Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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Je 16589. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 9. Juli. Der Staatssekretär des 
xeichs⸗Justizamts, Wirkl. Geh. Rath v. Oehl⸗ 
qlager, hat heute eine Dienftreise nach Leipzig 
mereien. Er scheint der Unltersuchung gegen 
daänhold und Genossen wegen Hochverraths 
sonderes Interesse zuzuwenden. Wie neuerdingẽ 
iug Leipzig berichtet wurde, steht in dieser Sache 
t den vereinigten Strafsenaten des Reichsgerichts 
herhandlungßtermin an. Die verhafteten Ange⸗ 
jaglen, welche in Berlin wohnen, find anarchistischer 
4gtation verdächtig und sollen hier Flugschriften 
eihteitet haben, die neben schweren Majestätsbe⸗ 
eidigungen. den Thatbestand des Hochverraths in 
ih schließen. — Wie der „Hamb. Korr.“ aus 
diel meldet, if Prinz Heinrich gestern 
Ibend dort eingetroffen. Eine Erkrankung der 
hrinzessin Irene hätte ihn zur Rückreise veranlaßt. 
Zerlin, 10. Juli. Bei der feierlichen 
ledergabe Helgolands beabsichtigt der 
daiser mit der deutschen Flotte und der 
brinz von Edinburg mit einem englischem 
geschwader anwesend zu sein. Den „Berl. Pol. 
Jachc.“ zufolge soll die Uebergabe Helgolands an 
deutichland in der dritten Woche des Juli er⸗ 
olgen. Helgoland würde bis zur Einverleibung 
n Preußen unter das Reichsamt des Innern ge⸗ 
jelt und von einem Kommissar verwaltet. Der 
Siaatssekretär des Innern v. Böiticher soll gegen 
bnde Juli nach Helgoland gehen. [Die „Nordd. 
Alg.Zig.“ demenlirt dagegen die Angabe der Hamb. 
dacht.“ bezüglich einer angeblich geplanten feier 
ichen Uebergabe der Insel Helgoland an Deuisch 
and. Eine solche Feststellung vor Erledigung der 
ꝛatlamentarischen Vorstadien sei unmöglich.]) 
Berlin, 10. Juli. Der „Reichs⸗Anzeiger“ 
reibffentlicht heute das deutsch⸗englische Ab⸗ 
ommen in deutschem und englischem Text. 
Berlin, 10. Juli. Fürst Sismarcsoll in 
mer Unterredung mit Herrn Rittershaus, dem 
dohn des bekannlen Dichters, der jetzt das „Frank ⸗ 
utter Journal“ übernommen hat, erklärt haben, 
thabe die Kandidatur in Kaisers lau⸗— 
etn abgelehnt, weil der Wahlkreis unsicher sei, 
ud um nicht gegen seinen Nachfolger sprechen zu 
nüsen. Das Äbk ommen mit England, soll er 
ernet bemerkt haben, würde er nicht so abge⸗ 
closen haben, da Helgoland wohlfeilet zu haben 
awesen sei. Die Fassung der Arbeitererlafse 
453 rühre von ihm, nicht von Miquel 
Leipzig, 10. Juli. In dem heute vor dem 
lachsgericht verhandelten Hoch verratspro⸗ 
sse gegen Schneidermeister Reinhold und 
fen Fran, sowie den Maler Behr' und den 
Aleset Wagenknecht, samtlich aus Berlin, 
& der Aufforderung zur Ermordung des 
n und der Vorbereitung einer gewalisamen 
uung des deutsches Reiches, sowie der Belei- 
un des Kaisers wurde die Frau Reinhold zu 
n Zuththans und S. Jahten Ghrven 
—* die übrigen Angeklagten 'aber frei⸗ 
XXX 
ondon, 10. Juli. Die Verhandlungen über 
dan erungen in der Zusammensetzung des 
inets dauern fort. Es verlautet, Smith 
6 den Pairsstand erhoben, dafür — aus 
en Lord Hartingtions, der forigeseht Portefeuille 
Freitag, 11. Juli 1890. 
25. Jahrg 
ablehne — Lord Randolph Churchill Führer des 
Unterhauses werden. 
