Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberker Anzeiger. 
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Nro. 95. Dienstag, den 11. August 
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Deutschland. 
München, 7. Aug. Die Kaiserin von Oesterreich trifft 
bermorgen früh halb 6 Uhr hier ein und wird sich fofort nach 
Berathshausen am Starnberger See begeben. Ihr Aufenthalt wird 
Awa vier Wochen dauern. 
München, 8. Aug. Der König erscheint in Kissingen fast 
inunterbrochen mit dem russischen Kaiserpaare. In den nächsten 
Tagen wird auch der König von Württemberg in Kissingen 
ainireffen; der Großherzog von Hessen ist bereits seit dem 85. 
). M. dort. 
Dienstesnachrichten. 
Der Staatsprocuratorsubstitut Eugen Schmid in Landau ist 
um Landrichter in Winnweiler ernannt worden. 
Wiesbaden, 9. August. Die gestrige Volksversammlung 
var von circa 500 bis 600 Personen besucht; die lieberalen 
Mitglieder der früheren nassauischen Kammer nahmen an der 
Bersammlung Theil. Es wurde der Beschluß gefaßt, eine all— 
zjemeine Landesversammlung spätestens zum zweiten Sonntag im 
September zu berufen und dieser folgende Punkte zur Beschluß⸗ 
affung vorzulegen: Agitationen für Erhaltung der Landesbank; 
stückerstattung der von ihr durch die frühere Regierung entnom— 
nenen 800,000 Thlr.; Regelung der Gemeindeverwaltung; Er—⸗ 
haltung des früheren nassauischen Schulwesens; keine Confessions- 
chulen. 
Bäd Ems, 8. Aug. Nach den jetzt getroffenen Bestim— 
nungen reist der König am 13. d. M. von Ems ab und begiebt 
ich zunächst nach Homburg 
Aus Berhin 5. Aug. schreibt der Nürnb. Corr.: Es wird 
Ihnen schon bekannt sein, daß die Kriegsminister der drei süd— 
jeutschen Staaten am 20. d. in München zusammentreten werden, 
um über den bayerischen Vorschlag wegen Errichtung einer süd— 
eutschen Militär⸗Commission zu berathen. Bei den engen Bezieh— 
ingen Badens zu Preußen ist natürlich die Stellung, welche Preußen 
jegenüber dem bayerischen Plane einnimmt, von entscheidendem 
Tinfluß auf das Schicksal der bevorstehenden Münch ner Conferenz. 
Auch ist es ein fast öffentliches Geheimniß, daß der bidische Kriegs- 
ninister v. Beyer kürzlich aus keinem anderen Grunde in Ems 
var, als um sich mit dem Könige über jenes Project zu bespre— 
hen. Officiell erklärt man hier, daß Preußen dem Zustandekom- 
men des Planes durchaus nicht hinderlich sein werde; aber eine 
olche Sprache ist doch noch weit entfernt von einer offenen Unter— 
tützung, und wenn man sich der übelwollenden Vemerkungen erin⸗ 
nert, welche die Nordd. Allg. Ztg. vor einigen Wochen an den 
Plan einer süddeutschen Militär-Commission knüpfte, so liegt 
zie Vermuthung nahe, daß man von hier aus eher bestrebt sein 
vird, Baden in seinem Widerstande dagegen zu bestärken, als das- 
elbe dem Plane geneigter zu machen. Bezeichnend für die un— 
villfährige Gesinnung Badens ist schon der Umstand, daß die 
Karlsr. Ztg.“ behauptete, Bayern habe erst gleichzeitig mit der 
Finladung seine Vorschläge der großherzoglichen Regierung über— 
andt, waͤhrend deren Ueberreichung schon drei Tage vor der 
Finladung geschah. 
Berlin, 8. Aug. Das „Militärwochenblatt“ meldet: Gene—⸗ 
neral v. Falkenstein wurde auf seinen Wunsch von dem Commando 
»es ersten Armeecorps entbunden und General Manteuffel zu sei— 
nem Nachfoiger ernannt. 
Wisen, 6. August. Die Hauptgewinner beim Bundesschie— 
zen sind: Reuff, Küfer aus Stuttgart, Graf Starhemberg aus 
Oberösterreich, Straßberger aus Traunstein in Bayern (gewinnt 
in Clavier,) VRayerhofen aus Steyermark, Cafetier Frank aus 
Berlin, Hierlinger aus Reichenan in Bayern, Forster aus Sach— 
en, Ruhl aus Bautzen, Seiler aus Sachsen, Fuhrmann aus Bu— 
arest und Hallen aus Ham over. 
