dat in Fortsetzung der Berathung über die Unificirung der Staats-
schuld sich für Beibehaltung der bisherigen Verzinsung der Staats⸗
schuld in Silber und Papier, je nach den Anlehensbedingungen,
entschieden. Der Referent Peter Groß brachte folgende Abänder⸗
ungsanträge ein:1) alle Lotterie⸗- Anlehen in die Convertirung
einzuziehen; 2) das? Zinserforderniß fuüͤr die schwebende Schuld
durch Herabsetzung des Zinsfußes für die Hypothekaranweisungen
um 500,000 fl. zu verringern; 83) die nach der Regierungsvor—
lage 410 *0 Rente in eine 400 Rente zu reduciren; 4) den
Tapitalwerth der Obligationen des Anlehens vom Jahre 1866
auf 100 fl. zu vermindern. — Im Falle der Annahme dieser
Anträge würde an Zinsen eine Ersparniß von nahezu 14 Mill.
und an der Amortisationsquote eine solche von 15 Mill.erziehlt
werden;' die Verringerung der Staatsausgabe würde somit 29
Mill. betragen. Die Anträge wurden debattirt, aber noch kein
Beschluß darüber gefaßt.
„— Bezüuglich des Wehrgesetzes beschloß gestern der Club der
diberalen: das Princip der allgemeinen Wehrpflicht sei mit einer
ebergangsperiode anzunehmen; die Dienstzeit der Linie dürfe
höchstenst eine Zjährige sein; dann habe der Landwehrdienst zu
zeginnen. Die Armeeeinheit sei aufrecht zu erhalten. Der Club
der Linken hat beschlossen: das Wehrgesetz ist unbeschadet des
Rechtes der Volksvertreiung, die Recruten zu bewilligen, auf dem
Principe der allgemeinen Wehrpflicht zu basiren; Präsenzzeit und
Dienstzeit überhaupt müssen möglichst kurz sen.
— Aus Anlaß der Entbindung der Kaiserin jist der cislei⸗
hanische Justizminister durch kaiserliches Handschreiben angewiesen
Arnestieanträge für eine gewisse Kategorie von Sträflingen zu
dellen.. 2 48 —
In Folge der glücklichen Entbindung der Kaiserin hat
der Kaiser den Armen der Stadt Wien die Summe von 3000 fl.
gespendet. J
— Die Steuerverweigerungen in Boͤhmen nehmen so sehr
zu, daß die Finanzmannschaft nicht mehr im Stande ist, die er⸗
forderlichen Executionen zu vollziehen. Das Kriegsministerium
jat deßhalb befohlen, böhmische Urlauber zu diesem Zwecke einzu⸗
berufen, sie jedoch nicht in ihrem Werbbezirk zu verwenden.
In Böohmen haben bekanntlich die Deutschen jetzt einen
schweren Kampf gegen die Unterdrückungsbestrebungen des Czechen⸗
chums zu bestehen, welche sich nicht blos im politischen Leben und
in der Tagespresse, sondern auch in der Wissenschaft gellend machen.
ẽEs wird in dieser Beziehung namentlich die Geschichte Böhmens
zu fälschen gesucht, alles nur vom tschechischen Standpunkt behan⸗
delt, der Antheil der Deutschböhmen, die doch zwei Fünftel der
Bevölkerung bilden, an dieser Geschichte gänzlich ignorirt. Ja
man geht noch weiter, man verunglimpft die ganze deatsche Na⸗
tion, man stellt die. nagelneue Theorie auf, wornah es z veierlei
Arten von Völlkern gebe: friedliche, erwerbsfleißige oder Cultur⸗
zoͤlker und Räubervölker. Zu den ersteren, die von Hause aus
die freiesten Institutionen in der Welt besaßen, gehören natürlich
die Slaben, zu den Räubervölkern, von denen alles Unheil in
der Welt ausgehe, die Deutschen ꝛc. An der Spitze dieser fana—
ischen Bestrebungen steht der erste Gelehrte der czechischen Nation
Dr. Franz Palacky, der officielle Landes-Historiograph.
