Belgrad, 9. Dez. Die frühere Königin
Natalie verlangt in einer der Skupschtina
zu Händen des Präsidenten überreichten Denkschrift,
an Sonntagen und Feiertagen den Sohn einige
Stunden zu sehen. Der Denkschrift sind Akten⸗
stücke beigefügt, unter ihnen Briefe von Milan,
Gruic und Simic. Es wird versichert, die Regie—
rung beabsichtige, den in der Denkschrift fehlenden
Brief von Ristc zu veröffentlichen, in welchem
Ristic der Frau Natalie vorwirft, die Königin-Re⸗
gentin spielen und die Erziehung des Königs leiten
zu wollen, was gegen die Verfassung sei. Es ver⸗
lautet, die Skupschtina werde sich nächster Tage in
geheimer Sitzung mit der Denkschrift beschäftigen.
Die Regierung hält an dem Standpunkt fest, der
Skupschtina stehe es nicht zu, in den Privatange⸗
legenheiten des Königshauses einzuschreiten. Die
Regierungspartei stimmt hiermit überein.
Lorale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 10. Dez. Vorgestern
Abend wurde der verheirathete Bergmann Johann
Langguth von hier in der hiesigen Stein⸗
kohlengrube durch herabstürzendes Gestein so schwer
verletzt, daß er kurze Zeit darauf verstarb. Der
Verunglückte stand in dem Alter von 49 Jahen.
P. St. Ingbert, 10. Dez. Bei bevorstehen⸗
dem Jahreswechsel, an welchem ja der Brief⸗
verkehr bekanntlich ein ganz außerordentlicher
ist, mochte man das korrespondirende Publikum auf
ein praktisches, bei vielen Gischäftshäusern schon
längere Zeit eingeführtes, Verfahren bei der Adres⸗
sirung von Briefschaften aufmerkfam machen.
Es dürfte sich nämlich empfehlen auf den Briefum⸗
schlägen vor der eigentlichen Adresse (Name, Stand
ꝛ⁊c.) zuerst den Bestimmungsort und die
betreffende Posistation anzugeben, wodurch der Dienst
des die Briefe sartirerden Postbeamten bedeutend
erleichtert und eine pünktliche Spedition ermöglicht
wird. Die Adresse soll demnach z. B. folgender-
maßen lauten:
Nach
Eschringen
Post Ensheim.
Herrn
Caspar Blaufuß
bei Ackerer Nicolaus Eckel.
*äSt. Ingbert, 10. Dez. Nach dem bayer.
Verjährungsgesetz vom 26. März 1859
verjähren am 31. Dez. 1890 folgende Forderungen
aus dem Jahre 1887: 1) der Aerzte, Wundärzte,
Apotheker aus ihrem Berufe; 2) der Vorsteher von
Erziehungs⸗ und Verpfl'gungsanstalten, der Lehrer
und Meister non wissenschaftlichen Fuchern, wegen
Bezahlung von Kost⸗, Unterrichts⸗ und Lehrgeldes;
3) der Handelsleute wegen Bezahlung der Waaren,
die sie an Nichthandelsleute abgegehen haben; 4)
der Künstler, Gewerbetreibenden und Handwerker.
wegen Bezahlung ihrer Lieferungen, Arbeiten,
Dienste oder Verrichtungen; 5) der Spediteure,
Mäkler und aller jener Personen, die zur Besorg—
ung bestimmter Geschäfte öffentlich bestellt find,
oder sonst aus der U⸗bernahme einzelner Arten von
Aufträgen ein Gewerbe manchen (Kommissionäre,
Dienstmänner, Fremdenführer ꝛc.,) wegen Bezah⸗
lung ihrer Probisionen, Gebühren und Auslagen;
6) der Wirthe, wegen Bezahlung der von ihnen
abgegebenen Speisen und Getränke, Wohnung, so—⸗
wie für die Gäste gemachten Auslagen, mit Aus⸗
nahme von Geldern, die sie zum Zwecke des Karten⸗
spieles (auch nicht hazardmäßiges) hergegeben haben,
die nicht klagbar sind; 7) der Fuhrleute, Schiffer,
Lohnkutscher, Leinreiter und Boten, wegen Bezah—⸗
lung des Fracht und Fahrgeldes, des Lohnes und
der im Geschäfte bestrittenen Auslagen; 8) der
Gehilfen, Gesellen, Dienstboten, Taglöhner und
Arbeiter, wegen ihres Dienst- und Arbeitslohnes
und anderer aus dem Dienstbderhältniß bervorgeben⸗
der Ansprüche.
