Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sitzungen des e—ne werden am 12. Jan. wieder aufgenommen 
FMoL. Kuhn ist zum Kriegsminister, der bisherige Kriegsminister 
John zum⸗Geueralstabschef bestimmt⸗Nach dem „Neuen Frem 
—V 54— Kriegsiministerium eine bedeutende Armekere— 
ductiom misn Einellang des Avancemeniz por. Das Armeeober 
commando soll abgeschafft, ein großer Theil der Generalität pen⸗ 
sionirt werden. — Das Taqbl.“ berichtet: Das Entlassungsge⸗ 
such Johns ist durch die Hexabsetzung des Armeebudgets umn 
6b1 Millionen motivirt. Die Eröffnung der Delegationen wird 
ohne feierlichen Ack vor sich gehen, die Präsidentenwahl wahr⸗ 
scheinlich auf. Antonv. Auersperg fallent 
Wien, 14. Jan. Die amtliche Zeitung meldet heute, der 
aaiser habe bestimmt, daß den zu Ministerposten berufenen Per— 
sonen für die Dauer ihrer Amtswirksamkeit das Prädicat Ercel⸗ 
lenz beigelegt werde, und dieselben am Kaiserhofe mit Wirklichen 
Geheimenräthen zu rangiren haben. 
uPrag,«18. Jan. In Folge eines Generalbefehles sind 
dem Er⸗e Kurfürsten von Hessen die nämlichen militärischen Ehren⸗ 
dezeichungen zu erweisen, welche für die Mitglieder des Kaiserhau⸗ 
sea vor geschrieben ind. 
u Triest, 11. Jan:: Zur Leichenfeierlichkeit des Kaisers Ma⸗ 
cimilian von: Mexico treffen die Erzherzoge Carl Ludwig, Ludwig 
Victor, Leopold. Ernst und Heinrich ein; ferner Deputationen 
aus Istrien, allen Städten Dalmatiens und Fiume, endlich alle 
Italiener aus Mailand, die beim Hofstaate des Erzherzogs in 
Mailand gewesen. Vice-Admiral Tegetthoff soll die Geheimeraths⸗ 
wilrde und das Großkreuz des Leopoldordens erhalten ... 
Pola, 13. Jan. Die Fregatten„Novara“ (mit der Leiche 
Maximilians) und „Radetzky“ und das Kanonenboot „Velebich“ 
sind heute Vormittags hier eingetroffen und wurden von sämmt⸗ 
lichen Festungsforts und im Hafen ankernden Schiffen mit Trauer⸗ 
jalven begrüßt. —VV — — — 
8Srankreich. 
Parisz, 11. Jan Ver hiesige preußische Boischafter Graf 
v. d. Golt hat heute Morgen eine sehr schmerzhafte und gefähr⸗ 
liche Operation, geleitet von Dr. Nelaton und Dr, Kolb, glücklich 
überstanden und diese ist nach der Aussage der Aerzte als 
bollkommen gelungenen zu betrachten. Das Befinden des Gesaudten 
ist den Umfländen nach befriedigend; indessen wird er sich vielleicht 
für längere Zeit den Geschäften fern halten müssen, welche dem 
ersten Votschafts-Sekrekär Grafen v. Solms-Sonnenwalde über— 
— E J 
Paris, 18. Jan. Der unerschöpfliche Windbeutel Girar⸗ 
din hat für die französischen Ansprüche auf den Rhein eine neue 
Formel gefunden. Laßt, ruft er den Franzosen zu, in Gottes 
Namen das Deutsche Zollparlament den Anschluß Süddeutschlande 
an den Norden zur Reife bringen; mischt Euch nicht in das, was 
auf dem rechten Rheinufer geschieht; laßt die Deutschen nach ihrem 
Gefallen sich einigen; aber fordert dafür zurück, was Euch recht 
maͤßig gehört, Euere „geographische Einheit“ (d. h. das linke 
Rheinufer, obwohl die wirkliche geographische Einheit Frankreichs 
bekanntlich schn an den Vogesen aufhört). — Der „Univers er 
gießt sich in der albernsten Weise über den österreichischen Mini— 
ler Giskra, den er beschuldigt, im Jahre 1866 als Bürgermeiste 
bon Brünn mit den Preußen unter Einer Decke gespielt zu haben. 
