ahrend die Anwendung des Strafmaßes im Er-
sen des Gerichts liege; zur gewissenhaften Aus⸗
w« ihret Pflicht empfehle er ihnen insbesondere,
ani ernster Aufmerksamkeit der Beweisaufnahme
solgen. Recht und Gerechtigkeit üben,“ das
der oberste Grundsatz, und im Hinblid darauf
in nie idtz Aintes walten. Sghiebus
chle der Vorfitzende die gesetzlichen Bestimm⸗
ngen über den Ausschluß des Richters von
Ausubung des Richteramtes zur Verlesung,
orauf dann zue Bildung der Geschworenenbank
qr den ersten zur Aburteilung gelangenden Straffall
eschritten wurde, nämlich zur Verhandlung gegen:
Halob Freiling, geb. 25. Juli 1868, lediger
oteinhauer von Insheim, angeklagt eines Verbrechens
Vorsetzlichen Kocherverletzung mit nachgefolgtem
sode im Sinne des g 226 R.⸗St.⸗G.⸗B., dadurch
zhangen, daß er am Abende des 7. April abhin
Bruder seiner Geliebten, den 24 Jahre alten
NRauerer Johannes Feth von Insheim, derart mit
em Stuck Holz mißhandelte, daß derselbe 4 Tage
auf seinen Verletzungen erlag.
Die Geschworenen sprachen den Angeklagten
er Annahme mildernder Umstände für schuldig,
orauf der Gerichtshof denselben zu einer Ge⸗
üngnisstrafe von 3 Jahren verurteilte
önde gegen 2 Uhr.
Nachmitt. Verhandlung gegen 1) Wilhelmine
Reemann, 28 J. a., aus Ludwigshafen gebürtig,
cdige Naherin in Landau; 2) Anna Maria Gaab,
J. und 3) Luise Eichhorn, 40. J a.,
hebamme, Witwe von Anton Amer in Landau,
ingellagt eines Verbrechens wider das Leben gemäß
218 bezw 219 R.St. G.⸗B.
Die Anklage vertritt Herr II. Staatsanwalt F.
Hagner, die Verteidigung führen die Herren: ad 1)
dechispraktikant Edcales, ad 2) Rechtspraktikant
znobloch, ad 3) Rechtsanwalt Schuler.
Als Geschworene fungieren folgende Herren:
zjuchs, Pfalzgraf, Bassermann⸗Jordan, Jotter, Hoͤh,
teubold, Raimann, Leist, Dauscher, v. Wächier
janson und Weber.
Das Gericht schloß. dem Antrage des Staats⸗
nwaltes stattgebend, Oeffentlichkeit dieser Verhand⸗
ung bis zur Verlündigung des Urteils aus, da die⸗
Abe eine Geführdung der Sittlichkeit besorgen läßt.
Das Urteil lautete auf „Schuldig“ und be—
aglich der Gaab wurden mildernde Umstände an-
enommen. Hierauf verurteilte das Gericht die
Seemann zu 3 Jahren Zuchthaus, die Gaab zu
ner Gefängnisstrafe von 2 Jahren und die Eich ⸗
oen zu einer Gesammtzuchthausstrafe von 4
jahren.
Schluß der Verhandlung gegen 11 Uhr abends.
G308. 3)
er tschtes.
fSt. Johann. Der 2ajährige Schneider-
zeselle Ludwig Reinsch von Dresden, der in
inem Geschäft in Saarbrücken in Arbeit stand.
adete am Samstag spät Abends in dem Bajsin
ner Latteschen Badeanstalt, der junge Mann wurde
/loͤlich vom Schlage getroffen und ertrank. Der
herunglückte war ein fleißiger Arbeiter, dessen früher
lod dom Arbeitgeber und den Mitarbeitern sehr
edauert wird. (St. J.“S. A.)
fk Malstatt-Burbach, 11. Juni. Ein
uührender Anblick bot sich am ersten Fesitag
legen 10 Uhr Abends den Passanten der Hoch⸗
lraße. In einem Kinderwagen schob ein Ehegatte
eine befsere Haͤlfte vor sich her, die allem Anschein
ach ihren Durst etwas übermäßig geldscht hatte.