— Vompfaälzschen FeuerwehrVer—⸗
band. In der Pfalz besteht für jede der 711
Gemeinden eine Gemeinde⸗Feuerwehr. Einzelne Ge⸗
meinden haben für groͤßere oder entferntere Ansiedel⸗
ungen (Angnexe) besondere, aber unter dem Kom⸗
mando der Ortsfeuerwehr stehende Feuerwehr ˖ Ab⸗
teilungen oder Züge errichtet. Neben den Gemeinde⸗
Feuerwehren bestehen in der Pfalz noch 2 organi⸗
sierte Anstalts⸗Feuerwehren und 4 organisierte
Fabrik⸗Feuerwehren. Der Gesamt⸗Mannschaftsstand
der pfälzischen Feuerwehren ist rund 68 000 Mann.
Die Krankenkasse des pfälz. Feuerwehr ⸗Verbandes
zahlle vom Jahre 1873 bis Juli 1888 (1514
Jahre) in 155 Fällen von Verletzung und Er⸗
krankung den Gesamtbetrag von rund 9489 Mk.
aus. Die Gemeinde⸗Feuerwehren der Pfalz sind
Pflichtfeuerwehren und aufgrund der übereinstim⸗
nenden Distrikts⸗Feuerlösch Ordnungen einheitlich
zxxganisiert und verwaltet.
Niederwäurzbach, 9. Dez. Der Würz⸗
zacher Weih er ist seit ca. 8 Tagen vollstän⸗
»ig zugefroren und kann ohne Gefahr zum
Schlittschuhlaufen benützt werden. Darum rufen
vir allen Schlittschuhläufern und Schlittschuh⸗
auferinnen zu: „auf nach Wurzbach“.
— Zweibrücken, 9. Dez. Sicherem Ver⸗
tehmen zufolge ist die Errichtung einer kgl. Posst⸗
»xpeditionis Niederauerbach mit dem
. März künftigen Jahres in Aussicht genommen.
— Pirmasens, 9. Dez. Der litzte Zug
von gestern Abend traf mit einer Verspaäͤrung von
nahezu 21/3 Stunden hier ein. In der Station
Bilgartswiesen. war nämlich an der
Naschine ein Siedrohr geplatzt und die Maschine
dadurch unbrauchbar geworden. Von hier wurde
eine Hilfsmaschine geholt, die dann den Zug weiter
zrachte nach Zweibrücken.
— Pirmasen,s, 9. Dez. In wie raffinirter
Weise es manchmal versucht wird, seinen lieben
sebenmenschen auf's tiefste zu kränken, zeigt sich
an einem karzlich hier vorgekommenen Falle: Eme
nuswärts wohnende Dame wählte sich in einem
ziefigen feineren Geschäfte einen Gegenstand aus,
im ihn am folgenden Tage abholen zu lassen.
Dies geschah auch und zwar unter Bezahlung des
vollen Preises. Am nächsten Tage erhielt dieselbe
eine mit dem Namen der Geschäftsinhaberin als
Anterschrift versehene Postkarte, worin sie freund⸗
lichst ersucht wird, ihre Schuld zu bezahlen. Daß
die sofort, ebenfalls mittelst Postkarte ertheilte
Antwort keine Schmeicheleien enthielt, läßt sich
henken und so hätte sich ein recht netter Injurien⸗
prozeß herausbilden können. Die Empfängerin
ieß sich aber zu einer Klage nicht hinreißen, denn
ie mußte zugeben, daß eine in offener Postkarte
gestellte, noch dazu unbegründete Zahlungsforderung
vohl im Stande ist, Jemand hochgradig aufzu⸗
regen und fie gab fich deßhalb mit der nachge⸗
'olgten Entschuldigung gerne zufrieden. Daß die
Postkarte gefälscht war, braucht kaum erst gesagt zu
verden; ob aus Bosheit gegen die Käuferin oder
rus Mißgunst gegen die Geschäftsinhaberin bleibe
zahingestellt. Jedenfalls ,bemerkt die hiesige „Ztg.“,
var es eine Handlung, die au moralischen Werth
zjinter einem einfachen Diebstahl noch um einige
Iferdelängen zurücbleibt.
