Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amisgerichts St. Ingbert. 
ver „St⸗Jugberter Anreige/ erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wochentlich mit Unterhaltungs⸗ Vlatt und Mittwochs und Samstags mit 
Uuftrirten Seilagen. as Blau kostel vierieljaͤhrlich A G60 Jeinschließlich Tragerlohn; durch die Poft bezogen j ιν, einichleklich 40 Zufellungsgebühr. Die 
Sinrucknugsgebühr far die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraien aus der Pfalg 10 , bei autzerpfalzischen und solchen auf welche die Expedition 
Auskunft ertheilt 1b, Neklamen 30 . Bei 4maliger Einrücung wird nur dreimalige derechnet. 
M 285. Samstag, 7. Dezember 1889. 
24. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
In seinem an den Finanz-Ausschuß der 
vayerischen Abgeordnetenkammer er⸗ 
datt ten Bericht beantragt Abg. v. Cra mer zum 
FEtat der Zölle und indirekten Steuern, den Malz⸗ 
aufschlag entsprechend den an dem Malzaufschlag⸗ 
Gesetz vorgenommenen Aenderungen statt mit 
33,800,000 Mk. mit 33,300,000 Mk. einzusetzen. 
Den Antheil Bayerns am Ertrag decr Zölle und 
Tabaksteuer aemäß 8 8 des Reichsgesttzes vom 
15. Juli 1879 beantragt Referent im Einverständ⸗ 
niß mit der Regierung statt auf 17,450,000 Mtk. 
auf 20 Millionen Mark feßzusetzen. Bei den 
Ausgaben wird im Allgemeinen Genehmigung be— 
antragt, bezüglich der erhöhten persönlichen Aus⸗ 
gaben jedoch um Aufschluß gebeten und Antrag 
vorbehalten. 
* Wie die „Nationalzeitung“ berichtet, hat 
dezüglich der wiederholt hervorgetretenen Beschluß- 
unfähigkeit des deutschen Reichstages eine 
amtliche Statistik festgestellt, mit welchem Prozent⸗ 
satze ihres jedesmaligen Personalbestandes die ein⸗ 
zeinen Fraktionen an der Zahl der ohne Ent⸗ 
schuldigung Fehlenden betheiligt waren. Darnach 
fehlten: Polen, ElsaßLothringer und Sozial⸗ 
demokraten 96,2 bezw. 88,8 und 59 1 Prozent 
hres Bestandis, Freifinnige 44,3, 3⸗nnnum 42.7, 
Fraktionslose 40, Reichspartei 39,7, Deutsch- 
fonservative 35,7 und Nationalliberale 30,9 
Prozent. Also abgesehen von den kleinen Gruppen 
der Polen, Elsaß Lothringer und Sozialdemokraten 
waren, so bemerkt das genannte Blatt, die 
Deutschfreifinnigen am schwächsten vertreten; sie 
ader verlanlaßten die Auszählungen und stellten 
dann die Beschlußunfähigkeit als bezeichnend für 
den „Kartell-⸗Reichstag“ hin. 
* Der Entwicklung des Elberfelder Ge⸗ 
heimbundprozesses fieht man in juristischen 
wie besonders auch in parlamentarischen Kreisen 
nicht ohne bedenkliches Kopfschütteln zu. Sogar 
der konservativ-pietistische „Reichsbote“ schreibt da- 
rüber: „Einen peinlichen Eindruck hat doch das 
Auftreten des Zeugen Weber, der Polizeispion 
war, gemacht! In welchen inneren Konflikt wer⸗ 
den diese einfachen Leute gebracht, wenn auf der 
einen Seite die Partei steht, welcher sie auf Ehre 
Treue gelobt haben, dagegen auf der anderen 
Seite die Auskunft suchende Polizei vielleicht mit 
Belohnung winkt, während die eigene Nothlage 
draäängt und das Gewissen durch den Unglauben 
abgestumpft ist, und dann als Schluß ein solcher 
Prozeß kommt! Es mag ja gewiß nöthig sein, 
die Sozialdemokratie als revolutionäre Partei zu 
aberwachen, aber es muß das mit viel Takt und 
zroßer Weisheit geschehen, sonst kann mehr ge⸗ 
schadet wie genützt werden. Vor allem sollte man 
so viel als möglich solche sogenannte Geheimbund⸗ 
prozesse vermeiden. Der schlichte Volksverstand ist, 
wenn er bei solchen Prozessen erfüͤhrt, um was es 
sich dabei handelt — Verbreitung von Zeitungen, 
Theilnahme an Versammlungen u. s. w. — und 
dann die hohe Strafe und lange Gefängißhaft 
iiest, geneigt, die Sozialdemokraten als Märtyrer 
anzusehen, denen man zu viel gethan habe. Poli— 
lische Prozesse solcher Art haben nie gute Früchte 
zetragen. In der Geschichte werden sie meist als 
strankheitssymptome angesehen, die auf irgend einen 
sozialen Uebelstand hinweisen, der aber nie durch 
diese Proz sse, sondern durch pofitive Reformen 
geheilt worden ist. Die Kosten des Prozeisses wer⸗ 
den außerotdentlich groß sein, nicht nur für den 
Fiskus, sondern auch für die 90 Angeklagten. die 
ich Wochen lang in Elberfeld unterhalten müssen. 