Bergen, 10. Juli. Kaiser Wilhelm hal 
jeute Vormittag um 10 Uhr unter dem Salut 
»es gesamten Geschwaders auf der Kaiser-Yacht 
„Hohenzollern“ die Weiterfahrt nach Eid (Hardanger) 
ingetreten. 
Brüssel, 9. Juli. Die Regierung brachte 
jeute in der Kammer die Kongoborlage ein, 
vonach der Kongostaat 25 Millionen Franken er⸗ 
jält: zunächst einmal 5, dann jährlich 2 Millionen. 
Zönig Leopold verwacht den Kongostaat seinem 
dande. 
Paris, 10. Juli. In der Deputirtenkammer 
zrachte der Boulangist Laur, eine Interpellation 
über das deuisch ˖ englische Abkommen ein. Der 
Minifter des Aeußern Ribot erklärt, er stehe der 
dammer zur Verfügung. Trotz der Zwischenrufe 
eitens der Kammer: „In einem Monat!“ bestehl 
daur auf seiner Interpellation. Da der Vertrag 
„eröffentlicht sei, können die Abmachungen auch be⸗ 
sprocher werden. Ein Stillschweigen Frankreichs in 
diesem Augenblicke würde einer Verzichtleistung 
zleichkommen. Uebrigens wünsche er nur die Frage 
zu stellen und überließe es dem Abgeordneten 
Brisson, dieselbe weiter zu eroörtern. Brisson er⸗ 
llärte, er räume dem Abgeordneten Laur die voll⸗ 
taͤndige Freiheit seiner Handlung ein, nehme jedoch 
nieselbe auch für sich in Anspruch. Die Interpellation 
vurde mit 220 gegen 181 Stimmen um einen 
Monat vertagt. 
Madrid, 10. Juli. In der gestrigen Ver⸗ 
ammlung der Führer der liberalen Partei 
erklärte Sag asta, die Liberalen würden fori⸗ 
'ahren, die Monarchie und die Freiheit zu unter⸗ 
dützen und fie würden sich nicht mit den anderen 
Parteien vereinigen. Bei den Wahlen seien fie ber⸗ 
oflichtet, ihre Rechte zu verteidigen. Die car⸗ 
istischen Blätter veröffentlichen eine Kund- 
jebung der Partei, die das Uebergewicht der 
dirche in der Regierung und dem Staat, Er— 
ziehung und Familie empfiehlt, weiter den Spaniern 
rät, diese Grundsätze hoch zu halten, um endlich 
die glücklichen Zeiten vergangener Jahrhunderte 
wieder herzustellen. 
Mom, 9. Juli. Aus sonst guter Quelle ver⸗ 
lautet, daß England und Frankreich sich, 
auf der Grundlage eines Verzichts seitens Eng⸗ 
lands auf seine zollpolitischen Rechte in Tunis, 
Aber Afrika verftändigt hätten. Den betreffenden 
englisch⸗franzoͤsischen Abmachungen wird hier mit 
einiger Besorgniß entgegengesehen. 
um so nothwendiger ist es, die Bevoölkerung wie⸗ 
derholi mit den wichtigsten Bestimmungen des Ge⸗ 
setzes bekannt zu machen. Man nimmt gewoͤhnlich 
an, daß es nur die Arbeiter betreffe. Dem ist 
nicht so, denn auch den Wünschen der kleinen 
jelbstfitändige Gewerbetreibenden ist 
zdurch die schließlich noch in das Gesetz aufgenom 
menen Bestimmungen über Selbstverficherung und 
Weiterverficherung thunlichst Rechnung getragen 
worden. Hiernach koönnen Handwerker, 
tleine Landwirthe ⁊c., welche nicht ver⸗ 
icherungspflichtig find, sich, dafern fie das 40. 
