Full text: St. Ingberter Anzeiger

Dienstesnachrichten. 
Se. Maj. der Koͤnig haben Sich bewogen gefunden, den 
Herichtsboten Georg Butscher in Rockenhausen auf sein Ansuchen 
niach Germersheim zu versetzen und die hiedurch erledigte Stelle 
ꝛeines Gerichtsboten in Rockenhausen dem geprüften Gerichtsboten⸗ 
Fehilfen Friedrich Mayer in Kaiserslautern zu verleihen. 
Berlin, 19. März. Wie im Kurstaate, so auch hat fich 
im ehemaligen Herzogthum Nassau rasch ein Umschwung der Ge—⸗ 
innung vollzogen. Die „Mittelrh. Zig.“ hält zwar die Aeuße— 
rzung eines Wiesbadener Bürgers; „Wenn der Herzog von 
PNassau nach ... käme, sie würden ihm die Pferde ausspannen,“ 
ür übertrieben; allein die Mißstimmung sei doch eine offenkundige 
Lhatsache, was das Blatt in einem Leitartikel das Nähere aus— 
ührt, indem es Das, was sich unter der neuen Verwaltung in 
Lassau vollzogen hat, kritisch beleuchtet. Selbst der „Rhein. Kur.“ 
zersteigt sich zu dem Geständniß, in Preußen fehle es leider gar 
ehr an der Fähigkeit, Volkseigenthümlichkeiten zu respectiren und 
hnen gemäß zu regieren; auch dieses bisher so preußenfreundliche 
Blatt constatirt, „daß die Stimmung in Nassau keine gehobenene 
st.“ und bedauert, daß man in Berlin sich nicht genug erinnern 
'ann an den tiefen Gegensatz, welcher nun einmal existirt zwischen 
»em rheinischen Volksbewußtsein und dem specifisch preußischen 
ein Gegensatz, der seinen Ausgleich nur finden kann in einer — 
zeutschen Politik Preußens nach Außen und Innen.“ 
— Auch in der Armee fängt der Nothstand und die Theue—⸗ 
rung an sich fühlbar zu machen. Das Kriegs-Ministerium bringt 
ur Keuntniß, daß Allerhöchsten Orts genehmigt worden sei, daß 
die Soldatenfamilien vom Feldwebel abwärts Commißbrode à 5 
pfd. 18 Loth zum Preise von 2 Sgr. 6. Pf. aus den Maga— 
sinen empfangen dürfen. Auf jede Frau werden dabei monat— 
ich 4 Stück, auf jedes Kind bis 14 Jahren 2 Stück gerechnet. 
Wir können nicht mit Bestimmtheit angeben, ob der hiesige Ma⸗ 
zistrat dieselbe Maßregel den hiesigen armen, arbeitslosen hungern⸗ 
)en und miethsteuererhöhten Einwohnern gegenüber eintreten lassen 
vird. — Die „Nordd. Allg. Z.“ schreibt: Einer unserer Leser 
nacht uns auf die Noth der Lehrer im Lauenburgischen aufmerk⸗ 
am, wo ebenfalls Alles zum Leben Nothwendige überaus theuer 
ei, so daß es speciell dem Lehrerstande fast unmöglich werde, sich 
ind die Seinen zu erhalten und vor Mangel zu schützen. (Diese 
Lehrer müssen mit einem erhaben Gefühle zur Schule gehen um 
den Keim zur Volksbildung zu legen.) 
Wien, 19. März. In der heutigen Sitzung des Herren⸗ 
jauses begann die Verhandlung über das Ehegesetz. Es herrschte 
zroße Spannung. Nachdem der Berichterstatter das Votum der 
Hajorität und das der Minorität verlesen hatte, wurde die Ge⸗ 
eraldebatte eröffnet. Der Unterrichtsminister Dr. Hasuer erklärt, 
ie Regierung stehe auf dem Standtpunkte des Votums der Ma⸗ 
oritüt; die Regierung sei Josephinisch, si betrachte das vorlie⸗ 
jende Gesez als eine unabweisbare Nothwendigkeit. Die Re— 
zierung sei überzeugt, daß die in Rom eingeleiteten Unterhand⸗ 
ungen bei gutem Willen bald abgeschlossen sein könnten; dies 
cheine aber nicht der Fall zu sein, das Concordat sei 
iber in allen Staatszweigen ein Hinderniß. Graf Rech- 
»erg, Graf Blome und Cardinal Rauscher befürworten das Votum 
der Minorität. 
