stattgefunden und man setzte den Evectibstand der Armee
auf 800,000 Mann fest und bestimmie, daß die Stärke des Con—
tingents jedes Jahr durch ein spezielles Gesetz bestimmt werden
soll, welches das Contingent in zwei Theile theilt: die active Ar⸗
mee und die Reserbe. Dieser letztere Umstand erhöht den Einfluß
des gesetzgebenden Körpers bedeutend. Die Interpellationsforde-
rung, welche von den Deputirten der Linken in Betreff der Ve—
reinsrechtes gestellt war, ist heute Mittag von sämmtlichen Büre
aux zurückgewiesen worden.
Paris, 24. Mai. Der französische Boischafter in Berlin
hat hierher gemeldet, daß Preußen nunmehr auch das internatio⸗
nale Meersignal-System angenommen hat. Das Berliner Cabine
wird sich gleichzeitig bemühen, auch die andern seefahrenden Staa⸗
ten Deutschlands zur Annahme dieses Systems zu veranlassen. —
In der gestrigen Sitzung des gesetzgebenden Körpers wurde das
neue Naturalisationsgesetz durch Namensaufruf mit 2831 gegen
15 Stimmen angenommen. Durch dasselbe kann der Auslander
der nach vollendetem 21. Jahre, Jaut Art. 183 des Code Napoleor
die Ermächtigung, seinen Wohnsitz in Frankreich aufzuschlagen,
erlangt und sich drei Jahre hindurch daselbst aufgehalten hat, zum
Genuß aller französischen Bürgerrechte zugelassen werden. Diese
Frist von drei Jahren kann in Ausnahmsfällen auf ein Jahr
herabgesetzt werden.
Paris, 25. Mai. Der Londoner Vertrag wird nächsten
Donnerstag oder Freitag dem gesetzgebenden Koͤrper mitgetheilt
werden. — Der Kronprinz von Preußen ist gestern Nachmittag
eingetroffen und hat schon heute Vormittag die Ausstellung besuchi
Der Czar trifft am 1. Juni bestimmt ein. Es heißt, der Kaiser
Napoleon werde im September Besuche in London, Berlin und
Petersburg machen.
England.
London, 22. Mai. Wir geben im Folgenden die von der
„Köln. Ztg.“ mitgetheilte Uebersetzung des Londoner Vertrages
bom 11. Mai 1867 mit Weglassung der Eingangs⸗ und Schluüß
formeln.
Art. 1. Der Konig der Niederlande, Großherzog von Luxem
hurg, hält die Bande aufrecht, welche das genannte Großherzog
thum mit dem Hause von Nassau⸗Oranien verbinden, kraft der
Verträge, welche diesen Staat unter die Souveränität des Königs
Großherzogs, seiner Nachkommen und Nachfolger geftellt haben.—
Die Rechte, welche die Agnaten des Hauses von Nassau auf die
Erbfolge des Großherzogthums kraft derselben Verträge besitzen
sind aufrecht erhalten. Die contrahirenden Theile acceptiren dies⸗
gegenwärtige Erklärung und nehmen davon Act.
Art. 2. Das Großherzogthum in den Grenzen, wie sie durch
den, den Verträgen von 16. April 1839 angefügten Att unter
der Garantie der Höfe, von Oesterreich, Frankreich, Großbrittanien,
Preußen und Rußland festgestellt sind, wird kuͤnftig einen für
immer neutralenStaat bilden. Es wird gehalten sein, diese Neu⸗
tralität den anderen Staaten gegenüber zu beobachten. Die con⸗
trahirenden Theile verpflichten sich, den durch den gegenwärtigen
Artikel stipulirten Grundsatz der Neutralität zu beobachten. Die—
ser Grundsatz ist und bleibt gestellt unter die collective Garantie
der Mächte, welche den gegenwärtigen Vertrag unterzeichnet ha
ben, mit Ausnahme Belgiens, das selbst ein neutraler Staat ist.