der Justizminister hat, wie wir hören, vor—⸗ 
aufig 60 000 Mk. für Zeugengebühren und der⸗ 
leichen angewiesen.“ 
*Der „Reichsanzeiger“ entwirft von der Lage 
»er Kohlenindustrie in Westfalen im Allge 
neinen ein günstiges Augenblicksbild. Daß eine 
zollige Zufriedenheit der Berge und Kohlenarbeiter 
roch nicht eingetreten sei, liege an den fortdauernden 
Aufhetzungen durch gewissenlose Agitatoren. 
* Aus Dresden lommt die beachtenswerthe 
stachricht, daß dort von einer Vereinigung von 
Aerzten, Juristen und Industriellen eine Kranken⸗ 
ind Sterbekassen-Aktiengesellschaft 
ns Leben gerufen werden solle, welche die Wohl⸗ 
haten des Krankenversicherungs⸗Gesetzes in freier 
Weise allen Denen zugänglich machen soll, die ent⸗ 
wveder keine ficheren Renten befitzen oder nicht zu 
den „Arbeitern“ grzählt werden und doch auf 
den unmittelbaren Ertag ihrer Thätigkeit ange- 
viesen sind. Die Finanzirung dieses verdienstlichen 
Anternehmens haben zwei Dresdener Bankinstitute 
iͤbernommen. 
* Die italienische Kammer har eine 
duldigungschrift an König Humbert er— 
assen; darin heißt es: „Nichts habe der Kammer 
zrößere Befriedigung verursachen können, als die 
Ankündigung in der Thronrede, der Friede er— 
cheine, dank der Rathschläge der Großmächte, 
zank dem Werke des Königs und seiner Verdün—- 
deten, mehr als jemals gefichert. Der Friede 
hringe immer Früchte und werde Italien entschä⸗ 
zigen für weitere Ausgaben für Heer und Flotte, 
velche den Schutz, die Einigkeit und die Unab— 
hängigkeit verbürger J 
Deutsches Reich. 
Darmstadt, 6. Dez. Bei Ankunft Kaiser 
Wilhelms fand auf dem prachtvoll geschmückten 
Bahnhofe großer Empfang statt; anwesend waren 
»er Großherzong, der Erbgroßherzog, die Prinzen 
Zeinrich und Wilhelm, sowie Prinz Albert 
Hiktor von Schleswig-Holstein; schließlich die 
Spitzen der Behörden. Die Ehrenkompagnie 
tellte die Leibkompagnie des 115. In⸗ 
'anterie⸗ Regiments. Bei der Ehrenpforte am 
Rheinthore, an welchem die städtischen Behörden 
Aufstellung genommen hatten, hielt Oderbürgermeister 
Ohly eine Ansprache, auf welche Kaiser Wilhelm 
dankend erwiderte. Auf der Fahrt zum Schlosse 
durch die als Via Triumphalis prachtvoll geschmückte 
Rheinstraße, in welcher Militärabtheilungen, die 
Studirenden der Technischen Hochschule, die Schulen 
der Stadt, die Krieger- und sonstigen Vereine 
Basse bildeten, wurden begeisterte Kundgebungen 
dargebracht. Dem kaiserlichen Wagen ritt eire 
Schwadron des Dragoner⸗Regiments Nr. 23 
doraus. Im Schloß wurde Kaiser Wilhelm von 
den Prinzessinnen Heinrich von Preußen und Alice 
»on Hissen hegrüßt. Kurz nach 10*3 Uhr 
derließ der Kaiser im offenen Wagen mit 
nit dem Ertzherzog von Hessen das Schloß, 
um die auf dem Paradeplatz aufgestellten 
driegervereine zu besichtigen, welche aus 
illen Theilen des Landes überaus zahlreich 
ingetroffen waren. Der Kaiser fuhr im Schritt 
ie Front entlang. Alsdann begab er fich zur 
Jagd nach dem Kranichsteiner Wildpark. — Kaiser 
wilhelm ist mit dem Großherzog nachmittags 5*4 
Uhr im offenem Wagen von dem Jagdausfluge 
nierher zurückgekehrt und wurde von der in den 
Straßen harrenden dichtgedrängten Volksmenge mit 
ubelnden Zurufen begrüßt. Abends fand im Neuen 
Halais Familientafel und im Schlosse Marschallstafel 
jatt. Das Wetter ist rauher geworden; leichter 
Schneefall ist eingetreten. 
