In Prag wurde Pater Hauschka, Secretär des dortigen
Erzbischofs, zu 14 Tagen strenger Haft verurtheilt. Er hatté iu
der Clemenstirche gegen die Civilehe gepredigt, welche hauptfäch
ich nichts Anderes sei, als wenn ein Schauspieler Abends im
Theater den Ritter Schnofrenius vorstellte, die Prinzessin Mor—
dulina heirathete und von einem dritten Schauspieler getraut
würde. Ferner hatte der witzige Pater, um die Civilehe recht
anschaulich zu machen, von der Kanzel herab eine Geschichte er—
zählt von der Verlobung des Itzig Jeiteles mit Rosa v. Lilien⸗
lhal, von dem Streit, ob das von ihr geborene Kind getauft
oder beschnitten werden solle, und wie nun die christlichen Kinder
ihrem jüdischen Vater „Hepp, Hepp!“ zurufen und die jüdischen
Kinder ihre eigene Mutter auslachen, weil sie vor dem Kreuze
iniet und betet. Für diese und andere drastische Argumente,
welche direcker ins Geschlechtliche einschlagen, darff nun wie oben
gesagt, der würdige Priester brummen. Es gilt, keine Tugend
mehr in der West. ꝛ —
Fraukreich. 2
Paris, 14. Novb. Der König von Preußen hat — nach
der „Patrie“ — die Entlassung des Herrn v. Goltz nicht ange⸗
nommen, sondern ihm nur behufs einer in Berlin zu nehmenden
stur einen Urlaub von 8 Monaten ertheilt; Herr v. Goltz wird
abermorgen Paris verlassen. Von seiner Ersetzung auf dem Ge⸗
sandschaftsposien ist keine Nede.
Es wird versichert, die mit mehreren fremden Häusern be⸗
züglich der Anleihe von 400 Millionen Realen angeknüpften Un—
jerhandlungen hätten mit dem Hause Rothschild Erfolg
gehabt. —
Die Generale Prim und Serrano werden ehestens eine
große Revue über die in Madrid concentrirten Truppen abhalten.
— Der „Gaulois“ enthält fotgende Mittheilungen: Der Gou—
herneur von Santander hat im Seminar von Corban
ein heimliches Depot von 600 den Carlisten zugehörigen Flinten
enideckt.
Die Journale verlangen, daß die von Narvaez ausgegangenen
Ernennungen zum Marschallat der Generale Concha und Cheste
annullirt werden, weil dieselben keiner der reglementarischen Be—
zingungen genügen, die an diese hohe Würde geknüpft sind. —
Fin protestantisches spanisches Journal ist soeben in Madrid er—
schienen: es führt den Namen “la Revolucion“ und wird
die lutherische Reform und das republikanische Vrincip ver⸗
heidigen.
Paris, 15. Nov. Der „Constitutionnel“ legt der Rede
Stanleys, dessen friedliche Absichten er übrigens anerkannt, nicht
mehr-ais den Character der Wahlrede bei. Die „France“ wür—
digt diese Rede in demselben Sinne. — Das genannte Blatt
zagt auch in Erwiderung des bekannten Artikels der Wiener Presse,
die Artikel des Pariser Vertrags, welche die Lage der Donau—
zürstenthümer regeln, hätten nichts Zweideutiges, das eine neue
Auslegung erfordern könnte. Es sei auch kein Vorschlag in diesem
Sinne an die französische Regierung gerichtet worden. Die „Tri—
bune“ und die „Revue politique“ wurden mit Beschlag
delegt. —
Paris, 16. Nov. Der „Moniteur“ bestätigk, daß der
„Gaulois“ wegen Verbreitung falscher Nachrichten (hier Verschwö—
rung) gerichtlich verfolgt wird. J
Italien. —
Ter Monte⸗Baldo, der sich am Gardasee hinzieht,
droht, sich zun Vulkan umzuwandeln, häufig läßt sich uuterirdi—
sches donnerartiges Geräusch hören, alle Einwohner der Umgegend
huben ihre Wohnungen verlassen, und die Regierung hat sich be—
eilt. eine Commission zu ernennen, welche die etwa nöthigen Hilfs—
leifiugen und Unterstützungen für die Bewohner zu prüfen, zu—
gleich aber auch die wissenschaftlichen Vorgange des Phänomens
zu uutersuchen hat. Auf der anderen Seite des Gardasee's, in
Desenzuno, ist ein Haus in den Erdboden versunken, aber der—
art, daß das oberste Stockwerk noch bewohnt werden kann.
— Ju der Armee wird seit einigen Tagen ein Aufruf, dem
Beispiele des spanischen Heeres zu folgen, und der Monarchie
iu Eunde zu machen, verbreitet.
Spauien.
Madrid, 15. Nov. Die heute abgehaltene große Volks—
sersammlung- welche von 50,000 Menschen besucht war, verlief
roh der Anwesenheit von Polizeibeamten in vollster Ordnung.
Ats besonders wichtig sind die Erklärungen democratischer Reduer
zu betrachten. Martos sagte u. a.: „Bestern wurde das Manifest
des Tentralcomites telcgraphisch in die Provinzen versandt und
uberall jubelnd aufgenommen. Wißt Ihr, welche Antwork die ge⸗
werkreiche Stadt Barcelona ertheilte? Sie unterzeichnete 50 Mil⸗
liovren Anleihe, ein mathematischer Beweis für den vortrefflichen
FTaudruck der Manisestes“ Die Versammlung durchzog die
Hauptstraßen der Stadt bis zum Palast des Präsidiums
der pro⸗isorischen Regierung- deren Mitglieder unter stürmi—
schem Beifalle sprachen. Die Börse begrüßte das Manifest mit
einer Hausse. F J
Eiun Rundschreiben Prim's beantwortet die Forderungen um
Verstärkung der Garnisonen, die von fast allen Generatcapitänen
in den Provinzen gestellt werden, abschlägig. Das Circular sagt,
»ie Regierung zähle auf die Unterstützung des größten Theiles
der Nation; die Verstärkung der Garnisonen würde die Vergröe
zerung der Armee bis zu einer Ziffer nothwendig machen, weit
zrößer als diejenige, welche man dem Lande auferlegen dürfe.
