Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Znzeiger. 
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Dienstag, de 21. Mai 1867. 
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Deutschland. 
Muünchen, 16. Mai. Heute endeten die Schießübungen 
mit den neuconstruirten Hinterladungsgewehren, an denen sich 56 
Hauptleute und 112 Unterofsiziere betheiligt hatten. Es wurden 
eden letzten Tagen verschiedene Versuche angestellt, um die 
Schnelligkeit der Schießwaffe gegenüber mehreren Mandvers der 
Infanterie und der Cavalerie zu erproben, bei welcher Gelegenheit 
die erst hier eingerückten Chevauxlegers eine glänzende Probe 
threr Leistungsfähigkeit gaben, indem sie einen Raum von 300 
Schritten in 15 Secunden durchritten. 
München, 16. Mai. Die Vertretung der Interessen der 
Angehörigen des Großherzogthums Luxemburg in Bayern wurde 
der ruͤssischen Gesandtschaft dahier übertragen. 
Muͤnchen, 17. Mai. Nach der Bayher. Ztg. sollen die Re⸗ 
rognoscirungsübungen der Ossiziere des Generalquartiermeister⸗ 
stabes dieses Jahr in der Pfalz und eventuell im Schwarz⸗ 
walde staitfinden. — Wegen der Schwierigkeiten, auf welche die 
Ernennung eines neuen Justizministers stößt, wird das der⸗ 
malige Provisorium wahrscheinlich noch einige Zeit dauern. — 
Bei den für nächste Woche in Aussicht stehenden Verhandlungen 
don Bebollmächtigten der südde utschen Staaten soll es sich 
desouders um militärische Fragen handeln. 
Muünchen, 18. Mai. Wie der „Landbote“ erfährt, hat sich 
der preußische Militärbevollmächte, General v. Hartmann, hohen 
Militärs gegenüber äußerst befriedigt über seine Wahrnehmungen 
nd Beobachtungen der Armee-Anstalten und militärischen Insti⸗ 
sute in Muͤnchen ausgesprochen und wiederholt versichert, daß 
seine Erwartungen durchwegs weit übertroffen worden sein. 
Fraukfurt, 17. Mai. Als vor mehreren Wochen die 
Regierungspropositionen bezüglich der Trennung des Stauts⸗ 
bon dem Stadivermögen bekannt wurden, glaubte man schon 
hoffen zu dürfen, daß eine Ausgleichung in dieser verwickelten 
Frage werde gefunden werden. die Vorschläge waren für die 
Stadt nicht günstig; aber da von dem Ausgang der Verhandlun⸗ 
gen auch die Erledigung der unglückhseligen „GbeMillionen⸗Frage“ 
abhing, so hoffte man eben doch, daß durch beiderseitiges Entge— 
genkommen ein erträgliches Compromiß zu Stande kommen werde. 
Diese Hoffnung ist vereitelt. Senat und 51Ir Collig haben die 
Proposition der Regierung abgelehnt und es soll nun eine neue 
Deputation zu dem Könige mit dem Auftrag gehen, diesem eine 
Denkschrift des Senats vorzulegen, worin die Unannehmbarkeit 
der Vorschläge überzeugend nachgewiesen sei. Man vermuthet, es 
würde nun dald die Auflösung der genannten Körperschaften er— 
folgen und die Wahl des Buͤrgermeisters, der Stadtwerordnelen 
ꝛc. angeordnet werden. 
Frankfurt, 18. Mai. Gesiern hat das s51er Colleg 
abermals eine Sitzung gehalten, in welcher die Frage wegen 
Trennung des stadtischen von dem Stadtvermögen ganz 
merwartet eine friedliche Wendung genommen hat. Herr Regie— 
rungscommissät Hoffmann soll noch Concessionen gemacht haben 
die einen annähernd befriedigenden Ausgleich mit ziemlicher Si⸗ 
herheit hoffen lassen. Es geht nun keine Deputation zum König, 
sondern man hat eine Denkschrift an das Ministerium agee 
worin nachgewiesen wird, daß die Stadt große pecuniäre Verluste 
erleide, wenn die Regierung keine weiteren Zugeständnisse mache. 
—VD 200,000 Ffl. belaufen, und 
da die Stadi in den nächsten Jahren außerdem noch große Aus— 
gaben für unumgänglich nöthige Bauten (Schulen, Canalisation, 
Vrücken ꝛc.) bevorstehen, so wird man wohl zu einer. Anleihe 
schreiten muͤssen. Es ist von einem Lotterie⸗Anleihen von 5 Mill 
Gulden die Rede. — Ein Bamberger Schiffer, der eine schwarz— 
rothgoldene Flagge aufgehißt hatte, mußte diese gestern auf 
polizeiliche Weisung entfernene — Wiederum ist ein Majestäts— 
beleidigungs-Proceß gegen einen hiesigen Bürger eingeleitet 
worden. Der vierte derartige Fall seit wenigen Wochen. 
Wiesbaden, 15. Mai. Im Lande Rassau circulirt eine 
Petition an den König, welche sich gegen die Ansprüche des ge— 
wesenen Herzogs an die Domänen, deren wir schon mehrmals 
Jedacht haben, ausspricht. Leider ist die Aussicht auf Erfolg ge⸗— 
ring, da eine Uebereinkunft zwischen dem Herzog und der Krone 
Preußen bereits abgeschlossen sein soll. 
