Full text: St. Ingberter Anzeiger

ein Aufsatß in dieler Frage veröffentlicht, welcher. wie ich un⸗ 
erdessen vom Herrn Collega Bischoff erfahren habe, einen dies⸗ 
eitigen Staatsangehörigen zum Verfasser hat. Die Ausführung 
st mit sehr viel Kentniß geschrieben, wenn ich auch in Einzeln⸗ 
heiten abweichende Ansichten habe. Der Verfasser dieses Auffsatzes 
pricht seine Grundansicht in folgenden Worten aus: 
, Die anf dem Gebiete der Targesezgebung bestehende Un. 
zIleichheit kann auf ein verschwindendes Maß zurückgeführt werden, 
denn man anf dem Gebiete der freiwilligen Rechtspflege, der 
nnern und Finanzverwaltung an die Stelle des Tarifs der pfaäl⸗ 
aischen Gesete jenen des diesseitigen Targesetzes vom 28. Mai 
1852 seßt und ersteren nur für die Acten der streitigen Rechts⸗ 
Nlege in Geltung laäßhtßt... 3. .4 
nIn der Pfalz deständen dann dieselbden Verhälknisse wie 
n diesseitigen Bayern, wo zivat für die freiwillige Rechtspflege 
ind die Berwaltung ein gleiches Targeseßz existirt, füt die strei⸗ 
rige Cipvil und Criminalxechtspflege aber nicht weniger altz 42 ver⸗ 
hiedene Taxordnungen in Geltung sind.“ 5, 1 
Es folgt dann eine weitere Ausführung. diejo ziemlich in. 
ale Einzelnheiten eingeht, und es wird unwiderleglich sein, daß 
venn man einigen guten Willen hat, man die Sache sehr leicht 
durchführen kann. 6 
Run habe ich auch schon enigegnen gehört? „Ja, einen sol⸗ 
den Entwurf haben wir eben nicht!“ Meine Herren, ist das 
unsere Schuld? Ist das Schuld der Pfalz? Hatte man, als 
nan, dieses umfasfende Malzaufjchlagsgeseßz ausarbeitete,⸗ micht 
Zeit genug, auch noch ein kleines Gesetz zur Durchführung dieses 
Grundsatzes auszuarbeitend Daraus können Sie der Pfalz keinen 
Vorwurf: machen; darauf hin können Sie die Pfalz nicht in Nach⸗ 
eil versetzen. I 
Man hat auch davon gesprochen, daß durch meinen Autrag 
die Sache ad calendas grascas hinausgeschoben werde. Dem ist 
iber gar nicht so. Die Fassung, meines Antrages, insbesondere 
her Nachsatß, den ich demselben gegeben habe. bürgt Ihnen da⸗ 
jür. Wenn man will, kann man sehr leicht in ganz kurzer Zeit 
die Sache erledigen. J 
Meine: Herren, was wurde die Folge sein, wenn Sie den 
Malzaufschlag in der Pfalz einführen würden ohne gleichzeitig die 
ziesseitigen Taxen dem Tarife nach ? Eine ruhige und zufrie⸗ 
»ene Provinz würden Sie in die höchste Unzufriedenheit verie— 
zen; Sie würden das Gefühl des verletzten Rechts dorr! überall 
iich geltend machen fehen.“ Dies nach der einen Scite 
Nach der anderen würde die ganz naturgemäße und gerechte 
Folge eintreten, daß. da Sie die Tarxen in der Pfalz nicht herab⸗ 
etzen auf das diesseitige Maß, die Pfalz verlangen' würde und 
war schom bei der Zeststellung des gegenweirtigen, Vudgets, daß 
die pfälzisschen Taxgesetze dietseits eingeführt wür⸗ 
den, und es gäbe kein gerechteres Verlan zen als dieses. Auch 
zlaube ich, daß das k. Staatsministerium der Finanzen auf die 
Ddauer diesem Verlangen der inueren Begründung wegen nicht 
vürde widerstehen können, und schließlich es um so weniger wol⸗ 
en, weil auf diese Weise nach einer von mir gemachten Berech 
iung der Staatstassa circa 300,000 fl. mehr eingehracht würden. 
