Full text: St. Ingberter Anzeiger

benen Brüder weißer und schwarzer Farbe. Nach Feststellung 
des Verfassungskonvents von Texas sind von Beendigung des 
Kriegs bis zum 1. Mai d. J. in Texus nicht weniger als 900 
Morde von den Scheusalen und Werkzeugen der Erx⸗Sklavenhal— 
ter begangen worden. 
Vermischtes. 
F. St. Ingbert, 22. Sepi. Gestern gegen 1 Uhr brachie 
uns ein Extrazug den kgl. Handelsmünister Herrn 
v. Sch lör, von Kusel kommend, allwo er den Eröffnungsfeier— 
lichleiten der Landstuhl Kuseler Bahn beigewohnt hatte, in vegleit⸗ 
ung des kal. Regierungspräsidenten der Pfalz, Herrn 
p. Pfeufer, und mehrerer andere Herrn, um auf seiner Rund⸗ 
xeise durch die Pfalz auch unsere Stadt zu besuchen. Er wurde 
von der städtischen Behörde empfangen, und auf das Stadthaus 
geleitet. Abends wurde demselben vor der Wohnung des Herrn 
Oscar Krämer, wo er zum Besuche war, von der hiesigen 
Feuerwehr in Begleitung der Bergmusik ein Fackel-— 
zug gebracht. Auf ein dreimaliges Hoch auf den Herrn Minister, 
dankte derselbe den St. Ingberter Bürgern für die ihm erwiesene 
Aufmerksamkeit in verbindlichen Worten, besonders hob er, gegen— 
über der von der Bergmusik gespielten Hhymue: „Heil dir im Sieger⸗ 
kranz“, die ihm in seiner Heimath bekannten Klänge hervor, indem er 
darin den Ausdruck und Beweis ächt bayerischer Gesinnungen auch 
an der westlichsten Grenze des Vaterlandes finde. Sodann ließ 
der Herr Minister St. Ingbert, als Industrie und gewerbreiche Stadt, 
der eine ausgedehnte Zukunft bevorstehe (wenn vieles anders 
wird) dreimal hoch leben, in welches Hoch die freiw. Feuerwehr 
seiner Aufferderung gemäß kräftig einstimmie. Zum Schluß wurde 
nvchmals die Hymne: „Heil dir im Siegerkranz gespielt. Abends 
11 Uhr 15. Min. entführte uns ein Extrazug die hohen Herrn nach 
Zweibrücken. Der Herr Minister will sich dorten persönlich über 
die vortheilhafte Richtung der projectirten Bahn Zweibrücken-Pir— 
masens-Landau, über die Hindernisse, die dem Bau derselben bis— 
her im Wegenstanden, und über die Wege zur Beseitigung der— 
selben instruiren. 
F Dürkheim, 14. Sept. Daß der 1868er ein ganz vor— 
züglicher, ja ein ausgezeichneter „Tropfen“ wird, ist jetzt so ziem— 
lich außer Zweifel gestellt. Die hin und wieder aufgetauchten Be— 
sorgnisse find kaum begründet. In der Baab'schen Wirthschaft 
dahier wird bereits ein „Federweißer“ verzapft, bei dem die Oechs— 
le'sche Mostwage 1120 zeigte. 
— Bei einem jüngst in der Vorderdbfalz stattgefundenen 
Brande rief ein Bürger dem audern zu, mit an die Brandstätte 
zu eilen, um löschen zu helfen; der Angerufe erwiderte aber: „Jo 
Hannes, wo denkschde dann hien, ich wer mer den Mann zum 
Feind mache!“ 
F Von der Lauter, 17. Sept. Der Tag der II. Kreis- 
versammlung des pfälzischen Lehrervereins naht heran, und es 
verspricht diese Versammlung nicht blos sehr zahlreich besucht, son⸗ 
dern auch sehr interessant und glanzvoll zu werden. Hiefür bür— 
gen die zum Vortrage angemeldeten Thematas und formellen An⸗ 
träge, wie auch die Thätigkeit und Anordnungen des Local-Comi— 
te's. An sämmtliche Ausschußmitglieder der allgemeinen deutschen 
Lehrerversammlung und des bayerischen Hauptlehrervereins, sowie 
an die hervorragendsten Schulmänner und Pädagogen sind spe— 
cielle Einladungen ergangen, und es steht die Theilnahme meh⸗ 
rerer der eingeladenen Gäste mit Sicherheit zu erwarten. Das 
Localcomite ist für entsprechende Decoration des ohnehin herrlichen 
und sehr geeignelen großen Fruchthallsaales, für Unterbringung 
der Festgäste und für gesellige Unterhaltung nach der Vorberathung 
am Abende des 22. September und am Haupttage thätig. Hof— 
fentlich wird das desfalls aufgestellte Programm rechtzeitig zur 
Kenntniß der Festtheilnehmer gebracht werden. (B. f. St. L.) 
