Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler AAnzeiger. 
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Dienstag, den 14. Jrili 
Nro. 83. — — 
1ss. 
Deu tschland. 
München, 9. Juli. Der Wiener Correspondent der 
Süddeutschen Presse“ theilt aus angeblich zuverlässiger Quelle 
zen Inhalt der zur Mittheilung an die römische Kurie bestimmten 
Antwortdepesche des Frhrn. v. Beust an den Baron v. Mehysen⸗ 
„ug mit. Die Depesche constatirt zunächst den peinlichen Eindruck 
der päpstlichen Allocution und sagt: Die kais. Regierung hätte 
den Standpunkt des Papstes in dieser Frage begreiflich, wenn 
uch nicht gerecht finden können, wenn der Papst die confessionel⸗ 
en Gesetze zum Gegenstande seiner Kritik gemacht hätte. Statt 
zessen sei hinübergegriffen worden auf das Gebiet der österreichi⸗ 
chen Staaisgrundgesetze. Die kaiserliche Regierung könne sich nicht 
jerhehlen, durch diesen Vorgang empfindlich verletzt zu sein; sie 
nüsse entschiedenste Verwahrung dagegen einlegen, daß irgend eine 
Macht, selbst der Papst, die Staatsgrundgesetze des Reichs zum 
Begenstande ihrer Kritik mache. Die Regierung erklärt deshalb nach⸗ 
zrücklichst, daß sie die Aussprüche des heil. Stuhles über die 
Staatsgrundgesetze zurückweise. Zugleich erhielt Baron v. Mey⸗ 
enbug die Weisung, auch mündlich die Intentionen des Kaisers 
und der kaiserlichen Regierung darzulegen, und Eingriffe in die 
sterreichische Verfassungsgesetzgebung von keiner Seite, auch nicht 
bvon der römischen Kurie, zu dulden. 
München, 10. Juli. Da die Aushebung der seit dem 
1. Januar l. Is. wehrpflichtig gewordenen Altersklasse 1847 noch 
in diesem Jahre vorzunehmen ist, wurde durch Entschließung der 
Staatsministerien des Innern und des Krieges u. A. folgendes 
„estimmt: Für die Anmeldung der Wehrpflichtigen zur Aufnahme 
in die Urliste und für die Anmeldung der etwaigen Ansprüche 
auf gänzliche oder zeitweise Befreiung von der Wehrpflicht vder 
uuf einsiweilige Aussetzung der Einreihung wird die Frist vom 
l. mit 14. August l. Irs. festgesetzt. Die von den Heimathbe⸗ 
jörden hergestellten Urlisten sind in der Frist vom 29. August mit 
11. Sept. d. Irs. zur etwaigen Anmeldung von Einsprüchen ge⸗ 
jen ihre Richtigkeit oder Vollständigkeit in den Gemeinden zur 
Finsicht öffentlich aufzulegen. Am 17. Sept. sind die Urlisten 
den Districtsverwaltungsbehörden vorzulegen, welche die ihnen ge— 
näß Aut. 48 des Wehr-⸗Verf.Gesetzes obliegenden Geschäfte am 
3. Oct. zu beendigen und hievon spätestens bis zum 11. desselben 
Mts. dem zustaͤndigen Landwehrbezirkscommandanten als Vorstand der 
Ersatzeommission unter Bekanntgabe der Gesammtzahl der in der 
Bezirksliste aufgenommenen Pflichtigen Kenntniß zu geben hat. 
In der Zeit zwischen dem 18. Sept. und 11. Oct. hat auch die 
Bildung der Ersatzcommissionen, die Festsezung der Sitzungstage 
derselben und die Bekanntgabe der letzteren an die Vorstände der 
Berwaltungsbezirke in der Weise stattzufinden, daß die Veröffent⸗ 
ichung dieser Sitzungstage und die Vorladung der einzelnen Wehr⸗ 
oflichtigen noch volle 14 Tage vor dem Beginne der Sitzungen 
der betreffenden Ersatzcommission erfolge. Für das Ersatzgeschäft 
vird die Zeit vom 15. mit 31. October bestimmt, damit die 
Vertheilung und Einreihung der Wehrpflichtigen noch im Monate 
stovember l. Is. stattfinden könne. Wo immer thunlich, hat statt 
Zeit raubender Correspondenzen zwischen dem Landwehrbezirkscom⸗ 
mandanten und den Vorständen der im Ergänzungsbezirke gelege⸗ 
ien Verwaltungsbezirke mündliches Benehmen und jede 
onst noch mögliche Vereinfachung des Geschäftsverkehrs stati⸗ 
ufinden. 
München, 11. Juli. Rach einer k. Verordnung vom 8. 
». M., die Schaus und Vorstellungen betr., ist es im All gemeinen 
dem Ermessen der zuständigen Behörden überlassen, welchen Per— 
onen sie den Erlaubnißschein ertheilen wollen. Derselbe darf aber 
sedenfalls nur Personen ertheilt werden, welche a) das Alter von 
21 Jahren erreicht haben. b) nicht mit einer auffallenden, anste⸗ 
kenden oder eckelhaften Krankheit oder dergl. Gebrechen behaftet 
ind, und sich c) über völlige Unbescholtenheit ausgewiesen haben 
ind nach ihren persönlichen Verhältnissen und seitherigem Betragen 
einen Mißbrauch des beabfichtigten Gewerbebetriebes zur Verletzung 
ααιν “ Mefährdung der oͤffentlichen Sicherheit und 
Ordnung, zum Bettel oder zur sonstigen Belästigung des Publi⸗ 
ums nicht besorgen lassen. 
