St. Ingberler Anzeiger.
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Nro. 133. November 1868.
Deutschland.
Speyer, 4. Nov. Heute versammelte sich in Lyceums⸗
laale dahier der Landrath des Kreises und wurden die dies⸗
ahrigen Verhandlungen von dem Hrn. Regierungspräsidenten
». Pfeufer mit folgender Ansprache eröffnre:—
„In Folge allerhochster Entschliezung Seiner Majestät des
Zönigs vom 10. v. Niis. hatte ich die Ehre, Sie, meine HH.,
zuf den heutigen Tag an den Sitz der Kreisregierung einzube⸗
rusen, damit Sie der allerhöchsten Willensmeinung und dem Ge⸗
eß entsprechend Ihre schon vielfach erprobte Thätigkeit den Be⸗
hürfnissen des Kreises auch für das Jahr 1869 zuwenden. Die
hierauf bezüglichen Vorlagen, welche Ihnen mitzutheilen die Kreis⸗
regierung sich beeilen wird, werden in Ihnen die Ueberzeugung be—
zründen, daß dieselbe gewifsenhast gewirthschaftet und die Inte⸗
kessen des Kreises niemals außer Acht gelassen hat. Sollten Sie
u einer anderen Anschauung gelangen, so bitte ich Sie dringend,
Ihrem Berufe und Ihrer dem Art. 15 üt. 1. des Landrathsge⸗
sehes entstammenden Pflicht rückhaltlos Rechnung zu tragen.
„Eine Vergleichung des Voranschlags für das Jahr 1869
nit dem diesjährigen Kreisbudget ergibt bei den Ausgaben eine
MNehrung von 38,366 fl. Diese Summe entziffert sich — abge⸗
ehenn von dem Mehrbedarf für das Landgeßüt, durch den in Aus—
icht genommenen Bau im Armenhause zu Frankenthal, durch die
n Autrag gebrachten Theuerungszulagen für die Lehrer an den
solirten Lalein⸗ und Gewerbeschulen, und endlich durch die Eri—
jenzbedürfnisse der letztgenannten Anstalten. Der ersterwähnten
ßroposition werden Sie auf Grund der medicinaltechnischen Gut⸗
ichten eine besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden und hierbei Be—
acht zu nehmen haben, daß der Bau den Bedürfnissen auf De—
ennien hinaus zu dienen hat. Bezüglich der Theuerungszulagen
sür die Lehrer an den isolirten Lalein- und Gewerbeschulen wer⸗
gen Sie in Freigebigkeit für Zwecke des Unterrichts und der Er⸗
iehung hinter den Anschauungen des Landtags nicht zurückblei⸗
en wollen. Was endlich die Exigenzbedürfnisse der Gewerbe⸗
chulen betrifft, so erlaube ich mir aufmerksam zu machen, daß das
Wehrverfassungsgesetz, dessen Vortheile von der pfälzischen Bevöl⸗
lerung sehr bald eriannt und gewürdigt worden sind, neben an—
zeren auch die so belangreiche Wirkung des Strebens nach inten-
siverer Ausbildung zur Folge hat.
„In dem Voranschlage für die Einnahmen werden Sie die
Dotationszuschüsse für Gemeinden und Privaten für die Kreisan⸗
dalten zu Klingenmünster und Frankenthal vermissen. Diese Zu—⸗
chüsse erscheinen nur noch in den Rechnungen dieser Anstalten,
nachdem das Budget nach den Grundsätzen des Nettohudgets ent⸗
worfen wird.
Ich habe noch mit wenigen Worten auf eine Feier zurück—
sukommen, welche im ganzen Lande am 26. Mai d. J, in einer!
zer Bedeutung entsprechenden Weise stattgefunden hat. Gerade an
diesem Orte, in dieser Versammlung ist Anlaß gegeben, des Ver⸗
assungswerkes in Dankbarkeit sich zu erinnern. Wenn Sie, meine
derren, einen Rückblick werfen auf Tit. 2 8 1 des Gesetzes vom
38. Pluviose VIII. und auf das Landrathsgesetz vom 15. Aug.
1828, und die Wirkungen dieser Gesetze verglichen mit den Er—
olgen, welche das Gesetz vom 28. Mai 1852 durch die coope⸗
zative Gestaltung des Landrathes, die ihm zugewiesene Competenz⸗
rweiterung durch den Ausschuß und dessen Thätigkeit auch außer
zer Zeit der Jahressitzungen erstrebt und erreicht hat, so werden
ie mit mir darin übereinstimmen, daß durch die Gesetzgebung vom
28. Mai 1852 eine bedeutende Wendung zum Besseren eingetre⸗
en und die Kreisbevölkerung den legislafiven Factoren zu Dantk
zerpflichtet ist. Die Thätigkeit dieser wurzelt aber in dem Staats-
rundgesetze, auf dessen 50jährigen Bestand jeder Bayer mit Stolz
urückblicken darf, und in dessen fester Handhabe und zeitgemäßer
Entwickelung eine um so größere Garantie für die ßaatliche Zu⸗
unft gelegen ist, als dem verfassungstreuen Volke der königliche
Führer voranleuchtet. „Treu dem Vorbilde meiner erlauchten
Ahnen werde auch ich das Banner der Verfassung ho hhalten, mein
höchstes Glück suche ich in dem Glücke meines Volkes.“ Diesen
töniglichen Worten schulden wir Dank. Lassen Sie uns demselben
Musdruck geben durch ein Hoch auf des Königs Majestät, Se.