München, 18. Sept. Der König hatdie Erhöhun gder 
Löhnungen nachbenannter Chargen der besoldeten Landwehrstämme 
ind zwar 1) für präsente Tage: des Corporals 1. Kl. auf tägl. 42 
kr., des Corporals 2. Kl. auf täzlich 38 kr., des Vice-Corporals 
32 kr., des Gefreiten und Gemeinen auf tägl. 28 kr.; 2) für 
Urlaubstage mit Bezügen; des Corporals 1. Kl. auf tägl. 34 kr., 
des Corporals 2. Kl. auf tägl. 30 kr., des Vice-Corporals auf 
agl. 26 kr., des Gefreiten und Gemeinen auf tägl. 22 kr. vom 
b. Juli ds. J. genehmigt. 
FHildesheim. Durch einen in der Nacht vom 
15. zum 15. d. Mts. in Hardegsen (Landrostei Hildesheim) statt⸗ 
zefundenen großen Brand sind circa 70 Gebäude nebst Inhalt 
eingeäschert. 
7 Bergheim. In dem Orte Glessen hiesigen Kreises 
änd 12 Wohnhäuser und 13 bis zum Dach gefüllte Scheunen 
niedergebrannt. Ein Mann und zwei Kinder fanden in den 
Flammen ihren Tod. 
Schönberg. In der naheliegendenden ,„Hofbusche— 
jatte sich vor einigen Tagen der erwachsene Sohn eines Wirth⸗ 
chaftsbesitzers aus unbekannten Gründen erhängt. Unmittelbar 
nach geschehener That kam ein armer Buschgeher hinzu, beeilte sich 
den noch zappelnden jungen Mann loszuschneiden und entledigte 
n seiner unkommoden Halskravatte, war aber nicht wenig erstaunt, 
als der Gerettete nach wenigen Augenblicken aufsprang, ihn 
erfaßte und unter fortwährenden Vorwürfen, warum er ihn los— 
zeschnitten, da er doch nicht mehr leben könne und wolle, erbärmlich 
urchprügelte. Der Mann meinte, als er dieses Geschichtchen erzählte, 
er begreife nicht wie er von dem Burschen überwältigt werden 
onnte, da derselbe doch viel schwächer sei, ex mußte unbedingt 
schon „den Teufel im Leibe haben““ 
— (Unterschied von Mir und Mich.) Zwei Berliner Stutzer 
dritten sich uber den richtigen Gebrauch und Unterschied von mer 
und mich im Deutschen. Der Eine von Beiden überzeugte endlich 
einen Kameraden durch folgendes Beispiel; „Du hast,“ sagte er, 
„ein Pferd. Geseßzt, dieses Pferd wäre ein Esel, würdest du bei 
einem vorhabenden Ritt deinem Reitknecht sagen: Sattle mir den 
csel oder sattle mich den Esel? 
