Karlsruhe, 7. Oct. Aus dem Oberlande kam die
elegraphische Nachricht, daß der Rhein, wohl in Folge des star⸗
en Sieigens des Bodensees, bedeutend zunehme. In den Rhein⸗
rien wird von den am Stromse liegenden Feldern geflüchtet,
das fortgespült werden könnte. Der Rhein treibt Obst
olz ꝛc.
dohb PIn Frankfurt hat ein junges, durch Liebenswürdig ⸗
eit und Schönheit ausgez⸗ichnetes Mädchen, das Kind betagter
xẽltern, durch Gift seinem Leben ein Ende gemacht. Das
Motid zur bedauernswerthen That soll die Auflösung eines Ver⸗
oͤbnisses sen.
F Stuttgart, 5. Oct. Am Samstag Nachmittag wurde
ein junger Mann aus Kirchheim a. T., der in einem der neuer⸗
zaulen Häuser an der Gasfabrik wohnt, während er im Begrifft
sand, einen Brief an seine Eltern zu schreiben, von einer Kugel
etroffen, die von dem nahen Schießplatze aus; wo sich eben Turner
jbten, herübergeflogen kam. Seine Kostfrau fand den unglückli⸗
hen zufällig im Blute liegend. Während der herbeigerufene
Bundarzt mit dem Verletzten beschäftigt war, und die zu Hilfe
zeeilten Leute um ihn herumstanden, flog eine zweite durch den
IFfenen Laden zwischen die Versammelten durch das Dach, ohne
edoch Jemanden zu verletzen. Der Verunglückte, dem die Kugel
uuf der linken Seite des Kopfes hineine und auf der rechten wie⸗
zer herausdrang, lebte am andern Tage noch und war bei vollem
Bewußtsein, indessen ist bei der schweren Verwundung eine Gene—
ung kaum zu hoffen. Das betreffende, erst in der letzten Zeit
erbaute Haus ragt über den Schießwall der Schießstätte, die zu
einer Zeit erbaut wurde, in welcher in der ganzen Umgegend noch
keine Häuser waren, hinaus. Einige Mitglieder des Turnvereins
die sich zur Zeit des Vorfalls mit Schießübungen beschäftigten,
zine Scheibe aufsteckten, jedenfalls zu hoch, schossen zu hoch weg,
und führten so das Unglück herbei. Die Turner zeigten die
Sache selbsti an und siellten sich freiwillig dem Untersuchungsge⸗
richte. Wer von ihnen den unglücklichen Schuß gethan, wird sich
aicht ermitteln lassen. *
Der Herzog von Koburg hat die Führung der General⸗
Intendanz des Hoftheaters zu Koburg-Gotha. dem Kabinetsrath
Dr. Tempeltey provisorisch übertragen. —
Madame Ratazzi beschäftigt sich gegenwärtig mit der
herausgabe eines neuen Romans, welcher den Titel trägt: „Wenn
ich Königin wäre.
x Virchow's Wortauf einer früheren Naturforscherversammlung,
das er heuer in Dresden wiederholte, der Mensch müsse haupi-
ächlich mehr in den Naturwissenschaften gebildet. werden, um zu
ꝛinem freien, denkenden Menschen erzogen zu' werden, fängt ein
Werk Reclam's Der Leib des Menschen“ an, in hervorragender
Weise einzulösen. Der Verleger (Thienemann's Verlag Jutius
Hoffmann] in Stuttgart) hat das vortrefflich geschriebene Buch
nit prachtvollen Farbentafeln und zahlreichen Holzschnitten ausge—
tattet und versprechen die uns vorliegenden drei Hefte — in 20
Heften wird das ganze Werk erscheinen — wirklich Ausgezeichnetes
Wie viel Unwifsenheit, wie viele Vorurtheile können durch dieses
Werk dauernd gehoben werden!