— In der SamstagNacht ging zu später
SZiunde ein Bürgersmann aus Albersweiler,
yon dem nahen Queichhambach kommend, nach
Zause. Unterhalb des Bahnhofes kam derselbe so⸗
veit von dem rechten Wege ab, daß er sich auf
das Bahngeleise verirrrie und schließlich dem „L.
I.“ zufolge in den mit Wasser angefüllten, etwa
3 Meter liefen Steinbruch der Pfälzischen Eisen⸗
zahn fiel. Nachdem der unglückliche Mann nahe an
wei Stunden in der Tiefe des Steinbruches zuge⸗
ztacht hatte, kamen auf sein Hilferufen der in der
stähe des Bruchts wohnende Steinbrecher Jakob
—
Rebennack herzugeeilt, die den fast ganz erstarrten
Mann noch zur rechten Zeit aus der Tiefe zogen
und ihn in seine Wohnung zu seiner Familie ver⸗
hrachten.
— Neustadt, 8. Dez. Aus der heutigen
Stadtratssitzung ist nach der „Pf. Pr.“
folgendes zu berichten: Das Buürgermeisteramt
purde beauftragt, sich unter Zuziehung des Kranken-
hausarztes Dr. Hermann Köͤlsch mit dem Kreis-
medizinalrat Dr. Karsch über die Frage ins Be—
nehmen zu setzen, ob die Verwendung des Kranken⸗
jauses „Hetzeistift“ zu einer Station für Behand⸗
'ung Tuberkuloser nach Koch'scher Heilmethode
weckmäßig und zulässig sei. — Es wurde ein«
immig deschlossen, daß sich die Stadtgemeinde
Neustadt an den Projektierungskosten einer Straßen⸗
»ahn von Neustadt nach Germersheim und einer
solchen von Neustadt über Meckenheim nach Dann⸗
tadt im Verhältnis der Seelenzahl der interessierten
Zemeinden jedoch höchstens mit einem Dritiel der
dosten beteiligen. — Bei allen Beerdigungen in
diesiger Stadt, zu welchen in der Regel ein Geist⸗
icher beigezogen wird, wird von der Stadtgemeinde
zu dem Leichenwagen ein zweispänner Landauer
Jestellt, welcher den Geistlichen ohne Unterschied
der Konfesssion in seiner Wohnung abzuholen und
rach geschehener Beerdigung wieder dahin zurück—
uführen hat. Mit Rücksicht hierauf wurden die
gebühren für Benützung des Leichenwagens erhöht
vie folgt: Fur die 1. Klasse von 21 auf 30
Mark, fur die 2. Klass, von 13 auf 20 Mark,
ür die 83. Klasse von 7.50 auf 10 Mark.
— Wachenheim, 8. Dez. Nachdem vor
3 Tagen der Stadtrath dem Lehrer Wellmann
ur Gleichstellung mit seinen übrigen Kollegen eine
Wohnungsentschädigung von 200 Mk. bewilligte,
jat er in seiner Sitzung vom letzten Samstag eine
Alterszulage für die Lehrer festgesetzt, wonach jeder
dehrer vom Jabr 1894 an gerechnet ohne Anrech-
ung der bereits zurückgelegten Dienstjahre eine
Alterszulage von 50 Mk. erhalten soll, welche nach
veiteren 5 Jahren um 50 Mk. steigen bis zum
Maximalbetrage von 1850 Mk. Die älteren Lehrer,
velche etwa hier schon 15 Dienstjahre zählten, wer⸗
»en diesem Beschlusse gemäß nicht lange im Ge—
ausse diesr Alterszulage sein.
