troß des Widerspruches des Bundescommissaͤrs Dr. Mighaelis,
m. Es wurde mündliche Berichterstattung beschlossen und der
Abg. Stephani zum Referenken ernaunt. n
uus Tuxemburg bringt die „Allg. Ztg.“ folgenden Be—
richt über die Annexionsdemonstrationen: In der Nacht vom
z. auf den 7. Juni wurden in der Hauptstadt und in einzelnen
Fleden Placate angeschlagen, welche das Volk zum Abfall vom
egitimen Herrscherhaus und zur freiwilligen Annexion an Frank⸗
reich auffordern. „Luxemburger!“ heißt es, natürlich in franzd⸗
ischer Sprache, „erwachet aus Euerem Schlaf! Die Neutralität
muß auf die Länge unerträglich werden. Frankreich empfängt
Fuch mit offenen Armen; es gibt Euch dies und das. Es lebe
Frankreich!“ Die hiesigen Annerxionisten werden nicht ermangeln,
dre eigene Machination als einen Ausdruck der Gesinnungen des
Volkes in franzoösischen Blattern hinzustellen. Diesem voraussicht⸗
— De
die Polizei von dem Unternehmen zum voraus benachrichtigt war,
jonnie fie die Thäter in slagranti delicto ertappen, und siehe da!
an der Spite einiger gedungener Individuen war mit dem An⸗
schlagen der Placate beschäftigt — der Drucker des französischen
Annetionsblaites lAvenir“, Er wurde sofort mit einigen seiner
Behilfen verhaftet und die Sache gerichtlich instruirt. Diese Ma⸗
nifestation des „Volkswillens“ konnte also leider micht zum Aus
druck kommen, da bei einbrechendem Tag die wenigen Placate,
welche angeschlagen werden konnten, durch die Polizei abgerissen
waren. Ebenso konnten die dreißig französischen Fahnen; welche
man aufstecken wollte, und wozu ein Individuum um 20. Francs
gedungen war, nicht zum Vorschein kommen. — Es ist interessant
zu wissen, daß der kaiserlich französische Viceconsul Mahon de
Monaghan der thätige Redacteur jenes Blattes und die Seele
zer ganzen Bewegung ist. Dieses Individuum ist hier allgemein
zehaßt; die Bevölkerung gab dem Unternehmer jener Partei ge⸗
genuber ihre tiefste Verachtung zu erkennen.
Wien 9. Juni. Die „Presse“ bringt eine aus römischer
Quesse stammende Mittheilung, wonach in der letzten Allocution
des Papfies der Lockerung des Concordats nicht gedacht werden
würde.
Wisen 10. Juni. Der „Neuen“freien Presse“ zufolge wird
der Finanzminister Dr. Brestel am Freitag oder Samstag die
Regierungsvorschläge zur Deckung des Deficits im Wege der Be⸗
deuerung einbringen. Die Vorlagen sollen genau den Maiori;
atsantragen des Finanzausschusses entsprechen.
eth, . Juni. General Klapka begrüßt im „Szazadunk“
zen Prinzen Napoleon als den Befürworter der Allianz zwischen
Fraͤntreich Preußen, Oesterreich und Ungarn gegen den Moskowi⸗
sismus. (Wir deuken, in Berlin wenigstens wird man fich nicht
hiel an das „Fürwort“ des Prinzen kehren, sondern eventuell die
Bekampfung des Bonapartismus für dringlicher und lohnender
halten als die des Moskowitismus. Die Red. d. Pf. K.)
Frankreich.
Paris 9. Juni. Bezüglich der in Luxemburg stattgehab⸗
jen Demonstrationen zu Gunsten der Einverleibung des Landes
in Frankreich sagt der Constiiutionel: „Gewisse zu Luxemb urg er
scheinende Blätter haben sich zu Organen von —A
macht, die zu Gunsten der Annexion an Frankreich dort bestehen.
Dieje Demonstrationen sind dazu angethan. zahlreiche Interessen
zu beunruhigen, einen bedauernswerthen Widerhall zu finden und
Angewißheit über eine Frage zu verbreiten, welche unmoglich Zwei⸗
denigkeiten vertragen zu können scheint. Jedermann kennt die
Siiution des Großherzogthums, wie sie durch die Londoner Con⸗
jerenz in dem Act vom 11. Mai 1867, woran die Großmächte
mitgewirlt haben, festgestellt ist. Inzwischen ist kein Incidenzfall
borgelommen, welcher an dem festen Willen aller Cabinette, den
amals geschaffenen Stand der Dinge aufrecht zu erhalten, Zwei⸗
fel zu hegen berechtigt. Wir denken nicht, daß man der bejeich⸗
neten Agitation eine andere Wichtigkeit beizulegen braucht als eine
jolche, wie sie aus einer Journalpolemik resultiren blann.
Aus Paris 10. Juni, wird geschrieben: Die kaiserlicht
Familie reiste gestern Nachmittag nach Fontainebleau ab. Der
Hof wird dort weder Diners, noch Feste, noch Jagden geben.
Der Kuaiser (und das dürfte die Ursache der Zurückgezogenheit sein)
erließ die Tuilerieen in der That sehr leidend und sehr übelen
Humors. Zwischen dem Cabinet des staisers zu Fontainebleau
ind dem Siaatsministerium wurde eine directe Tel egraphen⸗ Ver⸗
bindung hergestellt. Vor seiner Abreise empfing der Kaiser den
dreußischen Gesandten Herrn v. d. Goltz, der preußische Gesandte
jeigt sich sehr befrietigt über die ihm gewordenen Zusicherungen
Ind man bringt diese Unterredung mit der heutigen Constitution⸗
gel⸗Note in Zusammenhaug. worin jede Solidarität der kaiser⸗
ichen Regierung mit der in Lurxemburg (unter Leitung der Di⸗
tectoren des von hier subventionirten Avenir“) stattgehabten
Manifestation geläugnet ist.
