Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Znzeiger. 
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Nro. 105. Samstag, den 12. Eeptemeee 1868. 
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Einladung. 
Wie aus München verlautet, ist der Standpunkt, den die 
pfaͤlzischen Mitglieder des Sozialgesetzgebungsausschusses bezüglich 
des neuen Gemeindegesetzes gegenüber den jenseitigen Abgeordne⸗ 
ten und dem Ministerium emnehmen, ein schwieriger. In diesen 
Zreisen fördert man noch immer den Gedanken, die für das jen⸗ 
eitige Bayern zu erlassende neue Gemeindeordnung auch für die 
Bfalz zum Gesetz zu erheben, während unsere Vertreter der Mei ⸗ 
zung find, daß das pfaͤlzische Gemeindegesetz nach Besseitigung 
einzelner, das Gemeindeleben bedeutend beschränkender Bestimmun⸗ 
gen sich für die Pfalz besser bewähren würde- als die für die jen⸗ 
seitigen Kreise zu schaffende n e ue Gemeindeordnung. 
Am dieser so wichtigen Angelegenheit· den Männern der 
Pfalz Gelegenheit zu geben, das neue Gesetz oͤffentlich und ge⸗ 
neinfam zu besprechen und dadurch unsere pfaͤlzischen Abgeordne⸗ 
en wirksam zu unterstützen, laden wir sämmtliche Gemein⸗ 
den der Pfalz ein, sich durch Delegirte auf der hiermit aus— 
zeschriebenen Versammlung auf dem Schießhaus zu Neu⸗ 
dabtanH. um 22. September, Morgens 10 Uher 
vertteten zu lasen.— 
Die Miitglieder des Socialausschusses, die Herren Kolb und 
Soyer, werden dieser Versammlung anwohnen. 
Ferd. Maucher, Bürgermeister in Neustadt. 
Joh. Gelbert, Kuaiserslautern. 
5. EberhardteSpehyer. 
Wille, , Irankenthal. 
Schulttzz. Zweibrücken. 
Deutschland. a. 
Aus Muünchen, 77. Sept., wird dem „Schw. Merk.“ ge— 
schrieben: „Durch die heute erfolgte officielle Bekanntmachung der 
Personalveräuderungen in den Regierungsprüsidien wird Zuständen 
ein Ende gemacht, die seit lange ein offenkundiges Geheimniß 
bareun und vielfach beklagt worden sind. Es geschah nicht allzu 
jelten, daß der Geist, in welchem das jetzige Ministerium seine 
Berordnungen erließ, nicht in die Ausführung drang, welche die 
aus früheren Perioden noch in Thätigkeit befindlichen Provinzvor⸗ 
ande ihnen angedeihen ließen. Rachdem erst kürzlich die Präsi⸗ 
dien der Pfalz und von Mittelfranken. mit ganz ausgezeichneten 
und den Intentionen“ der Staatsregierung aufrichtig ergebenen 
Mannern desetzt worden sind, der fruhere Präsident der Pfalz aber 
aach Niederbayern dirigirt war, haben heute mit Ausnahme von 
Oberbayern sämmtliche übrigen Kreise neue Vorstünde erhalten.“ 
(Die Neubesetzung des Präsidiums von Oberbayern soll noch nicht 
erfolgt sein, weil der dafür bestimmte Hr. Lipowsky vorerst noch 
seine Stelle im kgl. Cobinet behält) 
Muündchen, 7. Sept. Die „Ambergert Volkszeitung“ ver— 
aimimt als sicher, daß die badische Regierung mit der Absicht um— 
jehen soll, den Bischof Heinrich von Passau zum Erzbischofe von 
Freiburg in Vorschlag zu bringen. 
Münmchen, 8. Sept. Die zu den Landwehrühungen ein⸗ 
derufenen Forsstbedisenst ete n werden zwar in Fortbezug ihrer 
Hesammtgehalte belassen, haben jedoch etwaige Verwesungskosten selbst 
u bestreiten. 
dDie Entlaßscheine sür diejenigen untauglich erllärten Wehr- 
„flichtigen der Altersklasse 1345, welche wegen momentaner Un⸗ 
ucligteit von dieser Klasse zu der von 1846 verwiesen sind und 
erst mit letzterer zur Aushebung gelangen, sind mit dem disheri— 
gen Stempel von 6fl. zu belegen. 
— Diienstesnachrichten. 
Die neu begründete prot. Pfarrei Landstuhl ist dem bisheri⸗— 
zen Pfarrer zu Obermiesau, W. H. Ruckdesscchen, verliehen 
worden. . 
Be'r hin, 7. Sept. Der norddentsche Bundesrath wird erst 
eim December wieder zusammentreten. 
