Full text: St. Ingberter Anzeiger

Die Medaille, modellirt von dem Hofmedailleur Ch. Schnitzspahn 
in Darmstadt, wird in Gold, Silber, Bronce und Britaniametall 
zusgeprägt werden. 
Ein Opfer der Hund swuth. In Weinheim ist 
vor einigen Tagen ein entsetzliches, alle Herzen erschütterndes Un⸗ 
zlück geschehen. Der 14 Jahre 9 Monat alte Knabe des ersten 
heamten ist an der ausgebrochenen Hundswuth gestorben. Vor 
J Wochen war er durch den Biß eines kleinen kranken Hundes 
an der Hand geritzt worden, Obgleich man den Hund nicht ge⸗ 
cade fur Wuthkrauk hielt, wurde er dennoch vorsichtshalber getöd⸗ 
tet und die Wunde gebrannt. Alles ging gut und man dachte 
aicht mehr daran, als sich mit dem Schluß der 9. Woche heftige 
Schmerzen im Arm mit Fieber einstellten. Der Arzt hielt die 
Sache für bedenklich und verlangte den Beistand eines berühmten 
Brofessors der Medicin von Heidelberg, aber Beide konnten die 
iefbetrübten und entsetzten Eltern nur auf das Schrecklichste vor⸗ 
zereiten. Ein trauriges Glück war, daß der Wuthausbruch nur 
einige Stunden währte, dann trat Abspannung und der Tod ein. 
Der unglückliche Kaabe hatte dabei Anfangs noch volles Bewußt 
ein, so daß er seine Eltern selbst warnend bat, ihm nicht zu 
nahe zu kommen. 
fElversberg, 14. Mai. Die Saar⸗- und Blies⸗Zei— 
lung“ berichtet: Seit ein paar Tagen macht ein Mann viel 
von sich reden, der in einer hiesigen Wirthschaft im Zeitraum von 
anderthalb Stunden 116 — sage und schreibe einhundert sechs⸗ 
zehn — Glas Bier vertilgt hat, ohne daß seine Gesundheit Scha— 
den gelitten haben soll. Wie er seinem angespannten Bauchreifen 
Linderung verschafft, haben wir nicht erfahren. Es ist nur gut, 
daß es nicht viele solcher Leute gibt, sonst reichten die Wirthschaf⸗ 
ten, deren wit hier und in der Umgegend in ziemlich befriedigen— 
der Menge haben, nicht mehr anu gg. 
F In Offenburg (Baden) wurden bereits vor 8 Tagen die 
ersten reifen Kirschen zu Markte gebracht. 
Hessische Grundrentenscheine befinden sich noch in großer 
Zahl im Verkehr. Dieselben verlieren vom 1. Juli d. J. an 
die Eigenschaft als Zahlungsmittel und werden später bis zu 
zinem noch bekannt zu machenden Termin noch bei der' hessischen 
Ztaatsschuldentilgungscassa eingelösst. 
Der Erfinder der LigroinesLampe, S. Reisner in Wien, 
derfertigt derartige Dochte, vorläufig nur- für Flachbrenner be— 
timmt, die an der Spitze ein viereckiges, wie es scheiut in Wachs 
zetochtes Stück Asbest tragen. Ein solcher Docht soll ein ganzes 
Jahr dauern, die Flamme intensiver machen, keinen Rauch oder 
üblen Geruch erzeugen, und braucht nicht geputzt und beschnitten 
ü werden. 
Den ausschließlichen Verkauf dieser Dochte für Deutschland 
hat die Firma Simon und Cie. in Berlin (Linden 19) übernommen. 
