Full text: St. Ingberter Anzeiger

und Napoleon's. Seitdem aber die Verlegenheiten und Unbestün⸗! 
ziglkeiten⸗des letzteren ihn fast zum Spielballe jstreitender Parteien 
— D der 
Friede von der äußerst klaren und entschlossenen, und doch zu⸗ 
zleich vorsichtigen und derohntne Politik des preußischen Staats- 
Rannes ab. Hoffenllich wird Bismarck's Geist anch während sei- 
ner nothgedrungenen Abwesenheit walten, denn nächst Bismarc ist 
der Einfluß des „Lagers“ (der Militär-Partei) von großer Be⸗ 
zeutung in dem Rathe König Wilhelm's. Soldaten sind. nicht 
nothwendiger Weise zanksüchtig; fie gefährden nicht deßhalb den 
Frieden leichisinniger Weise, weil ihr Handwerk der Krieg ist. 
—A Leidenschaft ist jedoch ein 
Merkmal der ganzen Kaste, und es würde sicherlich kein gutes 
Ende für Europa haben, wenn Niel und Wolthke sich Auge in Auge 
jähen, wenn der Autausch internationaler Höflichkeit durch ihre 
Adjutanten, statt durch die diplomatischen Agenten Moustier's und 
Bismard's vermittelt würde. .. Wir erinnern uns Alle, wie 
Moltke nach dem Tage von Koͤniggrätz erklärte, daß er eben so 
gerüstet fei, mit den Franzosen anzufangen, wie mit den Oesterrei⸗ 
hern ferlig zu werden. Graf Bismarck aber erwiederte, es sei 
besser, einen Krieg ganz hinter sich zu haben, ehe man sich aufs 
den andern einlafse. Diese kurze Zwiesprache paßt noch immer. 
Selbst wenn es des Soldaten Arbeit ist, sich auf den Krieg vor⸗ 
ubereiten, bleibt es noch immer des Staatsmannes Pflicht, ihn 
abzuwenden.“ Die „Times“ bezweifelt übrigens nicht im min— 
desien, daß die vom Grafen Bismarck vorg-zeichnete Bahn auch 
in seiner vorübergehenden Abwesenheit verfolgt werden wird. 
Italien. 
Florenz, 183. Juni. Man schreibt dem „Corriere delle 
Marche“ aus Rom, daß der Graf Pagliacci von Viterbo unlängst 
dom Tribunal der heil. Consulta dazu verurtheilt worden ist, er⸗ 
chossen zu werdeu, weil er im letzten Herbst eine Jusurgenten⸗ 
hande kommandirt hat. Auf die sehr eindringliche Fürsprache der 
ranzösischen Gesandtschaft ist diese Strafe in lebenslängliche 
Zwangsarbeit umgewandelt worden. weu 
In Ravenna ist ein neuer' Mordversnch vorgekommen; der 
Advocat Leonelli wurde durch einen Revolverschuß verwundet. Man 
zlaubte wahrscheinlich daß er um das Geheimniß des k. Procura- 
ors, Hrn. Cappa, wußte, und man dachte, er würde, wie er 
nähere Kenntniß von der Bande der Uebelthäter haben, deshalb 
müsse man ihn aus dem Wege schaffen. 
Spanien. 
Madrid, 13. Juni. Das Gerücht, nach welchem General 
Menabrea hier wegeun angeblich in Spanien stattfindender Werb⸗ 
ungen für die päpftliche Armee reclamirt habe, wird für unbe— 
zrundet erklärt. 
Donaufürstenthümer. 
Belgrad, 45. Juni. Neue Verhaftungen wurden vor—⸗ 
genommen. Aus dem ganzen Lande langen Zustimmungsadressen 
zur Wahl Milans ein. Der britische Gesandte in Constanti⸗ 
nopel ließ sein Beileid ausdrücken. 
—A 
mordeten Fürsten Michael ging unter größter Ordnung vor sich. 