Lebensjahr noch nicht vollendet haben und noch 
nicht dauernd erwerbsunfähig find, in der zweiten 
Lohnklasse selbst versichern. Sie haben dann aller⸗ 
dings den ganzen Beitrag als Arbeitgeber und 
Arbeitnehmer, und um den Reichszuschuß zu ge⸗ 
winnen, noch wöchentlich einen Zusatz von 8 
Pfennig zu leisten. Ebenso können solche, welche 
als Gesellen, Arbeiter, Dienstboten 
2c. in Gewerbe oder Landwirthschaft gearbeitet 
haben und deshalb der Versicherung angehören, 
fich, wenn fie selbstskändig werden und die 
Verficherungspflicht für sie aufhört, selbst ver⸗ 
sichern. Auch diese haben außer den vollen 
Beiträgen einen als Ausgleich für den Reichszu⸗ 
schuß dienenden Zusatzbeitrag von wöchentlich 8 
Pfennig zu leisten. In besonderer Berücksichtigung 
der selbstständig werdenden kleinen Handwerker 
und kleinen Landwirthe ꝛc. sind diese als Betriebs⸗ 
unternehmer, wenn fie regelmaͤßig nicht mehr als 
einen Lohnarbeiter beschäftigen (Lehrlinge ꝛ⁊c., 
welche keinen Lohn erhalten, können sie daneben 
noch haben), und nachdem fur sie auf Grund der 
Verficherungspflicht vorher wahrend mindestens 
fünf Beitragsjahren Beiträge entrichtet worden 
find, bei Fortsetzung oder Erneuerung des Ver⸗ 
ficherungsverhältnisses von der Beibringung des 
Zusatzbeitrages von 8 Pfennig befreit. 
* St. Ingbert, 11. Juli. Angefichts der 
starken Bewegung gegen den Impfzwang, 
welche zur Zeit einmal wieder entfacht worden ist, 
hat es dieser Tage der Magifstrat von Rürnberg 
für angezeigt erachtet, darauf aufmerksam zu machen, 
daß ein kürzlich durch die deutschen Blätter ge⸗ 
zangenes Urteil des k. preußischen Oberlandesge⸗ 
cichts zu Frankfurt — wonach eine mehrmalige 
Bestrafung wegen Impfweigerung nicht zulässig sei 
nach dem Rechtssatze „no bis in idem? — daß 
dieses Urteil für das Koͤnigreich Bayern völlig be- 
langlos sei. In Bayern sind in dieser Beziehung 
nur die Entscheidungen des kgl. Oberlandesgerichts 
München maßgebend, dieses aber hat schon zweimal 
entschieden, daß wiederholte Bestrafung wegen Impf⸗ 
weigerung, auch im Laufe ein und desselben Impf⸗ 
jahres zuläsfig sei. 
*— Der nachste Extrazug Straßburg⸗ 
Berlain wird am Montag den 4. August von 
Stcaßburg abgehen, an welchen nachmittags An⸗ 
jchluß für Reisende aus hiesiger Gegend in Landau 
und Neustadt a. H. Gelegenheit geboten ist. 
— Zweibrücken. Wie der „Pf. M.“ 
nach guter Quelle zu berichten in der Lage ist, 
—X 
geordnete mit der Abficht, im September in Offen⸗ 
bdurg mit ihren Genossen aus Baden und der Pfalz 
eine Zusammenlunft zu veranstalten zu dem Zwece 
einer gründlichen Besprechung der Branntweinsteuer⸗ 
frage. Die Herren Dr. Hoeffel von Buchsweiler 
und Baron Zorn v. Bulach haben sich der Ange- 
egenheit zunächst angenommen. 
Lokale und praältzische Nachrichten. 
St. Ingbert, 11. Juli. Gegenüber um— 
chwirrenden Gerüchten, daß die Mutter und ver— 
nutliche Moͤrderin des am Montag hier gefundenen 
aeugeborenen Kindes hier eingebracht sei, ködunen 
vir als bestimmt mitteilen, daß dieselbe noch gar 
nicht ermittelt ist. Die bisher aufgetretenen 
Berdachtsgründe haben sich als nicht zutreffend er— 
wiesen. Dagegen haben sich am Montag früh 
chon in der Nahe von Elversberg Anzeichen ergeben, 
die man mit den hiefigen Leichenfund in Verbind⸗ 
ung bringt und welche darauf schließen lassen, daß 
die Muiter jenes Kindes in den preußischen Grenz⸗ 
orten zusuchen sein wird. 
* St. Ingbert, 11. Juli. Je naͤher der 
Termin heranxückt, in welchem das neue deutscht 
Besetz, betreffend die Invaliditäts⸗ und 
Alserszversiche rung, in Kraft treten wird—