes“ eine 
»olizeiliche Durchsuchung nach dem Manu⸗ 
kript der vertraulichen Berichte des Zentral⸗Ver⸗ 
andes deutscher Industrieller statt. Beschlagnahmt 
vurden die gerade im Saz befindlichen Teile des 
ierten Brieses, ferner diejenigen Beilagen, in 
velchen die Briefe genannten Vereins abgedruckt 
varen. Der fernere Abdruck wurde der Redabk⸗ 
ion durch richterlichen Beschluß bei dreitausend 
Mark Strafe für jeden Kontraventionsfall un⸗ 
ersagt. 
Breslau, 29. Nov. Der Kaiser ist heute 
Abend 6 Uhr auf dem festlich geschmückten Bahn⸗ 
hofe hier eingetroffen. Ein Empfäng fand nicht