Sl. Ingberler Anzeiger.
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Nro. 99. z— Donnerstag, den 20 ust 6375 1868.
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Deutschland.
München, 15. Aug. In Bekreff der Herbstwaffenübungen
hat das kgl. Kriegsministerium verfügt, daß die zu denselben ein⸗
zerufenen Landwehrmänner auf die Dauer der Präsenz in den
Bezug der Löhnung und sonstigen Garnisonsgebühren der Infan—
zerie treten, ein Propretätsgeld jedoch nicht erhalten. Jedem Land
wehrbataillon wird für die Dauer der Ein berufung ein Unter⸗
quartiermeister oder Regimentsactuar aus dem Stande des be
kreffenden Regiments speciell zugetheilt. Die in den Garnisonen
wegen Mangel an Kasernirungsräumen unter Zelten lagernden
Mannschaften vom Feldwebel abwäris erhalten zu ihren gewöhn—
lichen Garnisonsgebühren eine tägliche Zulage von fünf Kreuzern,
die betreffenden Officiere die normativmäßige Anzahl von Mund
portionen. Die bei den combinirten Landwehrbataillonen einge
theilten Chargen beziehen während der Marschtage die normirten
Marschgebühren. Die Landwehrmänner werden mit ärarialischen
Montur⸗ und Ausrüstungsstücken, dann Propretätsartikeln versehen.
deren Civilkleider aber mit Ausnahme der Wäsche und Fußbeklei—
hungen, welche soweit als thunlich zu den Waffenübungen beizu
zehalten sind, genau verzeichnet nnd in den Compagnie-Verschlä
jen aufbewahrt. Da die Landwehrbataillone mit Munitionswägen
borerst nicht versehen werden, so wird auch den nach beendigten
Uebungen an die Landwehrcompagnie-Bezirkssitze zurückzeführten
Mannschaften Munition nicht mitgegeben. Die Civilkleider der
Landwehrmänner werden nach beendigten Uebungen, in Packfässer
oder auf sonstige Weise nach Halbcompagnien zweckmäßig verpackt
von den abmarschirenden Compagnien an die Landwehrcompagnie
Bezirkssitze mitgenommen. Zum Transporte derselben werden bei
den Fußinärschen der Compagnien die nöthigen Vorspannswagen
requirirt, welche gleichzeitig auch zum Trausporte des Officiers
gepücks benützt werden sollen. Für muthwillige oder sonst ver—
chuldete Beschädigung der Montur- und Ausrüstungsstücke wird,
der betreffende Landwehrmann haftbar gemacht und der festgestellte
Entschädigungsbetrag, wenn derselbe nicht sogleich enthoben werden
kann, dem betreffenden Landwehrbezirks-Commando für weitere
borschriftsmäßige Behandlung überwiesen.
Mäünchen, 16. Aug. Der Staatsminister Fürst Hohen
lohe ist heute von dem Kaiser von Rußland zur Tafel geladen
und wird morgen hieher zurückkehren.
München, 17. Aug. Fürst Hohenlohe und Graf Tauff⸗
lirchen sind hier angekommen. — Der König hat den mit der
Schweiz abgeschlossenen Postvertrag ratificirt. Der Oberapella⸗
tionsgerichtspräsident, Staatsrath, Reichsrath v. Heintz ist am
Schlagfluß gestorben.
UÜleim, 13. Aug. (Ueber den Vertrag wegen der Festung)
erfährt die „Köln. Ztg.“ nachträglich noch, daß, wenn der Ver—⸗
trag auch hinsichtlich der Besatzungs und Commando-Verhältnisse
und der eventuellen kriegsmäßigen Instandsetzung der Festung Be—
timmung treffen mußte, dies ausdrücklich „unbeschadet der Allianz⸗
derträge vom 13./15. Aug. 1866“ geschah. Deßhalb ist wohl
zuch die Normirung einer Maximal-Kriegsbesatzung unterlassen.
Dagegen soll schon jetzt ein Armirungsplan für die ganze Festung
gemeinsam ausgearbeitet werden. Die genannte bereit zu stellende
Summe von 600,000 Gulden soll eintretenden Falles der erste
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und unmittelbar zur Disposition des Gouvernements sein. Der
bayerische Genie-Director hat die Stellung und die Befugnisse
des früheren Bundes Genie-Directors, ist auch der technische Refe—
rent des Gouvernements. Der württembergische Local-Genie
Director führt den Befehl über den technischen Dienst und das
württembergische Genie-Personal und hat die speciell zum württem
bergischen Kriegs-Etat gehörigen Bau Objecte unter sich, allerdingẽ
unter der Controle des Genie-Directors. Das unterstehende Per
onal stelll jeder Staat auf seinem Territvyrium an. Gemein—⸗
schaftliche Etablissements bleiben der Bauhof und die Zeughaus—
werkstätten. Unter dem gemeinsamen Organ, durch welches die
Befehle an das Gouvernement erfolgen sollen, ist nach dem Se—
parat⸗Protocoll die süddeutsche Festungs-Commission verstanden,
deren sofortige Berufung — wie dabei bemerkt ist — unter den
Regierungen vereinbart seae.
