Stunde lang vor ünsern erstaunten Blicken entfaltete. Der ganze
westliche Horizont bot in wunderbar prachtvoller Beleuchtung das
Bild eines breiten ruhig dahinfließenden Stromes, besäet mit wal⸗
digen großen und kleinen Inseln, Dampf⸗ und Segelschiffen, wäh—
rend man im entfernten Hintergrunde die undeutlichen Umrisse ei⸗
ner großen Stadt zu erblicken glaubte.
Aus Herrieden, 28. Sept. schreibt man der Fr. 3.
Während uns immer neue, vom atlantischen Meer herziehende
duftthäler gemischte Witterung bringen, so daß der Barometer
mit Ausnahme vom füdlichen Italien und der Türkei in ganz
Furopa unter dem Mittel blieb, herrscht in Nordamerika im Ge—
gentheile sehr hoher Luftdruck, indessen verhältnißmäßig auch große
Wärme. Die Temperaturunterschiede Europas bleiben ungeachtet
zes tiefen Barometerstandes fortwährend groß; die Gewitter zie—
hen sich mehr nach Süden zurück; die Nordlichter in Schweden
uͤnd die Erdbeben in Jaszbereny (Ungarn) dauern noch fort.
7 Realp. Der „Nat.“gtg.“ geht bon hier über ein Un—
glück, das sich auf der Gotthardt am 26. v. M. zugetragen, fol—
jende Mittheilung zu: „Ich war gegen 10 Uhr mit meinem
Führer von Amsteg aufgebrochen und die herrliche Straße in bester
Stimmung und unter heiterem Himmel bis zwischen Wettingen
und Gäschenen hinaufgegangen, als uns plötzlich der Postomnibus
mit 2 Pferden bespannt entgegenkommt, im langsamen Schrit!
um eine Ecke biegend. Wir sinv vielleicht 153 Schritt von ihm:
ich schaue mir den Postillon, einen hübschen Menschen, an, be—
merle auch wohl, wie sich die Pferde etwas weit rechts halten,
als plötzlich der Postillon zusammenschreckt, das Leitseil schnell an⸗
zieht und offenbar die Pferde zurückhalten will. Das linke Pferde
(vom Abgrund am weitesten entsernt) stürzt auf die Hinterfüße,
da rollt der Wagen langsam, ganz langsam nach, der Postillon
pringt vom Bock, stürzt unter das Vorderrad, rafft sich schnell, anschei⸗
nend unverletzt auf, aber das li ne Vorderrad geleitet über den Rand;
ich, meinem Führer um einige Saͤriite voraus, springe hinzu und
jersuche mit allen Kräften den Wagen zu halten, — vergebens
— schneller und schneller rutscht der Wagen; mein hinzukommder
Führer reißt mich zurück, und donnernd stürzt der Wagen mit
seinen Insassen in die Tiefe hinab. Bei der ersten Matte schlägt er auf,
das Vordertheil löst sich mit den Pferden vom Wagen ab, der
nun in gewaltigen Sätzen der Reuß zueilt. An einem mächtigen
Stein bleibt er mit zerschelllen Rädeern liegen, während im Innern,
des Wagens sich entsetzliches Geschrei hören läßt. Wir standen
einige Augenblicke starr vor Schrecken, dann sprangen und kletter—
en wir hinab bis zu dem Wagen, aus dem sich 8—10 blutige
Bestalten herauswinden, — arme Italiener! — todt im Augen-
blicke noch keiner, aber alle schwerverletzt.
