Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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—Er— de 1868 
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Deutschland. n 
Munchen, 23. Aug. Wie wir aus verlässiger Quelle 
rfahren, wird am 15. September der besondere Ausschuß der 
Abgeordnetenlammer zur Berathung der Militärstrafgesetzgebung 
inberufen werden, nachdem Referent Abg. Stenglein —9 Referat 
iber den allgemeinen Theil des Militärstrafrechts nunmehr vollen⸗ 
zet hat. So viel wir übrigens vernehmen, wird es noch immer 
zabon abhängen, daß hinsichtlich der Vorlage des Militärstrafpro— 
resses zu rechter Zeit genügende Sicherheit gegeben wird, ob der 
Militärausschuß mit der Berathung des Militärstrafrechtes begin⸗ 
ien wird, oder nicht. Auch bezüglich des Civilproceßgesetzgebungs⸗ 
lusschusses der Kammer der Reichsräthe verlautet, daß derselbe 
Ditie September zur Vollendung der ihm noch uͤbrigen Aufgabe 
usammrntreten wird. — Dieser Tage wird der Austausch der 
tatificationsurkunden hinsichtlich des Postvertrages mit der 
vᷣchweis erfolgen. 
München, 24. Aug. Eben kommt der Gesetzeniwurf, die 
reue Gemeindeordnung für die Landestheile diesseits des Rheines 
etreffend, wie derselbe aus den in zweiter Lesung gefaßten Be— 
chlüssen des Ausschusses der Abgeordneten Kammer hervorgegan⸗ 
zen ist, zur Vertheilung und zugleich mit un ein don den Abge⸗ 
ordneten v. Soyer und Kolb beantragter Gesetzeniwurf, die Ge⸗ 
neindeordnung in der Pfalz betreffend, welcher wesentlich kürzer 
ils der erstgenannte ist, da er nur 132 Artikel enthält, während 
ener deren 204 zählt. 
München. 25. Aug. Die „Neuesten Depeschen“ melden 
auus bester Quelle: Die von Darmstadt aus telegraphisch verbreitete 
Nachricht don der Verlobung des Königs von Bayern mit der 
Broßfürftin Marie ist unrichtig; ferner ist das von Karsruhe aus 
verbreitete Telegramm über die füddeutsche Militärconvention durch⸗ 
nus unbegründet. Der 15. September war als Tag des Zusam— 
nentretens der Conferenz gar nicht festgesetzt. 
Seine frühere Erklärung berichtigend, erklärt nun (amtlich 
iner durch Hrn. Umbscheiden erhaltene Mittheilung) Hr. G. Fr. 
Zolb in der „Frkf. Zig.“, daß die im Jahre 1849 von Frank 
urt nach München entsandte Deputation dem Könige Mar II. 
aicht unmittelbar die Kaiserkrone, sondern zunächst die Statthal⸗ 
erwürde angetragen. 
Laudau, 22. August. Die Conferenzen der süddeut⸗ 
schen Kriegsminister haben begonnen. Wie man der Elberf. Ztg. 
mitttheilt, werde bei denselben die Festungsfrage eine hervorra⸗ 
zende Rolle spielen. Bayern möchte die Festung Landau rassiren, 
iber Preußen macht geltend, daß in diesem Falle ein anderer 
Punkt der pfälzisch-französischen Grenze befestigt werden müsse, 
im der preußischen Grenzfestung Saarlouis als Stützhunkt zu 
dienen. Im Princip ist Bayern damit einverstanden, allein was 
den Kostenpunkt anbelangt, fordert es die Betheiligung der bei— 
den anderen süddeutschen Regierungen an dem Bau, da es sich 
um etwas handle, was jedenfalls zum gemeinsamen süddeutschen 
Bertheidigungssystem gehöre. Württemberg und Baden dagegen 
veisen darauf hin, daß die Befestigung der Rheinline nicht blos 
im Interesse der süddeutschen Staaten, sondern eigentlich ein ge⸗ 
neinfames deutsches Interesse sei, also auch der norddeutsche Bund 
dafür einzutreten habe. 
Dienstesnachrichten. 
Der Professor am kgl. Gymnasium zu Zweibrückeen, 
J. N. Bisschoff, ist zum ordentlichen Professor der Mathe⸗ 
natik an der neuen polytechnischen Schule in München er— 
nannt worden. 
Karlsruhe, 24. Aug. Dem Vernehmen nach soll der 
nuf Mitte September in Aussicht genommene Zusammentritt von 
Bebollmächtigten zur Berathung des Projectes einer sfüddeutschen 
Militärcommission nicht staitfinden. 
Darmstadt, 24. Aug.Die rußssische Kaiserfamilie trifft 
zeute Abend iu Jugenheim ein. 
Xrankfaöart, 25 4Auqg. Der König?passirte heute, von 
Coblenz kommend, unsere Siadt, um sich zu einer Trubpenschau 
aach Hanau zu begeben, von wo er Nachmittags ebenfalls über 
hier nach Gotha reiste. 
