Full text: St. Ingberter Anzeiger

erschlaffender, als eine Hitze von 35 Grad in Gegenden, wo die 
Luft fortwährond durch Waldflächen gefrischt und der Boden an 
einer allgemeinen Erhitzung verhindert wird, wo die Nächte kühl 
find und Wolken und Wind sich bewegen. Die Entwaldung be— 
begünstigt lange Hitz zeiten, denen dann jähe Wolkenbrüche mit Ha⸗ 
gei folgen. Kurz die Wal dverwüstung hat das europäische Gleich— 
gewicht vernichtet, und die furchtbaren Wetter, die sich jetzt an den 
Bergen entladen, spülen den Rest der Pflanzenerde fort, und die 
Flüfse treten jühlinas über und verwüsten auch die Niederungen. 
Von Südeuropa rüdt diese Wüstlegung mit jedem Jahre weiter 
nach? Norden, und man sollle sich darum weniger wundern und 
— so leichtsinnig und die 
Regierungen noch so blind und träg in einer Sache sind, über 
welche die Wissenschaft längst im Reinen ist, und über die sie 
schon so oft ihre warnende Stimme erhoben hat. 
Aus Paris läßt sich die „K. Z.“ schreiben: Heute circu⸗ 
lirten hier beunruhigende Nachrichten aus Italien. Es heißt, daß die 
florentiner Regierung im Begriff stehe, zu ganz außerordentlichen 
Maßregeln ihre Zuflucht zu nehmen. Näheres darüber vernimmt 
man nicht. Nur ist es sicher, daß die Attionspartei im Augen- 
blicke äußerst eifrig ist, und dieses ist es vielleicht, was den An⸗ 
daß zu Gewaltstreichen, in Florenz geben wird. Was Mazzini 
aubelangt, so reist derselbe noch diese Woche nach Lugano ab. 
In dem französischen Kriegsbudget soll (nach dem „Figaro“) 
eine Ersparniß dadurch vorbereitet werdeu. daß die Haferrationen 
der Pferde verringert, durch eine entsprechende Quanität Mais 
ersetzi, und so täglich per Pferd ca. 8 Sous erspart werden, was 
fur die 200,000 Pferde der Armee eine iägliche Ersparniß von 
80,000 Fres. ausmachen würde. 
T hiers, der —XD —— Kaiserreichs, ar⸗ 
beitet gegenwärtig an einer Geschichte der Restauration. Die⸗ 
selbe sol in 10 Banden erscheinen, für jeden Band erbält er 
10,000 Fr. 
Paris, 21. August. Die „Liberté“ bringt wieder einen 
Artikel, worin die Nothwendigkeit der Eroberung der Rheingrenze 
auch aus Sparsambleitsrücksichien demonstrirt wird. Mit dem vier— 
ten Theile der für die Krim, für Itaͤlien und für Méexico aus— 
gegebenen Summe tzähle uragu die, Niederlagen von 1814 und 
1815 ausloschen und dir nalürlichen Grenzen herstelen können. 
Wenn Frankreich diese Grenzen nicht verloren hätte, wie viele 
Millionen hätte nicht Frankreich und ganz Europa sparen können; 
denn es ist vom Gesichtspunkte der, „Liberte“ aus natürlich in 
ganz Europa lauter Frieden und Ftdhlichkeit, sobald Frankreich 
den Rhein besitzt, dann kann alle Welt abrüstenn 
Paris, 22. August. In den hiesigen Regierungs- und 
militärischen Kreisen ist man ziemlich gereizt über eine Nachricht, 
welche die Opinion Nationale aus Rom erhält. Ein preußischer 
Heneral, der seine Mission gar nicht geheim halte, befinde sich 
augenblicklich in der ewigen Stadt, um die neuen, von den fran⸗ 
dsischen Ingenieuren angelegten Befestigungswerke derselben zu stu— 
diren. Er sei indessen wenig mit denselben zufrieden und bezeichne 
das ganze Dreieck, das aus der Engelburg, dem Aventin und 
dem Vianicolo befteht, als falsch angelegt.“ Das Fort auf dem 
Adentin kann von den übrigen Werken aus nicht bestrichen wer⸗ 
den und muß so dem Feinde leicht in die Hände fallen. Seiner⸗ 
seits aber beherrscht es die ganze Siadt mitsammt ihrem Dreied, 
jo daß dieselben sich einem Feinde, welcher den Aventin besetzi 
hielte, auf Gnaden oder Ungnaden ergeben müßten. Dieses Ur⸗ 
theil eines preußischen Ofsiziers beruührt hier um so unangenehmer, 
als man sich gerade auf die römischen Befestigungen viel zu Gute 
shat, und der General Dumont, der dieselben angelegt hat, als 
eijnet der ersten Ingenieure in der französischen Armee gilt. 