Das ultramontane Blatt schließt seinen Artikel mit den Worten: 
„Die jüdischeradicale Partei berechnet schon, wie nützlich ein sol 
chher Mann bei einer abermaligen schweren Gefahr werden könne, 
um die Kassen und Läden Wiens vor einem Malheur ähnlich 
dem zu bewahren, das 1866 Frankfurt a. M. betroffen hat.“ 
— Die schutzzöllnerische Bewegung in den nördlichen Depar 
lements nimmi immer mehr überhand, und die betreffenden Adres⸗ 
sen an den Kaiser mehren siih. — 
Aber auch die Rüstungen gehen ununterbrochen ihren Gang 
Von den kleineu Kartätsch-Kanonen, deren Wirkuug eine ungeheuere 
jein soll, sind dieser Tage 1200 Stück fertig geworden. 
In der aäußersten Politik steht gegenwärtig die Oriental ische 
Frage in erster Reihe, und auf sie bezieht man auch die Reise des 
englischen Gesandtschaftssecretärs Fane nach London. An drohendt 
Kriegsgefahr glaubt man nicht, weil man der Ansicht ist, Preußer 
werde eine Rußland nicht gerade freundliche Neutralität beobach 
ten, während Oesterreich sich eng den Wesimächten anschlösse Wo 
her „man“ alle diese schönen Dinge weiß, ist nicht zu erfahren. 
Jedenfalls über jst unsere Presse gutes Muthes, und sieht auch 
Jach der italienischen Seite kein kriegerisches Wölkchen mehr am 
Himmel. Allerdings ist der Telegraph zwischen Florenz und Pa— 
cis in bestaͤndiger Bewegung, und etwas geht ficherlich vor — 
ber wass8s8s8ss 
England. 
London. 11. Jan. Nach amtlichen Veranschlagungen wird 
Mitte des laufenden Jahres die Bevölkerung von London 8,126,636 
Seelen hetragen, gegen 3.0823372 Seelen Mitte 1867 und 
3,037,901 Seelen Mitte 1866. Es wächst sonach die Einwoh⸗ 
nerschaft der Riefenstadt durchschnittlich um 126 Menschen. jeden 
Tag und'zieht alljährlich einen Zuzug an sich, dek allein⸗ schon 
im Stande wäre, eine mäßig große Provinzstadt zu bevölkern. Liver⸗ 
pool mitfeinen 492,489 Einwohnern wird bis Mitte dieses Jahres 
auch voraussichtlich 300,000 Seelen erreichen. Manchester mit Saal⸗ 
ord wird einige 6000 Seelen mehr äufweisen und den Berech- 
nungen gemäß die Zahl 484,000 erreichen. Leeds soll Mitte 
1868 auf 286,746 Seelen (gegen 232,428 im Jahre 1867 
Birmingham auf 352,296 (gegen 343,948 im Jahre 1867) sie⸗ 
hen. London mit den 10 groͤßten Provinzialstädten bringt eine 
Ztadtbevölkerung von 5/3 Millionen auf und repräsentirt diese 
Zahl allein a der englischen Gesammtbevöllerung. J 
Die drei Fenier Burke, Casey und Mulady find vor die As-⸗ 
sisen in Warwidshire verwiesen und vorgestern Abend dem dorti— 
gen Gefängnisse übergeben worden. Außerordentliche Vorsichtsmaß⸗ 
regeln waren getroffen, um⸗ jeden etwaigen Versuch ihrer Rettung 
waͤhrend, des Transportes zu vereiteln. Außer Nachrichten von 
Vorsichtsmaßregeln bietet das Capitel der Fenier wenig Neuesza 
in Dublin wurde eine Person verhaftet, welche Lenon heißen und 
den Tallagth-Aufftand im März angeführt haben sol. 
— 
f In Stuttgart werden Sammlungen für Ostpreußen 
zeranstaltet ; 1000 Thlr. sind bereits nach Berlin abgesandt. 
FImpromptn des Kladd. am 8. Jan. 
Des verflossenen Lippe Lipp v48* 
War dem Reden nimmer holddzz * * 
Aber gegen unsres LReonhardttt 7 
Silber war sein Schweigen — Gold 
Ein entläuschter Hannoberanee. 