Wisen, 25. April. Der Proceß Ebergenyi wurde heute zu
Ende geführt. Die Angellagte ist zu zwanzigzjährigem schweren
sterler, wobei jährlich eine Woch Einzelnhaft, sowie zum Verlust
des Adels verurtheilt worden. J
Frankreich.
Paris, 23. April. Das „Journal des Debats“ stellt
seine Betracheungen an über die Unterredung, welche der Kreuz⸗
eitung zufolge die Herren v. d. Goltz und Baron v. Moustier
zezüglich einer gemeinsamen Entwaffnung geführt hätten und welche
zu der gemeinsamen Schlußfolgerung geführt haben sollte, daß
teine Entwaffnung möglich sei, weil der jetzige militärische Stand
owohl Preußens als Frankreichs durch die Gesetze geregelt sei.
Demnach also hätten beide Regierungen die Hände gebunden und
ehen sich dazu verurtheilt, ohne Eade mit geschultertem Gewehr
iich gegenüber zu ste jen. Ailes wis sie thun könnten, wäre, sich
zegenseitig den Krieg zu erklaͤren, da sie in dieser Beziehung durch
aus freie Hand hätten. Emie selche Erktärung der Kreuzzeitung
sei, meint das „Journal des Debats.“ keineswegs sehr beruhi—
gend. Da könne Europa, welches unter dem Gewicht des Mili⸗
ärbudgets fast erdrückt werde, einmal wieder mit Recht das famose
Wort ausrufen: „Die Gesetzlichkeit tödtet uns!“
Paris 23— April. Das ‚Memorial“ behauptet, der
oͤsterreichische Erzherzog Lud.v g Victor werde von Tutia, wohin
er zur Hohzeit des Prinzen Humsert gegangen war nach Paris
kommen, um hier den Gegeubesuch des österreichischen Kaiserpaares
jür Salzhurg) unm ttelbar nach dem Kirchgang der Kaiserin
Elisabeth anzukündigen. J
Paris 24. April. Der Constitutionel veröffentlicht einen
vom 16. April datirten Bericht, welcher von den in Jassy residi—
reuden Consuln Englands, Frankreichs, Griechenlands, Rußlands
und Preußens unterzeichnet ist, und constatirt, daß die Bedruͤc
ung und Austreibung der Israeliten vollko nmen erwiesene That-
lachen find.
Paris, 25. April. Die Eruennungen von Consuln des
Norddeutschen Bundes für ganz Frankreich sind hier eingetroffen.
— Der russische Gesandte, Baron v. Budberg, hat gestern seine
definitive Entlassung aus Petersburg erhalten.
Paris 25. April. Man telegraphirt dem „Avbenir nat.“
aus Laremburz, daß die heutig: Kim nersizunz daselbst eine sehr
bewegte war. Der Deputirte Beasseur hat die Regierung wegen
der annexionistischen Untriebe zu Gunsten Frankreichs, deren Oc⸗
jan der neu gegründete „Avenir“ wäre, interpellirt. Die Re—
zierung hat versprochen, einer derartigen Propaginda entgegen⸗
treten zu wollen. —*
— Die Antrittsrede Jules Favres bei seiner am 23. d. M.
erfolgten Aufnahme in die Akademie frangnise sprah siche vor
illem dahin aus, daß Natisnen nur daunsmichtig sein können.