Munchen, 6. Dezember. Wie der „Pf. K.“ 
»on zuständiger Stelle erfährt, hat weder von 
Seiten des Kuͤltusministerivums noch des Staats⸗ 
ninisteriums des Innern, noch der Regierung von 
Oberbay rn eine Auftragsertheilung wegen „Ueber⸗ 
vachung“ von Geistlichen stattgefunden und 
st eine solche auch von Seiten der königl. Polizei⸗ 
zirektion in keiner Weise vöorgenommen worden. 
Ob nun der von dem Abg. Walter angegebene 
Zermerk von einem Beamten zur Polzeidirektion 
virklich gemacht wurde, ist in Anbetracht des 
Dienstgeheimnisses vorerst nicht festzustellen. Unter 
allen Umständen aber läge darin keine Ueberwachung, 
da doch die Unterschriften zum Katholikentag in der 
Presse veröffentlicht wurden. 
Essen a. d. Ruhr, 6. Dez. Die gestern 
Abend stattgehabte zahlreich besuchte Ver s a m m⸗ 
lung der Vertreter der Bergarbeiter 
der Bochumer, Gelsenkirchener und Dortmunder 
Reviere beschloß nach längerer Beratung, durch die 
Wiederaufnahme dr Arbeitseinstellung die 
Aufhebung der Arbeitersperte zu erzwingen und 
diesen Beschluß det am Sonntag stattfindenden 
Bergarbeiterversammlung als Entschließung vor⸗ 
zulegen. 
Berlin, 6. December. GReichstag.) 
Dritte Lesung des Bankgesetes. 
Klemm spricht Ramens eines Theils der Kon⸗ 
servativen für die Regierungsvorlage. v. Huene 
und Ansbach empfehlen den Antrag Mirbach: 
die Gesammtdividende der Antheilseigner auf 58 
tatt 6 Prozent festzusetzen. Bankpräfident v. 
Ddechend widerlegt die Befürchtung, daß der 
Zenttalausschuß einen übergroßen Einfluß auf die 
Hankleitung ausübe und spricht sich gegen jede 
veitere Beschränkung des Gewinnes der Antheils⸗ 
igner als eine ungerechtfertigte Härte aus. v. 
S„trombeck Meyer und Büsing treten für 
die Regierungsvorlage, Graf Stolberg fuür den 
ntrag Mirbach und die Verstaatlichung ein. 
gankpräsident v. Dech end hebt Mooren gegen⸗ 
iber hervor, daß bei Errichtung der Bankstellen 
einerlei Rückfichen maßgebend seien. Graf 
5tolberg zieht seinen Verstaatlichungsantrag 
zurück, der Anttag Mirbach wird in nament⸗ 
icher Abstimmung mit 126 gegen 98 Stimmen 
ibgelehnt. Darauf wird die Regierungevorlage 
inderändert angenommen. Bei der zweiten Lesung 
»es Etats der Zöhle und Verbrauchs⸗ 
reuern erklärt Schatzsekretir v. Maltzahn, 
zer Bundesrath habe die vorjährige Resolution des 
steichstags betreffs Errichuung eines Reichszoll⸗ 
arifs“ sich nicht aneignen können. Ferner be⸗ 
nerkt der Schatzsekretär gegenüber dem Abg. 
Brömel, der Veranschlagung der Zölle werde der 
Durchschnitt der letzten drei Jahre zugrunde gelegt. 
Fortsetzung morgen 12 Uhr. 
Ausland. 
Brufsel, 5. Dez. Im Verlaufe der Sitzung 
der Kam'ner verlas der Justizminister 
das Protokoll über die Vernehmung des Pourbaix 
zurch die Sicherheits-Behörde. Dasfelbe ergiebt, 
»aß wohl Minister Devolder an der nächtlichen 
Anlerredung mit Pourbaix, nicht aber Minister 
Beernaert ieilgenommen habe. Der Mimister er— 
sJaͤrte, der Dirigent der Sicherheitspolizei konnte