Wisen, 6. Auguff. Bei dem heutigen letzten Schützenban⸗ 
ette erschien der Reichskanzler v. Beust. Nach Toasten Kwety's 
Schweiz) „auf das österreichische Ministerium, dessen Devise Recht 
bor Macht, Ehrlichkeit vor Tücke, Licht vor Finsterniß“ und Freis⸗ 
leben's (Württemberg) „auf das freiheitliche Oesterreich“ brachte 
Ir. v. Beust einen Toast aus, dessen Hauptinhalt folgender: Er 
ei ein guter Oesterreicher geworden und cein guter Deutscher ge⸗ 
lieben; alsdann betonte der Reichskanzler die Nothwendigkeit der 
Erhaltung des Friedens und einer versöhnlichen Politik. Oester- 
reich, erklärte der Reichskanzler, mische sich nicht in deutsche An— 
elegenheiten und kenne keine Politik der Rache. Nicht nur als 
Deuischer, sondern so recht eigentlich als Oesterreicher wünsche erx 
Zesterreich mit Deutschland in Verbindung zu halten, was ge wiß 
eine Partei in Deutschland und keine Nationalität der österreich— 
schen Gesammtmonarchie zurückweisen wird. Soll aber das deutsche 
Element in Oesterreich der Träger dieses Gedankens sein, dann 
darf man es nicht von den anderen Stämmen trennen, welche 
mit gleicher Berechtigung, Treue, Tapferkeit und Hingebung dem 
Reiche angehören. Die Vereinigung und Eintracht aller unter 
dem Scepter des österreichischen Kaisers lebenden Völker kann 
allein die Erfüllung jener culturhistorischen Mission Oesterreichs 
»erbürgen, welche ein Interesse Deutschlands wie Oesterreichs ist. 
Ddie Rede des Hrn. d. Beust wurde mit stürmischem Beifall auf⸗ 
senommen. Der Präsident Kopp schloß die Tischreden mit eini— 
gen Worten des Lebewohls an die Gäste. 
Wäsen, 7. Aug. Mit dem heutigen Morgenzuge per West⸗ 
zahn ist der Reichskanzler Frhr. v. Beus über Salzburg nach 
Bastein abgereist. Minister des Innern, Dr. Giskra, tritt heute 
ine Erholungsreise nach Tyrol an. 
Man schreibt aus Olmütz: Man berichtet von großen Er— 
ressen, die sich in den letzten Tagen des Juli zutrugen und am 
b. August ernenert worden sein sollen. Die Rauferei, welche sich 
ruf die Ortschaften Hatschein, Hreptschein bis gegen Krönau, 
Bleich und den Gasthof „Zum Kaiser von Mexico“ bei der Neu— 
gasse erstreckte, glich fast einer förmlichen Schlacht. So weit bis 
etzt festgestellt ist, begann die Schlägerei Abends auf der Straße 
on Hatschein zum Gilgenberg zwischen Soldaten des Infanterie— 
stegiments Kaifer Alexauder, Artilleristen und der Mannschaft 
es Beschäl-Departements, zog sich dann in das Haischeiner Wirths- 
saus und von da auf die Felder zwischen Hatschein Hreptschein. 
In dem letzten Dorfe wurden die Exedenten von den Bauern 
»ertrieben, und so wurde der Kampf auf den Feldern fortzesetzt 
ind zog sich bis gegen Krönau. Zahlreiche Verwundungen sind 
orgekommen. Fast zu derselben Zeit entspann sich der Kampf 
m Gasthofe „Zum Kaiser von Mexico“ und Umgebung, soll jedoch 
jier von weniger ernsten Folgen begleitet gewesen sein. Unglück, 
icher war der Ausgang des Excesses in Bleich, an dem auch Sol 
aten theilnahmen, und wo außer vielen kleinen Verletzungen dre— 
hwere Verwundungen vorgekommen sind. 
— Feldmarschall⸗-Lieutenant Mößyring, der neue Statthalter 
yon Triest, ist bereits dort eingetroffen und hat an die Bewohner 
»er Stadt und des Küstenlandes eine versöhnliche aber entschiedene 
Groclamation gerichtet, in welcher er erklärt, daß ihm die Unter— 
chiede des Standes, der Religion und der Nationalität fremd sind, 
tud daß gleiches Recht für Alle, sowie gesetzliche Freiheit für Jeden 
eine Devise sei. Mit der Ehrfurcht vor der Gesetzlichkeil verbin— 
det er den festen Entschlnß, mit Entschiedenheit den Ruhestörern 
entgegenzutreten. 
Triest, 7. August. Der Lloydampfer „Ceres“ brachte 
seute die Levantepost, welche bis zum ersten August reicht. Die 
nit derselben eingetroffenen brieflichen Nachrichten melden: Halil 
Zascha inspicirt die Dardanellenschlösser behufs Armirung dersel— 
»en; das Bestätigungprotocoll Frauco Nasri Pascha's als Gou— 
»erneur des Libanon ist allseitig unterzeichnet worden; Aariff Ef— 
endi ist definitiv zum Gouverneur von Kandia ernannt; Großf ürst 
Alexis geht von Athen nach Algier; Die Häuptlinge von Kreta 
sjaben eine Petition an die Königin von England gerichtet, in 
velcher sie um Englands Unterstützung zur Erreichung ihrer nati— 
onalen Ziele bitten.