VDer Marschall Bazaine in picirt dieser Tage zum dritten
Mal die festen Pläße und Garnisonen der Ostprovinzen. Vor⸗
jestern war der Held von Merico in Besangon, wo ihn die Ein⸗
wohnerschaft „nmiß eisiger Stille“ empfing.
Paris 10. Juni. Das,Journal des Debats“ weröoffent
icht heute die Liste der Schulden, welche die Stadt Paris an
erschiedene Unternehmer für neuangelegte Straßen zu zahlen hat:
in Allem 450,033,005 Franken — ohne natürlich das zu rech⸗
sen, was fuür den gleichen Zweck bereits ausgegeben
worden ist. 3*
Den Luremburgern räth der „Avenir“, sich, um
dem Annexionsschwindel ein Ende zu machen, an Belgien anzu⸗
schließen.
Paris 11. Juni. Nach dem Moniteur“ hat der Kaiser
stapoleon sich beeilt, dem Vorschlage Rußlands auf Verpdonung
der explodirenden Geschosse bei den Armeen beizustimmen.
England.
London wird zum Beginn des neuen Jahres um ein gro⸗
zet und merkwürdiges Bauwerh reicher sein. Nach dem vom Par⸗
ament bereits genehmigten Plane des Ingenieurs Peter Barlow
r. wird in Kurzem mit dem Bau eines zweiten Turnnels unter der
Themse und zwar in der Nähe des alterthümlichen Towers vor⸗
zeschritten werden, welcher bereits am Neujahrstage 1869 fur den
herkehr des Publikums eroffnet werden dürfte.
Schweiz.
Bern 8. Juni. Der Bundesrath hat kürzlich einen Be—
chluß gefaßt, der für die Entwickelung des schweizerischen Ehe⸗
rechtes von Wichtigkeit zu werden verspricht und auch das Aus⸗
and interessirt, Es handelte sich um die im Ausland geschlossene
Ehe eines Schweizers mit einer Ausländerin (Französin). Diese
Fhe wurde alz verbindlich erllärt, obschon die Bewilligung der
eimathlichen Behorden des Mannes maugelte. Wird dieser Ent⸗
cheid vom Bundesgericht bestätigt, so ist der Bund als befugt zu
hetrachten, ein Bundesgesetz mindestens für solche auslandische Ehen
zu erlassen. . 9—
Rom, 8. Juni. Der Papft hat den Grafen d. Caserta
Stiefbruder des Exksnigs von Neapel) mit der Prinzessin Marie
Antoinette in der Kapelle des Vaticans getraut. ——
Aus Bologna wird gemelbet, daß dort und in anderen
Ztadten wie Modena, Mailand, Rimini und Venedig Verhaf⸗
ungen von Personen vorgenommen worden sind, welche einer weit⸗
verzweigten Banknotenfälscherbande angehören. Unter den Ver⸗
—— Leute, z. B. ein Graf
Mattei aus Bologna. Auch ein Deputirter ist, wie telegraphisch
jemeldet wurde, verhaftet.
Florenz, 11. Juni. Im Senate werden am 18. d. M.
die Debatten über die Finanzgesetze ihren Anfang nehmen. 150
Preußen, welche gekommen sind, um Italien zu sehen, wurden
ympatisch empfangen. Heute ist, des Festes wegen, die Boͤrse
jeschlossen. — Zwischen Jtalien und Spanien ist ein Vertrag
degen Auslieferung der Verbrecher abgeschlossen worden.
Donaufürsteuthümer.
Belgrad, 10. Juni. Der regierende Fürst Michael ist
rmord iet worden. Aus seinem Gefolge wurde auch seine Cou⸗
ine Anna Constantovic tödtlich verwundet und ist bereits ihren
Wunden erlegen. Verwundet wurden noch deren Tochter Katha⸗
rina, sein Adjutant Gosaschonen und sein Leibdiener. Die Mor⸗
der sind angeblich drei Brüder Radovonovic, von welchen einer
jefangen, die beiden anderen aber entflohen sein sollen. Alles ist
abgesperrt und ein Cordon um die Stadt gezogen. 9—
Belgrad 11. Juni. Aus den Ministern Marinovic, Les⸗
hianin und Hru. Petrovic ist eine provisorische Regierung gebil⸗
da.Die Nationalversammlung ist auf den Monat Juli einbe⸗
rufen. Im ganzen Lande ist der Nriegszustand proclamirt und
as Miluar auf den Kriegsfuß gesetzt. Hier dauert die Aufreg
ung fort, ohne daß die Ruhe gestört wurde; doch ist ein Verbot
zegen Zusammenrottungen erlassen und das Militär in die“ Ca—
ernen consignirt, nachdem die Volkswuth sich bei mehrereü heute
porgenommenen Verhaftungen geäußert hatte.
Nußland.
In Moskau hat man am 28. Mai den Jahrestag der gro⸗
zen Slawen⸗-Versammlung durch ein Diner gefeiert. Ein Redner
uchte nachzuweisen, daß die Slawen nur Eine Sprache, wenn
nuch in verschiedenen Dialekken sprächen, und daß der russibche
dialekt die panslawistische Sprache der Zutunft jei. Die Polen
derglich er mit dem verlorenen Sohne des Evangeliums, wünschend.
zaß sie gleich diesen in den Schooß der slavistischen Familie zu⸗
ückkehren moͤchten. Ein telegraphischer Gruß ging an die czechi⸗
hen Freunde in Prag.