Full text: St. Ingberter Anzeiger

f Mannheim, 24. Juli. Die gestern dahier abgehaltene 
Versammlung von Actionären der Baumwollspinnerei⸗Gesellschaft 
zaiserslautern hat beschlossen, in Gemeinschaft mit den Kaisers- 
auterer Actionären klagend gegen den Verwaltungsrath der Ge— 
sellschaft aufzutreten und denselben für die aus der Geschäfts⸗ 
ührung herborgegangenen Nachtheile verantwortlich zu machen 
In Augsburg ist der Zudrang zum Pfandhaus so 
zroß, daß die Kassa desselben nicht mehr ausreicht und 2000 fl. 
zus der Stadtkasse an die Pfandhauskasse haben abgegeben werden 
nüssen. Wenn die Leute jezt im Sommer so viel von ihrer 
habe in Versatz bringen müssen, so ist das wohl ein sicheres Zei⸗ 
hen der wachsenden Noth der armeren Klassen, da sonst doch vor⸗ 
uigsweise nur im Winter, der harten Jahreszeit, die Zuflucht zum 
Bfandhause, das Pfandhaus stark in Anspruch genommen wird. 
T.Heidelberg, 18. Juli. Unser tüchtiger Augenarzt Pro⸗ 
essor Knapp geht in diesem Sommer wirklich nach Amerika, und 
war, wie man hört, nach New⸗York. — Unsere Gegend würde 
zurch diesen Wegzug schwer betroffen werden, wenn nicht die bis⸗ 
herige Privatanstalt des Herrn Dr. Röder, welche zu den Zierden 
unserer Stadt gehört und ebenfalls schon lange in weiteren Krei⸗ 
en großes Vertrauen erworben hal, vollständigen Ersatz hiefür 
zieten würde. Man ist dadurch der unangenehmen Lage enthoben, 
zon Neuem einen jüngeren Arzt, der sich erst wieder Vertrauen 
rxwerben müßte, hierher zu berufen. 
tMainz in Preußen. Auf den in Mainz eingetroffe⸗ 
ten Schützenkarten zum dritten deutschen Bundesschießen in Wien 
st Mainz als „im Staate Preußen liegend, bezeichnet. 
In Wesel starb jüngst der Rentner Renß — eine ori⸗ 
zinelle Persönlichkeit — dessen bei Lebzeiten auf der Brust zu⸗ 
ammengefalteter langer Bart nach Bestimmung des Verlebten von 
inem dortigen Arzte mit der unteren Kinnhaut abgenommen, ge— 
zerbt und so aufbewahrt wurde; der Bart ist 1193 Fuß lang 
ind circa /2 Fuß breit. 
f. Wien, 25. Juli. Das Aussehen der Residenz wird im⸗ 
ner festlicher, die Gebaͤude prangen im Fahnenschmucke. Aus der 
Schweiz sind im Laufe des Nachmittags über 500 Schützen, aus 
Vürttemberg nahezu 600 Schützen eingetroffen, die dadischen 
Schützen sind auch bereits angelangt. Heute Abend treffen 200 
Bremer Schützen unter Führung des Secretärs Knobelsdorfs ein, 
velche die Bundesfahne überbringen. — Die sächsischen-Schützen 
jaben den Reichskanzler v. Beust zu ihrem Schützenvorstande er— 
vahlt. Aus den österreichischen Provinzen treffen fortwährend zahl 
ceich die Schützen ein. 
f Wien. Ein schauderhafter Unfall wird in Wiener Blät⸗ 
ern aus Schwannenstadt bei Gemünden berichtet. Eine vermö— 
zende Bäuerin sollte beerdigt werden; der lange Leichenzug war 
chon dem Friedhofe nahe, da kam ein Bauer mit einem von 
wei Odchsen bespannten Leiterwagen entgegen gefahren. Das 
Ochsengespann wurde scheu und raunte, den Wagen hinter sich, 
zuf den Trauerzug los. Alles floh und slob auseinander, die 
Lrager ließen die Bahre fallen, der Sarg borst und die Ochsen 
ertraten und verstümmelten den Leichnam, zuletzt ihn in den 
Straßengraben werfend. Furchtbarer Leichengeruch verbreitete sich 
illenthalben. Nachdem man endlich des Ochsengespanns Meister 
zeworden, mußten die Trümmer des Sarges mit Stricken zu— 
ammengebunden, der zerfetzte Leichnam ausgelesen und im gebro⸗ 
henen Sarge beerdigt werden. Mehrere der Leidtragenden —9— 
n Folge des Schreckens und Entsetzens, den dieses Ereigniß auf 
ie machte, erkrankt und drei hiervon bereits gestorben; so berichtet 
zie „Warte am Inn“ vom 13. ds. 
