St. Ingberler Anzeiger.
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RNro. 126. Deonnunerstag, den 22. Oetober 3* 1868.
Deutschland.
Mäünchen, 18. Oct. Bei den Schießversuchen in Amberg
hat das Werder'sche Gewehr entschieden den Vorzug vor dem
Werndl'jchen erhalten. In der Trefffähigkeit stehen sich beide Ge—
wehre so ziemlich gleich; aber im Schnellfeuern übertrifft jenes
dieses weit.
Zu der, morgen in Erlangen stattfindenden theorelischen
Slaatsprüfung der nach beendigten Studien in die Praxis über—
retenden Nechtscandidaten sind dieses Jahr 24 Candidalen zuge
lassen, 11 weniger als im Vorjahre.
München, 19. Oct. Der Entwurf eines Gesetzes, die
Aufhebung der Schuld haft betreffend, mil dessen Aus—
arbeitung Herr Ministerialrath Dr. Weis betraut war, is
voslendet und dürfte eine der ersten Vorlagen an die Kammern
bilden.
Muünchen, 19. Oct. Am 17. d. M. ist die neue Rhein ⸗
schifffahrtsacte von Commissären von, Vayern, Baden, Frankreich,
Hessen, Holland und Preußen zu Mannheim unterzeichnet worden.
Schwierige Verhandlungen sind hiermit zu einem glücklichen Ab
schluß gelangt, die Freiheit der Schifffahrt ist jetzt für den ganzen
Lauf des Rheines einschlüssig seiner Mündungen anerkannt. Die
neue Tcte, welche an die Stelle der älteren Rheinschiffahrtsacte
vom 81. März 1881 tritt, unterliegt nunmehr der Ratification
der betheiligten Regierungen. Beigefügt ist derselben eine Schiff—
fahrtspolizeiOrdnung für den Rhein und eine Verordnung über
den Tranusport ätzender, entzündlicher und gesundheitsschädlicher
Stoffe. — Staatsrath Weber, welcher Bayern bei den betreffen⸗—
den Verhandlungen vertrat, ist von Mannheim zurück wieder dahier
eingetroffen.
Karlsruhe, 20. Oct. Zum Präsidenten des Justiz⸗
ministeriums, das seither provisorisch durch Hrn. v. Freydorf ge⸗
leitet wurde, ist Hr. Kreisgerichtsdirecitor Obkircher in Heidelberg
ernannt.
Franbkfurt, 20. Oct. Dem „Frankftr. Journ.“ wird aus
Madrid telegraphirt: „Genetal Prim hat in einem Schreiben an
Girardin erklärt, die constitutionelle Monarchie sei für Spanien
allein möglich, die Republik aber unmöglich, weil die Spanier
nicht republikanisch gesinnt seien.“
Wiesbaden, 19. Oct. Der gestern eröffnete Com⸗
munallandtag hielt heute seine erste geschäftliche Sitzung. — Wie
dem „Rhein. Kurr.“ aus Berlin gemeldet wird, sollen dem im
nächsten Monat zusammentretenden Landtage Vorlagen wegen
Bildung eines nassauischen Provinzialfonds ge—
macht werden.
Baden-⸗Baden, 19. Oct. Der preußische Generalstabs
hhef v. Moltke ist gestern hier angekommen. König Wilhelm und
der Kronprinz gehen morgen nach Berlin zurück.
Berlhlin, 17. Oct. Die den Landtag auf den 4. No—
vember einberufene kgl. Verordnung ist auch vom Grafen Bismardk
mitunterzeichnet.
Die „B. A. C.“ glaubt trotz gegentheiliger Versich erung
officiöser Corresp. behaupten zu können, daß im Staatsministerium
der endgiltige Beschluß gefaßt wurde, dem Landtage eine Vorlage
uüber Einführung einer neuen Steuer zu machen. Das pro 1868
zu erwartende Deficit werde auf 5 Millionen Thlr. veranschlagt;
juk 1869 flehe ein ähnliches in Aussicht. Großer Minderertrag
der Post in Folge Portoherabsetzung, erhebliche Ausfälle bei der
Einnahme der Cisenbahnen, Bergwerken, Forsten, Mindererträge
der directen und indirecten Steuern (in Folge des ostpreußischen
Nothstandes) seien die Ursache.
Wien, 17. Oct. Das Organ des Concordats-Ministers
Leo Thun und Genossen erklärt es für einen ungeheuren Scandal,
daß die Jesuiten aus Spanien vertrieben werden, eher sei es
ange zeigt, daß die Juden überall, wie in Rumänien fuͤr vogelfrei
erklärt würden., Schon früher hat das Organ der ultramontanen
Junkerschuft den frommen Wuunsch ausgesprochen, es möge sich
auch in Oesterreich ein Bratiano finden, der einer Pöbelhetze gegen
die Juden , vom Mislionär an bis zum letzten Haufirer“ keine
hdindernisse in den Weg lege.