F VMian berichtet aus Znaim: Die hiesige Buchdruckerei 
d e. .., welche sich seit einer Reihe von Jahren mit der Heraus— 
zabe und dem Druck von Mord- und Brandgeschichten befaßt, 
zab sofort nach der bekannt gewordenen Affair Chorinsky-Eber— 
zenyi einem ihrer Verseschmiede den Auftrag, die Gefchichte des 
Mordes der Gräfin Choriusky sammt den nothwendigen Zuthaten 
in Reime zu setzen. Der Leibdichter der genannten Druckerei kam 
diesem Auftrage pünktlich nach und vor Kurzem wurde die grau— 
ige „Mordgeschichte“ in etwas holperigen Verse sowohl in deunt— 
scher als böhmischer Sprache dem Verleger übergeben. Um die— 
er „Mordgeschichte“ jedoch größeren Absatz zu sichern, wurde be— 
schlossen, das Bild des Grafen Gustav Chorinsky auf der ersten 
Seite anzubringen. Unglücklicherweise war jedoch der Xylograph 
der Druckerei zu sehr von anderweitigen Arbeiten überhäuft und 
konnte das Bild Chorinsky's nicht anfertigen. Dichter und Ver— 
eger halfen sich jedoch schnell aus dieser Verlegenheit; statt des 
Konterfeis des Grafen Chorinskh wurde das Bild des Raub— 
mörders Birringer, welches noch immer brauchbar war, auf das 
Titelblatt gedruckt, und nun prangt Raubmörder Birringer's 
PLortrait mit der Unterschrift: „Graf Gustav von Chorinsky“ 
an der Spitze. 
fStettin 15. Mai. In Stahlbergs Brennerei Ober 
wieck, sowie in Rückforths-Radloffs Brennerei brach Feuer aus, 
wobei bis 122 Meillionen Quart Spiritus verbrannten. Bei dem 
zroßen Feuer sind zusammen acht Grundstücke abgebcannt. Ein 
Menschenleben ist zu beklagen. Der Branddirector ist lebe isge— 
jährlich und der Eisenbahnbaumeister schwer verwundet. Der 
Schaden wird auf eine halbe Million Thaler geschätzt. 
FParis, 10. Mai. Im Hause des hiesigen Bankier? 
xkoönigswarter ist dieser Tage eine blutige Scene vorgefallen. Ein 
alter deutscher Kammerdiener verliebte sich leidenschaftlich in eine 
unge Engländerin, Kammerjungfer der Frau Koönigswarter. Letz 
ere beklagte sich bei ihrer Herrschaft über die Zudringlichkeit des 
Alten, welchen endlich Herr K. kommen ließ und zur Rede stellte 
Der Kammerdiener verließ mit einer trotzigen Antwort das Zim⸗ 
mer seines Herrn, stieß vor demselben auf die Engländerin, zog 
einen Revolver schoß ihr eine Kugel in den Leib und eine zweite 
sich selber durch das Herz. 
FParis, 10. Mai. Ueber einen meuchlerischen Ueberfall 
einer Schaluppe des franzosischen Kriegsdampfers Dupleix“ in 
Japan bringt die „Patrie“ das Nähere: Jene sollle den Com⸗ 
nandanten der französischen Schiffsstation in China sowie den 
ortigen Generalconsul vom Land abholen, und legte zu diesem 
Zweck im kleinen Hafen von Sakai, unfern Osaka bei. Da die 
Bevölkerung sich ganz ruhig und friedlich zeigte, ketteten die Fran— 
osen ihre Schaluppe an den Quai. Während der nächstfolgenden 
Stunden mehrten sich am Ufer die neugierigen Japanesen; sie 
achlen mit Denen im Schiff und gaben ihnen sogar Obst und 
duchen. Dadurch sicher gemacht, stiegen der Quartiermeister Le— 
noeur und der Mechaniker Durel an's Land, thaten jedoch nur 
venige Schritte, als aus einem Hinterhalt gegen 100 Bewaffnete 
ie anfielen und in die Stadt zu zerren suchten. Beide Franzosen 
rissen sich los und flohen, verfolgt von Flintenschüssen, in die Scha⸗ 
suppe. Die Bewaffneten verscheuchten die Zuschauer am Ouagi, 
und feuerten fortwährend auf das Schiff, bis darin Riemand 
nehr ein Lebenszeichen gab; hierauf zogen sie eilig ab. Inzwi⸗ 
ichen hatten doch 7 Mann, darunter 6 schwer verwundet, ein 
Versteck zwischen der Schaluppe und einem daranliegenden Fahr⸗ 
eug gefunden. Der allein underwundete Maschinist Durel half 
nit großer Geistesgegenwart denselben nach und nach in die Scha⸗ 
uppe, kettete letztere los und steuerte, da die Maschine durch die 
Flintenschüsse beschadigt war, mit einem Nothsegel aus dem Hafen 
zum „Dupleix“ zurück. Es war hohe Zeit, denn die bewaffneten 
Japanesen waren eben mit Brandstoffen zur Zerstörum des 
AV 
2 lagen rettungslos darnieder, so daß Durel fast allein von der 
xxpedition übrig blieb. 