x Ein Bäuerlin aus der Umgegend von Manibrisou hatte 
ürzlich von einem benachbarten Gutspächter ein halbwüchsiges 
Schwein gekauft, dem er zu Hause besondere Sorgfalt widmete. 
rines schönen Morgens, als der besorgte Hausvater dem neuen 
Ztallbewohner die Streu zurecht machte, sah er zu seinen Füßen 
was hell Glänzendes im Stroh dlinken; er sah nach — wirk⸗ 
ich eitel Gold! Es war ein 20 Frankenstück vom Jahre 1834. 
Undern Tages eilte er bei Zeiten zu seinem theuern Zögling und 
njpirirte die Spreu — ahermals ein 20 Frankenstück von dem— 
elben Jahrgang. So ging es die nächsteu Tage fort, ein drittes 
ein viertes und fünftes Goldfüchslein lag allmorgendlich in der 
venig ansprechenden Hülle. Das Bäuerlein war glücklich, er be⸗ 
aß einen Ducateneber. Wie aber Reichthum in der Welt nicht 
miner glücklich macht, so auch hier: der arme Mann konnte kaum 
nehr schlafen und verlor vor Aufregung fast allen Appetit. Das 
var auch ganz natürlich; kaum hatte er sein Ducatenschwein auf 
ehn Minuten heraus in die frische Luft gelassen, war er schon 
illerorts hinter ihm drein und inspicirte die zufälligen Ergebmsse. 
Im einen blinkenden Napoleon kann man sich das schon gefallen 
assen. Aber die Freude, die Aufregung, hatte bald ein Ende; 
uu Anfang der zweiten Woche schien das Thierlein an Indigesti⸗ 
men zu leiden, ain 12. Tage war es dem Verenden nahe. Rascheeilte 
er Bauer zu dem Verkäufer und hoffte fich für den Verlust des 
khieres schadlos halten zu können; der Verkauf sei null und nich⸗ 
tig, meinte er, denn das Schwein sei krank gewesen. Die Krank— 
jeit desselben aber verschwieg er. Der Verkäufer kam, besah den 
Patienten, fand ihn sehr leidend und applicirte einen Aderlaß. 
Während der⸗ Operation erlag der Kranke seinen Leiden. Nun 
perlangte der Verkäufer, daß man die Section vornehme, damit 
nan erfahre, was dem Thiere gefehlt habe. So geschah es — 
und man fand im Magen einen halboffenen Ledersack, welcher 
noch 140 Franken in Gold und 7 Franken Münze enthielt. Jetzt 
»ehauptete das schlaue Bäuerlein, plötzlich der Sack gehöre ihm, das 
Schwein habe ihn auf seinem Acker ausgegraben und gefressen. Der Ver— 
äufer aber sagte, der Ledersack und die Goldstücke seien sein Ei— 
zenthum, was er beweisen könne. Die Sache ist jetzt vor Gericht. 
inhängig, wie der Moniteur meldet. 
Drei Damen, 2 Engländerinnen und eine Russin, haben 
dieser Tage in Prag angemeldet, daß sie gern den Ferialcursus 
iber Geburtshilfe und Gynäkologie (Lehre von der Natur und 
»en Krankheiten des weiblichen Geschlechts) bei Hrn. Prof. Seh— 
ert hören möchten. Von den Engländerinnen studirt die eine in 
Zzürich, die andere in Orford Medicin; die russische Dame hat 
n Zürich bereits den Doctorgrad erlangt und übt gegenwärtig 
zie ärztliche Praxis in Petersburg außss. 
F. Dem englischen Blaubuch zufolge wurden im vorigen Jahre 
8 Sclavenschiffe mit 833 Sclaven an Bord durch Nenglifche 
Schiffe an der ostafrikanischen Küste weggenommen. An der Wesi⸗ 
üste Afrikas wurde eine Brigg mit 96 Sclaven aufgebracht. 