Der kürzlich hierher gelommene, ehemalige mexicanische Ca— 
zinetssecretar Pater Fischer wurde, wie man dem „Pesther 
2loyd“ berichtet, bei Hofe, wo er nicht verfehlte, sich vorzustel⸗ 
en, sehr kühl empfangen und in derselben Stimmung entlassen. 
5s soll dem Herrn Pater nicht gelungen sein, die gegen ihn 
vorliegenden Anklagen, welche zu bestimmt auftraten, zu 
intkräften. 
Fraukreich. 
Paris, 19. März. Die „Patrie“ erklärt die Unruhen von 
Toulouse ꝛc. aus der Einwirkung der geheimen Gesellschaften, die 
ioch immer in der ganzen Ausdehnung des französischen Territo— 
iuns thätig seien. Jiteressant ist, daß — selbst nach dem of⸗ 
iciellen Blatt daselbst — auh in Bordeaux die Gährung so groß 
t. daß man jeden Aujenblick einen Ausbruch erwartet, während 
zordeaux so gut wie Toulouse, Nantes, Alhbi hisher eine vor⸗ 
ugsweise reactionäre Stadt war. Saeben trifft die Nach—⸗ 
icht ein, daß auch in Mende Ruhestörungen stattgefun— 
en haben. 
Englaund. 
London, 17. März. Der Berliner Correspondent der 
Times eröffnet in einem vom 14. datirten Briefe ein interefsan⸗ 
es Kapitel von Enthüllungen üdber Fraukreichs Neigung einen 
zug im Osten zu machen, wo möglich in Gemeinschaft mit Rußland 
ind Preußen. Zweimal während der letzten 1I3 Monate habe Ruß⸗ 
and Frankreich dieselbe Proposition gemacht, ohne jedoch zu einem b 
timmten Erfolg zu gelangen. In Berlin alaube man. die damalige Hal⸗ 
ung Englands habe Frankreich zur Zurüchhaltung veranlaßt. Troß 
dieses Fehlschlagens habe Rußland ein wenig später noch einen Versuch 
ju einer Annäherung und dieses Mal durch den Czar selbst, bei Gelegen⸗ 
seit der Ausstellung gemacht, wozu Fürst“ Gortschatow den Weg 
zeebnet dadurch, daß er Frankreich im Vorzuge gegen Preußen 
in der Luxemburger Frage unterstützte. Napoleon habe nicht ab⸗ 
'olut abgeschlagen, aber Gegenvorschläge durchblicken lassen. Ruß⸗ 
and an der Donau verbindend, habe er Ansprüche auf Concessio- 
nen von Preußen am Rhein gemacht. Das habe dem Czaren 
am des guten Einvernehmens willen mit dem koͤnigl. Onkel nicht 
behagt. Jetzt sei der Plan zum dritten Mal angeregt worden, 
diesmal aber mit dem Unterschiede, daß er anstatt von Rußland 
jon Frankreich ausgegangen und auch nicht direct, sondern durch 
die Vermittlung einer andern Macht an seine Adresse gerichtet 
vorden sei. Welcher Art auch die Gründe, welche Frankreich be⸗ 
vogen zu handeln, wie es gethan, gewiß sei, daß das Project zu 
einem russisch⸗französischen Kompagniegeschäft im Osten, zwar nicht 
n Petersburg, aber in Berlin vorgelegt worden, wenigstens die 
rsten fühlenden und vertraulichen Schritte dort geschehen seien. 
Deutsches Territorium werde nicht beansprucht, auch nicht die di⸗ 
ecte Verletzung deutscher Interessen wie vordem. Nur eine freund⸗ 
chaftliche Neutralität werde vorderhand von Preußen verlangt, 
velche auf die eine oder andere Art vergolten werden würde. 
Nehme Preußen an, so sei Oesterreich ohnmächtig zum Widerstande 
ind müsse zustimmen .... Aus gewissen Symptomen gehe her⸗ 
dot, daß die russische Regierung von den franzöosischen Vorschlägen 
interrichtet gewesen, ehe dieselben in Berlin unterbreitet worden. 
