Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Nro. 78. 35 Donnereq. Dden — — 1 
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——— 7 1868 
Deutschland. 
—München 28. Juni. Der Vertrag über die Staatsan⸗ 
zehoͤrigkeit der wechselseitigen Einwanderer, welcher zwischen dem 
ordamerik anischen Gesandten Georg Bancroft und dem Ministe⸗ 
alrath Frhrn. Dr. v. Volderndorf vereinbart wurde, hat die Ge⸗ 
nehmigung Sr. Majestät des Königs erhalten. Derselbe besagt: 
Ari. 1. Angehörige des Konigsreichs Bayern, welche na⸗ 
wralifirte Staatsangehörige der Vereinigten Staaten in Amerika 
zeworden sind und fünf Jahre lang ununterbrochen in den Ver⸗ 
inigten Staaten zugebracht haben, sollen von Seite Bayerns als 
ametitanische Angehörige erachtet und als solche behandelt werden. 
Ebenso sollen Slaaisangehörige der Vereinigten Staten von Ame— 
rika. weiche naturalisirte Angehörige des Konigsreichs Bayern ger 
worden sind und fünf Jahre lang ununterbrochen in Bayern zu⸗ 
gebracht haben, von den Vereiniglen Staaten als Angehoͤrige 
Haherns erachtet und als solche behandelt werden. Die bloße Er⸗ 
lärung der Absicht, Siaatsangehöriger des einen oder anderen 
Theiles werden zu wollen, soll in Beziehung auf keinen der beiden 
Theile die Wirlung der Naturalisation haben. 
Art. U. Ein naturalisirter Angehöriger des einen Theils 
oll bei etwaiger Rückkehr in das Gebiel des anderen Theils we⸗ 
jen einer nach den Gesetzen des letzteren mit Strafe bedrohten 
dandlung, welche er vor seiner Auswanderung verübt hat, zur 
Antersuchung und Strafe gezogen werden konnen, sofern nicht nach 
den bezuůglichen Gesetzen seines ursprünglichen Vaterlandes Ver⸗ 
ahrung oder sonstige Siraflosigkeit eingetreten ist. 
Act. NI. Dec Vertrag zwischen dem Koͤnigreiche Bayern 
einerseits und den Vereinigten Staaten Amerikas andererseits we⸗ 
zen den in gewissen Fällen zu gewährenden Auslieferung der 
zot der Jusuz flüchtigen Verbrecher, welcher am 12. Septem⸗ 
her 1853 abgeschlossen worden isi, bleibt unverändert fortbe⸗ 
tehen. 
Arl. IV. Wenn ein in Amerika naturalisirter Bayer sich 
vieder in Bayern niederläßt, ohne die Absicht, nach Amerika zu⸗ 
uczukehren, so soll er als auf seine Naturalisation in den Ver⸗ 
einigten Staaten Verzicht leistend erachtet werden. Ebenso soll ein 
in öZahern naturalisirter Amerikaner, wenn er sich wieder in den 
Bereinigten Staaten miederläßt, ohne die Absicht, nach Bayern zu⸗ 
rückzukehren, als auf seine Naturalisation Verzicht leistend ange⸗ 
ehen werden. Der Verzicht auf die Rückkehr kann als vorhanden 
ingesehen werden, wenn der Naturalisirte des einen Theils sich 
langer als zwei Jahre in dem Gebiete des anderen Theils 
aufhält. J 
Art. V. Der gegenwärtige Vertrag tritt sofort nach dem 
Austausche der Ratificationen Kraft uünd hat für zehn Jahre 
Hiltigleit. Wenn kein Theil dem andern sechs Monate vor dem 
Ablauf dieser zehn Jahre Mittheilung von seiner Absicht macht, 
denselben dann aufzuheben, so soll er ferner in Kraft bieiben bis 
um Ablauf von zwölf Monaten, nachdem einer der contrahiren⸗ 
en Theile dem andern von einet solchen Absicht Kenntniß 
gegeben. 
Art. VI. Der gegenwärtige Vertrag soll ratificirt wer⸗ 
den von Seiner Majestät dem Koönige von Bahern und von dem 
Präsidenten unter uns mit Genehmigung des Senates der Ver—⸗ 
anigten Staaten, und die Natisicationen sollen zu Munchen in⸗ 
nerhalb zwölf Monaten vom heutigen Datum (26. Mai 1868) 
ausgewechselt werden.“ 
Munch en, 29. Juni, Uebermorgen wird Fürst Hohenlohe 
die Führung seines Porlefeuills Ubernehmen. 
Das Cultusministerium läßt im Einverstandniß mit dem Mi⸗ 
nisterium der Finanzen eine heilweise Revision katholischer und 
vrotestantischer Pfarrpfründefassionen in den Regierungsbezirken 
ziesseits des Rheines vornehmen. Die Getreidecompetenzen werden 
nach den durchschnittlichen Rormalpreisen von 1857 bis 1867 be⸗ 
rechnet; die fründegrundstůcke nach der Durchschnittsbonität des 
zanzen Grundbesitzes jeder Pfründe; bei den Durchschnittsklassen 
son 1 bis 8 wird die halbe, von 9 bis 16 drei Viertel, von 17 
nufwoͤrts die ganze Steuerverhältnißzahl als Fassionsertrag 
ingesetzt. 