Paris. 21. Aug. General Prim hat auf der Durchreise 
hier vor einigen Freunden sich dahin ausgesprochen, daß er nach 
London gehe, um daselbst einen Angriffsplan gegen die Regierung 
der frommen Königin Isabel auszuarbeiten; an der französischen 
Grenze, fügte er bei, sei Alles bereit, um den Flüchtlingen den 
Weg nach Spanien zu sichern. Aus Madrid selbst erfährt man, 
daß die Partei Montipensier täglich mehr Boden im Lande gewinne. 
Der Kriegswinister hat seine Entlafsung eingereicht. 
Auch mit Ih em Bayern beschäftigt man sich hier. In Fon⸗ 
taiuebleau soll man von der Heirath des Herzogs von Alencon, 
des Sohnes des Herzogs v. Neumours, mit der baherischen Her⸗ 
zogstochier nicht sehr erbaut sein. Und die „Nordwestcorrespon⸗ 
denz“e will wifsen, der Fürst Hohenlohe habe dem Kaiser von 
Deferreich Eröffnungen im Ramen des Berliner Cabinets 
gemacht. 
Enagaland. 
London, 21. Aug. Ueber den außerst beklagenswerthen 
Unfall, der lich gestern Mittag von 1 und 2 Uhr auf der Linie 
er Londoner und nordwestlichen Eisenbahn zwijchen Chester und 
Folyhend in der Nahe von Llanddulas, etwa Vue Meile von 
Abergesey EStalion entfernt, ereignete, erfährt man folgendes Na⸗ 
dere: Der irische (limitirte) Posizug, welcher London um 724 Uhr 
Rorgens veriassen hattte, passirte Abergeley · Station um 1Uhr 
n gewoöhnlicher Weise. Ein Güterzug war ihm eine halbe Stunde 
rüber vorausgegangen. In der Nähe von Llanddulas hatte der 
ßostzug den Gütertrain eingeholt, und stieß mit ihm in einer 
ürchterlichen Weise zusammen. Der letzte Waggon des Güterzug 
zes enthielt unglücklicherweise eine volle Ladung Petroleum, und 
zurch den heftigen Zusammenstoß explodirte dasselbe. Binnen 
venigen Augenblicken standen die Lokomotive, die Postwaggons 
ind drei Passagierwaggons erster Classe, welche an und für sich 
hurch den fürchterlichen Zusammenstoß halb zertrümmert worden 
varen, in vollen Flammen. Ehe Hilfe anlangen konnte, welche 
n Folge der zerbrochenen Telegraphendrähte ziemlich verzögert 
hurde, verbrannten 23 Passagiere, die auf der Reise nach Irland 
egr ffen gewesen waren. Von Chester und Crewe wurden sofort 
dekomotiven, Krahne und Mannschaften nach der Unglücksstätte 
ibgeordnet, und auf's Eifrigste schritt man zum Rettungswerk. 
die 23 Leichen wurden nach der Pernstatyn⸗Station geschafft, 
‚ort in Särge gelegt und in die Kirche zu Abergeley aufgestellt. 