Das Rundschreiben kündigt eine beträchtliche Truppenconcentri-
rung in Neu⸗Castilien an, welche sich, Dank den zahlreichen Ei—
senbahnen und Telegraphen, stets dahin dirigiren lasse, wo es
Noth thue.
—Der Gesammtbelrag der Anlehe beziffert sich bis jetzt auf
5,684,800 Escudos. —WW WW
—Aus Madrid, 17. Nov. wird dder Havas'schen Agentur
zeschriehen: Das so oft angekündigte Wahlmanifest ist endlich
erschienen. Ich will Ihre Aufmerksamkeit nur auf eine Stelle
desselben lenken, aus der hervorzugehen scheint, daß die Unter⸗
zeichner eine nicht erbliche Monarchie anstreben. Diese Stelle
st folgende: „Es handelt sich indessen hier nicht um die Monar—
hie, die wir gestürzt haben, um die Monarchie dynastischen Ur—
prungs, welche über dem Volk zu stehen glaubte und zugleich
eine Souveränität und seine Freiheit unmöglich machte. Diese
Monarchie ist todt für immer in Spanien. Unsere Monarchie
im Gegentheil, die Monarchie, die wir votixen wollen, ist die,
velche aus dem Volksrecht entspringt, die, welche das allgemeine
Stimmrecht consecrirt, die, welche die Souveränität der Nation
yymbolisirt, die, welche alle öffentlichen Freiheiten consolidirt, die
indlich, welche die Rechte des Bürgers personificirt, Rechte, welche
über allen Institutionen und Gewalten stehen: es ist die Mon—
archie, welche radical das göttliche Recht vernichtet und mit die—
sem die Suprematie einer Familie über die Nation, die von de—⸗
nocratischen Institutionen umgebene, die volksthümliche Monarchie.“
Welches Mittel gibt es aber, die Suprematie einer Familie über
die Nation zu vernichten, ohne die Erblichkeit abzuschaffen ? Das
Manitest sagt allerdings gleich darauf: „Wir werden einstimmig
ür die Monarchie mit allen ihren wesentlichen Attributen votiren,“
aber es bleibt zu wissen übrig, ob die Erblichkeit für eines dieser
Attribute angesehen wird.
Amerika. 3*
New-York, 14. Nov. Im hiesigen Hafen sind zwei
Dampffähren zusammeungestoßen; es gab Todte und Ver⸗
vundete.
Vermischtes. wye
In der Nacht vom 18. zum 19. d. wurde in dem Bahn⸗
jofe Bruchmühlbach die Hauptkasse erbrochen und nebst dem gan⸗
en Inhalte fortgeschteppt; ebeuso wurden sämmtliche Schubladen,
'u denen kleinere Geldbetrage aufbewahrt waren, geleeit. Ein
Thäter ist bis jetzt nicht ermittelt. — Ein ähnlicher Einbruch ge⸗
chah in der Nacht vom 13. zum 14. Nov. im Stationsgebäude
Ittweiler und wurden die Geldnorräthe aus der Handkafse des
dassiers und der Theke des Restaurateurs entwendet. Die eiserne
Zauptkasse konnte nicht erbrochen werden. Durch einige vor dem
Stationsgedäude aufgefundene Gegenstände glaubt man den Thä—
lern auf der Spur zu sein. ——
F Bei der am 13. Nov. abgehaltenen Generalversammlung
der Aktienbrauerei Tivoli in Zweibrücken waren 33 Actionäre
mit 238 Actien — im Ganzen sind 360 Actien vorhanden —
anwesend. Aus dem vorgetragenen Geschäftsbericht entnehmen
wir Folgendes: 1. Die Production betrug 1427 Fuder um circa
100 Fuder mehr als im vergangenen Jahre, was besonders am
tarken Absatze nach Paris zuzuschreiben ist; hiervon tranken die
Brauerbursche über 30 Fuder. 2. Die vorhandenen Fässer haben
reinen Werth von nahezu 40,000 fl. 3. Der Reingewinn betrug
nach Abzug der siatutenmäßigen Abschreibungen und der Einlage
n den Reservefonds 23,820 fl., was bei einem Actien⸗Capitale
oon 180,000 fl. eine Dividende von 13 pCt. entziffert. 4. Die
Generalversammlung beschloß jedoch entsprechend dem Antrage des
Verwaltungsrathes nur eine Dividende von 7 pCt. zur Verthen
lung zu bringen, und den Rest mit mehr als 10,000 fl. in, den
Reservefond einzulegen.
F Kaiserslautern, 17. Nov. Herr Dr. A. Wol⸗
dert an der hiesigen k. Kreisgewerbschule erhielt von der bayer.
Regierung auf einen von ihm erfundenen Mantelröhrofen ein
Gewerbsprivilegium auf 1 Jahr, vom 7. November 1868, au⸗
fangend. —0
F Kronach, 14. Nov. Der- auf dem Rosenberg befind⸗
iche Festungssträfling Chorinsky wurde wegen Zeichen von Geistes⸗