Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Aus dem Westrich, schreibt man dem 
„Kur.“: Ein wahres Eidorado füt Fleischesser ist 
Jegenwärtig und seit Wochen schon die Stadt 
daiserslautern, in der trotz Metz gerinnung 
„zur Wahrung der Geschäftsinteressen“ ein großer 
Zwiespalt unter den Metzgern zu herrschen scheint. 
Wer die Stadt durchwandert, wird fast an allen 
Metzgerläden die Anzeige finden: „I. Qualitäit 
»der Prima Rindfleisch“, ja sogar „J. Qualität 
Ochsenfleisch zu 40 Pfg.“ Und in der That wird 
da durchweg sehr gut geschlachtet und ist das 
Rindfleisch prima zu 40 Pfg. das Pfund; Kalb⸗ 
dleisch wird bis zu 40 Pfg., Schweine- und 
Hammelfleisch bis 46 Pfg. herab das Pfund der— 
kauft. Der Fleischkonsum war über die Feiertage 
deshalb auch riesig. 
— GEin anerkennendes Schreiben) erhielt Herr 
Daniel Rie der in Moorlautern aus vem 
sKabinet des Prinzregenten Luitpold für mehrere poe⸗ 
tische Widmungen, welche Rieder dem Fürsten 
während seiner jüngsten Anwesenheit in der Pfalz 
hatte zulommen lafsen. Dem Schreiben war außer 
dem ein recht ansehnliches Geldgeschenk beigefügt. 
— Auch in Königsbach, beabsichtigt man 
dem schönen Beispiel anderer Orie folgend, einen 
Turnverein zu gründen. Behufs dessen wurde 
chon ein Circular in Umlauf gesetzt, worin Jeder, 
welcher dem Verein beitreten will, seinen Ramen 
einzeichnen kann. 
— Der reiche 28jährige Gutsbesitzer Leonhard 
Fischer aus Mußbach ist vom Landgericht J 
in Berlin wegen Anstiftung zur Urkundenfuͤlschung 
zu 8 Monaten Gefängniß und 8 Wochen Haft 
verurtheilt worden. Derselbe hatte den Verfuch 
gemacht, einen Studenten zu verleiten, sich für 
ihn an einem Gymnasium unter Fischers Ramen 
der Abgangsprüfung zu unterziehen, damit er selbst, 
der nicht Einjähriger war, es zum Reserbe⸗Offizier 
bringen könne. Der Student hatte die angebotenen 
700 M. scheinbar angenommen, aber der Polizei 
auf schlaue Weise Kenntniß von der Sache ver— 
schafft. Fischer muß überhaupt eine stark ausge- 
prägte Eitelkeit besitzen; am besten zeigt sich dies 
darin, daß er, obwohl Gemeiner, s. Z. nach Hause 
beurlaubt, in eleganter Fähnrichs Uniform mit 
Offiziers Degen umherstolzirte, nachdem er sich 
einen gefälschten Urlaubsschein verschafft hatte. 
— Gimmeldingen, 29. Dez. Unter dem 
Klange der Abendglocken brachte man soeben die 
entseelte Hülle der 173/ jährigen Tochter des Herrn 
Müllers Joh. Wie demann von hier in unser 
Dorf und den von Schmerz gebrochenen Eltern 
ins Haus. Die Unglückliche ging gestern Nachmit- 
sag um Einkäufe zu besorgen nach Neustadt und 
nach deren Erledigung in das Gimmeldinger Thal 
auf den großen Weiher, auf dessen Eisfläche sie so 
lange dahinglitt, bis sie an einer schwachen Stelle 
einbrach. Neben der Unglücdkstelle lag der Hut 
und ein Handschuh des Mädchens angefroren. Beim 
Herbvorziehen der Leiche fand man einen 10 Kilo 
schweren Stein am Halse derselben und den Mund 
fest mit einem Tuche zugebunden. Was das blühcende, 
schöne, kräftige Mädchen in den Tod trieb, ist allen 
ein Räthsel. 
— Generalmajor Schmauß, zuletzt Kom⸗ 
mandeur der Festung Germersheim (früher 
stommandeur des 4. Feld⸗Artillerie⸗Regiments), 
welchem der Abschied mit Pension bewilligt wurde, 
nimmt seinen Wohnsitz in München. 