fSaargemünd, 8. Juni. Ein schweres
zeschick verfolgt die Familie des fruher hier
datigen Rechtsanwalts Bodem. Vor einigen
jahren erlag der Gatte und Vater, als er eben
einen hoch betagten Vater in Beurig bestatten
vollte, pröhlich einem Gehirnschlag und wurde nun
nit seinem Vater zusummen begraben. Die um
iesen Verlust kaum beruhigte Witwe verlor am
ehten 25. Marz einen hoffnungsvollen Sohn im
Uter don 21 Jahren, an dem sie dald eine Stutze
u haben glaubte, und gestern mußte sie nach der
Saarg. Zig.“ schon wieder eine dlühende Tochter
jon 23 Jahren an einer rasch aufgekeimten Krank⸗
eit dahinsterben sehen. Es iß fast zu viel des
Schmerzes; alle Freunde und Bekannte, die ganze
Sladt trauert mit der tiefgebeugten Witwe. Mag
e darin und im Hinblick auf die ihr noch bleiben-
en zwei hoffnungsvollen Kinder einen geringen
tost in ihrem schweren Herzeleid finden.
Puttlingen, 8. Juni. Heute wurde
uun Anordnung der kaiserlichen Staatsanwalischaft
n dem benachbarten Hilsprich die Leiche der Frau
des Ackerers und Bürgermeisters Martin Britscher
usgegraben und der Section unterworfen. Der
in einer chronischen Krankheit leidenden Frau hatte
nan auch den Curpfuscher Hendricks — hier kurz⸗
veg Wunderdoctor genannt — hecangebracht. Der-
elbe versprach, die Frau herzustellen und verordnete
nuch ihr die Mischung von Bryoniawurzel mit
„chnaps. Frau Britscher klagte, der Trank sei
och so bitter und schlecht einzunehmen, abein Zu⸗
eden half, und der Trank verfehle auch seine Wirk-
ing nicht: Frau Vritscher starb anderen Tages.
5s unterliegt keinem Zweifel, daß die im Ueber⸗
naße gereichte Bryonia die den Tod der Frau
Zritscher beschleunigende Ursache gewesen ist. Der
zroße Zulauf, desser sich Hendricks hier erfreute,
ann bei der geistigen Bildung der Landbevölkerung
uicht wundernehmen. (Str. Pst)
FAugsburg, 10. Juni. Die allgemeine
deutsche Lehrerversammlung wurde heute eröffnet.
gegen 1600 Lehrer sind eingetroffen. In der
—XXL
hamburg die Theilnehmer herzlich willkommen. Die
—„tadt ist reich beflaggt.
F München, 7. Juni. Ein entsetzliches
Familiendrama, das in der Nacht vom 1.
uuf 2. April l. J. im Haus Nr. 183 an der Tann-
ZStraße sich abspielte, fand vor den Geschworenen
einen Abschluß, indem sich die 39 Jahre alte
tegistratorsgattin Kolb von hier unter der Anklage
»es Verbrechens des Mordversuchs am eigenen
Batten zu verantworten hatte. In der Nacht vom
Kauf 2. April laufenden Jahres wurde Herr
dolb, nachdem er vom Wirtshaus heimgegangen
ind mit seiner Frau neuerdings wieder in Diffe;
enzen gerathen war, plößlich von seiner Frau mit
inem scharf geladenen sechsläufigen Revolvber
neuchlingz, während er im Gang mit Einpacken
eschaäftigt war, angefallen und durch drei Schüsse
chwer verletzt, ein vierter Schuß verfehlte sein
ziel. Durch den colossalen Blutverlust geschwächt,
rach Kolb alsbald zusammen, wurde von dem rasch
jerbeigeholten Dr. Jochner verbunden und sodonn
ns Kraukenhaus r. d. J. verbracht, wo er mehrere
Bochen lag, ehe er wieder entlassen werden lonnte.
