Full text: St. Ingberter Anzeiger

lich schreckt ihn der grelle Pfiff der Lokomotive eines 
einfahrenden Zuges aus seiner Ruhe empor. Ha, 
er will doch auch mit diesem Zuge fort; nun aber 
heißt es: auf und zum Bahnhof, noch kann er 
den Zug erreichen. Doch sonderbar, die sonst so 
flimken Beine wollen ihm heute gar nicht gehorchen, 
und er muß doch unbedingt den Zug noch erreichen. 
Nun ist es ihm endlich gelungen, mit schweißtrie⸗ 
fendem Gesicht und fliegendem Athem strebt er über 
den Perron dem eben abfahrenden Zuge zu. Die 
Coupothuren sind schon alle geschlossen, da, ihm 
bleibt leine andere Wahl, springt er schnell ent⸗ 
schlossen in den letzten, offenstehenden Gepäckwagen; 
wenn er hier auch stehen maß, so kommt er doch 
wenigstens noch mit fort. Nun noch ein Pfiff, der 
Zug fahrt jetzt aus dem Bahnhof hinaus und — 
äßl, o Tuck, gerade den Wazen stehen, in den er 
sich gerritet. Derselbe war für hiesige Station be⸗ 
stimmt und abgehängt worden. Dem bitterEntluschten 
bͤlieb nichts mehr übrig, als unter dem Gelachter 
des Bahnpersonals seinen so mühsam errungenen 
Platz wieder zu verlassen und in der gegenühber— 
Nnegenden Ristauration beim „Neuen“ zu warten, 
bis der nächste Zug abging. 
— Rodoldben, 3. Dez. Das Resuliat der 
Volkszählung in hiesiger Gemeinde ist 1912 Ein⸗ 
wohner. Im Jahr 1885 betrug die Zahl der Be⸗ 
völterung 1693, also einen Zuwachs in den letzten 
fünf Jahren von 219 Seelen. 
— In Steinfeld hat sich ein schreckliches 
Unglück ereignet. Dir Korbmacher Balthasar Wiß⸗ 
meier nebst seinen Sohnen waren mit Stämme⸗ 
abladen beschästigt und hierbei fiel ein Stamm auf 
seine 19jährige Tochter. Derselben wurde das Hirn 
zerschmettert. 
— Die s. Z. vom Stadtiratin Bergzabern 
beschlossene Trennung der städt. Einnehmerei von 
der Sieuer Einnehmerei und die U berrragung der 
ersteren Stelle an Einnehmer Roth wurde von der 
Igl. Regierung genehmigt. 
— Landau, 3. D z. Während die Näherin 
Fel. S. Gr. dahier eines Abende im Mai 1889 
die Gerberstraße passfirte, fiel ihr p'lötzlich ein 
Stein auf den Kopf, der sie so unglücklich 
traf, daß sie sich bis heute noch nicht von den 
Folgen erholt hat und voraussichtlich in absehbarer 
Zeit fich davon auch nicht erholen wird. Es ergaben 
sich Anhaltspunkte dafür, duß der Stein, von dem 
wie es hieß, reparaturbedürftigen Giebel des Hauses 
der Wiliwe A. gekommen war und strengte Frl. 
Gr. einen Eatschädigungspcozeß gegen Wittwe A. 
am Landgerichte Landau an. Das Gericht hat dem 
Antrage des Frl. Gr. entsprechend die Hausbesitzerin 
A. verturtheilt, der Klägerin allen durch die Verletz- 
ung enistandenen Schaden, der sich auf einen sehr 
hohen Betrag beläuft, zu ersetzep. 
— Landau, 4. Dez. Unsere Stadi zählte 
am Montag 11120 Einwohner, darunter 6208 
weibliche und 4926 männliche. (1885: 9585.) 
— In Medenheim ist nach dem ZpPi. 
K.“ die ledige Katharinn Koblenz im Alter 
don 84 Jahren gestorben. Dieselbe stand nicht 
weniger als 331, Jahre bei Frau Witwe Ham- 
maun in Diensten. Dieselbe erhielt auch etliche Mal. 
Belohnungen aus dem Pfälzischen Dienstdotenstifte 
Von ihrcr Dienstherrschaft wurde die nunmehr 
Verstorbene als Glied der Familie behandelt und 
somit blieb sie auch im Hause ihrer Herrschaft bis 
an ihren Lebensabend. 
