Full text: St. Ingberter Anzeiger

störung am Gestrigen in das Krankenhaus der Festung verbracht 
ind soll nun bei demselben, sicherem Vernehmen nach, die förmliche 
Tobsucht ausgebrochen sein, so daß ihm heute die Zwangsjacke 
angelegt werden mußte. 5 —— 
4 Der Pfarrer Ott von Graͤfling wurde am 11. d. vom 
Bezirlsgerichte Deggendoef auf Anklage wegen Amtsehrenbeledig⸗ 
ung der Regierung und der Abgeordneteikammer und Aufforderung 
jum Ungehorsam (verübt in einer öffentlichen Rede über das 
Schulgesetz) zu 200 fl. Geldstrafe verurtheilt.“«Der“ Staatsawalt 
datte 9. Monate Festungsstrafe beantragt. 
7 In Eischst ädt haben seit der Sälkularisation die Nonnen 
eineß damals aufgehobenen Klosters im einem“ Privathause nach 
hret Ordensrgel und vonder ihnen ausgeworfenen Pension 
ortgelebt. Dieser Tage ist die letzt von ihnen, 100 Jahre 8 
Monate alt, gestorben, und es gibt jetzt in Bayern keine Nonnen 
nehr, als die der Krankenpflege, dem Schnlunterricht- oder der 
weiblichen Erziehung sich widmen. 
7 Saarbrücken, 162 Nov. Viel Aufsehen und Muth- 
maßungen oft der absonderlichsten Art hat ein Patroneu-Transe- 
port herborgerifen, der am 14. d. von. Saarlouis aus nach der 
iranzösischen Grenzstadt Forbach stattfand. An diesem Tage näm— 
lich passirte ein Commando des 70. Infanterie⸗Regiments, beste⸗ 
hend aus 1 Officier und 18 Mann, von Saarlouis kommend, den 
giesigen Bahnhof, um 6000 Stück Zündnadelpatronen nach For— 
zach zu bringen, woselbst die Munition von einem Commando aus 
Metz abgeholt werden wird. Die Mannschaften, welche neue 
Uniformen und Mantel trugen, waren ohne Gewehre und führten 
die Munition in ihren Tornistern mit sfich“ Wenn die „Saar— 
uind Blies⸗-Zeitung“ recht unterrichtet ist, soll diese Zündnadel— 
Munition zu den in Metz anzustellenden Probeschießen mit Zünd— 
aadelgewehren bestimmt sein, wie denn auch die französische Mil itär 
erwaltung die Munition zu den diesseits mit Chassepot-Gewehren 
angestellten Versuchen geliefert hat. bg F 
Koln, 17. Nov. Heute Nachmittag vor 4 Uhr wurde 
zier an; verschiedenen Stellen eine Erdersschüttenr ung 
verspürt. 
Görlitz.“ Am 11. d. M. wurde ein Riesenkürbis auf 
ansern Markt gebracht.“ Der Kürbis wog nint mehr und nmich 
weniger als 83 Pfund. 
Der in Wien mit seiner Tochter und drei Söhnen in den 
drückendsten Verhältnissen lebenbe Buchdrucker Leopold Seiler er⸗ 
hielt an verflassenen Sonntag, aus Regensburg die telegraphische 
Nachricht, daß ihm der daselbst verstorbene Bischof Andreas Seiler 
1 Miill. Gulden vermacht habe. Der Verblichene hinterließ ein 
Vermögen von 18 Mill., wovon derselbe 6 Mill. dem Nounen— 
loster, 3 Mill. dem Bisthum in Regensburg und 4 Miill. seinein 
Broßneffen, dem Leopold Seiler, testirt. (Der Mann muß ein 
lucratives Geschäft gehabt haben.) 