venn sie frei und gläubig seien; doch müsse der Glauben aufge⸗
llärt werden, indem man gleichzeitig die Vernunft ohne Beschränk ⸗
ung walten lasse. Der Redner schloß mit den Worten: „Ich folge
der Fahne, auf welcher die Devise: Freiheit des Denkens und
Freiheit im Staun! geschrieben steht.“
Met, 23. April, Aus Saargemünd, meldet der „Petit
ßlaneur“: „Der Präsident der Gesellschaft der Freischützen der
Sar beehrt sich den auswärtigen Mitgliedern mitzutheilen, daß
n der Generalversammlung vom 18. April folgender Beschluß
zefaßt worden ist; Art. L.. Die Freischützengesellschaft ist, vom
18. April ab, aufgelöst. Art. 2. Die in der Gesellschaftskasse
derbleibende Summe wird dem Wohlthätigkeits Bureau der Stadt
Zaargemünd über viesen. Gez. Alf. Algaw. —
England. —
London, 22. April. Groze Aufreg inzg verbreitete ge⸗
tern Abend das Gerühht, es sei ein Versuch gemacht worden, den
Buckingham⸗Palast durch griechisches Feuer in die Luft zu spren⸗
jen und es erhielt einig? Bedeutung dadurch, daß Hr. Hurdh. der
Minister des Innern, aus der Parlamentssitzung nach der Poli⸗
zeistation abgerufen wurde. die nackte Thatlsache ist jedoch. daß
rvei verdachtig aussehende Leute in der Nähe des Palastes ver-
jaftet und im Besitze eines Korbes mit griechischem Feuer gefun⸗
»en wurd'n. Es heißt dieselben seien als Mitglieder der fenischen
Ir üderschaft bekannt.
London,, 25. April. Im Unfierhaus antworietete Lord
SZtanley auf einen Antrag, die russisch⸗englische Corrrespondenʒ
»ezüglich der kretijchen Angelegenheit vorzulegen, und nachdem La—
yard Rußland als den einzigen Urheder des kritischen Aufstandes
»ezeichnet hatte: Die wahre Ursache der Insurrection sei das
Zestreben der Losreißung Kretas von der Tuůrkei. In dieser Ve—
iehung seien die Ansichten Englands sattsam bekanni, das Mini⸗
lerium halte dafütr, daß eine Trennung Kretas von türkischen
Keiche anderweitige Aufstände in den von Chrislen bewohnten Lan⸗
)estheilen hervorrufen würde. Der in diesem Sinne ertheilte
dath des englischen Cabinets sei nicht erfolglos geblieben, es sei
ein gerechter Versoöhnungsplan entworjen worden, welcher Alle be—
riedigen dürfte, die kandiotischen Separatisten etwa auzgenommen.
Vorlage der Correspondenz könne aus Discretion nicht erfolgen.
London, 26. April. Prinz und Prinzessin von Wales
iind wohlbehalten von ihrer irischen Reise hier eingetroffen.
Belgien.
In den Kohlenwerken von Charleroi haben wieder einige
Bewegungen unter den Arbertern stattgefunden; geschriedene An—
chlagzettel waren an den Zugängen mehrer Zechen angeheftet,
vesche den Arbeitern befehlen, die Arbeit einzustellen bei Todes
trafe, und diese Aufforderung hit an einigen Octen eine Arbeits—
eiustellung zur Folge gehabht. Man glaubt, daß diese Aufhetzereien
von Brüssel aus veranstaltet werden, Größere Unordnungen
aben jedoch nicht stattzefunden, und die Triippen haben keine
HZeranlassang gehabt einzuschreiten.
Italien.
Florenz. 21, April. Die italienischen Blätter const niren
den überaus freundlichen und glän zenden Empfang, der dem preu⸗
zischen Kronprinzen überall zu Theil wurde. Au der Grenze
vurde derselbe von hohen Hofbeamten begraßt; in Verona wurde
»ei seiner Aukunft die ganze Stadt illuminirt; in Brescia em—
»fingen ihn Garnison und Nationalgarde mit militärischen Ehren;
u Bergamo verließ er den Waggon, un eine Heerjchanu ab zu⸗
jalten u. s. w. In Turin stieg er in dem prachtvoll eingerichteten
Balast des Prinzen von Carignan ab. Der Empfang durch den
Zönig Victor Emanuel war äußerst herzlich; Ahends var großes