Full text: St. Ingberter Anzeiger

8 —8 * 7 “J 4 ß 
——— 7 1 ut 37 
. 5 ——69 — —5—329 5»31— 
—* 44 5 J ——539—— 1 
—— y 5*5 —— — J ——— pe —9 —39 — * * 
* * * 6 5 5 9 9— —*79* —3 be * * 9 
Ic — 90 3J—— 9 * ** —J22 A J 
—5836 —58 3 98 J 186 —53358 * — 866 F 
JI J —3 7 — * —38 —3 
3z388—— 9 . — — 3 — —6 
B8 53 5 — — —* * 5 
J—— * ——* 35 49 
39 5— 75 — — —53, 
a⸗ * —* 
e * 
38 
⸗* 
Hes Organ des königl. 
Amsgerichts St. Ingbert. 
Der Bt. Zugberter Bzeiger“ erscheint täglich mit Aubnehme der Sonn- und Feiertage. 2 mal wochentlich mit Unterhaltungs⸗wlatt und Wittwochs und Samftage 
mit dntrivten Beilagen. Das Slatt koßet vierteljährlich 1x6 60 nschueslich Tragerlohn; durch die hon bezogen 1A 75 , einscließlich 20 4 Zuftellungsgebahr. 
Die ianuickaeene bner stie vie espallene Sarridndzelle dder heren Faum vbetragt bei Inseraten aus der Pfalz 10 F, bei außerpfaͤlzischen und solchen auf welche die 
Erpeditior Uastant erihelli 16 Neklamen 80 —. Gei 4maliger Ginruckuna wird nur dreimalige berechnet. 
— — ç — 
„W 287. 
Mittwoch, 10. Dezember 1890. 
25. Jahrpy. 
Denutsches Reich. 
Augsburg, 9. Dez. Eine große Versamm- 
uung von Katholikenund Protestanten 
beschloß eine Protestadresse gegen die Zulassung der 
Jesuiten. 
Muüünchen, 9. Dez. Die Versammlung von 
Delegirten des Landes, welche über eine Feier zum 
70. Geburtstag des Prinzregenten 
(am 12. März 1891) hier zusammentrat, nahm 
zestern einstimmig folgende Vorschläge des Unter⸗ 
ausschufses an: „Das Land bringt Seiner König- 
lichen Hoheit zu dessen 70. Geburtsfeste zu München 
durch Abordnungen aus den acht Regierungsbezirken 
ieine Huldigung dar. Dieselben begeben sich in 
einem gemeinsamen Zuge zur Residenz. 1. München 
führt den Zug. Es folgen 2. ländliche Abord- 
aungen aus den Provbinzen in ihrer Vandestracht, 
odazwischen Fahnengruppen, gebildet aus Abordnungen 
oer Sänger⸗, Turner⸗, Feuerwehr⸗, Schützen⸗, 
rieger⸗ und Veteranen⸗ und gewerblichen Vereine 
aus den Provinzen, nicht mehr als zwei Vertreter 
ines einzelnen Vereines mit etwa 40 Fahnen für 
jeden Kreis; 3. die Kreisvertretungen in 8 vier- 
spännigen Wagen; 4. Vertreter der Studierenden an 
den Hochschulen zuk Pferd; 5. Vertreter der Städte 
und der Hochschulen zu Wagen; den Schluß bilden 
5. Abordnungen der Korporationen und Vereine Mün⸗ 
hens mit Fahnen. Gaben in Produkten des Landes 
und der Industrie, sowie Phantasietostüme sind vom 
Zuge ausgeschlossen. Jeder Kreis übergibt eine 
Adresse; die Städte und Hochschulen bringen solche 
aach ihrem Ermessen. Widmungen von Stiftungen 
u. dergl. bleiben den Kreisen überlassen. — Diese 
Vorschläge werden den einzelnen Kreiskomités zur 
Annahme empfohlen; die Ausgestaltung der Gruppen 
ist den Kreiskomitss überlassen; dieselben werden 
ersucht, ihre Detailprogramme zur kunstlerischen 
Zusammenfassung dem Münchener Komitsé zu über- 
senden: das hienoch sich ergebende Gesammipro⸗ 
ztamm ist der Genehmigung der Delegirtenver⸗ 
sammlung zu unterstellen.“ Nach etwa vier Wochten; 
findet die definitive Feststellung des Programms in 
Munchen statt. 
Berlin, 9. Dez. Reichstag. Ter Reichs⸗ 
lag tritt in die dritie Lesung der Helgolhand— 
dorlage. Staatsitkretär v. Boettich er ver⸗ 
eidigt den formellen Vorgang bei der Vorlage. 
Die Helgoländer könnten sich bis 1892 erklären, 
ob fie für England optiren wollten, fie würden 
somit zu nichts gezwungen. Bisher habe noch nie- 
mand fur England optirt. Das Gestetz wird sodenn 
mit allen Stimmen gegen die der Sozialdemokraten 
endgiltig angenommen. Ferner wird ein Zusatzan⸗ 
trag des Abg. Klein (deutschkons.): „Das Gesetz 
tritt mit dem Tage der Verkündigung in Kraft“ 
angenommen. Hierauf folgte die ersite Lesung des 
ẽtats. 
