Full text: St. Ingberter Anzeiger

in der großen Gefahr einer Gehirnentzündung. Der Angeklagte 
leugnete anfänglich die That vollstandig, behauptete aber später, 
Schwarz habe mit einem Brett nach ihm geschlagen und er nu 
abwehrend die Hacke ergriffen und das Brett abzuhalten gesucht 
Schwarz wird als friedliebend geschildert, währenb seine Frau 
eine etwas bose Zunge haben soll. Der Vertheidiger des Ange— 
klagten, Herr Rechtscandidat Heinz, machte die Geschworenen auf⸗ 
mertsam, daß das Zeugniß der Eheleute Schwarz etras verdach— 
tig erscheine und es möglich sei, daß die Ehefrau Schwarz, die 
nach der Aufstellung des Angellagten mit einer Schippe ihrem 
Fhemanne zu Hilfe eilte, diesen hiemit selbst verletzt haben könne; 
jebenfalls habe Krieg nur abgewehrt, sich im Stande der Noth⸗ 
wehr, wenn auch mit schuldhafter Ueberschreitung der Grenzen der⸗ 
elben, gewiß aber in dem des Reizes und der durch die Auf— 
regung, in welcher er sich befand, geminderten Zurechnungsfähig— 
keit befunden. Die Geschworenen erklärten den Angeklagten 
schuldig, jedoch unter Annahme geminderter Zurechnungsfähigkeit, 
worauf derselbe zu einer Zuchthausstrafe von vier Jahren ver 
artheilt wurde. 
Jermischtes. 
fLudwigshafen, 1. Dec. Die Generalversnmm— 
luug der Marbahn⸗Gesellschaft genehmigte einstimmig den Bau 
der Zweigbahn Winden-Bergzabern und die dazu erforder⸗ 
kiche Erhöhung des Bau⸗ und Einrichtungskapitals um 275,000 
Gulden. 
Saarbrücken, 30. Nov. Auf der Rhein⸗-Nahe⸗ 
Bahn hat heute Morgen bei Station Heimbach eine Entgleisung 
des Zuges stattgefunden. Unglücksfälle haben sich weiter dabe 
nicht zugetragen; eine Verspätung des Zuges ist glücklicher Weise 
Alles, was zu bedauern ist. — Auch auf dem hiesigen Bahnhofe 
entgleiste der um 2 Uhr 30 Min. von hier nach Trier abgehende 
Zug unmittelbar beim Verlassen des Bahnhofs; der Unfall ging 
ohne weitere Folgen vorüber. — J 
— Aachen, 25. Nov. Ein bedauernswerthes Ereigniß 
macht heute in Aachen die Kunde, das uns folgendermaßen er— 
zählt wird: Zwei belgische Geistliche kamen mit dem Zuge um 
6 Uhr aus der Richtung von Gladbach hier an und wollten den 
anschließenden Zug der Rheinischeu Bahn zur Weiterreise benutzen. 
Sie begaben sich zu dem Zweck auf dem schmalen Fußwege, wel⸗ 
cher zum Gebrauch der Passagiere rir den Schienensträngen 
der Rheinischen Bahn sich hinzieht, zum Bahnhof der letzteren, 
wobei sie unterwegs von einem im Rangiren begriffenen Zuge 
eingeholt wurden. Einer der beiden Passagiere hielt sich zu nahe 
am Schienenstrang, und als plötzlich ein Waggon zurückprallte 
und auf die Beiden zugerollt kam, zog sein Begleiter ihn auf den 
Fußweg zurück, stolperte jedoch hierbei selbst und fiel so unglück— 
lich auf das Geleise, daß der Waggon mitten über ihn hinweg— 
fuhr. Er war sofort eine Leiche. 
