Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Acnzeiger. 
derS t. Ingberter Anzeiger“ mit seinem Unterhältungsblatte erscheint wöchentlich dreimal: Dienstag, D onnerstag 
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Nro. 29.. Sauistag- den 72. Mäͤzz 1868 
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22 Deut schland. 254 — * 
Muncchen, 8. März.. Nachdem der König den gestrigen 
Tag in gemindertem⸗ Fieber zugebracht, hat derselbe die 
NRacht hindurch theilweise ruhig geschlafen. Das Fieber ist mä 
zig; die oörtlichen Erscheinungen sind in Abnahme begriffen. — 
Die Commission zur Abholung der Leiche weilaud Königs 
Ludwigel. wird wahrscheinlich erst am Sonntag Abend hier 
eintreffen.“ Die Leiche wird in der alten Hofkirche einstweilen 
heigesetzt und am Montag Nachmittag 2 Uhr wird dus Leichenbe⸗ 
gängniß stattfinden. Zu den Trauerfeierlichleiten werden auch die 
önigin Amalie und der Erzherzog Albrecht hier eintreffen:? Der 
daiser Napoleon hat einen besonderen Abgeordneten nach Nizza 
geschickt, um ihn dort bei der Uebergabe der Leiche an die Com— 
misfion zu vertreten. 
München, 3.“ März. *Bezüglich seines Nachlasses soll 
sönig Ludwig T. bestimmt haben,“ daß sein bewegliches Vermögen 
ungetheilt fortverwaltet und nur der Ertrag desselben den Erben 
zum Genuß überlassen werden soll.“ Ueber die Größe dieses Ver⸗ 
mögens liegen die wiedersprechendsten Angaben vor; es wird gnut 
ʒein, die Testamentseröffnung abzuwarten. Im Nachlaß soll sich 
ein Koffer befinden mit der Aufschrift: er dürfe erst 25 Jahre 
nach dem Tode des Koͤnigs geöffnet werden. Man vermuthet, 
daß sich darin Do cumente befinden, welche Zeitgenos⸗ 
en betreffen. 
München, 3. März. Dem Vernehmen nach ist es eine 
etztwillige Verfügung weiland König Ludwig T., daß auch sein 
herz zu denen seiner Ahnen nach Altötting gebracht, in seine 
einbalsamirte Leiche aber, an die Stelle des Herzens, sein Trau⸗ 
ring eingelegt werde. 
zei Bremerhafen vom Zollgebiet; Erhöhang der Luxemburgischen 
Pauschalsumme; Abänderung einiger Bestimmungen der Zollord— 
nung und mehrere andere Vorlagen. 
— Berlin, 4. März. Die „Provinzial-Correspondenz“ be— 
tätigt die Notiz, daß die Einberufung des Zollparlaments vor 
Ostern wegen der Verzögerung der württembergischen und hefssi— 
schen Wahlen zweifelhaft sei, daß dagegen der Reichstag des 
Norddeutschen Bundes wahrscheinlich auaf den 19. März einbe⸗ 
rufen werde. * 
— Heute überreichten die Gesandten von England und Dä— 
iemarck ihre Beglaubigungsschreiben als Gesandten beim Nord⸗ 
deutschen Bunde. — Die Nachricht, daß der preußische General 
Flies zum Befehlshaber der württembergischen Armee ernannt sei, 
wird öfficlss dementirt. — Dem Vernehmen nach geht Prinz 
Adalbert nach München zur Leichenfeier. — Aus Thorn 
wird telegraphirt, daß dort die Ueberschwemmung der Weichsel 
wächsst. Der Wasserstand ist 21 Zoll über dem des Som—⸗ 
mers. Die Brücke ist nur für Fußgänger passirbar. Der Eis— 
gang ist gering. J 
In England ist dieser Tage das Unerhörte geschehen, daß 
ein titelloser Mensch, „der titelloseste von Allen,“ wie ein Corre⸗ 
spondent der Köln. Ztg. sagt, „der je in England an der Spitze 
der Geschäfte stand, aus portugiesisch-jüdischem Geblüte abstam— 
nend, der bekannte Schriftsteller und Parlamentsredner Benjamin 
Disraeli, zu der höchsten Stagtswürde Englands, zum Premier⸗ 
ninister berufen worden ist. Nur die stolzesten Hoch Tories, die 
edeisten Lords, haben im Laufe der Jahrhunderte diesen Posten 
hegleitet. Wie sich die Zeiten ändern! 
—Berhin, 5. März. Prinz Napoleon besuchte heute Mit⸗— 
tag das Königspaar und erhielt sodann den Gegenbesuch des Kö— 
ligs. Heute wird er mit Gefolge beim König speisen. Wie die 
dreuzzeitung hört, wird Prinz Napoleon sich von Berlin nach 
Drebden begeben. 
Pee h, 2. März. Die Führer der äußersten Linken sam— 
neln' im ganzen Lande Unterschriften zu einer Monstre-Petition 
oegen Wiederherstellung der reinen 1848er Gesetze. Es verlau⸗ 
et, sie wollen eine Million Unterschriften zusammenbringen. 