Vergangene Woche fanden in Spandau vor dem Könige 
vergleichende Schießversuche mit den jetzt bei versch edenen Heeren 
eingiführten Hinlerladern statt. Auch dabei soll sich wieder die 
Ueberlegenheif des preußischen Zündnadelgewehres erprobt haben; 
den zweiten Rang nahm der englische Hinterlader, den dritten das 
französische Chafsepotgewehr ein. — 
Bezüglich der Auseinandersezung mit Frankfurt a. Mẽ soll 
uuf Anordnung des Königs die Rechtsfrage den Kronsyndicis vor⸗ 
gelegt werden. — Der Staatsgerichtshof hat den Excabinetssecre⸗ 
sär des Erkurfürsten von Hessen, Preser, wegen Majestätsbeleidi⸗— 
zung und Hochverraths zu' dreijähriger Zuchthausstrafe und da— 
rauffolgender ebenso langer Polizeiaufsicht verurtheilt. 
Dresden, 9. Sept. Gestern und heute fanden vor dem 
Zönig von Preußen Feldmandver statt, bei deren Schluß der 
Bundesoberfeldhetr dem Kronprinzen von Sachsen seine Befriedi— 
zung aussprach. Nach einem solennen Diner, an dem sämmt- 
iche Herrschaften Theil nehmen, wird König Wilhem heute noch 
abceise. 
Brünng 8. Sept. Der Forischrittsverein hat eine Petition 
in den Landtag für Beseitigung des übermäßigen Einflusses der 
Beistlichkeit aus die Schulaussicht beseglossen. .* 
Das polnische Blatt „Gaz. Torunsla“ führt den Nachweis, 
daß in der Provinz Posen, wie in Westpreußen die Germanisirung 
inaufhaltsam fortschreite. Das Deutschthum habe namentlich in 
Vesipreußen eine solche Macht gewonnen, daß nicht blos die unte— 
en und mittleren Volksschichten, jondern sogar der Adel, dieser 
dauptträger des Polenthums, von seinem Geist und Wesen immer 
nehr durchdrungen werde. In dem sogenannten Kassuben gebe 
s schon zahlreiche polnische Adelsfamilien, in denen nur- deutjch 
gesprochen wird, und die ihrem Namen, der polnischen Sitte zu⸗ 
vider, das Wörtchen „von“ vorsetzen. In den Städten sei fast 
urchweg die deutsche Sprache unter der polnischen Bevölkerung 
orherrichend. Auch in den in der Nähe der Städte gelegenen 
dörfern gewännen deutsche Sprache und Sitte immer mehr Ver— 
reitung. In der Vrovinz Posen trete fsichtbar eine allmähliche, 
iber stetig forischreitende Eermanisirung des Grund und Bodens 
jervor, die sich unaufhaltsam durch den Verkauf größerer und klei⸗— 
ierer Güter vollziehe. Seit dem Jahre 1848 seien dort, mit Aus— 
ichluß der Kreise Bromberg und Inovraclav, vom adeligen Grund⸗ 
nesitz allein 489,201 Morgen in deulschen Besitz übergegangen 
and dadurch germauisirl worden. Aber auch zahlreiche Individuen 
ind Familien fallen in der Provinz Posen in den Städtien 
wie auf dem Lande fortwährend unrettbar der Germanisirung 
mheinm. 
Fraukreich. 
Paris, 7. Sept. Das „Journ. de Paris“ will von einer 
zuf besondere Veranlassung des Königs Wilhelm sehr scharf abge— 
'aßten Note wissen, welche in Sachen der Rheinschiffahrt von Ber— 
iin nach dem Haag abgegangen wäre. — Der von P. de Cassag- 
nac im Duell verwundete Redacteur des Avenir (von Auch), Herr 
Lissagaray, ist wieder vollkommen hergestellt. — Mme. Cornu, nicht 
die Milchschwester, sondern das Pathenkind des Kaisers Napoleon, 
st nicht nach Bucharest gereist, wie einige Journale gemeldet, son— 
sern gebraucht die Molkencur in Gleisweiler (Rheinpfalz) — Der 
Liberte“ schreibt man aus Kissingen, daß der Czaar deshalb noch 
uücht nach Rußland zurüchgekehrt ist, weil er sehr begierig ist, mit 
daiser Napoleon zusammenzutreffen. Von einer russisch-preußischen 
Allianz jsei noch lange keine Rede. Die altrussische Partei, an 
)eren Spitze der Großfürst Thronfolger stehe, wolle davon Nichts 
visffen, denn nachdem Rußland seinen maritimen Einfluß im schwar— 
zen Meere eingebüßt, müsse es, nach der Ansicht dieser Partei zu 
urtheilen, Alles aufbieten, um die deutsche oder preußische Flagge 
in der Nord- und Ostsee nicht zur Herrschaft gelangen zu lajsen. 
Paris, 7. Sept. Das an der Börse verbreitete Gerüuͤcht, 
rrankreich habe an Preußen das Ansinnen gerichtet, die rheinischen 
Festungen zu ichleifen, im Vereine mit einem Artikel de—