Art 3. Da das Großherzogthum Luxemburg nach den Be—
stimmungen des vorhergehenden Artikels neutralisirt ist, so wird
die Aufrechthaltung oder die Errichtung von befestigten Plätzen
auf seinem Gebiete ohne Nutzen und ohne Gegenstand. In Folge
dessen ist man gemeinsam übereingekommen, daß die Stadt Lu—
remburg, welche in der Vergangenheit in militärischer Beziehung
als eine Bundesfestung angesehen wurde, aufhören soll, eine be—
festigte Stadt zu sein. Der König-Großherzog behält sich vor,
in dieser Stadt die nöthige Zahl don Truppen zu unterhalten
um daselbst über die Aufrechthaltung der Ordnung zu machen.
Art. 4. Gemäß den in den Art. 2 und 83 enthaltenen Sti—
pulationen erklärt der König von Preußen, daß seine Truppen
welche gegenwärtig die Besatzung von Luxemburg bilden, den Be—
fehl erhalten werden, mit der Räumung dieses Platzes unmittel-
bar nach dem Austausche der Ratificationen des gegenwärtigen
Vertrages vorzugehen. Man wird gleichzeitig damit beginnen
die Artillerie, die Munitionen und alle Gegenstände zurückziehen
welche die Ausrüstung der genannten Festung ausmachen. Wäh—
rend dieser Operation wird nur die Truppenzahl dort bleiben,
welche nöthig ist, um die Sicherheit des Kriegsmaterials zu über
wachen und um die Erpedition desselben zu bewerkstelligen, die in
einer möglichst kurzen Frist vollendet sein wird.
Art. 5. Der König⸗Großherzog kraft der Souberänitätsrech
welche er über die Stadt und die Festung Luxemburg ausübt,
verpflichtet sich seinerseits, die nöthigen Maßregeln zu treffen, um
die genannte Festung in eine offene Stadt zu verwandeln vermittelst ei⸗
ner Schleifunag (Demolition). welche Sr. Mai. für genügend er—⸗
achten wird, um die Intentionen der contrahirenden-Theile zu
erfüllen, die in den gegenwärtigen Vertrage ausgedrückt stnd. Die
dazu nothigen Arbeiten werden unmittelbar nach dem Abzuge der
Garnison beginnen. Sie sollen mit aller derjenigen Schonung
bewerkstelligt werden, welche die Interessen der Stadibewohner er
fordern. Der Konig-Großherzog verspricht außerdem, daß die
Befestigungen der Stadt Luxemburg, künftighin nicht wieder her—
gestellt und daß kein anderes militärisches Etablissement daselbsi
aufrechterhalten noch gegründet werden soll.
Art. 6. Die Mächte, welche den gegenwärtigen Vertrag un—
terzeichnet haben, constatiren, daß, da die Auflösung des Deut—
schen Bundes gleichmäßig die Auflösung der Bande herbeigeführt
hat, welchedas Herzoghhum Limburg in collectiver Weise“ mit
dem Großherzogthum Luxemburg an den genannten Bund ge—
knüpft haben, so folgt daraus, daß die Bezlehungen, deren Er—
wähnung geschieht in den Arkikeln 8, 4 und 5 des Vertrages
pom 19. April 1889, zwischen dem Großherzogthum und gewis⸗
jen Territorien, die zu dem Herzogthum Limburg gehören, zu be—
stehen aufgehört haben, indem diese Territorien, einen integriren
den Theil des Königsreichs der Ni-derlande zu bilden.
Art. 7. Der gegenwärtige Vertrag soll ratificirt und die
Ratisicationen desselben in London ausgetauscht werden im Zeit—
raume von vier Wochen oder früher, wenn es sich thun läßt.
Diesen sieben Artikeln ist noch folgen de Erklärung beigefügt:
Es ist wohlverstanden, daß der Artikel 8 dem Rechte anderer neunta-
len Staaten keinen Eintrag thut, ihre festen Plätze auf ihren
Territorien zu erhalten und nöthigenfalls zu verbessern.