, Die litthauischen Bauern in Osthpreußen schienen ein ganz 
aeues Erperiment ersonnen zu haben, ihre Wirthschaflen los— zu 
werden, da sie auf dem gewöhnlichen Wege des Verkaufs nicht zu 
hrem Zwecke gelangten. Die- „Osthr. Zig.“ erzählt von mehre⸗ 
zen Briefen, worin die Leute ihre Töchter zur Verheirathung aus— 
bieten und dem Schwiegersohn, der sich zur Zahlung eines 
za verabredenden Ausgedings verpflichten soll, Haus und Hof 
übergeben wollen. Uebereinstimmend sprechen alle Briefe den 
Wunsch aus, daß der ersehnte Schwiegersohn eine kleine Anzah⸗ 
lung von 500 bis 1000 Thlr. leiste.“ Diefe Briefe sind an hie⸗ 
sige Agenten gerichtet und aus verschiedenen Kreisen Litthauens 
datirt. Wie die Ostpr. Ztg. hört, hat ein junger Mann mit 
ꝛinem Capital von 450 Thlr. bereits auf den Köder gebissen 
ind wird Mittwoch die Reise zur Besichtigung seiner zukunftigen 
Domaine, sowie seiner dereinstigen Ehehälfie in die Gegend von 
Ragnit antreten. 
* In der Nacht zum 15. September warde in A gram 
ein heftiger, wellenförmiger Erdstoß verspürt; demselben ging eine 
ungemein drückende Luft und ein Wetterleuchten am S.⸗W.Him- 
mel voraus. 
Die Büßerin Ebergenyi. Der „Passauer Ztg.“. 
verden einige Daten aus einem Besuche in Neud orf, wo die 
Ebergenyi ihre Strafzeit verbüßt, mitgetheilt. Der Besucher trat, 
begleitet von der Oberin, in einen großen Saal, dort war etwa 
ein Dutzend weiblicher Sträflinge mit der Anfertigung weiblicher 
Handarbeiten, mit Stricken und Nähen beschäftigt. Er sah in der Schaar 
umher, um diese Person, welche in einem gewissen Zeitraum so oft 
jenannt und an allen Buch- und Kunsthandlungen in ofligis aus⸗ 
gestellt war, zu erkennen. Allein es gelang ihm nicht. Erst durch 
den Wink der Oberin erfuhr er, daß Nr. 7 die Betheiligte des 
herüchtigten Giftmordes war. Das Gesicht mit seinen widerlichen 
Zügen hatte alle Farbe verloren und die Haut war wie Leber. 
das Haar trug die Ebergenyi, wie es alle andere Strafgenossen, 
ragen, ohne Kamm, ohne Schmuck, jedoch nicht abgeschnitten, 
vie das in den bayerischen Zuͤchthäusern geschieht, wo weibliche 
Sträflinge untergebracht sind. Die ganze Gestalt schien gebeugt 
zu fein, nur die Augen glänzten forschend und unheimlich und 
verriethen den rastlosen Geist. So häßlich hatte sich mein Ge— 
währsmann die vielgenannte Verbrecherin nicht gedacht und daher 
war es ihm nicht moͤglich gewesen, sie herauszufinden. Im Weggehen 
sagte ihm die Oberin noch, daß sich die Ebergenyi in hohem 
Brade durch ihr heuchlerisches und denunciatorisches Betragen auf⸗ 
ällig mache und bei jeder Gelegenheit eine außerordentliche Vor⸗ 
iebe für Lügen entwickle. Im Uebrigen sei sie stiller und mehr 
in sich versunten als in der ersten Zeit ihrer Haft. 
T Das am Mittwoch bei Withernsea verbrannte Schiff war 
der Dampfer „Baltic.“ Die Mannschaft rettete sich auf das schwe— 
dische Schiff „Gevalia.“ J 
* Es ist interessant, wie von Zeit zu Zeit Anecdoten auf⸗ 
auchen, um uns zu zeigen, welch eine große Strafe das Gefuhl 
»er Kälte für Diejenigen wird, welche nicht im Stande sind, sich 
»urch Nahrung und Kleidung gegen die Kälte zu schützen. So 
erzühlt man von einem schottischen Geistlichen, welcher seiner Ge⸗ 
meinde in dem nördlichen Theile von Schottland in einer Predigt 
die höllischen. Regionen beschrieb, als seien dieselben durch das be⸗— 
kündige Eis ganz verödet. Als ein Südländer ihm wegen seiner 
detzerei, die Hölle in einem ganuz entgegengesetzten Sinne von 
em, wie die heilige Schrift sie beschreibi. hinzustellen, Vorstellungen' 
nachte, erhielt er von ihm die Erklärung, er thue das blos im 
vahrem Interesse seiner Pfarrkinder, denn wenn er denselben die