F Auch in Westfalen ist die Erderschütterung am 17. d. M. 
beobachtet worden, so z. B. in der Gegend von Essen, ferner zu 
Körbecke, einem Dorfe des Möhnethales im Kreise Soest. Die 
zwischen 3 und 4 Uhr statlfindende Bewegung war horizontal und 
bon einem eigenthümlich dumpfen, dabei durchdringenden, nicht 
näher zu beschreibenden, aus der Tiefe kommenden Getoöse be⸗ 
gleitet. 
f Das Berner Blatt regt den Gedanken an, dem Namen 
Schillers auf dem Gedenkstein nächst dem Grütli auch den Rossi— 
nies beizufügen, da — wie jener durch seine Dichtung, — so 
dieser durch seine Tonschöpfung zur Glorificierung der Tellsage 
nicht wenig beigetragen habe. 
pLondon. (Ein Hundertjähriger, Zu Greenwich starb 
vor wenigen Tagen im berühmten Indalidenhause ein Mann, 
der fast ein Jahrhundert lang Großbritanniens Stolz und Be— 
wunderung war. Thomas Culliforth hieß dieser Brave und war 
seit 20 Jahren Insasse des Marine-Invaliden-Hospitals in er⸗ 
wähnter Stadt. Es war ein epischer Greis von 100 Jahren, 
der ohne Brille las, das heißt hätte lesen können, wenn man es 
ihm in seiner Jugend beigebracht hätte, der stolz und schlank wie 
eine Tanne einherschritt, trotz seines hölzernen Beins und seiner 
bielen Wunden, die er in 49 Schlachten zu Wasser und zu Lande 
empfangen hatte und sogar hübschen Misses mit Schlangenlocken 
cokette Blicke zuwarf, die ordentlich gefährlich aussahen. Greenwich 
und England waren, wie gesagt, stolz auf ihren hundertjährigen 
strieger. Man räumte ihm ein eigenes Häuschen als Wohnung 
ein, alle Besucher fütterten ihn fast todt mit allen möglichen De— 
licatessen, er trank den aäͤltesten Portwein und das schäumendste 
Glas Ale und Porter. Jeder riß sich darum, aus seinem beredten 
Munde zu hören, wie er 1789 an Bord der „Flower of Mary“ 
kämpfte, mit diesem Schiff in die Luft sprang und — Gottlob 
— wohlbehalten, wenn auch ein bischen „geschunden“ nieder in 
däs Salzwasser hineinstürzte, wobei ihm aber später ein Holz— 
plitter das Bein zerschmetterte. Nachdem er sechs Stunden tapfer 
geschwommen hatte, nahm ihn ein französisches Schiff auf, und 
o ward er gerettet. Auch dem berühmten Kampf des „Vengeur“ 
jatte er beigewohnt, und die französischen Touristen hörten mit 
iefer Rührung, wie ihre Landsleute untergingen, indem sie „Vibe 
a Republique“ riefen. Die Königin lud unseren Biedermann 
ährlich Weihnachten zu sich nach Windsor ein, speiste mit ihm 
m einem Tische und schenkte ihm Pulswärmer und andere nette 
dleinigkeiten außer noch netteren güldenen Guineen mit ihrem 
igenen huldreich lächelnden Portrait, und der Magistrat von 
hreenwich verehrte ihm an jedem Neujahrstage ein neues, elegan⸗ 
tes Stelzbein von Jakarandaholz, schön mit Kupfer ausgelegt, 
das gar herrlich im Sonnenschein flimmerte. Nie wurde ein 
Breis mehr in „Baumwolle“ gewickelt, als unser alter Held. Er 
nachte täglich zwei Stunden zu Fuß, trank seine 10 Pinten Ale 
und sein halbes Quart Gin und kitzelte schelmisch die Kinder— 
mädchen, die ihm begegneten, in den Nacken. Kein Mensch konnte 
begreifen, wie ein Mensch, der über hundert Jahre zählie, noch 
so mobil sein konnte. Es war das ein Gottes Wunder und 