Dienstesnachrichten. 
Der Rechtscandidat Karl Bettinger von Frankenthal ist als 
erster Untergerichtsschreiber am k. Bezirksgericht Frankenthal bestä⸗ 
igt worden. — Der Verweser der zweiten kath. Schule zu Erbach, Ja⸗ 
'ob Schüler, ist zum Lehrer an dieser Schule, der Schuldienster⸗ 
pectant Wilhelm Griesbauer von Schmittweiler zum Schulver⸗ 
veser an der prot. Schule zu Bergzabern, der Schulverweser 
Beorg Joseph Langhauser zu Iggelheim zum Schulverweser an 
zer zweiten kdath. Verweserstelle zu Neustadt, der bisherige zweite 
dehrer Johann Baptist Dreier zu Pfortz zum ersten Lehrer an 
er dortigen kath. Schule, der kath. Lehrer Peter Fries zu Blan⸗ 
enborn zum Lehrer an der kath. Schule zu Meckenheim und der 
Schuldiensterspectant David Weil aus Mutterstadt zum Schulver⸗ 
veser an der israelitischen Elementarschule in Teschenmoschel er⸗ 
tannt, ferner der kath. Schulverweser Jacob Haag von Ommers- 
jeim für immer aus dem Schuldienst entlassen worden. 
Stuttgart, 10. Juli. Im Ganzen sind heute 68 Wahl⸗ 
xgebnisse bekannt. Von Marbach und Rottenburg sind die Wah⸗ 
en noch unbekannt. Definitiv geweählt sind: 25 Demokraten, 
J Nationalliberale, 24 Großdeutsche und Regierungsca ididaten; 
stachwahlen sind 10 erforderlich. Hölder kommt in Goppingen 
jegen Beckh am 20. Juli zur Nachwahl. J 
Ems, 12. Juli. Der König ist um 11 Uhr angekommen 
ind von den Civil- und Militärbehörden von Ems und Coblenz 
mpfangen worden. 
Troppau, 9. Juli. Der hiesige Arbeiterverein richtet aus 
AInlaß der päpstlichen Allocution eine Adresse an den Minister 
viskra, in welcher die Allocution als ein Angriff arf die Ver— 
assung erklärt wird. 
Triest, 9. Juli. Die euglische Mittelmeerflotte unter Ad⸗ 
niral Paget hat die jonischen Inseln verlassen und wird dieser 
Tage mehrere österreichische Häfen besuchen. 
Frankreich. 
Paris. Dem Figaro zufolge sind an der spanischen Grenze 
nehre mit Gewehren gefüllte Kisten, die für den General Prim 
»estimmt gewesen sein sollen, mit Beschlag belegt worden. Wie ver⸗ 
autet, waren die Gewehre in Paris angekauft. Eine Untersuch⸗ 
ing ist eingeleitet. 
Parris 8. Juli. Der Flügel⸗Adjutant des Kaisers von 
sttußland, v. Moͤrder, soll in Berlin eingetroffen sein, um eine 
zZusammenkunft seines Monarchen mit dem Könige Wilhelm J. 
ind dem Kaiser Napoleon III. anzubahnen. 
Paris, 9. Juli. Die friedliche Sprache der französischen 
MNinister läßt kaum etwas zu wünschen übrig; und wenn Frie⸗ 
ensversicherungen bei dem so tiefwurzelnden Mißtrauen Europas 
och wirksam sein könnten, so müßte das Vertrauen in die Erhal⸗ 
ung des Friedens bald wiederkehren. Hoffentlich wird sich der 
Druck der öffentlichen Meinung um so energischer äußern, falls 
der Kaiser das Land später doch in neue Abenteuer zu stürzen ver⸗ 
uchen sollte; und solche Versuche sind stets zu befürchten, so lange 
»er Zustand des bewaffneten Friedens fordauert und auch die 
iplomatischen Beziehungen zwischen Preußen und Frankreich nur 
die einer bewaffneten Freundlichkeit bleiben. 
Aus Spauien sind keine Nachrichten, wenigstens keine- be—⸗ 
timmten, vorhanden. Die verhafteten Generale sind alle nach 
en Canarieninseln geschickt worden. Eine Corvette ist an die 
düste Andalusiens gesendet worden, um daselbst die Mündung 
es Guadalquivir zu überwachen. In den Städten soll die Ver— 
hywörung überall ihre Verzweigungen gehabt haben und ganze 
stegimenter sollen von den Verschwörern gewonnen gewesen sein. 
luch in Portugal ist es zu Unruhen gekommen. Der König hat 
en begnadigten Grafen Peniche mit der Bildung eines neuen 
Fabinets beauftragt. Dieser unterzieht sich der Aufgabe nur un⸗ 
er der Bedingung, daß ihm während drei Monaten dictatorische