— Speyer, 3. Dez. Aus der heute Nach⸗ 
mittag staltgehabten Sitzung des Sta dtrates 
theilt die „f. Pr.“ solgendes mit: Zur Herstell⸗ 
ung eines Weges von der neuen Pionierlaserne 
zum Schießpiahe gibt die Stadt die nö igen Län⸗ 
dereien und überläßt der Militärbehörde die Ausfüh— 
rung des Weges. — Ein Gsuch des Pferde— 
schlaͤchters Stamm um Uevberlassung von Räumlich— 
keiten im sädtischen Schlachthaus wird abgewiesen. 
— Der, Voranschiag der Gemeindekran ken⸗ 
tasse für 1891 wird aufgestellt mit 7120 Mt. 
in Einnahme und Ausgabde. Der, Zuschuß der 
polit. Gemeinde beträgt 2000 Mk. Es wird de⸗ 
antragt, der Frage näher zu treten, ob es nicht 
angezeigt erscheine, einen oder mehrere Aerzte — 
je nach Bedürfnis — mit fixem Gehalt bei der 
Gemeindekrankenkasse anzustellen. Der Antrag wird 
durch das Bürgermeisteramt giprüft werden. — 
Der Voranschlag der Kleinkinderbewahranstalt weist 
in Einnahme 7875,82 Mk., in Ausgabe 7577,20 
Mk., auf. Die Stadtgemeinde gibt einen Zuschuß 
pon 2100 Mk. — Der Voranschlag der Gasan⸗ 
Falt enthält die Einnahme und Ausqgabe 1035832 
Uk. — Der Ueberschuß mit ungefähr 80000 Mtk. 
ällt der Stadtgemeinde zu. 
— Edenkoben, 3. Dez. Heute wurde in 
ziesiger Stadt bekannt, in welch ernstlicher Ge— 
ahrr die Passagiere des den hiesigen Bahnhof 
im 1 Uhr 28 Min. passierenden Rachtschnell⸗ 
ug 8 in der Nacht vom 80. Nod. auf 1. Dez. 
chwebten. Irgend ein verdorbenes Subjeklt hat 
zaͤmlich zwischen hier und Edesheim 2 Eisenbahn ˖ 
rampen — Pckel — auf das Geleise gelegt, 
edenfalls in der Äbsicht, den Zug zum Entgleisen 
zu bringen. Glücklicherweise gelang aber diese ver— 
erbliche Adsicht nicht, nur der Führer merkte eine 
tarke Ecschütterung und die Krampen zerdrachen. 
die Gendarmerie hat die Sache bereits in die 
hände genommen. 
— Neustadt, 4. Dez. Das Resultat der 
Volkszählung in bhiesiger Stadt ist nach 
„rovisorischer Feststellung folgendes: 6400 männ⸗ 
iche, 7245 weibliche Personen, zusammen 18 645. 
Im Jahre 1885 betrug die Seelenzahl 12 225, 
nithin eine Zunnchm; von 1420 Seelen. 
— Neustadi, 4. Vez. Heute früh verschied 
zie älteste Frau Neustadts. Es ist dies die 90 
Jahre alte Wittwe des Winzers Schönsiegel, 
datharina Schöasiegel, geb. Fischer. Dieselbe ist 
jeboren am 9. Thermidor des Jahres 8, also am 
28. Juli 1800. 
— Frankenthal, 4. Dez. Ergebnis der 
Volkszählung. Zahl der Anwesenden 18012, der 
»orübergehend Abwesenden 77, Summa 13089 
Seelen. Davon sind: männlich 6595, weiblich 
6493. Der Konfession nach sind: Piotestantisch, 
7479, katholisch 5218, iscaelitisch 325, altkatholisch 
30, Menoniten 8, deutschkatholisch 4, freireligiös 
17; Diffide nten 5, Baplisten 2, englische Kirche 
1. Sa. 13089 Seelen. Bei der Volkszählung im 
Jahre 1885 betrug die hiesige Seelenzaht 10907. 
— Frankenthaul, 4. Dez. Heute früh 6 
Uhr laucrte der verheiratete Säger Math. Kall ˖ 
aß aus Richenbach dem ebenfalls verheirateten 
Zäger Wilh. Broß aus Neuifta in der Schmied⸗ 
jasse auf und versetzte ihm einen Stich in's Herz; 
Zroß schleppte sich noch bes zum Markt, wo er todt 
usammenstürzte. Math. Hammer von hier er—⸗ 
dielt von Kaufaß auch einen leichten Stich in die 
inke Seite. Der Thäter ist geständig und ver⸗ 
jaftet. Die Leiche von Broß wurde in's Spital 
derbracht. Reidereien und Differenzen sollen, nach 
dem „Pf. K.“ die Ursache zu der gräßlichen That 
zewesen sein. 