7(Aus Rochefeari's Lanterne.) 1) Wie kammt 
es, daß bei allen passeuden Anlässen immer nur von der Mutter 
des Kalsers, der Königin Hortensia, die Rede ist, und nie von 
dem Gemihl derselben, dem Könige Ludwig von Holland? — 
2) Eine Zeitung wird gerichtlich verfolgt, weil sie ein Capitel 
aus der Geschichte des Staatsstreichs veröffentlicht. Ein komisches 
Land, wo die Geschichtschreiber, aber nicht die Urheber des 
Staatsstreichs verfolgt werden! — 8) Freunde werfen mir vor, 
ich sei zu heftig. So? soll ich etwa lustig sein 7. Die Regie— 
rung bricht ihren Eid, verhaftet den General Cavaignac in seinem 
Betie, rauͤbt der Familie Orleans ihre Güter, confiscirt die 
Blätter, wenn sie noch unter der Presse und ehe sie ausegeben 
sind, läßt durch ihre Policisten die Studenten niederkeilen und 
junge Mädchen in schändliche Kerker schleppen. Bürger nieder— 
schießen, don denen man glaubt, daß sie an der beschworenen 
Republik hängen; Tausende ohne Urtheil und Recht nach Cayenne 
und Lambessa schleppen; — und wenn nun ein Journalist kömmt 
und diese Heldenthaten mißbilligt, heißt es, er sei zu heftig! Der 
Präfect Pastoureau ließ den vermeintlichen Democraten Martin 
Bidaure erschießen, und da er nach zwei Tagen erfuhr, der arme 
Martin sei nicht zu Tode getroffen worden, ließ er ihn aus dem 
Spitale holen und zum zweiten Mal erschießen. Das ist wahr 
scheinlich lieb und sanft und gar nicht „heftig?“ — 4) Der 
Pascha von Egypten hat zwei Söhne. Den einen läßt er in 
England, den anderen in Frankreich erziehen. Nehmen wir nun 
an, der eine bilde sich zum redlichen, biederen, freisinnigen Manne 
zus, der andere zum tückischen, freiheitsfeindlichen, rechtsverdrehen⸗ 
den Gauner, zum politischen Taschenspieler. Frage: wer von 
Hnen ist der in Frankreich, wer der in England etzogene? — 
5) Tenot hat ein gates Buch über den Staatsstreich geschrieben. 
Wenn die Bauern lesen könnten, so würden sie aus diesem Buche 
erfahren, daß in Frankreich nach dem zweiten Dezember nicht 
veniger als sechsundneunzigtausend Männer theils aus dem Laude 
zejagt, theils erschossen, theils in bestimmte Orte eingesponnen 
wurden. Jene Manner waren meistens Familienväter, und so—⸗ 
iach hat di weise Maßregel der De zembristen ungefähr viermal⸗ 
underttausend Menschen zu Grunde, gerichtet. Bei der Gelegen⸗ 
Jeit erschienen humane Decrete, wienz. B.; „Folgende, Indi vi⸗ 
u en werden aus Frankreich geschafft; Victor Hugo, General 
Favaignac Emil. z. Girardinu. s. w., Wie hoͤflich und an⸗ 
tändig!“ —“ 6)! Man will einer Straße-in Paris den Namen 
Walewsti· Struße geben. Sehr gut.! Wird aber der Stadthe; 
hjörde doppelte Mühe' machen; deun wie lang wird's währen, 
zis sie umgetauft wird? —..7). Die Kammexn kommen bald zur 
ammen,.“Ehrenschneider hat alle Hände voll mit neuen Gesetz 
dorlagen zu thun. Geschwind, Messieurs, ruft er in die getreue 
Zchaar hinaus, nicht viel Worte verloren; nichts als abgestimmt, 
Hesetzentwurf Nummer Eins: der Generalpostdirector wird — 
— 
behalten. Angenommen! — Nummer zwein:: Jeder Policist ist 
berechtigt, ehrbare Frauenzimmen am Kragen zu packen und zu 
derhaften, und sie ein weniges zu prügeln, wenn sie sich wehren. 
Ungenommen ! Niminer drei: die Abgeordueten sind unver— 
etzlich; sie sind es aber nicht mehr, wenn sie zur Opposition 
übergehen. — Will jemand etwas einreden ? Still, Sie dor! 
in der Ecke, Sie haben das Wort nicht. Angenommen! Gut, 
jetzt können Sie nach Hause gehen und Ihre zehntausend Franu— 
kenn Depitirtengehalt mit Ihrer Freundin verzehren. 
7 Zu, Taͤlcahuano (bChifi) wogte die See in der Nacht 
des 14. September mit ungewöhnlicher Heftigkeit. Das Wasser 
var siedendheiß und Fische wurden tu gekochtem Zustande an die 
Küste geworfen. e 
Ausbach, 16 Nov. Bei der heute dahier vorgenom⸗ 
nenen vierundzwanzigsten Serien⸗Zehung des Ansbach⸗Gunzen⸗ 
hauser Eisenbahn-Anlehens sind die nachstehenden 44 Serien-Num- 
mern: 145. 193. 271. 301. 571. 780. 857. 1011. 1016. 