Der Staatssekretär des Reichsschatzamts, Frhr. 
». Maltz ahn, führte in seiner Rede aus, näch⸗ 
des Jahr dürften 66 bis 68 Millionen Ueberschüsse 
an die Bundesstaaten gelangen. Für die Reichs⸗ 
zkasse sei ein Ueberschuß von 10 Millionen er⸗ 
wvachsen. Von den früher abgelehnten Forderungen 
ei nur die Gewährung von Unteroffizierprämien 
wiederholt. Es sei eine Vermehrung der etats⸗ 
wäßigen Beamtenstellen bei der Post-, Telegraphen⸗ 
und Eisenbahn⸗Verwaltung eingetreten. Die Re⸗ 
zierung werde weiter in dieser Richtung vorgehen. 
Die Frage, ob bezuglich der Schuldzinsen an dem 
Zinssuß von 3 Prozent festzuhalten sei, oder ob 
derselbe künftig wieder auf 39, Prozent zurückzu⸗ 
geh⸗n habe, sei eine offene. Gegenwärtig decke das 
Reich die Bedürfnisse aus eigenen Einnahmen und 
und könne die Ueberschüsse an die Bundesstaaten 
derteilen. Für die neuen Ausgaben durch das In— 
daliditätsgesetz seien neue Einnahmen zu suchen. 
Redner erhoffe, da die Notwendigkeit aus den 
Sozialgesetzen entspringe, dafür Bewilligung. Man 
orge damit nach den Grundsätzen der Hanseaten: 
„Eintracht daheim, draußen Friede!“ 
Abg. Richter: Vieles hat sich seit Jahres- 
frist geändert. Wenn der Reich kanzler vor Jahres⸗ 
frist die Aeußerungen über die Aufhebung des 
Zoziolistengesetzes gethan hätte, die man von ihm 
im Abgeordnetenhause gehört hat, wäre er als 
Revolutionär angesehen worden. Leider sei noch 
nanches aus der Vergangenheit übrig. Das 
Schlimmste sei das Altersversorgungs- und Inva— 
iditätsgesetz. Dasselbe sei eine große Kalamität, 
velche wachsende Unzufriedenheit im Volke herdor⸗ 
ufen werde. Das Reich stehe im Begriffe, einen 
„erhängnisvollen Schritt zu thun. Redner und 
eine Freunde lehnen jede Verantworilichkeit für 
iesen Schritt ins Dunkle ab. Redner beklagt die 
rußerordentlichen Ausgaben für Heer und Marine 
Die großen Extraordinarien schädigten die Volks 
virtschaftf. Man duürfe nur das absolut Notwendigt 
zewilligen. Die Forderungen für neue Kriegsschulen 
ehnen wir nicht ab, können dagegen keine Mittel 
ür neue Unteroffizierschulen und Kadettenanstalten 
ewilligen. Richter bemängelt die Verwaltung in 
Ostafrika, besonders die Bewegungen der deutsch— 
ostafrikanifchen Gesellschaft. An dem deutsch-britischen 
Vertrage sei nichts auszusetzen. Wir sehen darin 
inen wohlerwogenen viel verheißenden Schritt der 
Regierung. Richter behauptet weiter, die Getreide⸗ 
und Lebensmittelzölle müßten sich ermäßigen lassen. 
Aus den Zolleinnahmen seien 87, nicht nur 66 
Millionen zu erwarten. Im nächsten Jahre dürften 
iberhaupt keine neuen Einnahmen bewilligt werden. 
Rundweg müsse man die Aufhebung der Material⸗ 
fleuer verlangen. Das gegenwärtige System gereiche 
den Zuckerfabriken und den Engländern zum Vor⸗ 
deil. Himmelschreiendes Uarecht sei es, daß 80 
Millionen im fortdauernden Interesse von 400 
Zuckerfabriken aus den Taschen der Steuerzahler 
Jenommen würden. Mit Genugthuung hadbe er be— 
nerkt, daß der Reichskanzler für die Zuckerin⸗ 
eressenten nicht zu sprechen gewesen sei. Von 
HDandelsberträgen koͤnne man sich nut eiwas ver⸗ 
prechen, wenn man nicht Zugeständnisse im Hin⸗ 
lick auf das Ausland, sondern im Interifsse der 
eigenen Konsumenten mache. Das Korn sei in 
Berlin auf 180 Mk. gestiegen, ein Preis, den man 
zei Beginn der Schutzzölle für so hoch erklärte, 
daß sofort eine Ermäßigung eintreten müsse; dazu 
komme die Fleischteuerung, die den Fleischkensum in 
Verlin um 20 Prozent verminderte. Die Frei—⸗ 
innigen träten für die jetzige Gesellschaftsordnnng 
ein, arbeitelen aber grade deshalb gegen die übet⸗ 
näßige Verteuerung der Lebensmittel. Je rascher 
ind vollstäändiger die Regierung die jetzige Zoll⸗ 
politil verlasse und zu derjenigen vor 1879 zurück⸗ 
kehre, desto besser. 