Der Leichnam des Fürsten wurde in der Familiengruft, in der 
Tathedrale, beigesetzt. Die Fürstin Julie sowie sämmtliche 
diplomatische Vertreter zu Belgrad wohnten der Feier bei. Der 
junge Fürst Milan soll der Fürstin zur Erziehung übergeben wer⸗ 
den und diese bis zur Großjährigkeit des Fürften an der Mitre— 
zierung theilnemen. — Die Bezeichnung des Fürsten Karageorgie 
hic als Haupt der Verschwörung tritt immer entschiedener in den 
Vordergrund. Die provisorische Regierung beabsichtigt ein Er— 
suchen um Auslieferung des Fürsten an die österreichische Regie⸗ 
rung zu stellen. 
Belgrad 16. Juni. Der von dem britischen Consul aus- 
gegangene Vorschlag der Uebertragung der Vormundschaft über 
den Prinz Milan an die Fürstin Juliè scheint durchgedrungen 
zu sein. 
—Türkei. 
Konstantinopel 14. Juni. Die hohe Pforte hat im 
Finverständniß mit dem Gesandten der Großmächte die proviso⸗ 
rische Regierung in Belgrad telegraphisch aufgefordert, für Auf- 
rechthaltung der Ruhe zu sorgen und die Große Skuptschina zur 
Wahl eines Nachfolgers des 4 Fürsten Michael zu berufen. (Be⸗ 
kanntlich geschehen, — Omer Pafcha gekht an die serbische 
GBrenze. 
Konstantinopel 14. Juni. Es heißt der Vicekönig 
von Aeghpten, Ismael Pascha, sei in Folge des Gebrauchs der 
Bäder von Brussa unwohl. — Der „Courrier de L'Orient“ 
bringt eine Correspondenz aus Kreta, welcher zusolge die Unter⸗ 
perfungasvartei an Boden gewänne 
Amerika:. —R 
Washingtone4. Juni. ) Der Proceß gegen Jefferson 
Da'v is wurde bis zum October verschoben. — Es fand hier 
cin Straßentumult zwischen Negern und Demobraten statt, bei 
welchen ein Weißer getoͤdtel wurde. — Die demokratische Partei 
n Oregan errang einen Wahlsieg. — Das Subsidiencomite ver⸗ 
chob die Berathung der Tarifvorlage auf December. — Shofield 
richtete einen Brief an Grant, in welchem er entwickelt, die Aus— 
ührung des 14 Verfassungsamendements entziehe ven meisten 
Fib ilbeamten des Südens die Wahlberechtigung. * 
München, . Juni. (Die Operationen der 
zayerisschen Armesim Feldzuge 1866. Fortsetz.) 
2. Abschnitt.Das Obercommando der westdeutschen Armee, (die⸗ 
sen Namen hatten die beiden Armeecorps, das 7. und 8., nach⸗ 
»em Prinz Carl von Bayern das Commando über sie übernom⸗ 
nen hatte, angenommen) ließ, sobald man überzeugt war, daß bei 
Zalten⸗Nordheim das Gros der Preußen gegenüberstehe, den Com⸗ 
nandanten des 8. Armeecorps hievon, sowie über seinen Entschluß 
uf Neustadt zurückzugehen, Mittheilung machen, und ihn, da unter 
olchen Umständen die. Vereinigung nördlich der Rhön unthunlich 
ei, zum Anschlusse über Brüdenou und Kiffingen auffordern. Die⸗ 
em wurde jedoch nicht Folge geleistet, sondern das 8. Corps ging 
mnf Frankfurt zurück und entfernte sich also wieder von dem bay⸗ 
rischen Heere; dies war nun abermals auf sich allein angewiesen. 
In der Zeit vom 6. bis 10. Juli wurde die Schwenkung und 
der Rückmarsch gegen die Saale beweikstelligt; am 10. Juli kam 
s zu den Treffen bei Kissingen und Hammelburg; durch diese 
Treffen hatten beide Theile eiwas errungen: die Preußen — hatten 
ie Bayern zurückgedräugt und also die Vereinigung mit dem 8. 