— Königsbach. Dem Vernehmen nach
zeablichtigt Herr Lehrer Bernauer dahier mit
-Zchluß dieses Jahres in den Ruhestand zu treten.
Zerr Bernauer war wohl der älteste unter den ak⸗
iven Lehrern im Amtsbezirke; er zählt zur Zeit
56 Dienstjahre.
— Ludwigshafen, 9. Dez. Der städti—
iche Octroi⸗Einnehmer dahier, Herr Brechtel,
ist gestern Nachmittag gestorben.
— Frankenthal, 8. Dez. Besitz⸗
vechsel. Kolonialwaarenhändler Herr Joh. Fuhr⸗
mann laufte durch Vermittelung der Agentur Herrn
darl Weil das J. J. Storl'sche Wohnhaus in der
Bahnhofftraße um 33,000 Mtk.
Ofsölaisches Schwurgericht.
IV. Vierteljahr.
(3w. 3)
Zweibrücken, 9. Dez. (Fall Spies und
Schwoörer: Brandstiftung, bezw. Beihilfe hierzu.)
Der Anklage in diesem Fall, über dessen Verhand⸗
ung einiges kurz berichtet wurde, liegt folgender
Zachverhalt zu Grunde:
Am 20. August abhin, nachmittags 2 Uhr
singen die beiden Angeklagten miteinander von
tirchheimbolanden über Oderwiesen gegen Kriegsfeld
zu, nachdem sie in Oberwiesen einige Glas Bier
zu sich genommen und 2 Zeigarren gekauft hatten.
Auf dem Wege nach Kriegsfeld kamen fie an den
Thatort im Alzeyer Stadtwald. Um auszuruhen
egten fie sich auf die Straßenboͤschung, hinter der
twas verdeckt durch Gesträuch ein Wellenhaufen
aß. Schwörer sagte zu Spies: „Wenn man den
instecken thät', wie meiast, der thäte aber rauchen.“
Darauf gab Schwörer dem Spies auf dessen Ver⸗
angen ein Streichholz mit den Worten: „Da hast
Du eins.“ Spies entzündete sofort den Wellen⸗
jaufen, der in Flammen aufging, worauf die beiden
Angeklagten mit den Worten: „Nichts wie fort“,
das Weite suchten. Das Feuer ergriff den daneben
iegenden Wald und wäre nicht dem Feuer sofort
xFinhalt gethan worden, so wäre großer Schaden
nistanden, während thatsächlich der Schaden sich
ruf 25 Mk. beläuft.
Aufgrund dieses Sachverhalts ist gegen Spies
vegen Verbrechens der Brandstiftung, gegen Schwörer
vegen Beihilfe zum genannten Verbrechen das
dauptverfahren eröffnet. Durch Gerichtsbeschluß
purde festgestellt, daß die den Angeklagten zur Last
jelegte That sich nur auf Inbrandsetzung des Wel⸗
enhaufens beziehe, und nicht auf Inbrandsetzung
ꝛes daneben liegenden Waldes. Spies gesteht seine
That ein, und behauptet, Schwörer habe ihm zum
Anzünden ein Streichholz gegeben. Allein Schwörer
tellt jede Beteiligung in Abrede; er habe erst
avon erfahren, als sie eine Strecke Weges vom
Thatort entfernt gewesen seien.
Spies erfreut sich eines guten Leumunds,
vaͤhrend Schwörer schon einige Vorstrafen er⸗
itten hat.
Die Herren Geschworenen verneinten, wie bereits
nitgeteilt, unter ihrem Obmann Herrn Braun die
Frage nach Brandstiftung, bejahten aber die Frage
iach Sachbeschädigung, worauf das Gericht den
Spies zu einer Gefängisstrafe von 2 Mo⸗
naten, und den Schwörer zu einer solchen von
3 Monaten verurteilte.
Zweibrüchen, 9. Dez. Heute Morgen hatte
ich vor dem Schwurgericht die 20jährige Katharina
Fauß von Konken wegen Kindsmords zu
erantworten. Zur Wahrung der Sittlichkeit fand
nuf Antrag der k. Staatsbehörde die Verhand⸗