Der Reichskanzler v. Caprridi ergreift das 
Wort. Er will Richter nicht auf das Gebiet der 
Zölhle folgen, die in der Zukunft vielleicht ge⸗ 
indert werden koͤnnten. Die Aeußerungen der frei⸗ 
innigen Blätter sind der Regierung für die aus—⸗ 
värtigen Verhandlungen durchaus nicht foͤrderlich 
Das Altere⸗ und Invaliditätsgesetz hält die Regierung 
zür ein sehr segensreiches. Sie will es keinen Tag 
sänger dem Volke vorenthalten, als bestimmt sei. 
Was die weitere Vermehrung der Ausgaben für 
das Heer betrifff, so hat Richter schlechte Be— 
richterstatter. Ich will ihm erklären: es ist da— 
mit nichts. (Lebhafter Beifall.) 
Bebel: Mit dem von Richter angegriffenen 
Alters⸗ und Invaliditätsgesetz hat der Staat einen 
Weg betreten, den wir billigen müssen. In den 
Fordecungen für die Militärausgaben drückt sich ein 
stets steigender Nationalitätenhaß aus. Eine Klasse 
aber strebt in allen Ländern gleichmäßig nach Frieden: 
das sind die Arbeiter. Der Nationalitätenhaß 
kommt in unserem Budget zum Ausdruck. Die 
Steigerung der Ausgaben wird von den besitzenden 
tlassen bewilligt, die deren Last nicht sehr fühlen. 
Die Guts⸗ und Blutssteuer werde vor allem von 
den Arbeitern getragen. Die bestehenden Zölle 
ragen nicht nur zur Belastung der Armen, sondern 
außerdem noch zur Bereicherung der besitzenden 
Tlassen bei. Zugleich wird einem der reichsten Männer 
Deutschlands der Stempel für ein Fideicommis er⸗ 
lassen! Solche Politik ist der beste Naährboden für 
die Sozialdemokratie. Wir derhalten uns dem Budget 
zegenüber völlig ablehnend. — Fortsetzung morgen 
1 Uhr. Tagesordnung: Schlußabstimmung über 
die Helgolandvorlage; Foritsetzung der Etatsbera— 
tung. Die Wahlprüfungskommission des Reichstags 
erklärte die Wahl Hänels für giltig. 
Ausland. 
Paris, 9. Dez. Der „Monde“ und der 
„Univers“ veröffentlichen einen Brie f des Kardinals 
stampolla an einen französischen Bischof, wel- 
her den Papft betreffs der Kundgebung des Kardinals 
Labigerie befragt hatte. Rampolla sagt: Die 
atholische Kirche enthalte weder in ihrer Verfassung 
noch in ihren Lehrsätzen irgend welche Bestimmungen, 
daß diese oder jene Regierungsform ihr widerstrebe; 
denn j de derselben köͤnne, wenn mit Gerechtigkeit 
und Klugheit gehandhabt, einen ausgezeichneten 
Besellschaftszustand aufrechterhalten. Der apostolische 
Stuhl achte nicht nur die bürgerlichen Gewalten, 
ondern er unterhalte auch diplomatische Beziehungen 
mit denselben. Die Gläubigen möchten daher, 
wenn nicht besondere Gründe dem entgegenständen, an 
den öffentlichen Angelegenheiten teilnehmen, damit 
der heilsame Einfluß der Religon zum Staatswohle 
beitrage. Die franzoösischen Katholiken würden ein 
nützliches Werk verrichten, wenn sie diese Wege 
wandelten. 
Bern, 9. Dez. Der Nabionalrat ge⸗ 
nehmigte das Auslieferungsgesetz, indem er in der 
Beratung des Artikels 10, betreffend die Au s⸗ 
lieferung volitischer Verbrecher, 
ortsuhr, in folgender Fassung: Wegen politischer 
Verbrechen und Vergehen wird die Auslieferung 
nicht bewilligt. Dieselbe wird jedoch bewilligt, ob⸗ 
zleich Thäter einen politischen Beweggrund oder 
Zwick vorschützt, wenn die Handlung, um deret⸗ 
willen die Auslieferung verlangt wird, vorwiegend 
den Charakter eines gemeinen Verbrechens oder 
Vergehens hat. Das Bundesgericht entscheidet im 
eirzelnen Falle Uüber die Natur der strafbaren 
Handlung auf Grund des Thatbestandes. ˖ Wenn 
die Auslieferung bewilligt wird, so bedingt der 
Bundezrat dem ersuchenden Staate, daß der Aus⸗ 
zuliefernde weder wegen eines politischen Verbrechens 
verfolgt oder bestraft, noch wegen eines politischen 
Beweggrundes oder Zweckes strenger bestraft werden 
dürfe.