— Speyer, 29. Dez. Heute Nacht starb, 
wie die „Pf. Z.“ berichtet, nach kurzem Unwohl⸗ 
sein im Alter von 79 Jahren der pensionierte Gem⸗ 
nasialprofessor Osthelder. Vor etwa 183 Jahren 
hat er sich in den wohlverdienten Ruhestand zurück- 
gezogen und lebte hier in seinem Haus, gepfleqt 
von seiner Tochter. 
— Ein höherer katholischer Geistlicher 
in Speyer hat dem St. Josefs ⸗Verein zum Bau 
einet zwaner katholischen Kirche an Weihnachten 
eine bedeutende Summe geschenki, die das vorhan- 
dene Vereinsvermögen auf das Doppelte erhöht. 
Auf Lebenszeit hat er sich die Zinsen vorbehalten, 
auch nach seinem Tod ist alljahrlich für ihn ein 
Seelenamt abzuhalten. 
— Böhl, 31. Dez. Furchtbarer Schrecken 
herrschte heute Nacht in ünserer Gemeinde. Um2 
Uhr ertönte der Ruf: Feuer! Es brannte in 
der Niedergasse bei Joh. Schmitt VI. Kaum 
war alles zur Brandstätle geeilt, wo nur wit 
äußerster Anstrengung das Vieh und die Nachbar⸗ 
gebdude gerettet werden konnten, da schlug in der 
Westergasse in der Wohnung des Hertn Adiunkten 
5chmitt, Vater des Vorgenannten, die Flamme 
ichterloh empor. Die Scheuer desselben sowie die 
aingrenzende des Emanuel Weiß brannten vollsländig 
nieder, auch eine Kuh soll hier umgekommen sein. 
Lber noch nicht genug das Schreckens! Während 
sier noch alles in voller Thätigkeit war, erlönte 
reuer Feuerlärm. In der Obergasse stand die 
Scheune des Joh. Bummel V. in hellen 
z lammen. Gegenwärtig dauern die Lösch- 
rbeiten, woran sich die Feuerwehren von Haßloch 
ind Iggelheim rühmlich betheiligen, noch fort. Es 
serrscht hier nur eine Stimme, daß hier Brand 
tiftung vorliegt. (G. A.) 
— Ludwigshafen, 30. Dez. Durch 
ie Gendarmerie wurde gestern der Vzt. 
ufolge ein gewisser Johann Deutsch von Herre 
seim a. B. unter der Anschuldigung des Dieb- 
tahls in Haft genommen. Deutsch stand als 
weiter Meßgerbursche im „Bayer. Hiesl“ in 
Diensten und verwechselte die Kasse seines Herrn 
nit seiner eigenen, auch verkaufte er Wurst und 
Fleischwaaren und behielt das Geld für sich. 
— Ludwigshafen. Se. k. Hoheit Prinz 
Luitpold hat allergnädigst zu genehmigen geruht, 
daß der kgl. niederländische Consuil 
Benno v. Grundherr zu Altenthann und 
Weyerhaus in Nürnberg auch in dem ihm nunmehr 
ils Amisbezirk zugewiesenen Gebiet der Kreise 
Pfalz, Oberfranken, Mittelfranken und Unter—⸗ 
ranken und Aschaffenburg in dieser dienstlichen 
Figenschaft anerkannt werde. 
— Einen originellen Weihnachtsscherz erlaubten 
äch einige junge Burschen in Freinsheim. 
kiner derselben fand naͤmlich auf der Straße einen 
Armreif in Form einer Schlange. Darauf auf⸗ 
nerksam gemacht. daß man solchen bei der Polizei 
ibzuliefern habe, oder durch die Ortsschelle publi— 
iren müsse, gingen dieselben zum Polizeidiener 
Förster und ließen in ganz Freinsheim ausrufen, 
aß bei Wirth Sch. wäͤhrend des zweiten Weih— 
nachtsnachmittages eine Riesenschlange zur Schau 
zusgestellt sei, die Jedermann gegen Entrichtung 
von 10 Pfg. gezeigt wücde. Wegen dieser Mystifi⸗ 
ation der Polizei kamen die« Burschen vor das 
-chöffengericht und büßten ihren Scherz mit einer 
5trafe von 10 Mk., welche zu wohlthatigen Zwecken 
estimmt wurde. 