f Am 18. August dieses Jahres tritt eine Sonnenfinsterniß 
ein, welche durch glückliches Zusammentreffen der Umstände zu der 
wichtigsten wird, die jemals die historischen Zeiten gesehen. Sie 
oerspricht die ergiebigste für die Wissenschaft zu werden, wenn 
es nicht verabsäumt wird, ein Natur⸗Phänomen in rechter Weise 
zu benutzen, das sich jedenfalls im Laufe der nächsten Jahrhun⸗— 
derte in so glänzendem Grade nicht wiederholen wird. Wegen 
ihrer großen Erdferne am 18. August erscheint der Durchmesser 
der Sonne verhältnißmäßig klein; dagegen ist der Mond in größ⸗ 
ter Erdnäne und sein scheinbarer Durchmesser daher bedeutend 
zroß. Außerdem ist der Mond im aufsteigenden Knoten seiner 
Bahn, so daß der Schattenkegel über den Aequator der Erde läuft, 
uind somit die Zeitdauer der Finsterniß wesentlich verlängert wird. 
Dieses Zusammentreffen günstiger Umstände bewirkt, daß die to⸗ 
tale Verfinsterung eine Zone von 2000 Meilen Länge und 80 
Heilen Breite einnimmt; ihre Dauer steigt bis auf 6 Minuten 
50 Secunden, eine Zeitdauer, wie sie gleich groß in geschichtlichen 
Jahrtausenden nicht vorgekommen ist und in allen berechneten 
rinsternissen nächster Jahrhunderte nicht statt haben wird. Die 
totale Verfinsterung tritt kurz nach Sonnenaufgang auf der Insel 
Perim und in Aden ein; durchzieht im Laufe des Vormistags 
Vorder-Indien, erreicht Mittags Tenasserim, wird Nachmitttags 
in Anam, dann auf Borneo, Celebes und vielen Juseln aus der 
Zruppe von Molukken sichtbar und gelangt endlich gegen Abend 
nach New⸗-Guinea. 
, In Nordamerika besteht seit einiger Zeit eine ge⸗ 
jeime Geheime Gesellschaft Kuk⸗Klux⸗Klau⸗Orden, welche sich die 
derstellung des füdlichen Rebellenstaates mit allen möglichen 
Mitteln, erlaubten und unerlaubten, zum Zweck gemacht hat. 
Durch die Verhaftung einiger Mitglieder und Leiter dieses Re— 
bellen-Ordens sind auch dessen Sazungen in die Hände der Ju- 
stiz gefallen. Ihre Logen heißen „Höhlen“, ihre Großloge „ober⸗ 
ter Cyklopenrath“, ihr Großmeister „Großcyklop.“ Als die Po⸗ 
lizei in die eine Höhle eindrang, fand sie auf dem Tisch in der 
Mitte der Halle einen Todtenschädel, dessen die Geschworenen bei 
der Eidesleistung bedürfen. Ju den Staluten ist klar gesagt, daß 
der Zweck des Bundes dahin gehe, den Süden mit allen Mitteln 
zu schützen, „wäre es auch durch Mord,“ und der Schwur sei 
jethan, „sich durch Nichts von der Verfolgung dieses edlen Zweckes 
abschrecken zu lassen.“ Beim Eintritt in die Loge erwirkt ein 
„weimaliges Klopfen und die Losung: „Unser Vertrauen ...“ 
den Zulaß. Die Schildwache von innen antwortet auf die er⸗ 
vähnte Parole mit dem ergänzenden Zusaz: ... ruht in Gott!“ 
Bei der Eidesleistung halten alle auwesenden Mitglieder einen 
—X 
»abei, falls er zum Verräther werde, in unnachsichtlich zu tödten. 
Der neue Bundesbruder selbst legt die Hand auf den Todtenschä⸗ 
»el, und gelobt, das Geheimniß des Kul-Klux⸗Klau weder durch 
Jeichen, Wort noch That je zu verrathen. „Thue er es doch“ 
— so lautet die Formel — „so möge sein eigener Kopf wie