- Aus London wird von vielen Unglücksfällen in Folge des
Sturmes am 28. Sept. berichtet; mehrere Schiffe wurden ein
Raub der Flammen; zwei andere — „Nora“ und „Elisabeth
Walker“ — sind gescheitert; drei Dampfer — „River,“ „Vo—
lunteer,“ Florence“ — gingen an Klippen zü Grurd; auf letz⸗
terem fanden 6 Matrosen den Tod. — Nach dem eben vom
Handelsamte veröffentlichten Schiffbruchregister der britischen Inseln
ür das Jahr 1867 haben sich in vorigem Jahr zur See und
in den großbrittanischen Küsten 2513 Schiffbrüche ereignet, wobei
1333 Menschen ums Leben kamen.
— Ein Londoner Arzt, Namens Webber, hat bei Gelegenheit
einer Gerichtsverhandlung die Mittheilung gemacht, daß in vielen
der in London verkauften farbigen Socken und Strümpfe ein gift⸗
artiger Stoff enthalten sei, der an den Füßen mehrerer seiner
Patienten schmerzhafte Geschwüre erzeugt und auch bei vielen an—
dern Personen, wie er zu bemerten Gelegenheit hatte, ver⸗
verbliche Einwirkungen verursacht habe. Ueber die Natur des
Hiftes werde er, nach genauer Analyse desselben, öffentlich Be⸗—
richt erstatten.
Das Queens⸗Theater in London läßt die Costüme der
Balettänzerinnen mit einer Auflösung von wolframsaurem Salze
ränken, welche die doppelte Eigenschaft besitzt, die leichten Stoffe
der Costüme gegen Feuerfangon zu schützen, und gleichzeitig ihren
Glanz und Flitter aufs Beste zu conserviren. J
F In JIrxelles (GBelgien) hat eine Frau in wilder Eifersucht
hren Mann, während er schlief, mit einem Rasiermesser ver⸗
tümmelt; der Mann liegt hoffnungslos im Spital, die Frau ist
eutflohen.
Lugano, 2. Oct. Der Tessin ist ausgetreten und hat
zewaltige Ueberschwemmungen veranlaßt, besonders im Blegnothab
ind in der Leventina. Straßen und Brücken sind demolirt; beß
Postenlauf ist unterbrochen. Man schätzt den Schaden vorläufig
uuf mehrere Millionen. Auf dem Gotthard regnet es fortwährend
n Strömen.
Semlin, 3. Oct. Der Donaudampfer „Eurodba“ ist heute
Racht verbrannt.
— Einige statistische Notizen aus Spanien kommen viel⸗
eicht zeitgemnäß. Im Jabre 1867 war Syanien einöͤchlieklich der
zalearen und der kanarischen Inseln 9200 Q.⸗M. groß und zählte
S. Mill. 673,536 Einwohner, d. h. 1703 Einw. per Q.M.
3panien ist seiner Größe nach der 5., seiner Bevoölkerung nach
est der 8. Staat in Europa. Von den 409 Provinzialhaupistüd⸗
en haben Madrid, Valencia, Barcelonia, Sevilla mehr als
00,000 Einw., Malaga, Cadix, Granada, Saragossa zwischen
und 100,900 Einw., sämmmtliche übrige Städie zählen we—
niger als 50,000 Einw. An Kolonien besitzt Spaniennoch
3705 Q.⸗M. mit 63 Mill. Einw. Von den Finw Spaniens
onnte nur der fünfte Theil lesen und schreibett, Zaber auf 10
Iniversitäten studiren 9704 junge Leute. Die Armee besteht aus
32 Bat.Infanterie, 20 Jägerbat, 3 Bat. Veteranen, 80 Bat.
Krovinzialmiliz, zusammen 135,866 Infanterie; 18. Rehimeuter
davallerie — 13,000 Mann; 10 Regim. Artillerie — 12,927
Nann, 2 Genie-Reg. — 4,759 Mann u. s. w. Die Forma⸗
—
xlotte zählte 18063 6 Panzerfreg. mit 194 Kan. 11 Schrau⸗
»endampfer mit 469 Kan., 8 Räderschiffe und im Ganzen aus
3,120 Schiffen mit 1000 — 1200 Kanonen und 15,000 Manu
Besatzung. Die Staatsschuld belief sich 1866 außer einer schwe—
zenden Schuld von 1600 Mill. Realen auf 16—-18,000 Mill-
Realen — 13,000 Mill. Thalerx oder 80 Thlr. auf den Kopf
er Bevölkerung.
Im Hafen Lucopo bei Zengg Datmatlen) wurde
on Thunfischern ein siebzehn Centnet schwerer Heanfer fsich ertlegt.