— Srankenthal, 31. Dez. Um ihren 
heidenden Werkmeister, Herrn Weingarten, 
u ehren, überreichte eine Deputatinn der Arbeitet 
ver Schnellpressenfabrik Albert u. Co. demselben 
estern ein Weinserbice, ein Aquarium, zwei in 
dupfer getriebene Blumenvasen nebst einem schön 
iusgeführten Verzeichniß sämtlicher Arbeiter ge⸗ 
iannter Fabrik als Andenken. (Tgb.) 
— Aus der Pfal;. Das Ministerium des 
zunern hat folgende Entschließung erlassen: In—⸗ 
jaltlich Berichtes der k. Regieruͤng der Pfalz 
ntzieht sich ein großer Theil der Hausirer bon 
Larlsberg, k. Bez.eAmt Frankenthal, welche 
hr Gewerbe im Umherziehen vielfach im rech ts— 
heinischen Bahern betreiben, dadurch seit 
Jahren der Zahlung der nicht unbedeutenden Um— 
agen der Gemeinde Carlsberg, daß sie sich in 
iner Gemeinde des rechtsrheinischen Bahern zum 
Aufenthalt anmelden und sodann auf Grund dieses 
Aufenthalts bei dem einschlägigen k. Rentamt sich 
insteuern lassen und bei der Distriktspolizeibehörde 
ie Ausstellung eines Wandergewerbescheines erwirken. 
im diesen, den Haushalt der Gemeinde Carlsberg 
hwer schädigenden Mißbrauch abzustellen, ergehi 
in die Distriltspolizeibehörden der Äuftrag, gegen⸗ 
ber den in der Gemeinde Carlsberg beheimatheten 
dausirern von der durch 8 61, Abs. 1 der Reichs⸗ 
zewerbe⸗Ordnung den Verwaltungsbehörden er— 
heilten Ermächtigung Gebrauch zu machen, wonach 
ie um Ertheilung des Wandergewerbescheines Nach- 
uchenden von der Behörde des Aufenthaltsoris 
n die Behörde des Wohnoris verwiesen werden 
önnen und, wenn die Hausirer aus Carlsberg be— 
aupten, im dießrheinischen Bayern ihren Wohnsitz 
senommen zu haben, die Richtigkeit dieser Behaupt⸗ 
ing und die Zuverlässigkeit der bezüglichen gemeind⸗ 
ichen Zeugnisse auf's strengste zu prüfen. Hiebei 
vird bemerkt, daß durch Entschließungen des k. 
—taatsministeriuns der Finanzen die k. Regier⸗ 
ing sfinanzkammern dießseits des Rheins ange— 
viesen wurden, dafür Sorge zu tragen, daß die 
dausirer von Carlsberg, welche sich zur Besteuerung 
ei einem rechtsrheinischen Rentamie anmelden, dem 
uständigen k. Rentamt Gründstadt zur Einsteuerung 
iberwiesen werden, soferne dieselben nicht nachzu— 
veisen vermögen, daß sie ihren seitherigen, auf dem 
Jegitimationsschein aufgeführten Wohnoti Carlsberg 
jollständig und dauernd aufgegeben haben. 
— Aus der Pfalz. Geschlossene 
Zeiten für Tanzbelustigungen.) Die maßgebende 
VBerordnung vom Jahr 1862 hat sich den n den 
nerschiedenen Kirchengesellschaften geltenden Verboten 
und Herkommen angeschlossen und die Beobachtung 
derselben durch Untersagung und Androhung bog 
Strafen unterstützt. Für die Katholiken bezieht sich 
das Verbot der Tanzbelustigungen nach den Satz⸗ 
uingen ihrer Kirche auf verschiedentlich andere Zeiten 
uind Tage als fur die Protestanten. Die welt— 
iche Verordnung aber mußte gieiches Recht in dem— 
elben Ort ohne Unterschied der Confession, der 
bersonen schaffen und dies thut sie dadurch, daß sie 
Tanzbelustigung verbietet: J. an tatholischen Otten: 
l) vom ersten Sonntag im Advent bis incl. Drei 
dönige mit Ausnahme des Sylvesterabends und 
venn dieser auf einen Freitag fallt. des Neujaht- 
ages, wo dies herkömmlisch; 2) vom Ascher- 
nittwoch bis zum ersten Sonniag nach Ostern ein⸗ 
chließlich; 3) an Christi Himmelfahrt und am 
gIfingstsonntag, sowie an den Vorabenden dieser 
Tage; H9 in der Octave des Fronleichnamsfesies 
mit Ausnahme der einfallenden Kirchweihtage und 
n der Octave des Allerseelenfestes fowie an den 
Borabendenden dieser beiden Feste und des Aller— 
jeiligenfestes; 5) an den Feiertagen; 6) an den 
Feiertagen, welche zugleich gebotene Feiertage 
ind, auf Petri und Paul, Johanni u. s. w. n. 
