Full text: St. Ingberter Anzeiger

MNenschenverlust in Peru auf 2000, in Ecuador gar auf 20,000 
Zopfe veranschlagt. Unter den Umgekommenen befindet sich der 
englische Consul in Iquiqua mit seiner Familie. Der materielle 
Schaden, welcher das Erdbeben verursachte, wird vorläufig auf 
god Millionen Dollars geschätzt. Gleichzeitig mit dem Erdbeben 
anden an der Küste des Festlandes und bei den Guanoinseln der 
Chinchas viele Schiffbrüche statt. 
WGermischtes. F 
4 Nach einer Mittheilung der kgl. preußischen Provinzial⸗ 
steuerdirection in Cöln ist in Spiesen, Hptzollaimtsbez. Saar— 
hrücken, eine Steuerrezeptur errichlet und von gleichem Zeitpunkte 
an die Straße in der Richtung von St. Ingbert, Hptzollamtsbez. 
Zweibrücken, über Spiesen nach Neunlirchen zu einer Uebergangs- 
sfraße erklärt worden. 
München, 8. Sept. Die „Hoffmannsche Correspondenz“ 
meldet, daß für nächstes Schuljahr die Errichtung technifcher Mit— 
telschulen zwischen der Gewerbsschule und dem Polhlechnikum, 
Industrieschulen genannt, beschlossen ist. Zunächst sollen zwei 
solche Schulen, in München und Nürnberg, mit je zwei Jahres— 
cursen und der Gliedernng in eine mechanisch-technische, und bau 
technische Abtheilung, errichtet werden. 
p Der „Union“ zufolge hat das kgl. Consistorium zu Mit⸗ 
gliedern der Commision für die Revision des Katechismus fol- 
gende acht Herren ernannt: Decan Diffeno in Pirmasens; Lehrer 
Gärtner in Jagelheim; Pfarrer Hofer in Edenkoben; Abgeordne⸗ 
ter Louis in Landau; Pfarrer Manrer in Bergzabern; Pfarrer 
Risch in Kusel; Pfarrer Sturtz in Zweibrücken und Decan Wanzel 
in Zell. 
fKaiserslautern, 9. Sept. Heute Morgen, kurz 
nach 1 Uhr wurden die Bewohner hiesiger Stadt durch den 
schreckenerregenden Ruf Feuer, das Geheul aller Glocken und das 
Rasseln der Trommeln aus dem tiefen Schlaf gerissen. Die etwa 
20 Minuten von der Stadt gelegene Oel- und Mahlmühle, die 
sogenannte Papiermühle, stand in lichten Flammen, die Lohe schlug 
himmelwärts und verscheuchte die Dunkelheit. Unsere brave Feuer⸗ 
wehr konnte trotz aller Anstrengung nichts retten. Das Feuer soll 
in der Oelmühle sein Entstehen gehabt huben. Dem Veruehmen 
nach soll die Mobiliarhabe versichert sen. 
Mainz, 4. Sept. Geftern Nachmittag wurde eine sehr 
stattlich gekleidete Frau dabei überrascht, als sie in einem Laden 
am Markte Seidenzeug annectirte. Sie wurde verhaftet und auf 
das Polizeibureau verbracht. Nach etwa einer halben Stunde, 
während welcher eine andere Person zu Protokoll vernommen 
wurde, wollte man sie aus dem Gewahrsam vorführen, wurde 
aber zu nicht geringem Erstaunen der Offizianten gewahr, daß die 
Inhaftirte fich inzwischen erhängt hatte. Obwohl dieselbe sofort 
abgeschnitten wurde, blieben, wie wir hören, die Wiederbelebungs⸗ 
versuche ohne Erfolg. 
F Der Rhein hat gegenwärtig so niedrigen Wasserstand, 
daß bei Bingen über 30 Schiffe fest liegen, welche nicht mehr 
stromaufwärts können. 
'Trier. Wie der „Trierer Volkszeitung“ aus siche⸗ 
cer Quelle mitgetheilt wird. hat der König die Summe von 
20,000 Thlr. als Subsidium zum Ausbau der hiesigen Lieb— 
frauenkirche bewilligt. 