— Freinsheim, 3. Dez. Die hiesige 
Apotheke des Herrn Karl Itschert wurde an 
Herrn Apotheker Jost aus Gieben um den PVreis 
von 150,000 Mt. verkauft. 
— Kaäcchheimbolanden, 4. Dez. Resultat 
der Volkszählung in hiefsiger Stadt: 1689 männ⸗ 
liche, 1870 weidliche, im Ganzen 3559 Prrsonen. 
Bei der letzten Volkszählung betrug die Seelenzahl 
3432, sodaß die Bebölkerung innerhalb 5 Jahren 
um 127 Versonen zugenommen hat. 
Pfälzisches Schwurgericht. 
IV. Vierteljahr. 
Zweibrücken, 4. Dez In der am 8. 
Dez. nächsthin beginnenden Schwurgerichtstagung 
kommen dem Vernehmen der „Zw. Zig.“ nach 
olgende Straffalle zur Verhandiung: 8. Dez., 
vormittags 9 ühtr: Marz Johs., geb. 1870, 
Mühlbursche von Offenbach, wegen Brandstiftung; 
Hertreter der kgl. Slaatsbehörde: Herr V. Staats⸗ 
mwalt Martini; Verteidiger: Herr Rechtsbprakikant 
Osthelder. — 8. Dez., nachmitiags 3 Uhr: 1. 
5pies Karl, ged. 1874, Metzgerlehrling in 
dirchheimbolanden, wegen Brandstiftung, 2. 
—„chwörer Hermann, geb. 1865, Metzger in 
dirchheimbolanden, wegen Beihilfe hierzu; Ver⸗ 
reter der kgl. Staatsbehöcde: Herr III. Staats⸗ 
mnwalt Oshlert; Verteidiger ad 1 Herr Rechtsan⸗ 
valt und Justizrat Rosenberger. ad 2 Herr Rechts⸗ 
raktikant Mellatz. — 9. Dez., vormittags 9 
Ahr: Faus Kalharina, geb. 1870, von Konken, 
vegen Kindsmords; Vertreter der kgl. Staatsbe⸗ 
Piede: Herr III. Staatsanwalt O:hlert; Vertei⸗ 
iger: Herr Rechtsprattikant Erbelding. — 9. 
Dez., nachmittags 3 Uhr: Jirkel Johs., geb. 
1871, Beschneider von Dahn, wegen Koͤrperoer— 
etzang mit nachgefolgtem Tode; Vertreter der kgl. 
Staaisbehörde: Herc II. Staatsanwalt Martini; 
Berteidiger: Herr Rechtspraltikant Roth. — 10. 
Dez., vormitlags 9 Uhr: Hafen Karl, Dr. med., 
von Neustadt a. H., wegen Verletzung fremder 
Zeheimnisse; Vertreter der kgl. Staatsbehörde: 
)rr L. Staatsanwalt Martini; Verteidiger: Herr 
oͤchtsanwalt Gebhart. — 11. Dez., vormitiags 
) Uhr: Kohl Johs., geb. 1857, Maurer in 
Zlickweiler, wegen Koͤrperverletzung mit nachge⸗ 
olgtem Tod; Vertreter der kal. Staatsbehörde: 
Zerr III. Staatsanwalt Oehlert; Verteidiger: 
Zerr Rechtzanwalt Loew. — 12. Dez, vormit- 
ags 9 Uhr: Sol d Johs., geb. 1859, Stein⸗ 
lopfer in Albersweiler, wegen Totschlags; Ver— 
reter der kgl. Staatsbehörde: Herr II. Staats- 
inwalt Martini; Verteidiger: Herr Rechtsanwalt 
— 
Vermischtes. 
Elversberg, 2. Dez. Während ein 
Zaähler damit beschäftigt war, die Mitglieder einer 
hiesigen Bürgersfamilie zu notieren, trat plötzlich 
zus einer Seitenthüre die Hebamme mit den 
Worten: „Warte Se noch e bische, dann könne 
—As 
er gute Mann wartete und der junge Weltbürger 
vurde mitgezahlt. 