Berliu, 18. Aug. Zur Vollendung der Bewaffnung des
zjesammten norddeutschen Bundesheeres mit Zündnadelgewehren
ind jetzt die Gewehrfabriken Preußens thätig, damit diejenigen
Truppentheile, welche dieser Waffe noch entbehren, sobald wie
möglich damit versehen werden können. Die preußische Landwehr
hat schon seit Ende v. J. durchweg Zündnadelgewehre. .
Berlin, 14. August. Der heutige und der morgige Tag
(Napoleonstag) wird zeigen, ob die „Kreuzzeitung“, welche in den
jüngsten Vorgängen in Paris nicht mehr blos „Skandale“, son⸗
dern „Symptome“ erblickte, mit ihrer Auschauung Recht hat,
„daß eine Erfindung tiefgehenden Mißbehagens die französische
Nation ergriffen hat, und daß dieses Mißbehagen mit einer wah—
ren Leidenschaft nach jedem Anlaß greift, um sich gegen die be—
stehenden Zustände zu erklären. Es ist nicht la Prançe, qui
s'ennuie — es ist ein von Leidenschaften erfülltes Frankreich,
welches demonstrirt. Das sagt uns nicht etwa unser Mißwollen;
das zeigt uns die Schärfe der Repression, welche von der Regie—
rung für nöthig befunden wird, und durch welche auch die der
Presse und den Vereinen verheißene größere Freiheit der Bewegung
praktisch in ihr Gegentheil verkehrt wird.
Berlin, 17. Aug. Nach einer in Militärkreisen circu⸗
lirenden Version steht die Ernennung des Generals Vogel v. Fal⸗
kenstein zum kgl. Generaladjutanten bevor.
Man hofft mit den technischen Anordnungen zur Ausführung
des neuen Postvertrages zwischen dem deutschen Postverein und der
Schweiz so rechtzeitzz fertig jn werden, daß der Vertrag mit dem
1. September ins Leben treten kann.
England.
Dublin, 15. Aug. In der Gegend von Tipperay ist ein
Berbrechen begangen worden. Ein Grundbesitzer fand sich in Be—
gleitung von Constablern und Sheriffs bei mehreren seiner Päch—
ter ein, um ihnen die Pacht zu kündigen. Er wurde angegriffen
und durch einen Revolverschuß verwundet. Ein Constabler und
ein Sheriff wurden getödtet. — Gestern haben sich in Monaghan
auf das Gerücht eines von Seiten der Orangisten bevorstehenden
Angriffs, 700 Katholiken zu ihrer Vertheidigung bewaffnet und
sind mit dem Geschrei „Blut um Blut!“ durch die Straßen ge—
zogen. Der Clerus hat die Ordnung wieder hergestellt.
Dublin, 16. Aug. Als der Theilnahme an den agrari⸗
schen Verbrechen bei Tipperary verdächtig wurden acht Personen
verhaftet. Bei der schon erwähnten Pachtaustreibung von 30
Familien bei Tipperary wurden zwei Constabler getödtet und meh—
rere verwundet. Die Polizei rettirirte und in dem District herrscht
große Aufregung. — Der amerikanische Gesandte ist
angekommen.
London, 18. Aug. Gestern fand im Krystallpalast ein
ronservatives Demonstrationsmeeting statt. Anwesend waren etwa
1000 Personen, welche Resolution gegen die Aufhebung der ir—
ländischen Staatskirche annahmen. — Die Urheber der Mord⸗
scenen zu Tipperary sind noch nicht ermittelt. Die Regierung
hat eine Belohnung von 500 Pfd. St. für den Auffinder und
von 300 Pfd. St. für einen Kronzeugen ausgesetzt.
Schweiz.
Bern, 17. August. In Antwort auf die Anfrage eines
chweizerischen diplomatischen Agenten über die Stellung der Schweiz
bei einem allfälligen deutsch-französischen Kriege erklärte der Bun—
desrath, daß die französische. Regierung bisher keinerlei Schritte
zethan, um eine militärische oder commerecielle Allianz mit der
Schweiz anzubahnen; wenn dies geschehen sollte, werde sich die
Bundesbehörde sicher ablehnend verhalten. — In Rapperswyl
um Züricher See feierten die in der Schweiz lebenden Polen ge—
neinsam mit etwa 400 Festgästen aus dem früheren Polen, aus
Baris und London die Enthüllung eines „Polenudenkmals.“