Der wegen angeblicher Mitschuld an der Ermordung des
Lriegsministers Lotour im Jahre 1848 in contumaciam zum
Tode durch den Strang veruriheilte Dr. Goldmark kehrte vor
einigen Wochen aus New⸗York nach Wien zurück, um seine Un—
schusd zu erweisen und seine Rehabilitation zu verlangen. Der
competente Gerichtshof hat nun beschlossen, die Wiederaufnahme
des Prozesses wegen Mangels eines jeden strafbaren Thatbestandes
zinzustellen. Dr. Goldmark ist demnach- für schuldlos erklärt. Es
hat aber 20 Jahre gedauert, bis der zum Galgen verurtheilte
Flüchtling mit einigem Vertrauen auf die gebesserie Justiz in sein
haterland zurücktehren konnte
Kronstadt, 14.. Oct. Die Kronst Zig.“ meldet,
daß die in Kronstadt sich befindenden katholischen Geistlichen in
ihrem schriftlichen Vorschlag zu den Verbesserungen in unserer
katholischen Kirche, welchen Vorschlag Bischof Fogarassy abgesor-⸗
dert hatte, den Antrag aaf Aufhebu'ng des dlibalns
aufgenommen haben, und daß das Schriftstück, diesen Antrag
neben anderen liberalen Verbesserungen enthaltend, bereits nach
Karlsburg an den Bischof abgegangen seie.
Trisest, 16. Oct. Auf der Rhede von Smyrna sand am
5. Oct. an Bord des türkischen Dampfers „Tarabulus Garb“,
der mit 680 Soldaten nach Tripoli abgehen sollte, eine Kessel⸗
Explosion statt, wobei 70 Personen verunglückten.
Fraukreich. —
Paris, 17. Oct. „Etendard“ meldet, daß nach Privat⸗
depeschen aus Cuba daselbfi eine gewisse Aufregung herrsche und
bewaffnete Vanden aufgetreten seien, deren Anfuͤhrer sowie Ziele
nan nicht kenne.
Das spanische Jonrnal „La Iberia“ schreibt: „Bei Gelegen⸗
Jeit einer theatralischen Aufführung in Saragossa erregte eine
Declamation des bekannten Dichters Augustin Funes den enthu—
siastischen Beifall des Publikums, und wurde stürmisch da capo
verlangt. Der Inhalt seines Vortrages liefert einen charalteristischen
Beitrag zur Würdigung der großartig entwickelten Freiheits-Idee,
wie sie in der spauischen Nanon zeitweise unterdrückt, nie jedoch
ertoͤdtet werden konnte. In der beredtesten Sprache schildert Funes
die Leiden seines Vaterlandes, das stöhnend in das Gebiß seiner
Tyrannen geknirscht habe. „Unter üderinenschlichen Anstrengungen“
— fährt er fort — schleppte es sich dahin, das Elend saugte
eine Adern aus; doch es schlief ein bei dem klirrenden Schlum⸗
nerlied seiner Ketten. Da in der zwölften Stunde, als Alles
erloren schien, kehrte der Gedanke der Nache in seine Brust zurück,
wuthend raffte es sich auf, und schleuderte den Thron seiner Pei⸗
niger donnernd in den Abgrund. (Endloser Applaus). Dieses
Volk bist Du, mein stolzes Spanien, mein Vaterland!“ Er schließt,
wie üblich, mit einem kräftigen Ausfall auf Isabella, „das Weib
ohne Scham“, die er den nagenden Qualen ihrcs Gewissens
iherläßt, und indem er dringend davor warnt, das eimnal Errungene
wieder aufzugeben, plaidirt er für die Constituirung einer Repudlik.
Auch diese Worte ernteten die begeistertsten Bravorufe. ——
Der „Opinion Nationale“ wird aus Brüssel geschrieben, daß
nan daselbst nicht in Abrede stellt, daß das franzoͤsisch⸗ Cabine
auf Sympathien im Hagg gestoßen sei, welchec muchtig dazu bei⸗
zetragen hätten, den Abschluß eines Offensid— und Deffensibbünd⸗
nisses zwischen der niederländischen Regierung und dem Tuilerien—
Tabinet zu Staüde zu bringeun. Was auch gewisse deutsche und belgische
Blälter sagen mögen, die ohne Zweifel bei dieser Frage interessirt sind,
so ist die Einigung zwischen beiden Regierungen Neine vollendete
Thatsache, welche erst in dem Moment an dier Oeffentlich⸗
leit treten wird, wo die Ereignisse daraus- cine Noihwendigkeit
nachen.
Seit vier Tagen sind. 800 spanische Priester und Mönche in
Frankreich eingetroffen. Dieselben werden in den Klöstern von
Non, Saint Etienne, Toulouse, Limoges und Boutges unterge⸗
hracht. Wie verlautet. kommen diese Gäste dem Kaifer gerade