f Wien, 6. Oct. Eine höchst originelle Versammlung hat
jestern bei dem bekannten Jungemorughen nächst Sievering siatt⸗
gefunden. Es fanden sich nämlich dort nuus Wien und der Um—
zebung mindestens an 2000 Damen ein, von denen die jüngste
vohl mehr als 40 Jahre zählte. Die Veranlassung hiezu war
»ie Neuwahl der Hauptprophetin jenes Brünnels, nachdem die be—
ühmteste Nummerauslegerin, die unter dem Namen „Lauskathl““
ich ihr Renommee errungen, vor Kurzem verstorben ist. Diese
Neuwahl fand statt, und es wurde zum künftigen weiblichen Vor—⸗
tand der Jungfernbrünnel-Wahrsagerei eine in diesem Fache be—
reits renommirte Pythia aus Hernals gewählt, die wegen ihres
linken Mundwerkes den Beinamen „Schnatter⸗Marie“ führt. Die
„Schnatter-⸗Marie'“ wurde der versammelten Menge auf einem Esel
itzend, vorgeführt. Sie trug ein großes Bild der h. Agnes vor
ich auf der Brust, und kaum erschienen, war auch ihre Wahl
zurch Acclamation sofort vollzogen. Das Geschrei der alten Wei—
ꝛer war so arg, daß man sich bei einem Hexensabath wähnte.
Sofort nach der Wahl begann das Prophezeihen von Glücksnum—⸗
nern, und die neue Prophetin gab so viele Hunderte von Ternen
ius, daß allerdings die Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß unter
jen zahllosen Nummern-Combinationen sich bei der nächsten Zieh⸗
ing auch eine als die richtige erweisen könnte.
Aus Kronstadt meldet man, daß eine furchtvare Feuers⸗
zrunst 150 Häuser zerstört hat.
Im Strafhause zu Lemberg roiteten sich die (etwa 200)
Zerbrecher zusammen und fielen über die Gefangenwärter her;
un Herstellung der Ruhe mußte Militär requirirt werden.
Der „Figaro“ behaupiet, Hr. v. Rothschild habe die Weim
e von Chatedu-Laßiti'e (um den Preis von 48—e Millionen
Fres.) nicht für sich, ——— Marforis
angekauft. 3*677 J
fLondon, 6. Oct. Bis gestern sind etwa hundert Schiff⸗
brüche in Folge der Aequinockialstürme? gemeldet worden. Der
Berlust an Menschenleben jedenfalls sehr groß, kann noch, nicht
hestimmt werden, da mehrere der Fahrzeuge mit Mann und, Maus
zu Grunde gingen.
fEin närrischer Engländer erkundigte sich kürzlich auf dem
dauptpostamt in Paris, wie viel es kosten würde, ihn selbst per
Post unter Couvert nach London zu schicken. — Man wog ihn
und schätzte seinen Transport per Briefpost auf 8648 Franken.
Als er jedoch Ernst machte und das Briefporto für eine Person
aufzählte, übergab man ihn der Polizei, welche ihn, als einen
Narren, nach seinem Hotel zurückbrachte.
(GEitilichkeit im Kirchenstaat. In Rom sind drei Indi⸗
aiduen aus Zagarolo vor Gericht gestauden, die beim Wein und
Zpiel das etwas seltsane Abkommen getroffen hatten, daß der⸗
jenige unter ihnen, der verlöre und nicht zahlen könne, als Buße
den Ersten der ihm auf der Straße begegnete, niederschießen solle.
Als nun der Verlierende hinausging, das Gewehr schußbereit, ist
zer Erste, der ihm begegnet, sein Vatec. Glücklicher Weise siegte
hdie Stimme der Natur, und mit Bewilligung seiner Kameraden
vählte er sich ein anderes Opfer — einen Greis, der ruhig seines
Weges ging.
— Ueber die Aufsuchung der Reste der Expedition J. Franklins
neldet der „Messager franco americain“. Durch den Dr. Goold
von Dublin, der kürzlich von einer arktischen Reise in New-NYork
ingekommen ist, wurden Nachrichten über den Capitän Hall, den
nuthigen Nordpoolfahrer, bekannt, der die Aufsuchung der letzten
Zpuren Franklins und seiner Erpedition unternommen hat. Dr.