Forps wieder auf unbestimmte Zeit verschoben; die Bayern hatten 
der preußischen Armee den Weg nach Schweinfurt-Würzburg ver⸗ 
legt. Die Preußen wendeten sich nun nach Westen und gingen 
nach Frankfurt. — 3. Abschnitt. Der Obercommandant der 
vesideutschen Armee hatte nach den Erfolgen der Preußen an der 
Saale einen Angriff der Mainlinie gewärligt, und wäre dieser 
ruch in der That erfolgt, wenn General Vogel von Falkenstein 
nicht in Folge einer neuen Instruktion sich veranlaßt gesehen hätte, 
nuf Franksurt zu rücken. Wenn auch die bayerischen Truppen an 
»er Saale zurückgedrängt worden waren und bedeutende Verluste 
erlitten hatten, so war die Armee doch nicht so geschwächt, daß sie 
»en Preußen nicht noch eine zweite Schlacht hätten anbieten können, 
vas auch geschah. Um einem von den Preußen etwa beabsichtig 
en Haupifioße zu begegnen, schien es bei der Minderzahl der 
nomentan sehr erschöpften Truppen und in Anbetracht der großen 
kEntfernung der Bundestruppen dringend geboten, sich so rasch 
ils möglich an dem der Vertheidigung günstigsten Punkt zu con⸗ 
tentriren, und um dies so mehr, als man der damals circa 50,000 
Mann starken preußischen Armee nur 45,000 Mann entgegen⸗ 
tellen konnte. Ein solch' günstiger Punkt war in der Stellung 
dor Schweinfurt gefunden, wo am 11. und 12. Juli Alles so 
vorbereitet war, um den Kampf aufs Aeußerste durchzuführen. 
Hier konnte man auch im unglücklichen Falle den Main als Hin⸗ 
derniß zwischen die Armee und den nachdringenden Gegner legen 
uind durfte überdies dortselbst auch einen Theil der Reserde-In⸗ 
anteriedivision am 11. als Verstärkung erwarten. Zur Vesrein igung 
»er ganzen Armee an und hinter diesem Main⸗Uebergange waren 
die Tage des 11. und 12. Juli nöthig. Der vermuthete An— 
zriff erfolgte jedoch nicht, jondern die Preußen waren, wie früher 
zemerkt, westlich gegen Frankfurt abgezogen. Es wurde nun be⸗ 
chlossen, die Vereinigung mit dem 8. Armeecorps südlich des 
Dains zu bewerkstelligen und erst nach Heranziehung dieses Corps 
zie Offensive zu ergreifen. Am 18. Juli Abends trafen Truppen beider 
Armeecorps, des 7. und 8.* unterhalb Wertheim zusammen und 
var somit endlich einmal Fühlung gefunden. Der Obercomman⸗ 
hant hatte zur Berathung über die nach Vereinigung der west⸗ 
eutschen Bundesarmee auszuführenden Operationen schon am 19. 
Juni zu Tauberbischofsheim eine Zusammenkunft mit dem Com⸗ 
nandanten des 8. Armeecorps gehabt, und bei dieser, sowie bei 
der zwei Tage später erfolgten Anwesenheit des Generallieutenants 
b. Baur in Würzburg wurde der Plan gefaßt, durch den Spes⸗ 
'art auf Aschaffenburg und Frankfurt vorzugehen, wobei die Bah⸗ 
ern über Gemünden⸗Lohr sich in Bewegung setzen sollten. das 8. 
Torps dagegen bei Markt⸗Heidenfeld und mittelst einer bei Wert⸗ 
Jeim zu schlagenden Brücke den Main überschreiken und die Straße 
über Esselbach und Hessenthal einschlagen würde. Man schritt nun un⸗ 
nittelbar an die Vorbereitungen zu der verabredeten Offensipbewegung: 
die verschiedenen Spessartstraßen wurden recognoscirt, Ausbesserung 
inzelner Wege ꝛc. angeordnet, das niedere Forsipersonal, Holzar 
zeiter und sonst der Gegend kundige Leute als Führer requirirt, 
ind auch einleitende Truppenbewegungen fanden statt; am 23. 
Juli wurde nämlich die aus 3Bataillone und einer Batterie