Diese Vorschläge schlöffen auch einige Concessionen für Polen in 
ich. Rußland habe dagegen nichts einzuwenden, vorausgesetzt, 
Frankreich begnüge sich mit der Beschräukung dieser neuen Gunst⸗ 
bezeigung auf das Königreich Polen ausschließlich. 
Schweiz. 
Bern, 20. März. Der eben in Berlin in Verhandlung 
jegriffene deutsch⸗schweizerische Postvertrag fixirt für Franu— 
'aturbriefe von 13 Grammen durch das Gesammtgebiet der be— 
heiligten Staaten 25 Centimes (7 Kreuzer) und für unfrankirte 
9 Centimes (14 Kreuzer.) 
* 
VRermischtes. 
An 15. und 16. April wird zu Nürnberg die V. Gene— 
ral⸗Versammlung des Vereins von Lehrern an bayerischen Stu— 
dienanstalten abgehalten. Unter den dabei zu besprechenden The⸗ 
naten werden das über die Ortographie, über die Anbahnung des 
iaturwissentschaftlichen Unterrichtes an den humanistischen Gym— 
iasien. über Schüler- und Lehrerbibliotheken, über die Lehrmittel 
für den Anschauensunterricht die bedeutendsten sein. 
fMünchen 13. März. Wie ich soeben vernehme,-hat 
Ze. Majestät der König beschlossen, dem Altmeister deutscher Dicht⸗ 
tunst, Göthe, ein Monument in hiesiger Stadt zu errichten; die 
Bestimmung des Platzes, wohin das Denkmal zu stehen iommt 
und des Künstlers, der mit der Modellirung betraut wird, steht 
demnächst zu erwarten. 
Vor einigen Tagen starb in der St. Anna-⸗-Vorstadt in 
München ein 18jähriger Bursche, dessen Krankheit so auffallende 
Erscheinungen bot, daß der behandelnde Arzt aus wissenschaftlichem 
Interesse die Leiche sectirte z hierbei wurde denn im Kopfe ein 
Ztück Federmesserklinge gefunden, und die weiteren Erhebungen 
ergaben, daß ihm die todtbringenden Wande vor vierzehn Tagen 
zelegentlich einer in der Nähe der Stadt stattgehabten Wirths— 
hausschlägerei, worüber derselbe beharrlich geschwiegen, zufügt wor⸗ 
den war; gerichtliche Untersuchung ist eingeleitet. 
t In Augsburg wurde vorgestern Vormittags ein scheußlicher 
Mord verübt. Der Käufler Hr. Bayer am Perlachberg, in einer 
der frequentesten Straßen, wurde von einem Schlossergesellen und 
heurlaubten Soldaten Namens Angerer in seinem Laden überfal⸗ 
en und mit mehreren Messerstichen niedergestrekt. Der Verbre⸗ 
her, der den wahrscheinlich beabsihtigten Raub nicht ausführen 
onnte, ist in Haft. 
tPater Wiesinger in Wien, der jüngst in einer Faftenpre⸗ 
digt gegen die Feinde der Kirche wüthete, richtete bei dieser Ge⸗ 
egeuheit einen großen Theil seines Zornes auch gegen Friedrich 
)en Großen, von dem er behauptete, daß er nichts anderes, als 
zin gektronter Pamphletist gewesen.“ (Das Schimpfen auf der 
anzel ist heute Mode bei den Herrn Frie den s-Apostel.) 
F Ein franzosischer Arzt, Dr. Marchal von Calvi, hat in 
der „Tribune medicale“ einen Aufsatz über die Wasserscheu bei 
Menschen, in Folge von Bissen wüthender Hunde veröffentlicht, 
vorin er zur Vermeidung jener schrecklichen Krankheit die strengste 
Finschreitung der Polizei gegen die Hunde und Hundbesitzer ver—⸗ 
angt. Im Jahre 1852 sind in Frankreich 48 Fälle von Wuth 
»ei Menschen, natürlich alle mit tödtlichem Ausgang, den Behör— 
den zur Anzeige gekommen; in England wurden von 1838 613