Dieseiis würde man nachher wohl finden, daß es allerdings ein 
Unterschied sei ob die Taxen in dieser oder in jener Große er 
zoben werden. V 
Meine Herren! Die Vertreter der Pfalz befinden sich hier 
n entschiedener Minorität, nach Maßgabe der Bevölkerung. Wir 
zilden ein Achtel dieser Versammlung. Lassen Sie sich durch die⸗ 
en Umstand in Nichts bestimmen bei der Entscheidung! In we—⸗ 
nig Wochen wird eine Vertretung aus ganz Bayern nach einer 
inderen Hauptstadt im Norden ziehen, um dort in eine Bersamm⸗ 
ung einzutreten, in welcher die Reyräsentation von Bayern — 
s ist wirklich ein merlwürdiges Spiel des Zufalles — genau in 
»emselben Verhaältnisse zur Gesammtheit stehen wird, wie die Pfalz 
zier, — ein Achtel! Wenden Sie ab, daß von dort, wo ähn⸗ 
iche Fragen auftauchen können und wahrscheinlich auftauchen wer⸗ 
en, wenden Sie ab, daß man dort sagen kann: „Wir behan⸗ 
ꝛeln euch Bayern wie ihr eure eigene Provinz behandelt habt!“ 
das möge nicht geschehen! 
Meine Herren! Es besteht in der Macht dieses Hauses, die 
Sinführung des Malzaufschlages in der Pfalz ohne Gleichstellung 
)er Taxen zu belchließen Was aber nicht in der Macht eines 
Menschen steht, das ist, dei der pfalzischen Bevölkerung irgendwie 
zie Ueberzeugung zu begründen, daß ein solches Verfahren ein 
perechtes sei. 
In der ganzen Pfalz werden sie keinen Menschen finden, der 
in diesem Alt einen Alt der Gerechtigkeit sähe. Wenn ich sage: 
einen Menschen, so bin gendthigt, eine AUsnahme zu ma⸗ 
hen, ich bin dazu genöthigt, weil ich besorgen muß, daß ich von 
Zeite des kgl. Staatsministers der Finanzen sonst in diesem 
JZunkte wiederlegt werden könnse. Eine Ausnahme besteht: näm⸗ 
ich bei Solchen, die durch Einführung des Makzariffchlages ein 
Amt zu bebommen hoffen oder zu vanciren erwarten! 
Mit dieset einzigen Ausnahme werden Sie in der Pfalz keinen Men⸗ 
chen finder, Her nicht die Ueberzeugung trüge, daß eine Einfüh⸗ 
tung dieser neuen Auflage ohne Gleichsiellung in anderer Bejieh⸗ 
ung dem Priucipe der Gerechtigkeit in keiner Weise entspräche. 
Meine Herren! Finanzielle Schädigungen werden vom Volke 
schwet empfunden. Es gibt aber Etwas. was noch schueres em⸗ 
»funden wird und wat unheilvoller wirkt, als selbjt finanzielle 
Svchädigungen. — 
Boser wirlt die Erwelung des Gefühls in einem ganzen 
Volke, daß ihm Unsrecht geschieht. J— 
Meine Herren! Es ein allbelannter Satz; „Gerechtigleit 
st das Fundament der Staaten!“ Wenn dies von großen Keichen 
zilt, um wie viel mehr von kleinen Staaten; um wie viel mehr 
in einer Zeit, in der man das Princip gerade gegen diese klä— 
nen Staaten und gegen deren Bevölkerung geltend zu machen sucht: 
„Gewalt' geht vor Recht!“ 
Meine Herren!“ Ich fordere nichts Anderes, als was ich nach 
neiner innigsten Ueberzengung fordern muß: „Gerechtigkeit?“ 
Jermisschte.. 
f Weinsendungen aus Bayern nach Preußen und den noͤrd⸗ 
ichen Vereinsstaaten überhaupt, wenn auf der Reise kein südli- 
her Vereinsstaat herührt wird, sowie — Branntweim / und 
abalztransporte, wenn die. Versendung Aber Lichtenfels uͤnd die 
Pexrabahn gejchieht bedürfen keine Uebergangsscheine mehr. — 
3 Grünstadit, 12. März. Vor einigen Tagen fand man 
zier beim Abreißen eines Hauses in der Küche unter der Treppe 
die in den zweiten Stock führt, ein starlez Gerippe von einem 
MRanne. 