Köln. Am Dienstag Abend voriger Woche erreignete 
sjch in unserm Nachbarort Ehrenfeld gelegentlich der dor⸗ 
ligen Kirmeß der schreckliche Fall, daß ein junges, blühendes Mäd— 
hen während des Tanzes zusammenbrach und sofort verschied. 
die Unglückliche, die in Elberfeld wohnen soll und sich in Ehren⸗ 
jeld bei Verwandten zum Besuch befand, wurde von 12 Mädchen 
zu Grabe getragen. 
fHontheim, beim Bad Bertrich, 8. Sept. Durch ei⸗— 
nen heftigen Brand wurden hier zehn Wohnhäuser und neun 
Scheuͤnen ein Raub der Flammen. Vieles Heu, Stroh und Ge— 
treide ist verbrannt. 
fKreis Crefeld, V. Sept. Verschiedene Kiefernwal⸗ 
dungen in den Gemeinden Fischeln und Willich fallen gegenwärtig 
auf eine glücklicher Weise seither hier gar nicht gekannte Art der 
Zerstörung anheim, viel schlimmer noch als die so oft beklagte 
Hand der Frevler. Stämme und Kronen siud mit grünlich gel— 
ben, etwa einen Zoll langen Raupen, welche die Nadeln abfressen 
und die Bäumen tödten, wie übersäet. 
Wiesbaden, 58. Sept, Der Taglöhner W. Christ da⸗ 
hler, der zu Pfingsten eine Viertelohm Aepfelwein an einer viel— 
besuchten Waldstelle auflegte, um sich durch den Verkauf einen klei⸗ 
nen Nebenverdienst zu verschaffen, wurde wegen unconcessionirten 
Wirthschaftsbetriebes zu einer Geldstrafe von 64 Thalern (eventuell 
22 Tagen Gefängniß), zur Nachentrichtung von 16 Thalern Ge— 
werbesteuer und zur Bezahlung der Kosten des Verfahrens mi⸗ 
5 Thalern veruriheilt; macht in Summa 85 Thlr.! 
In Apostag (Oestri) hat am 5. d. der Ministerialkanzu 
Muranyi der schon längere Zeit in mißlichen Verhältnissen lebte, 
eine 8 Kinder im Alter von 8—12 Jahren und dann sich selbst 
erschossien. —BV 
In Lemberg sind zwei k. k. Offiziere zum Judenthume 
ibergetreten. XXäE 
7 Der am 10. d. Nachmittag 49 Uhr von Luzern abge⸗ 
Jjangen Schnellzug ist bei Knonau entgleist; ein Bahnaufseher 
wurde getödtet, ein Konducteur erheblich, eine mitreisende Dame 
aur leicht verletzt. 
—7 In Appenzell hat die Polizei einen guten Fang ge— 
nacht an einem sogenannten Fürsten Obelinski, der sich auch Vos⸗ 
now und Palmer nannte, Man! fand in seinem Koffer mehrere 
n Ragaz und Bregenz abhanden gekommene Gegenstände, ferner 
5690 Francs in Gold, 700 fl. in süddeutschem Papiergelderund 
wei russische Bankbillete. Im Freihofe hatte er noch eben einer 
ẽnglanderin 2000 Fres. entwendet. 
Petersburg, 4. Sept. In den Grenzen des russie 
chen Reiches dürfen Briefe nur noch mit Adressen in russischer 
Zprache angenommen werden. In Rußland reisende Auslander. 
ʒecstoßen oft hiergegen. Ihre innere Correspondenz versehen sie 
mit deutschen oder französischer Adressen, vertrauen sie dem ersten 
zesten Briefkasten an, und bleiben — ohne Antwort, denn unsere 
Postbeamten dürfen nur deutsch oder französisch verstehen, wenn 
der Brief nach Berlin oder Paris adressirt ist. Die Gonverne⸗ 
nents⸗Zeitungen bringen von Zeit zu Zeit lange Verzeichnisse sol⸗ 
her „zurückgelegten“ Briefe. 3— 
FBei Portland sind 6 Matrosen, die mittels eines über⸗ 
üllten Kahns vom Lande zu dem Wachischiffe St. George über⸗ 
ahren wollten, durch Umschlagen desselben ertrunken. 