Viele derselben sind bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Unter 
venselben sollen sich aller Wahrscheinlichkeit nach Lord Farnham 
nebst seiner Gattin und 2 Töchtern befinden. Eine Uhr wurde 
ufgefunden, in welcher der Name des Lords eingravirt steht. 
der Heizer der Locomotive, ein Postsortirer und ein Schaffner 
aben ebenfalls ihren Tod gefunden. Letzterer ist buchstächlich zu 
ische verbrannt. Der Lokomotioführer des Postzuges, welcher 
den Zusammenstoß vorausgesehen, ihn aber nicht mehr zu vermei⸗ 
en un Stande war, hatte durch Herabspringen von der Lokomo⸗ 
ive sich von dem sicheren Verderben gerettet, und kam mit einigen 
eichten Verletzungen davon. Ueber die Anzahl der verletzten Pas⸗ 
agiere verlautet bis jetzt noch nichts. Die Eisenbahn⸗Direk⸗ 
ion hatte 4 Aerzte aus Abergeley und Rhyl abgesendet, um den 
gerunglückten Beistand zu leisten. Unter den Passagieren der er⸗ 
en Wagenklasse befanden sich die Gemahlin des Lord⸗Lieutenants 
bon Irland, Herzogin von Abercorn nebst Familie, Lord Hamil⸗ 
on, Vord Castilerasse und Familie, nnd mehrere andere Mitglie⸗ 
— welche aber fämmtlich unbe⸗ 
hädigt davonkamen. Gegen 6 Uhr Nachmittags war die vinie 
eräumt und der Verkehr wieder hergestellt. Dem ueuesten Be⸗ 
aichte zufolge sollen sämmtliche Postbeutel vernichtet worden seiu: 
Neuere Nachrichten bestätigen den Tod des Lord Fatnham. 
einer beiden Töchter und einer Dienerin. Lady Farnhan ift 
richt todt, sondern nur leicht verletzt. Der Postwaggon ist vol⸗ 
ig zertrüͤmmert worden. Der Zusammenstoß der beiden Züge 
'oll, wie Augenzeugen versi hern, derartig fürchterlich gewesen sein, 
aß die Passagiere der ersten 3 Waggons sofort sinnlos zusam— 
nenstürzten und nicht im Stande waren, einen Schreckensschrei 
uszustoßen. Die meisten der unglücklichen Opfer müssen ohne 
sondere Leiden gestorben sein. Die Geistesgegenwart eines 
Schaffners, welcher den vierten Waggon des Zuges in schleu nig⸗ 
ser Eile von dem in Flammen stehende Vordertheil desse lben 
rennle, verhinderte weitere Vernichtung von Menschenleben und 
rigenthum. 
London, 25. Aug. „Daily News“ melden die Auswei— 
ung des Secretärs Prim's und die Abreise der exilirten spani⸗ 
chen Generale und Journalisften. 
Liverpool, 28. August. Das Schiff „Tara“ist 
zuf dem Mersey gesunken: es sind dabei 23 Personen 
ertrunken. 
Southampton, 21. Aug. Das Paketboot, welches vom 
Tap der guten Hoffnunng ankam, bringt folgende Nachrichten 
nit. Die Kristenz reicher Goldminen im Innern des Landes be— 
tätigt sich. Die eingebornen Hauptlinge sind günstig für die 
xuropäer gestimmt und zeigen sich geneigt, ihr Gebiet der engli— 
chen Regierung abzutreten. Das Gold ist im Ganzen von der 
Zreite eines halben Zolls gefunden worden, und die Ausbeute ist 
im so reicher, als die Ausgrabungen tiefer gehen. Die Geschüfte 
haben eine bessere Wendung genommeun. Es sind große Wegen— 
Hauer eingetreten. Die Frucht ist selten und theuer. 
Türkei 
Nhodos, 6. Aug. In unseren Gewässern haben sich wie⸗ 
er Seerauber gezeigt: eine große Barke mit etwa 40 dieser 
Schurken bemannt, wandte sich in den letzten Tagen nach 
der Insel Kalymnos; sie landeien an der Insel, und wollten 
vährend der Nacht die Kalyumnioten überfallen, diese aber 
halien Wind davon bekommen, und erwarteten dieselben 
ewaffnet. 
Rufland. 
Peteraburg, 23. Aug. Das Zolldepartement verdffent— 
icht einen officiellen Bericht über den ELporthandel