„London, 22. Mai. Die traurige Lage des Kaisers Ma⸗
cimilian von Mexieo, über dessen Schicsal bisher nur das be—
kannt ist, was die unzuverlässigen new-yorker Berichte mittheilen,
erregt hier allenthalben große Theilnahme. Wenn auch in Eng⸗
länd für die Neugestaltung Merico's vermittels französischer Bayon⸗
nette niemals lebhafte Sympathieen verspürt wurden, so freute
man sich doch eben so wenig über die Thatsache, daß es der Ein—
fluß der Vereinigten Staaten von America war, welcher die Fran⸗
zosen zum Abzuge zwang und die republikanische Parte zum
Widerstande gegen die neue Ordnung der Dinge aufmunterte. Die
Grausamkeiten, deren sich die Generale von Juarez zuletzt schuldig
machten, haben das Gefühl des Bedauerns mit dem Schicksal⸗
des Kaisers Max begreiflicher Weise erhöht, und die Spaltung
in der republikanischen Partei selber verleiht der früher oft aus
gesprochenen Ansicht Gewicht, daß die Amerikaner selber fich schließ⸗
lich berufen fühlen werden, das zu thun was sie Andern miß⸗
gönnten, nämlich in Mexico einzuschreiten und der unabsehbaren
Anarchie daselbst ein Ende zu machen.
London, 25. Mai. Morgen wird in Jameshall wieder
ein Reformmeeting abgehalten, bei welchem Hr. Siuart Mills
und andere Mitglieder des Parlaments sprechen werden. — Eine
Deputation von 50 Mitgliedern des Unterhauses hat bei Lord
Derby um Begnadignng der zum Tode verurtheilten Fenier ge⸗
beten. Einer Deputation die in Dublin das gleiche Ersuchen
stellte, hat der Vicekönig von Irland geantworket, daß jedenfalls
gegen einige der Verurtheilten das Todesurtheil würde vollzogen
werden.
Amerika.
Newyork, 11. Mai. Die Südstaaten nehmen fortwährend
die Aufmerksamkeit des Publikums in Anspruch. Radicale Con—
greßmänner bearbeiten die Bevölkerung daselbst mit großem Eifer
und wechselndem Erfolge. Senator Wilson, der augenblicklich in
Montgomery sich aufhält, erhielt dort eire große Odation nebst
Fackelzug Seitens der Neger von Augusta und Georgia. In
New⸗Orleans hält Senator Kelley Versammmlungen und Reden.
Die Farbigen die sich in ihrer politischen Bedeutung zu fühlen
beginnen, lassen sich stellenweise Ausschreitungen zu Schulden kom—
men, und in Richmond kam es in den letzten Tagen zum offenen
Krawall. Ein wegen Schlägereien verhafteter Neger wurde von
dem schwarzen Pöbel der Polizei entrissen, zwei Polizisten wurden
jämmerlich zerschlagen und man mußte schließlich die Polizeimann-
schaften concentriren und Truppen requiriren, worauf die Stra⸗
zen gesäubert wurden und die Ruhe wieder eintrat. Das Einschrei⸗
ten des Militärs rief jedoch unter der farbigen Bevölkerung große
Aufregung hervor. — In Newyork tagt gegenwärtig eine Ver—
sammlung für die Rechte der Frauen. Stimmrecht der weiblichen
Bevölkerung wurde warm befürwortet; — Eine alte Bestimmung,—
nach welcher Sonntags alle Laden geschlossen sein müssen, wurde
von der Newyorker Polizei hervorgesucht und wieder in Kraft
gesetzt. Da indessen das Publikum, besonders die Ladenbesitzer,
in die größte Mißstimmung geriethen und ein Aufstand auszubre⸗
chen drohte, wurde das mißliebige Verbot zurückgezogen. Die
Schutzzöllner bereiten sich zu einein neuen Sturme dor, um einen
höheren Tarif durchzubringen.