Fraukreich. 
Paris, 3. März. „Avenier National“ und „Journal de 
Paris“ wollen wissen, daß nach dem Vorgang von Baden nun 
auch in Hessen, Württemberg und Bayern preußische Generale zu 
triegsministerw ernarnt werden würden, und zwar nicht in Folge 
iner freien Entschließung der hetreffenden Fürsten, sondern auf 
Grund einer bis jetzt geheim gehaltenenen Clausel der im Som— 
mer 1866 abgeschlossenen Schutz· und Trutzbündnisse. 
VDer Kaiser hat zu seiner Vertretung bei der Leichenfeier des 
Zönigs Luwig J. von Bayern die Generäle Graf Reille und Her⸗ 
zog v. Elchingen ernannt. (Der ultramontane) „Monde“ nennt 
den Verstorbenen den „letzten bayerischen König,“ denn zuletzt Er 
habe aus München den Vorort des katholischen Deutschland ge— 
nacht. Rur Das kann das genannte Blatt dem Ksnig nicht 
derzeihen, daß auch unter ihm die Kirche stets in der strengsten 
Beyormundung des Staates bleiben mußte. Seine Nachfolger 
werden Begünstigter des bourissischen Gesschlechtes? genannt! 
Erngland. 
In Eungland soll ein seit vielen Jahren produktiv angelegier 
Welfenfond existiren, dazu bestimmt, enttrohnte Welfenfürsten zu 
unterstützen. Der Fond beträgt angeblich über 100 Millionen 
Thlr. — Man wird wohl, wenn die Sache richtig, ist hald Nähe⸗ 
ces erfahren. — 
London, 2. März. Das Schiff,, Devonshire“ aus North 
Shields ist am Samstag Abend an den Meeresfelsen 9 Meilen 
aördlich von Boulogne zerschelst. Die gesammte Mannschaft und 
zie Ladung des Schiffes, die aus Getreide bestand, gingen 
unter. 5 Je 
.. Loudon, 2. März. Der kaiserliche Prinz von Frankreid 
Dieustesnachrichen. 
Mittelft Entschließung der General-Direction der k. Verkehrs— 
instalten vom 25. Febr. l. J. wurde der k. Postajssistent Josep 
rottenthaler, vom 1. März an von Zweibrücken nach Speyer 
ꝛersetzt und an dessen Stelle der Accesist Adam Link zum Post⸗ 
ajsistenten in Zweibrücken ernannt. Vom gleichen Tage an wurd, 
derek. Postasfistent Georg Weingärtuer von Zweibrücken nach 
saiserslnutern versetzt. 
Dieser Tage sind abermals 10 badensische Offiziersadspirau⸗ 
en in die preußische Kriegsschule zu Kassel zu 8monaätlichem 
durs eingetreten. 
Weimar,:l. März. Der weimar'sche Landtag hat mit 
21 gegen 9 Stimmen die »unbeschränkte Freiheit der Rede im 
Landtag, mit 28 gegen 5 Stimmen die Abschaffung der Todes— 
trafe beschlossen. 4 
»Berlin, 8. MärzineDie „Nord. Allg. Zig.“ enthält eine 
Mittheilung über den Nothstand im Westerwald, in der sie sagt; 
zie Regierung habe der Bepöllerung des Westerwaldes die ange— 
egentlichste Aufmerksamkeit zugewendet. Der wesentliche Noth⸗ 
taud liege aber in den Raturverhältnissen des Westerwaldes. Eine 
Abhilfe des Nothstandes sei daher nur allmählich, durch möglichste 
hebung der Industrie, Verkehrserleichterungen und landwirth⸗ 
chaftliche Entwickelung erreichhar. Hierzu habe die RNegierung 
denn' auch bereits Einleitungen geiroffen. 
Ber lun, 3. März. In der heutigen zweiten Sitzung des 
Zollbundesrathes wurden Ausschüsse gebildet für; 1. Zoll- und 
Steuerwesen: 2. Handel und Verkehr; 3. Rechnungswesen; 4. 
Beschäftsordnung. Bayern ist Mitglied des ersten, dritten, und 
zierten Ausschusses. (Preußen ist vertragsmäßig Mitglied aller 
Ausschüsse.) An die betreffenden Ausschüsse gingen folgende Prä— 
idialvorschlüge ; Unterhandlungen über den Handelsvertrag mit 
Portugal; das Regulatih fürden Güter⸗ und Effektentransport 
uuf den Eisenbahnen, die Jahresadrechnungen über die Zolle 
von 1860 bis 1866; Zollerlaß an Wein auf der Riederl.⸗Rhei⸗ 
rischenzEisenbahn; Zollpersonalbestand bei den Hauptämtern zu 
rüneburg und Schweidnitz; zollfreie Ablassung von eisernen Ma— 
etialien zum Schiffbau; Ausschluß der Lange'schen Schiffswerfit