London 21. Juli. Als Merkwürdigkeit sei erwähnt, daß 
jeute hier die erste Ladung frischen Hopfens zum Verkaufe kam. 
kin Factum, welches seit Menschengedenken nicht an einem so 
rühen Tage passirt sein soll. 
F Rouen, 22. Juli. Es ist eine bedeutende Feuersbrunft 
usgebrochen. Magazine von Flüssigkeiten und ein Theil des 
Posthotels sind abgebrannt. Die Verluste sind groß. 
x In einec öffentlichen Schule zu Florenz würde dieser Tage 
ꝛin 10jähriger Knabe, der vom Lehrer wegen seiner guten Auf⸗ 
ührung zuͤm Aufseher über mehrere Kameraden ernannt worden 
var, von denselben aus Neid zund. Rachsucht mit Fauftschlägen 
ind Fußtritten so mißhandelt, daß er nach 24, Stunden eine 
deiche war. 
Bei Soira (Spanien) hat ein achtiägiger Waldbrand un— 
jefähr 4 Mill. Tannenbäume auf einer Strecke von 4 Meilen 
jerstört und nahezu 19 Mill. fl. Schaden angerichtet. 
7 In dem Schreiben eines russischen Bischofs wird die boden⸗ 
ose Unwisseuheit der niederen Geistlichkeit seiner Diszese bklagt. 
rin großer Theil des Klerus hat demnach nicht einmal von den 
vichtigsten Dogmen des christl. Glaubens eine Vorstellung und 
ennt die biblische Geschichte so wenig, daß er nicht einmal den 
Arsprung der großen Kirchenfeste geschichtlich zu eniwickeln weiß. 
im diesem Zustande ein Ende zu machen, soll sofort eine 
Schule errichtet werden, in welcher die niedere Geistlichkeit freien 
Interricht erhält. * 
4In New-York ilt die Hitze so bedeutend, daß am 
14. d. M. 40 Personeu am Sonnenstich gestorben sind. 
. Die pekuniäre Stelluug der Volksschullehrer ist gewiß der⸗ 
art, daß sie einer Aufbesserung dringend bedarf. Bei nur einiger 
Sachkenntniß der Lage derselben wird sie selbst von Jedermann 
inbedingt zugestanden. Gleichwohl ist in der letzten Landtagsses⸗ 
ion, während alle andere Bediensteten wohlwollend bedacht wurden, 
ieser Stand leer ausgegangen. Das ist nicht gut, und ist nicht 
recht, und muß nothwendig niederdrückend auf denselben wirken; 
denn der Arbeiter ist seines Lohnes werth, und mit der Hoffnung 
nuf die Zukunft ist der Gegenwart nicht gedient. Einsender dieses 
heilt daher eine Aeußerung diesen Betreffs des ehemaligen Stu⸗ 
ien⸗Rectors Roth in Nürnberg mit, welche gewiß aller Beherzig⸗ 
ing werth ist, und deren Wahrheit man den Vertretern des Kre— 
es und des Volkes, den Staats- wie Gemeindeob rigktei- 
venn in's Herz graben möchte. Derselbe schreibt: „Es ist ein 
roßer Widerspruch, einem Diener unermüdeie und wachsame Thä⸗ 
igkeit für das öffentliche Wohl zuzumuthen, und ihm aber seinen 
Antheil an dem öffentlichen Wohle so kärglich zuzumessen, daß er 
avon nichts empfinden kann; Begeisterung für die guie Sache zu 
erwarten und den Träger des Geistes einer kümmerlichen, sorgen⸗ 
zollen Existenz zu überlassen; den Lehrern immer von Neuerungen 
u predigen, wie wichtig ihr Beruf, wie groß ihre Verantwortung 
ei, und in der Belohnung für ihre Dienstleislungen einen Maß— 
sab anzulegen, dessen Kleiuheit beweist, daß man ihren Beruf 
iußerlich gering achte. Es fehlt den Schulen im Allgemeinen das 
vedeihen, das fröhlich wachsende Leben und daß fehlt ihnen haupt⸗ 
ächlich wegen des Nothstandes der Lehrer. Darum sollte vor 
llem Anderen der kümmerlichen Lage dieser Männer abgeholfen 
derden.“ Bayer. Lehrerztg.)