Weimar, 170 Mai. Gestern nahm der Landtag die Mi— 
itärcönvention mit Preußen an. Durch dieselbe werden dem 
rande bis 1874 nicht weniger als 700,000 Thaler gespart. Der 
Fahneneid wird dem Köoig von Preußen geleistet, der auch das 
gegnadigungsrecht hat. 
Berlin. 18. Mai. Ein geftern abgehaltener Minister- 
zath beschäftigte sich mit inneren Fragen. Die officiösen Kreise 
tellen dem englischen Entwaffnungsvorschlag keine gün⸗ 
tige Aufnahme in Aussicht. Ein etwaiger positiver Antrag Eng⸗ 
ands auf Verminderung des Friedenspräsenzsiandes würde als 
ein Antrag auf Desorganisation der preußischen Armee betrachtet 
verden. die preußische Regierung soll für den großen Pariser 
Ausstellungspreis von 100,000 Franks Herrn Schulze aus 
Delitzsch vorgeschlagen haben. (Mitbewerber ist der Elsässer Fa⸗ 
zrikant Dollfuß.) 
Berlin, 18. Mai. Mit großer Behaarlichkeit wird die Be— 
Janptung aufrecht erhalten, daß über die Entwaffnungsfrage 
noch immer Unterhandlungen zwischen den europäischen Mächten 
datifinden; hiervon ist aber in unterrichteten Kreisen nichts be⸗— 
annt. —Der neue schweizerische Gesandte, Nationalrath 
Dr. Heer, ist heute von König in besonderer Audienz empfan⸗ 
zen worden. Dr. Heer hat sich hier in allen Kreisen, mit denen 
r in Beruhrung kommt, der zuvorkommenden und rücksichtsvoll- 
ten Aufnahme ju erfreuen, wie sich dies übrigens gar nicht an⸗ 
hers erwarlen laͤßt. Einmal sind die internationalen Beziehun— 
gen zwischen Preußen und der Schweiz so cordial wie nur mög⸗ 
lich; und dann erinnert man sich in hohen militaͤrischen Kreisen 
der rühmenden Urtheile der schweizerischen Officiere über die preu⸗ 
zischen Militarverhältnisse, und solche Dinge werden hier gern gehört. 
Baron Hoksoll neben seiner officiellen Mis sion in Sa⸗ 
hen der Auflösung des deutsch-bsterreichischen Münzvertrages den 
vertraulichen Auftrag haben, die Wiederaufnahme der Verhand⸗ 
iungen über den neuen Zoll vertrag zwischen Oesierreich und 
dem Zollverein vorzubereiten. Die einzige wesentliche Differenz 
wischen Berlin und Wien befteht bekanntlich in Betreff der Wein⸗ 
zölle. Giebt Oesterreich nach, so steht dem Abschlusse eines neuen 
Vertrages nichts im Wege, da Preußen der Zustimmung der Zoll⸗ 
vereinsstaaten sicher ist. — Die Regierung des Fürstenthums 
Birkenfeld führie seit längeren Jahren einen Proceß gegen die 
Krone Preußen, von der sie gewisse Berechtigungen von erhebli⸗ 
lichem Werthe an den Waldungen des Amtes Wildenburg bean— 
pruchte. Dieser Proceß ist jetzt in letzter Instanz zu Gunsten 
hirkenfelds enischieden und hat das Fürstenthum daraus eine Ent⸗ 
chãädigungssumme von etwa 70,000 Thlr. zu erwarten. 
Wien, 17. Mai. Baron Hock, der in Sachen des Münz—- 
ꝛertrages in Berlin ist, hat nebenbei auch Auftrag, in vertrau⸗ 
licher Weise Verhandlungen über die Revision des Zoll⸗ 
prertrages einzuleiten. Die Frage der Weinzölle ist dabei die 
Dauptsache. — Die Eröffnung ssitzun gen der beiden Reichs⸗ 
cathshäuser finden am Montag, die feierliche Eröffnung mittelst 
Thronrede findet am Fienstag statt. — Die Debatte bezeichnet 
die Pariser Zeitungsnaͤchricht über angeblich in jüngster Zeit von 
den Großmaͤchtengemachte abermalige gemeinsame Vorstel— 
lungen bei der Pforte bezüglich der kandiotischen Angelegen⸗ 
heit als ungenau. Nach der Debatte hat Frankreich allein dies⸗ 
mal einen solchen, wenn auch erfolglosen, Schritt gethan. Fuad 
hascha versicherte, die Pforie besitze Kraft und Mittel zur Be⸗ 
wältigung des Aufstandes. 
Wiüsen, 17. Mai. Wie das heutige Amtsblatt berichtet, 
ind durch eine kaiserliche Entschließung vom 15. Mai, behufs 
Wahrung der religiösen Ruhe der Protestanten, die frühere 
Proiestanten⸗-Patente sammt den dazu gehörigen Verodnungen 
uußer Wirksamkeit gesetzt.