7 Das englische Schiff „Maria Stuart“ ist bei Cartagena 
von spanischen Seeräubern ausgeplündert worden.] J 
Newyork. Die Appletonsche Verlagsbuchhandlung be⸗ 
nuͤtzt jetzt die Alden'sche Schriftsetzmaschine, die durch eine Menge 
neu erfundener Verbesserungen so vervollkommnet sein soll, daß sie 
allen Auforderungen entspricht. Ein junges Madchen handhabt 
ie und setzt damit 4000 m's in der Stunde. — Die Verthei- 
lung der Schrift, wie sie aus der Gießerei kommt, in verschiede- 
denen Hästchen erfolgt durch die Maschine mit vollkommener Si— 
herheit und ein Versehen ist dabei nicht möglich, da die Typen 
für die Maschine mit verschiedenen Kerben gegossen werden, in 
velche die mit den verschiedenen Kästen in Verbindung stehenden 
Schlüssel pafsen, so daß jeder Schlüssel nur diejenige Type fassen 
kann, die in seinen Kasten gehoͤrt. Vor der Hand wird die 
Maschine nur zum Buch-, nicht zum Zeitungsdruck ver—⸗ 
wendet. 
— Ein Telegramm aus Philadelphia vom 10. d. M. meldet, 
daß der Dampfer „Hippopotamus,“ der die Fahrt auf den cana⸗ 
dischen Seen machte, Schiffbruch gelitten hat, wobei 50 Menschen⸗ 
leben verloren gingen. 
Aus Macao laufen Berichte über eine Reihe entsetzlicher 
Bräͤuelscenen an Bord eines Schiffes ein, die selbst in der Ge⸗ 
chichte blutiger Schiffsmeutereien ihres Gleichen sucht. Das ita⸗ 
ienische Schiff Theresa war am 3. Februar v. Is. mit 296 
dulis und einem allgemeinen Cargo von Seide, Thee u. s. w. 
hon Macao nach Callao abgegangen. Nach einer friedlichen Reise 
von 52 Tagen kam Land in Sicht wie sich ergab Neuseeland, 
und die Bemannung war auf dem Vordertheile des Fahrzeuges 
veschäftigt. Diesen Augenblick benutzten die Kulis, drangen in 
die Kajüte, bemächtigten sich der Waffen, und in weniger als 10 
Minuten tödteten sie 13 pon der Bemannung, welche sie 
gäulich verstümmelten und über Vord warfen. Der zweite 
Steuermann wurde durch einen Schuß in den Kopf getödtet und 
der erste Steuermann erhielt 17 Wunden, wurde in Ketten gelegt 
„und auf die abscheulichste Weise 80 Tage lang gemartert, indem 
sie ihm Nägel in den Kopf schlugen u. s. w., bis sie ihn 2 Ta— 
jen vor der Ankunft an der chinesischen Küste tödteten. Damit 
nicht zufrieden begaunen sie auch unter sich selbst zu morden, in 
veniger als 2 Stunden waren 50 von ihnen die Köpfe abge— 
hauen, diese wurden in Kisten verpackt und im untersten Schiffs- 
raume aufgestapelt, so daß der entsetzlichste Geruch von der Welt, 
der mit jedem Tage unausstehlicher wurde, das Fahrzeug zwei 
Monaie lang durchzog. Noch dazu wurde die Frau des Kapi— 
äns im Zwischendeck eingesperrt. Die Kulis, welche wahrschein⸗ 
ich Seeräuber waren, denn sie verstanden den Gebrauch des Kom— 
passes und der Karte, leukten das Schiff nach dem Hafen von 
Tin⸗pack, wo sie dasselbe unter reger Theilnahme seitens der 
Mandarine, gänzlich ausplünderten, die Namen von ämmtlichen 
Booten auslöschten, und sich davon machten. — Das Schiff kam 
nit 8 Leuten (darunten die Frau des Kavpitäns) wieder in 
Dacao an.