Die Anfertigung der neuen Infanteriehelme soll so gefoöͤrdert 
verden, daß schon ein großer Theil der zu den Uebungen bei 
Zchweinfurt beorderten Truppen damit versehen werden kann. 
xbenso die neue Feldausrüstung und der neue Tornister. 
— Der Pfalzer Kur. schreibt aus Ludwigshafen vom 80. 
Juni, daß der Ausschuß des Protestantenvereins beschlossen habe, 
aine Festfeier des 30jährigen Bestehens der pfälzischen Union X 
ie protestantischen Gemeinden am nüöchsten 2. August in der 
Fruchthalle zu Kaiserslautern zu begehen. Es wäre dies ein 
erster Schritt zum Uebergang zu einer Kampfesmethode, der, wenn 
hm die geeigneten weiteren Schritte folgen, allseitigen Beifall fin⸗ 
In wird da klar sehende Protestanten von der Reserve, in wel⸗ 
her der Protestantenverein seit dem Tage von Neustadt sich ge⸗ 
jalten hai, sich schon langst keinen Erfolg mehr versprachen. Die 
Wendung, welche die Katechismusfrage genommen hat, zeigt an 
mem unwiderlegbaren Beispiele, daß thatloses Zaudern nur dem 
hegner zu gut kommt. — 
Ein Münchener Correspondent will wissen, Konig Lud⸗ 
vig HB. werde sich nächstens in Kissingen mit einer ebenso liebens⸗ 
vurdigen wie schönen fünfzehnjährigen russischen Prinzessin ver⸗ 
oben.“ Man weiß, daß gegen Mitte Juli die russische Kaiser⸗ 
amilie in Kissingen erwartet wird. 
Darm stadtt, 30. Juni. Die zweite Kammer hat heute 
ach mehrstündiger, lebhafter Debatte den Abschluß der Vertraͤge 
genehmigt, welche sich auf die Abtretung des hessischen Antheils 
Mann-Weser⸗Bahn an Preußen, sowie auf den Verkauf der 
Iffenbacher Bahn bezicehen. 
KRdun, 26. Juüni. Die „Koöln. Ztg. läßt sich aus Paris 
chreiben, Kaiser Napoleon habe Oesterreich zum Ankaufe von Chas⸗ 
epot⸗Gewehren (29) ermäãchtigt. 
Beriin, 29. Juni. Die „Geseßsammlung“ bringt die 
Fommissionsurkunde für drn Bau der Osnabrück-⸗ Hamburger 
zahn durch die Köln- Mindener Gesellschaft. „Anlagecapital 
387 Mill. Thlr. — Die „Kreuzzeitung“ dementirt die von 
inigen Blättern gebrachte Notiz, daß Verhandlungen bezüglich des 
Ankaufes einer Villa' in Cannes für Graf Bis marck statt⸗ 
jefunden hätken. 
Berltin, 30. Juni. Der König hat der „Zukunft zufolge 
ie wegen Hochverraths verurtheilten Hannoveraner amnestirt. Der 
donig wird nach der „Bank-Zig.“ am 3. oder 4. Juli in Ems 
intreffen und vier Wochen daselbst bleiben. 
Berichte aus Lurxemburg enthalten das Ergebniß der wegen 
Berbreitung aufrührerischer, zur Annexion an Frankreich auffor⸗ 
Fernder Placate angesteliten Untersuchung. Urheber derselben soll 
ein gewisser Heintze sein, welcher die Placate in Mez drucken ließ 
ind bersoͤnlich anheftete. Heintze ist vorläufig gegen Caution in 
Freiheit gesetzt. J 
Wisen“28. Juni. Die Bischöfe protestiren nach der Reihe 
jegen die neuen Religions- und ganz besonders gegen die Ehege- 
etße. Das „Vaterland“ schreibt: „Die katolische Bewegung in 
Desterreich regt sich und wird bald weitere und weitere Kreise 
egreifen.“ Die Regierung ist entschlossen, die neuen Gesetze mit 
xntschiedenheit durchzuführen. 
Wien, 28. Juni. Eine Depesche zu Handen des Cardi—- 
al⸗sStaatssecretärs Antonelli, in welcher die diesseitige Regie⸗ 
ung, obschon die volle Berechtigung der Kirche anerkennend, auf 
em ihr eigenthümtichen Gebiet ihrer besonderen Auffaffung Aus⸗ 
ruck zu geben, doch auf das entschiedenste sich gegen übergreifende 
Urtheile auf einem Terrain verwahrt, das sich der Autorität jeder 
irchlichen Gewalt unbedingt entziehen müsse und entziehe, wird in 
en naͤchsten Tagen nach Rom abgehen. 
Wilen, 28. Juni. „Die „Neue Freie Pr. läßt sich aus 
—V — Regierung diplomatische 
Zchritte zu Gunsten der franzosischen Capitalisten, die oͤsterreichische 
zapiere besitzen, abgelehnt habe.