„J. Die deutsche Bevölkerung von Rewyork wird jetzt auf
250,900 Kopfe geschätzt. In Haboken, Newhork gegenüber, gibt
es 250 deutsche Bierwirihschaften. .. 5
F. Kabel überholt.) Ein Herr Mower in Tönawanda
Grafschaft Erie) will eine neue Erfindung gemacht häben, die,
venn sie sich nicht als in die Classe des Humbug gehörig aus⸗
veisen sollte, die Welt mit gleichem Staunen erfuͤllen würde, wie
uur Zeit die Erfindung des Telegraphen, den Lkr zu verdrängen
)roht. Der Mann will nämlich ein Mittel entdeckt haben, sich
hne Kabel und jeden sonstigen Leiter als das Wasser mit einer
enseits des Oceans befindlichen Person in Verbindung zu setzen.
ẽr bietet sich zur Herstellung einer fsolchen Communicationzwischen
Amerika und Spanien innerhalb dreier Monate und mit einem
dostenaufwande von nur 8000 Dollars. (17)
„Karlsruhe, 30. Sept. Bei der heute staftgehabten
hewinnziehung der badischen 85.fl.-Loose wurden folgenden Num-
nern mit höheren Prämien gezogen: Nr. 8340972 mit fl. 40, 000
r. 187281 mit fl. 100080. Nr. 108608 mit fi, LWoodo, var.
952. 11206, 196 011, 222 146 und 226, 628 mit je fl. 2000
ur. 187. 287. 31407, 97805, 182 081, 196 280 80 σ
224, 162, 351, 492, 201, 8340, 180,633, 84 407 und 164 942 mit
e ft. 1000.
Landwirthschaftlichsess.
Ungarischer Wai zen. Der ungarischer Waizen wird
chon seit einigen Jahten pon: den Müllern am Rheine hinsichi⸗
ich der Menge und Güte seines Mehles recht sehr gelobt. Da⸗
jer kommt es denn auch, daß an einzelnen Hafenplähen, z. B. in
Nannheim, beständig große Quantitäten dieser Mahlfrucht zu be—
iehen sind. Auch ee Müller haben schon zum Oefteren
en ungarischen Waizen verarbeitet, und insoweil wir unterrichtet
ind, immer mit gutem Erfolge. Man hat noch in den letzten
Jahren die Meinung gehegt, daß es der ungarische Boden, das
ingarische Klima seien, welche jene Frucht zu einer so gelobten
Mehlfrucht machten. Rag hat uns aber der Guts⸗ und Mühlen⸗
hesitzer Herr Georg Hildebrand zu Osthofen bei Worms in dieser
Woche die Mittheilung gemacht, daß er im vorigen Herbste zuͤm
ẽrstenmale ungarischen Waizen auf einem größeren Feldstücke, auf
»em er auch einheimschen Waizen zur Aussaat vrachte, als
Saatgut angewendet habe und es habe derselbe unter gleichen Be⸗
)ingungen wie der hiesige Landwaizen, einen Kornerertrag er⸗
‚racht, der den Kornerertrag des Landwaizens um 16 Prozente
ibertraf. Auch sei die Quaͤutät desselben ganz gleich mit derje⸗
nigen des Waizens, welcher direct aus Ungarn hebracht worden
ei. Wir haben nicht unterlassen wollen, gerade jetzt auf diese
Mittheilungen des Herrn Hildebrand aufmerkfam zu machen, weil
pir denlen, daz Einer oder der Andere der Leser noch in diesem
derbste in gleicher Weise mit Versuchen vorangehen könnte. Die
—AD— Laufe der
Zeit in verschiedenen Gegenden Deutschlands versuchsweise in An⸗
au gekommen sind, haben zwar, sofern sie nur einen milden
Winter zu überdauern hatten, auch befriedigende Ergebnisse ge—
iefect; allein bei halbwegs strengem Winter werden sie leicht
rusgeworfen, auch arten sie erfahrungsmäßig rasch aus. Letzteres
vird wahrscheinlich auch bezüglich des ungarischen Waizens der
Fall sein, doch ist derselbe in Deutschland leicht jedes Jahr neu
un horiehen