An protestantischen Orten: 1) vom ersten Sonntag 
m Advent bis zum ersten Weihnachtsfeiertag ein—⸗ 
chließlich; 2) am Shlvesterabend mit der unter 
sit. J1) bestimmten Ausnahme, 8) vom Ascher⸗ 
nittwoch bis zum Ostersonntag einschließlich, 4) 
im Christi Himmelfahctstag, am Pfingstsonntag, 
an Buß⸗ und Bettagen, am Ernte⸗ und Refor⸗ 
nationsfest und an deren Vorabenden, 5) an den 
Feiertagen. An confessionell gemischten Orten haben 
‚iese Vorschriften Anwendung zu finden, je nachdem 
die Mehrzahl der Einwohner der katholischen oder 
zrotestantischen Confesfion angehoͤrt. — Auch Ver⸗ 
ꝛine haben fich hiernach zu richten. Das weltliche 
ind das kirchliche Verbot deckt sich nun allerdings 
nicht; der Katholik wird beispielsweise am Samstag 
nicht tanzen dürfen, er soll auch nicht nach weli⸗ 
ichem Recht eine Tanzunterhaltung veranstalten, 
in diesem Tag an einem katholischen Ort, er ver⸗ 
ꝛehlt sich aber nicht gegen die staatliche Vorschrift, 
venn er an demselben Tag an einem protestantischen 
Irt eine Tanzunterhaltung veranstaltet und der 
Zrotestant in einem katholischen Ort muß das 
taatliche Verbot an diesem Tag auch gegen fich 
jelten lassen, während sein Glaubensgenosse in 
inem protestantischen Ort diesem Verbot nicht 
interliegt. Wirthe und Musiker kennen diese Be— 
timmungen auch, nur Mitglieder von Vereinen sind 
nanchmal derselben nicht kundig oder glauben die⸗ 
elben auf Vereine nicht anwendbar, allein auch 
»arüber ist ein Zweifel nicht möglich, denn das 
bolizeistrafgesetzbuch untersagt ausdrücklich auch 
Borstehern und Mitgliedern von geselligen Ver— 
inen und geschlossenen Gesellschaften an jenen 
Tagen, Tanzmusik zu veranstalten, an welchem die 
uffentliche Abhaltung derselben durch Verordnung 
intersagt ist. 
Vermischtes. 
Kirchbau in Elversberg. Der 
vangelische Oberkirchenrath hat durch 
ẽ?ͤrlaß vom 10. August vg. Is. die Äbhaltung 
iner einmaligen Sammlung in den evangelischen 
dirchen der Rheinprovinz für den Bau einer 
»vangelischen Kirche in Elversberg, 
m Kreise Ottweiler genehmigt, und hat das König— 
iche Konsistorium der Rheinprovinz den Zeitpuntt 
»er Abhaltung auf den 83. Sonntag nach dem Feste 
der Erscheinung Christi, den 27. Januar dis. J. 
estgesetzt. 
F In Kohlhof bei Neunkirchen fand eine 
gerichtliche Inaugenscheinnahme der Gebäulichkeiten 
)»es Ackerers Andreas Limbach J., in welchen 
im letzten Donnerstag ein Schadenfeuer ausge- 
hrochen, das die Scheunen und die darin aufbe- 
vahrten Erntevorräte vernichtet hatte, statt. Nach 
erfolgter Besichtigung der Oertlichkeit wurde eine 
imfangreiche Vernehmung von Personen an Ort 
uind Stelle vorgenommen. Die Gebäude und auch 
ie Erntevorräte der durch den stattgehabten Brand 
eschadigten Besitzer sollen gegen Brandschäden ziem- 
ich gut versichert sein. — Am Tage nach dem 
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