FMünchen, 12. März. Nach allen Erhebungen ist sicher 
zestellt, daß Graf Chorinsky. zu dem Morde seiner Gattin einzig 
und allein aus dem Grunde die Hand geboten hat, weil ihm da⸗ 
rum zu thun war, jene fünfzig Gulden, welche sein Vater der 
Zraäfin Chorinsky als Unterstüßungsbeitrag zugesichert hatte, für 
iich als Zulage zu erlangen. So wird dem RN. Wien, Tagbl. 
zerichtet z nach Mittheilungen, welche die Presse“ aus München 
rhielt. ware dieses Motiv, das den ganzen Proceß der leiden⸗ 
chaftlichen Liebesromanik vollständig entkleiden würde, allerdinge 
vorhanden gewesen, aber nur als mitwirkender Factor und nicht 
als ausschließlicher Impuls erkannt worden. Die von vielen Sei— 
sen aufgestellte Behauptunge: der˖Graf Chorinskye sei aus ver⸗ 
lendeter Liebe zur Stiftsdame Julie vi Ebergenyi zum Verbre⸗ 
her geworden, hat die Untersuchung durch mancherlei Umstände 
zollkommen entkräftel. So liegt beispielsweise eine ganze Reihe 
on Liebesbriefen vor, die Graf Chorinsly in der letzien Zeit, 
ind zwar während jeiner Bekanntschaft mit der Stiftsdame, an 
janz andere Damen geschrieben hat, und qus denen hervorgeht, 
daß die letztgenannte leineswegs die einzige Flamme“ des Gra⸗ 
en gewesen ist. Es geht ferner aus der Untersuchung hervor, 
daß die in Wien derhaftete Julie v. Ebergenhibei der That von 
dem eitlen Motis geleitet wurde „Frau Gräfin“ zu werden, und 
daß auch sie nicht mit leidenschaftlicher Liebe dem Grafen zuge⸗ 
han war. Es sind Zeugen vernommen worden, welche eiduͤch 
vbestätigten: Julie d. Ebergenyi habe ausdrüclich erklärt, sie sei 
mit dem Grafen ein Verhältniß eingegangen, weil sie gewiß da⸗ 
rauf rechnete, er werde sie heirathen, ja daß sie sich fogar als 
„Frau Gräfin“ vielen gegenüber gerirte, welche eben nicht wußten. 
daß die Gattin des Grafen Choriusky noch am Leben sei. Die Absichi 
die Gräfin Chorinsky zu ermorden, war nach den erhohenen UÜm— 
tänden, bei beiden Beschuldigten, lange vor der That vorhanden. 
Schon als sie durch einen gewissen Oberlieutenant Rombacher von 
Brünn aus verzudertes Obst hierher nach München schickten, war 
dies bloß geschehen um die Gräfin für künftige Fälle gefügig zu 
machen, d. h. ihr jeden Verdacht, als seien die ihr zugeschidten 
cẽßwgaren schädlich, ein für allemal zu benehmen. Offenbar lag 
ursprünglich die Absicht vor, durch ähnliches verzuckertes Obst die 
Gräfin zu vergiften. Doch schien man später davon abgegangen 
zu sein, weil man sicherer gehen wollte, und deßhalb den Entschluß 
faßte „eigenhändig“ den Mord zu verüben. Uebrigens sollen beide 
Beschuldigte mit aller Entschiedenheit die verbrecherische That läug⸗ 
ien, und es ist daher von ihren Aussagen, selbst wenn beide 
sich von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen sollten, nichts 
wesentlich bestimmtes auf die Eutschöidung des Processes zu 
erwarten. 
fF Vom Niederrhein, 14. März. In einem lithogra⸗ 
»hirten Schreiben, welches die Noth der evangelischen Pfarrer in 
Ostpreußen schildert (die oft mittäglich 830 —40 Hungernde an 
hren Tischen speisten und nun selbst empfindlich darben, weil ihre 
Finkünfte hauptsächlich im Ertrage ihrer Aecker und Naturalsen 
vestehen), wendet sich der Herr Generalsuperintendent v 
*1