(Gur Ebergenyi⸗Chorinsky'schen Untersuchungssache) Wir⸗ 
ner Blätter schreiben: Die aus München eingelaufene Nachricht: 
Braf Chorinsky habe sein strafbares Einverständniß mit der wegen 
Mords in Untersuchung befindlichen Julie v. Ebergeniy einge⸗ 
tanden, findet nach den neuesten von dort eingelaufenen amtlichen Be⸗ 
eichten volle Bestätigung. Dagegen verharrt Julie v. Ebergenyi im 
däugnen, und behauptet: dieBaronesse Vay habe den Mord verübt. 
Lehnlich benahm sie sich auch, als ihr der Handlungsreisende Um⸗ 
auft vorgestellt wurde, sie sagte mit Ruhe: „Ich muß eine frap⸗ 
»ante Aehnlichkeit mit der Baronesse Vay haben, sonst könnte nicht 
er Herr, »der mir ganz fremd ist, mich mit dieser verwechseln. 
Finem anderen Blatt wird aus München geschrieben: „Wie ich 
vernehme dürfte Graf Chorinsky, der seither mit eiserner Konse⸗ 
quenz auf seiner Unschuld an dem Mord seiner Gattin beharrte, 
in nicht mehr zu langer Zeit vor den Geschworenen stehen. Der 
als Vertheidiger bekamte Advokat Dr. von Schauß soll die Ver— 
heidigung des Herrn Grafen bei der Verhandlung übernommen 
hjaben. Dieselbe wird von um so größerem Interessen sein, als 
»ie Julie von Ebergenhi von Wien aus hierher gebracht wird. 
Graf G. Chorinsky wird ebenso bei der Verhandlung der An⸗ 
lage gegen die Ebergenyi vor dem Gerichtshof in Wien zu er⸗ 
cheinen haben.“ — Aus Kanisza wird als Beitrag zur Vergift- 
ungsgeschichte mitgetheilt, daß die Ebergenyi kurz vor der Ver⸗ 
iftung der Gräfin Chorinsty mit dem Oberlieutenant Grafen“ 
Fhorinsky auf das Gut ihrer Angehörigen (in der Nähe Kanisza's) 
lam, und ihnen den Grafen als ihren Bräutigam vorstellte. Die 
Angehörigen wollten sogleich die Verlobung feiern, die Ebergenyi 
aber meinte, dies fönne mit mehr Pomp in Wien geschehen. Die 
Zerwandten folgten ihr nach Wien, wo dann die Verlobungsfeier 
n ihrer Wohnung vor fich ging. Ein alter Mann, die Brust mit 
Orden reich bedeckt, wurde als Vater des Bräutigams, als Statt⸗ 
halter Graf Chorinsky vorgestellt, und das Fest verlief ohne wei⸗7 
sern Zwischenfall. Vor der Rückreise in ihre Heimath wollten die 
Angehörigen der Ebergenhi dem Statthalter Grafen Chorinskh 
Abschiedsvisiten machen, allein die Baronin wußte dies zu ver⸗ 
riteln, indem sie augab. der Statthalter habe eine Inspektions⸗ 
seise angetreten. Als nach dem Morde der Bruder der Ebergenyi 
den Statthalter aufsuchte, kam er hinter die von der Schwester 
porgenommene Mystifikation. Der „falschen Statthalter Grafe 
Thorinsky soll sich bereits in Untersuchungshaft befinden.t 
frLadenburg, 9. Jan. Heute Vormittag wollte bei der“ 
Fähre nach Neckarhausen ein Schäfer mit seiner Heerde — etwa 
300 Hämmel — übersetzen und benutzte wie die Fußgänger die 
Fisdecke des Neckars. Gleich oberhalb dieser Fahrstraße wurde 
aber vor einigen Tagen das Eis gebrochen, die Thiere kamen 
an diese Stelle, brachen ein und es ertranken unter der Eisdecke 
43 Stück, welche bis auf zwei wieder herausgezogen werden 
konnten 
Berlin. 11. Jan. Die am 7. d. M. im Circus Renz 
zum Besten der nothleidenden Ostpreusten stattgehabte Vorstellung 
war außerordentlich stark, besucht, die Logen und ersten Plätze 
Vermisctes.