Majestät König Ludwig V. lebe Hoch!“
Nach Verpflichtung des an die Stelle des f Landrathes und
Zürgermeisters Knaps von Blieskastel getretenen Rentners Hrn.
Zott von Homburg schritt der Landrath zur Wahl seines Präsi—
»enten und Secretärs die auf Hrn. Anwalt Böcking von Landau
als Präsident und Hrn. Notar Schmidt von Otterberg als Se—
cretär fiel. Der Landrathspräsident verlas hierauf zwei Gesuche
her HH. Weis und Reudelhuber um Vefreiung von den diesjäh—
cigen Sitzungen, welche ertheilt wurde, und hielt an die Versamm⸗
ung folgende Ansprache:
„Indem ich Sie zur diesjährigen Versammlung willkommen
heiße, habe ich mit Bedauern zu erwähnen, daß wir auch dieses
Jahr den Tod eines Collegen, des Bürgermeisters Peter Knaps
in Blieskastel, zu beklagen haben. Ehrenmann im vollen Sinne
des Wortes, mehrfach Mitglied des Landrathes und gewissenhafter
Zürgermeister, starb er in noch rüstigem Mannesalter, nachdem
hm noch kurz vorher die Freude zu Theil geworden war, der
Fröffnung der Eisenbahn beizuwohnen, deren Richtung über Blies—
tastel die dortige Gegend zu nicht geringem Theile seiner uner⸗
nüdeten Thätigkeit verdankt. Noch einen weiteren Act der Pietät
laube ich erfüllen zu müssen, wenn auch Derjenige, von dem ich
eden will, zur Zeit seines Todes nicht mehr unser College war:
ZIhilipp Heinrich Krämer, zu Lebzeiten Hüttenwerksbesitzer zu
St. Ingbert. Im Besitze verdienter Ehren, und durch eigene
Thätigkeit erworbener Glücksgüter schlug sein Herz vor allem für
seine engere Heimath, deren Wohl nach allen Richtungen hin bis
zu seinem in hohem Alter erfolgten Tode das Ziel seines Stire—
zens war. Hiervon sowie von dessen wohlmeinender Liebenswür⸗
digkeit unb Unparteilichkeit sich zu überzeugen, hatte Niemand
hessere Gelegenheit als der Landrath, dessen Mitglied und Präsi-
deut er seit einer langen Reihe von Jahren bis zum Beginne
der dermaligen Landrathsperiode war. Mäge beiden in unserem
umd ihrer Mitbürger Gedächtniß ein wohlwollendes Andenken be—
bahrt bteiben. Ich bitte Sie zum Zeichen Ihrer Zustimmung
'ich von Ihren Sitzen erheben zu wollen. Schließlich heiße ich
das neu einltretende Landrathsmitglied Hrn. Heinrich Zott von
»onburg in unserer Mitte herzlich willkommen.“
Hierauf wurde die Wahl der Ausschüsse vorgenommen.
tächste Sitzung am 6. Nov. Nachmittags 3 Uhr.
München, 2. Nov. Die gemeinschaftlichen Einnahmen
don Sal zsteuer für das erste und zweite Quartal 1868 be⸗
trugen im ganzen Zollverein 4,696,630 Thlr., wozu noch
die auf private Rechnung freigeschriebenen Gefälle im Betrage zu
1495 Thlr. kommen, somit im Ganzen 4701,125 Thlr. Die
Einnahme in Bayern belief fich auf 706,554 Thlr., nach dem
Perhältniß der Bevölkerung tkrifft auf dasselbe 606,017, Thlr.,
hat somit hinauszuzahlen 157,951 Thlr.
München, 4. Nov. Eine neue Disciplinarordnung für
ie Gendarmerie ist erschiexken. — Nach den in Art. 83 des
zeuen Wehrverfassungsgesetzes enthaltenen Bestimmungen soll den—
enigen Wehrpflichtigen, welche in die Ersazmannschaft eingestellt
und zum Dienste nicht einberufen werden, den gaänzlich oder theil
veise von der Wehrpflicht Befreiten, ferner denjenigen, welche we—
zen einer die Erwerbsfähiglkeit nicht aufhebenden Untauglichkeit und
enjenigen, welche wegen Unwürdigkeit ihrer Wehrpflicht nicht
achkommen, ein Beitrag zur Staatskasse auferlegt und die Größe,
Frhebung und Verwendung dieses Beitrages durch ein besonderes
Hefetz geregelt werden. Der desfallsige Gesetzentwurf ist im Kriegs-
ninisterium bereits ausgearbeitet. An der endgiltigen Fesistellung
———
Innern und der Finanzen.
Erlhangen., 4. Nev. Gestern Abends hielt Hr. Prof.
Marquardsen vor einer zahlreichen Versammlung einen Vortrag
her das Zollparlament. Der verehrte Redner sprach in der ihm