Berhin, 21. Aug. Die Franzosen sind recht naide Leute; 
sie predigen in allen Tonarten Krieg und Haß gegen Preußen 
viegeln in Süddeutschland zum Verrath am Vaterlonde auf, em— 
enden Spione zum Aufnehmen von deutschen Gefechtsfeldern und 
leichwohl ärgern sie sich darüber, daß Preußen seinerseils nichts 
erabsäumt, um sich nicht überraschen zu lassen, daß es na ment⸗ 
ich nichts unversucht läßt, um die süddeutschen Fürsten über die 
zage der Dinge in Europa aufzuklären, und ihnen ihre waren 
Interessen, ganz wie vor 1866, ans Herz zu legen. So schrei⸗ 
jen die Herren an der Seine der Zusammenkunft in Schwal bach 
wischen den Souveränen Rußlands und Preußens — v. h. der 
Thatsache der Zusammenlunft an für sich — eine große Wichtig 
leit zu, und in gewisser Beziehung soll das nicht abgestritten wer⸗ 
den. Der Kaiser kam aus Kissingen, nachdem er Gelegenheit ge. 
jabt hatte, die Fürsten des Südens zu sehen und daß ist das 
Wichtige; sein Werk, wenn er überhaupt eines vollbringen wollte 
ind vollbracht hat, war ein Werk des Friedens und das fühlt man 
in Paris. Man fühlt ferner in Paris, daß das Netßz sich immer 
enger um Frankreich zusammenzieht und daß der Augenblick nicht 
nehr fern ist, wo an Stelle der „versöhnlichen Versuche“ ein euro⸗ 
zäisches Friedensmachtwort erkönen könnte, in das auch — frei⸗ 
villig oder gezwungen — Franz Joseph und Victor Emamil 
instimmen müßten. 
Aus Berlin will das „Mem. dipl.“ aus zuverlässigster Quelle 
rfahren haben, daß die Note des Hrn. v. Usedom zu einem ziem— 
ich bedenklichen Conflict zwischen dem Koͤnige und Hrn. b Bis 
narck Anlaß gegeben hat. Es scheine, daß die Anwesenheit des 
detzteren von Berlin von der ültra-conserva liven Pala ausgebeu⸗ 
et werde, den Einfluß zu beschränken, den der Kanzler des nord— 
»eutschen Bundes bisher im Kabinet ausgeübt hade. Der Mei— 
nungsunterschied, welcher zwischen dem Könige uͤnd seinem ersten 
MNinister bezüglich der Usedom Note herrscht, soll zur Folge gehabt 
jaben, daß der Koͤnig aus eigener Initiative dem Hofe von Wien 
ẽrklärungen gegeben hat, um den üblen Eindrudk den die Note 
zort hervorgerufen hat, zu mildern. 
Berlin, 25. Aug. Der „Staatsanzeiger“ meldet: Der 
isherige Secretär der französischen Gesandtschaft zu Bern, de Hell. 
rhielt von der preußischen Regierung, Namens des Norddeutschen 
Bundes, das Exequatut als franzoͤsischer Generalconsul in Franf 
urt am Main. 
Gut Varzin GPommern), 23. Aug. Graf Bismartk ift 
mit dem Pferde gestürzt. Derselbe blieb zwar unverletzt, jedoch 
haben sich in Folge des Sturzes Schmerzen in der ganzen Mus⸗ 
rulatur des Körpers eingestellt. 
Gut Varzin, 24. August. Nach einer guten, fast schmer⸗ 
zensfreien Nacht konnte Graf Bismarck heute das Bett verlassen 
und befindet sich derselbe, die Mustelschmerzen, welche sich bei stär⸗ 
leren Bewegungen einstellen, abgerechnei, den Umsfänden nach wohl. 
ẽs haben keinerlei Verletzungen äußerer oder innerer Orqane 
tattgefunden. 
Frankreich. 
Der „Constitutionnel“ berichtet über die Dürre, mit welcher 
in diesem Sommer fast ganz Europa heimgesucht ist. Die zu⸗ 
nehmende Entwaldung unsers Erdtheiles wird als ein wesentliches 
Moment in dieser Noth nach,ewiesen. Südenropa ist fast ganz 
ahl gelegt: in Griechenland und Italien ist fast nichts von Be— 
lang an Waldungen geblieben, in Spanien wird jetzt noch ver⸗ 
vüstet, was an einigen Stellen verfschont geblieben war. Wo 
onst Wald Schatten und Kühle verbreitete, starren jetzt erhitzte 
Flächen, und der Süden des Abendlandes gleicht bald dem trost⸗ 
os und üde gewordenen Morgenlande, daß einst so herrliche Wal— 
der und Fruchtfelder besaß. In Algerien wo die Entwaldung 
aft den höchsten Grad eereicht hat, ist eine Hitze von 30 Graßt