die Frau wurde alsbald verhaftet. Das Familien⸗
eben der Kolb'schen Eheleute war das denkbar
errütteste. Frau Kolb, an Genuß gewöhnt, konnte
ch nicht in bescheidene Verhältnisse, in die sie die
„tellung ihres Mannes zwang, füͤgen. Sie machte
eßhalb einen weit über diese hinausgehenten
lufwand, den zu erzwingen dem Mann nicht mehr
jselang, der durch Mangel jeglichen Sinnes für
in gemüthliches Heim don Seiten seiner Frau
elbu ins Wirtshaus getrieben wurde, wo er Er-
jolung und Zerstreung suchte. Angesichts solcher
Zerhälmisse kam es natürlich häufig zu heftigen
Streitigkeiten, die sich aufs Höoͤchste steigerten, als
hr ihr Mann im März mittheilte, er werd.,
des ewigen Haders müde, sie verlassen und eine
igene Wohnung beziehen. Frau Kolb, die ihrem
Manne die Schuld an diesen Verhältnissen beimaß,
atte sich schon früher zu bedenklichen Aeußerungen
bie: „Wenn er sich nur ködten möchte, ich waͤre
anz glücklich; wenn er fich nur erschießen würde;
venn Du kein Feigling bist, müßtest Du Dich er⸗
chießen; erschieß Dich doch“ hinreißen lassen. Als
ie den Enischluß ihres Mannes erfuhr, gerieth sie
uhßer Rand und Band und sie stieß mehrfach
Drohungen aus, wie: „Wenn Kolb von mir weg
jeht, muß er kaput sein.“ Daß diese Drohungen
eine leere waren, beweist der Umstand. daß fich
Anna Kolb am Vorabend vor der That einen
stebolber kaufte. Alle diese Umstände, ferner die
Art und Weise, wie Frau Kolb nach dem Unter⸗
eib, dem Kopf und dem Herzen ihres Mannes
ielte, gaben der Staatsbehörde Anlaß, Anklage
juf Verbrechen des Mordversuches zu erheben. Die
heschworenen bejahten die Schuldfrage, lautend
uuf Todischlagsversuch unter Ausschluß mildernder
Umstände, worauf Frau Kolb zu sechs Jahren
zuchthaus verurtheilt wurde.
F Eisenach, 10. Juni. Der Ausschuß des
zuristentages beschloß, den Juristentag in Straßburg
om 10. bis 14. September abzuhalten.
F Posen. Eine Feuersbrunst zerstoͤrte vorige
Voche in Schwiencigny in Litthauen die dortige Ka⸗
erne, die Synagoge, das Postamt, die Kreislasse,
wei Schulen und 84 andere Häuser.
4 Nach Depeschen aus Japan ereignete fich
im 13. und 14. April auf der Oshima⸗Insel ein
ulkanischer Ausbruch, durch welchen 300
„auser zerstoött und 470 Personen durch Ber⸗
chüttung unter den Trümmern zerstörter Gebäude
hren Tod fanden. Hunderte von Einwohnern ent⸗
tannen dem Untergang, indem sie in Booten nach
den benachbarten Inseln hinüberfuhren. Am 11.
April trennte ein Erdbeben auf einer der kleinen
Inseln in der Meerenge Niphon von Sitlola.
Zwischen den beiden Orisqhaften liegt jetzt eine
000 Fuß lange und 3 Fuß breite Kluft.
Landwirihschaftliches
Ein einfaches Mittel gegen den Gnumifluß
der Obstbäume.
Hiergegen hat man mancherlei Mittel vorgeschla⸗
gen, die zum Teil mit Kosten und Umständlichkeiten
berbunden sind und doch nicht leisten, was die
einfache Anwendung von Erde bewirkt. Jede Art
Erde ist gut, am besten aber eignet sich die fette,
dehm⸗ und noch besser die Thonerde dazu. Befindet
ich das Uebel unten am Fuße des Baumes oder
n mäßiger Höhe, so hat man nichts weiter zu
hun, als die Erde ringsum anzubäufen und die
ranke Stelle gut damit zu bedecken. Ist dieselbe
rocken, so muß sie mäßig angefeuchtet werden. Das
Hharz wird hierauf zuerst flüssig, dann fast weiß
und hell wie Wasser, der Fluß vermindert sich und
jort in wenigen Tagen ganz auf. Zur vollständigen
Vernarbung und Heilung der Wunde bedarf es
zjewöhnlich 6 —8 Wochen. Befindet sich der Harzfluß
vweiter oben, in den Aesten ꝛc. so macht man einen
zicken Umschlag oder Verband mit Erde, die indeß
tets feucht gehalten werden sollte. Dieses Verfahren
stt auch das beste Mittel, um bei zufalligen oder
ibfichtlichen Verwundungen der Baume dem Harzfluß
orzubeugen.