1081. 1315. 152150 1562. 1602. 1845. 1848. 1975. 2004 
20175 2200. 2207. 2238. 2299. 2339. 2504. 2861. 83190 
3384. 3704. 3870. 3899. 3950. 4155. 4170. 4283. 4551J. 
1650. 4689. 4837. 4853. 4856. 4895. 4899. 4966 erschienen, 
welche an der planmäßiz am 15. Dezember d. Is. staitfindenden 
Vewinnziehung Thel zu nehmen haben.. * 
Landwirthschaftlichesss. 
Das Stroh alsz Einstreumaterial. Daß das 
Stroh seinen hohen Werth als Einstreumaterial nicht den in ihm 
enthaltenen Pflanzennährstoffen, vielmehr seiner physikalischen Wir—⸗ 
kung, aufsaugend auf den Urin zu wirken, verdankt, ist bekannt; 
allein noch nicht bekännt genug scheinen die Methoden zu sein, dit 
diese Eigenschaft des Strohes zur vollen Wirksamkeit gelangen 
lassen. Fast überall ist es noch gebräuch ich, das zum Eiustreuen 
in Verwendung kommende Stroh einmal zu durchschneiden. Allein 
venn man bedeukt, daß die hohle Röhre des Strohhalms durch 
noten mehrmals unterbrochen ist, so muß es einleuchten, daß bei 
diesem Verfahren der Strohhalm nicht seine volle aufsaugende 
raft entfalten kann, namentlich nicht, wenn er keine Risse hat; 
denn der Urin erfüllt nicht das Röhrenstück von seiner Schnitt- 
fläche bis zu seinem Knoteun, weil dasselbe auch Luft enthält, die 
nicht alle entweichen kann. .Skudirende an der landwirthschaft- 
lichen Lehranstalt in Worms haben vor 5. Jahren einmal fol⸗ 
jenden Versuch ausgeführt: Zwei große Schüsseln werden mit 
Jauche gefüllt und in die eine 1J Pfund- Stroh eingetaucht, das 
»on Halmen herrührte, welche 6 mal quer zerschnitten wareü und 
in die audere Schüssel wurde 1 Pfund derselben Strohsorte ein⸗ 
getaucht, das aber nur ein mal durchschnitten-war, das Stroh 
olieb 20 Minuten lang eingetäucht; alsdann wurde es auf quer 
über die Schüsseln gelegte Stöckchen gebracht und 20 Minuten 
lang dem ruhigen Abtropfen überlasser. Das Pfund des 6 Mal 
zeschnittenen Strohes halte 284 Pfund, das Pfund das 1 Mat 
eschnittenen Strohes aber nür 1h6 PfundJauche festgehalten. 
Seitdem dieser Versuch bekannt geworden ist, haben viele Land⸗ 
virthe das mehrmalige Zerschneiden des Streustrohes eingeführt 
und sprechen sich über den so erzielten Dünger sehr vortheilhaft 
aus. — Gustav Müller aus Neuhofen i. J, theilt-uꝛs, mit, daß 
er im Jahre 1864 zweien seiner Kühe nun mehrmals durch⸗ 
Jeschnittenes Skroh, zwei anderen aber von gleichem Gewichte nur 
Mal durchschnittenes, Stroh eingestreut habe und zwar bei sonit 
ooslkommen gleichbleibenden Verhältnissen; der erzielte Mist sei 
jeder appart gelagert worden. Nach 10 Wochen habe der Dünger,. 
der von dem mehrmals durchschnittenen Streustroh gewonnen wor— 
„den sei, wiewohl die Kühe auch dieselben Futterstoffe in ganz'glei— 
nchen Ralionen erhalten hatten, 9 Centner mehr gewogen, als der 
von dem 1 Mal geschnittenen Streustroh. Sodann habeer diest 
heiden Mistforten einem und demselben Acker gegeben, aber ge— 
trennt und habe sih überzengt, daß der Mist der ersteren Art in 
drei aufeinander folgenden Ernten sich wirkfamer gezeigt habe, utz 
er Mist der lekßfteren Arke—