Neunkirchen, 3. Dez. Ein frecher 
Diebstahl wurde in der Schmid''schen Wirtschaft 
iuf der Scheib gestern geagen Abend verübt, indem 
Diebe aus einer Schrankschublade ca. 200 Mark in 
Bapier eniwendeten. In der Eile vergaßen glück⸗ 
icherweise die Diebe die unter einem Wechsel liegen- 
den 1300 Mk. mitzunehmen. Von den Thätern 
hat man bis jetzt noch keine Spur. (S⸗Bl. Z.) 
Der Radfahrerverein St. Jo hann⸗Saar⸗ 
prücken begeht am nachsten Sonntag Abend im 
Tivolisaale zu St. Johann sein Stiftunge— 
est. Der Verein hat zu diesem Tage den berühm ˖ 
en Kunst ·und Meisterfahrer von Europa, Gu⸗— 
tavb Marschner aus Dresden engagirt. Rad- 
ahrer, die sich durch Vereins, Unions oder Bun⸗ 
osabzeichen legnimiren, haben gegen Enatrichtung 
don JMk. Zutritt zu dem Feste. 
Würzdburg. Nach dem offiziellen Schluß 
der Immatrikulatinn an der hiesigen Universität 
varen im vorigen Semester (Sem. 1890) imma⸗ 
rikuliert 1640 Studierende; davon gingen ab 562; 
s tamen hinzu 440, sodaß sich der Besuch für 
ieses Wintersemester auf 1518 immatrikulierte 
Sludierende stellt. Nach Fakultäten ausgeschieden 
ind fie: Theologen 148 (111 Bayrn und 87 
sticht⸗ Boyern), Juristen und Cameralisten 308 
257 B. und 56 N.«B), Madiziner 8804 (167 
. und 771 MN.B.), Pharmazeuten 56 (29 
B. und 27 N.B.) Philosophen, Philologen, Ne⸗ 
urwissnschaftler u. s. w. 127 (77 B. und 50 
.B.), Summa 671 Bayern und 88 Nicht⸗Bayrn. 
p Glückhicher Detektiv. Ein in Mün⸗ 
hen wegen detrügerischen Konkucses und Wechsel⸗ 
atschung verhafteler Kaufmann besaß zwei Kassetten⸗ 
chlusse und eine Waldbildskizze, welch' letziere 
ermuthlich den Oct darstellie, an dem das unter⸗ 
chlagene Geld vergraben war. Ein sachsischer Poli⸗ 
ist recherchirte auf Grund dieser Skizze im Wiener 
Wald, dem litzten Aufenthalte Ekelmanns, und fand 
zaselbst trotz der Schneedecke beide Kassetten, in 
velchen sich 20,000 Mi. befanden. 
Zwei Männer, welche mit den Kurinteressen 
n Baden⸗Baden innig verwachsen waren, 
ind aus dem Leben geschieden, Kap llmeister Könne⸗ 
nann und Stadtrath Th. Weih. Könnemann war 
iber 30 Jahre der Leiter der Kurkapelle. Stadi⸗ 
ath Weih war früher unter den Spieclpächtern 
Benazet. und Dupressoir mit dem Amte eines Ge— 
neralsekretärs und Spieladministrators betraut. 
Merzig, 3. Dez. Eme ruchlose That 
st in der Nacht von Sonntag auf Montag bi⸗ 
jangen worden. Das mit 500 Zentnern Kohlen 
adene Schiff der Wittwe Hein wurde böswilliger 
Weise unter Wasser gesetzt. Der Thäter ist bereits 
mtdedt urd wird feiner gerichtlichen Strafe nich 
entgehen. 
U⸗ber den diesmaligen Kölner Karne— 
dal' schreidt man der „Fikf. Zig.“: Wohl wmit 
stücksicht auf die Kürze der diesmaligen Faschings- 
eit haden die leitenden Personen unserer großen 
Zarne dals· Gesellschaft, weiche sich zu diesem Behufe 
ils „Festkomitee“ konstituierten, schon jetzt den 
Plan des großen Rosenmontagszuges bekannt ge⸗ 
seben. Demselben soll die Idee einer Koͤlner 
Ausstellung zugrunde gelegt werden. Die an Er⸗ 
dig nicht gerade üderreichen Ausstellungen, mit 
weichen wir in den briden letzten Sommern hiet 
egluct wurden, werden einen Mangel an Stoff 
ht auffkommen lassen. Soweit die bereits ins