namtitennachrichten.
Gestorben: In Zweibrücken Charlotte Rink,
geb. Schmidt; in Vornbach Heinrich Wild
in Landau Fr. Maria Katharina Friedt,
zjeb. Lang, 33 J. a.; in Ludwigshafen
1. Rh. Georg Holdermann, 29 J. a.; ebendaselbft
yr. Anna Lehmann, geb. Lenz; in Friesenheim
Abraham Reibel, 48 J. a. —
Neueste cachrichten.
Paris, 11. Juni. Abgeordnetenkammer.
Bellibert des Segnine forderte von der Regierung
Aufklärung über die Ereignisse in Angou⸗
Sme; Redner hält es für notwendig, gegen die
hewalthätigkeiten der Beamten Einsptuch zu erheben.
Mit Erstaanen habe man in Angoulẽme die mili—
ärischen Kräfte beobachtet; sogar eine Batterie
Artillerie sei vor dem Bahnhofe aufgefahren gewesen.
HBleich dei dem ersten Rufe: „Es lebe Boulanger!
5s lebe die Republik!“ hätten die Verhaftungen
jegonnen. Auf Befehl aus Paris sei die militär⸗
sche Macht in Bewegung gesetzt worden, aber man
nöge nur fortfahren, die Massen zu schrecken. Das
dand werde sich dadurch nicht behindern lassen, die
Freiheit, welche die Regierung ihm gestohlen, zurück⸗
uerobern.
Minister des Innern Constanz erwiederte u.
i., die Entfaltung der Militärmacht sei auf eine
Veranlassung aus folgenden Gründen geschehen.
kine gewisse Gruppe von Persönlichkeiten reise
illwöchentlich im Lande umher (Unruhe rechts)
ind lasse sich von vorher bessimmten Leuten em-
Fangen, die in den Straßen Ansammlungen und
Zerkehrsstörungen veranlassen. (Lärm; Baudry
»Afson wird zur Ordnung gerufen.) Der Minister
ührt fort: diese Kundgebungen würden oft von
ezahlten Individuen in Szene gesetzt, und in
Ingoulẽme hätten sie noch besonders Gepräge dadurch
jewonnen, daß man nicht nur die Bewohner der
5tadt zufammengerufen habe, sondern auch Ein-
adungen an die benachbarten Departements habe
jelangen lassen. Es seien daher Unruhen ernstlich
jzu befürchten gewesen. Den Reisenden Laguerre
ind Genossen sei vollftändig freie Bewegung ge⸗
zattet worden, bis zu dem Augenblick, da einer
jserufen hahe: „Wenn Ihr „Es lebe die Republik!“
uuft, lauft ihr Gefahr, verhaftet zu werden; ruft
aher: „Es leben die Diebe!“ dann verhaftet man
Füuch nicht.“ Jusolge dieses Rufes habe der Pelizei⸗
'ommissar den Reisenden Doͤrouloͤde aufgefordert,
hm zu folgen, dieser aber habe den Beamten er⸗
zriffen und gegen den Wagen gezogen, sodaß der
Beamte am Handgelenk und beim Bein verwundet
vorden sei. Dann seien die erwähnten Personen
jerhaftet worden. Die Regierung habe vier Sicher⸗
seitsbeamte nach Angoulême gesandt und werde in
ihnlichen Fällen nach Bedarf noch mehr ausschicken.
für die Redaktion verantwortlich F. X. Deme?*