Boold traf im August 1867 in der Repulsa⸗Bai mit Capitän
dall zusammen. Dieser Letztere hatte in Erfahrung gebracht, daß
Fapitän Crozier und ein Matrose im Jahre 1864 auf der Insel
Southampton, in der Hudsonsbay gestorben sind. Die Taschen⸗
ihe des Capitäns und andere Ueberreste waren in den Besitz Hall's
gelangt, welcher die schriftliche Hinterlassenschaft Franklin's auf
Zing Williams Land zu finden hoffte. Dies Land aber ist von
wilden, den Seefahrern feindseligen Stämmen bewohnt, welche
der Capitän in Begleitung von Eskimos besucht hatte. Die ihm
unter diesen Horden bekannt gewordenen Details sind geeignet,
klares Licht über den traurigen Ausgang der Franklin-Expedition
zu werfen.
Eine Papierkragen⸗Fabrik in NRewyork mit einem Ka⸗
pital von 500,000 Doll. beschäftigt 460 Personen, welche 350 ver⸗
chiedene Sorten Papierkragen liefern und deren alle 24 Stunden
nicht weniger denn 5,000,000 Stück fertig stellen.
— In Calcutta ist die Cholera ausgebrochen und wüthet un⸗
ter Europäern und Eingebornen gleich verderblich; als Ursache
der Epidemi bezeichnet man das schlechte und verunreinigte Trink⸗
vasser. Auch in Persien, namentlich in Teheran, hat sich die
Cholera wieder halb gezeigt.
F Der bekannte Oculist, Professor Casturani in Turin, hat
die Entdeckung gemacht, daß mittels Eintreibung von Luft durch
die Augen Thiere fast schmerzlos und in wenigen Sekunden —
wei bis vier — getödtet werden können. Da diese Tödtung auch
auf Menschen anwendbar ist und dieselbe nicht die mindeste Spur
don Gewaltthat zurückläßt, so dürfte sie bei den Vertretern der
zerichtlichen Medizin gewiß Aufsehen erregen. Bei jüngst vorge—
rommenen Experimenten in der koniglichen Thierarzneischule in
Turin wurden in wenigen Minuten vier Kaninchen, drei Hunde
und eine Ziege getoͤdtet.
Vom 1. Nov. an werden durch Vermittlung des „Nord—
deutschen Lloyd“ und dessen Agenten Postanweisungen zwischen
dem norddentschen Bund und den Vereinigten Staaten von Ame—
rika und in umgekehrter Richtung eingeführt werden. Denjenigen
»uropäischen Ländern, welche mit dem norddeutschen Bunde Post-
derträge abgeschlossen haben, ist das Recht vorbehalten, diesem Ver⸗
rage beizutreten.
FEin vorzügliches Zahnpulver zu erhalten,
nische man zwei Eßloͤffel voll pulverisirte Lindenkohle und zwei
Zöffel voll pulverisirte Calmuswurzeln mit einer Messerspitze voll
Jremor tatari und einem Theelöffel voll Chinarinde gepulvert und
»ürste die Zähne des Morgens und nach dem Essen, so wird
nan sie gesund und schön weiß erhalten, da die Kohlen und
der Calmus jeder Fäulniß des Zahnfleisches vorbeugen und der
Dremor tartari das Ansezen des Weinsteines an den Zähnen
erhindert.
F*In New⸗Jersey Mordamerika) verklagte jüngst eine ge⸗
visse Mary Adermann ihren Bater und verlangte von demselben
3000 Dollars Schadenersatz, weil derjselbe ihre Liebschaft mit einem
ungen Manne nicht dulden wollte und sie fremden Leuten gegen—
iber unzüchtigen Lebenswandels beschuldigt hatte; die Jury sprach
hr 4000 Dollat zu.