John Bull sagte stolz: „So was kommt nur in Old England 
vor.“ Ach, alles ändert sich oft, si hora mortis, ruit 
wie's im alten Liede heißt, d. h. wenn „Hans Klapperbein“ an⸗ 
lopft und seine Karte unwiderstehlich uns aufdringt. Als Thomas 
Tulliforth todt war, wühlte man neugierig in seinen Papieren 
uind entdeckte, daß der famose Hundertjührige nur — 67 Jahre 
alt war. Seit 20 Jahren ließ er sich unter dem Namen seines 
Hroßvaters caressiren, dessen Papiere der schlaue Bursche für die 
einigen ausgegeben hatte. Ganz England ist außer sich. Der 
dumbug nistet sich selbst im Inbalidenhospital ein, und es gibt 
einen „frommen Glauben“ mehr, seibst wo „Jubelgreise“ mit 
‚unzähligen Wunden“ erscheinen, in die jetzt jeder ungläubige 
Thomas seine Hand legen wird. Aber hatnicht schon mancher 
Held“ der Weltgeschichte auf falsche Papiere ——— 
delt ? Master Culliforth war nicht der erste Schelm dieser Art 
und wird auch gewiß nicht der letzte sein 
x Man schreibt aus London unterm 27. Nob.: Eine furcht⸗ 
bare Explosion, die in ihren Folgen das Eisenbahnunglück von 
Abergele noch übertrifft, wird lelegraphisch aus Wigan gemeldet. 
In der Grube Arley in Hindley Green bei Wigan hatten die 
heiden Feuerwaͤchter noch um 6 Uhr Morgens revidirt und Alles 
in der Ordnung befunden, um halb 8 Uhr waren sie nebst 83 
hrer Mitarbeiter, meist jugendlichen Alters und kaum 10 von 
hnen verheirathet, Kinder des Todes. Die Ursache des Unglücks 
st noch nicht bekannt, und es bleibt auffallend, daß nicht mehr 
Menschenleben verloren gingen, da außer ihnen noch etwa 160 
Mann in der Grube beschäftigt waren. Von diesen arbeiteten 
150 am östlichen Ende des Bergwerks und entkamen unverletzt, 
vährend die 10, welche an der Westseite dem Schicksale ihrer 
57 Gefährten entgingen, mehr oder minder gefährliche Brandwun⸗ 
den davontrugen. Das Emporschaffen der Leichen ging nur lang- 
sam von statten, sie wurden nebeneinander auf improvsirte Holz⸗ 
hänke gelegt, und die darauf beginnende Feststellung der Identi⸗ 
tät schritt noch langsamer vorwärts, da bei den meisten die Ge⸗— 
ichtszüge schrecklich durch Brandwunden entstellt waren. Im 
Ganzen wurden bis jetzt 19 Leichen identificirt. Ein Theil des 
Bergwerks gerieth in Flammen und machie das Heraufschaffen 
der Leichen sehr schwierig. — Außer der obigen melden Morgen⸗ 
zlätter noch eine ganze Reihe von Explosionen. In einer Koh—⸗ 
lengrube bei Dudley büßten zwei Personen ihr Leben ein und 
am Aufkommen einer dritten wird gezweifelt. — Das norwegische 
Kohlenschiff „Nordstein“ wurde durch eine Gasexplosion völlig 
zertrümmert, ein Mann blieb todt und ein andrer wurde gefähr⸗ 
lich verletzt. — Eine Pulvermühle nahe bei Truro gerieth in 
Feuer. Die Arbeiter hatten sämmtlich Zeit, zu entkommen, ehe 
eine Erplosion den Boden in einem weiten Umkreise zittern kachte 
und vier Gebäude zertrümmerte. 
Washington. Im Alter von 120 Jahren starb 
am 4. d. M. hier ein Farbiger, Namens Moses Smith. Er war 
früher Sclave und mit großer Deutlichkeit wußte er sich mancher 
kinzelnheiten aus der Revolution zu erinnern. Er hinterläßt 
eine Frau, welche 115 Jahre alt ist. 
rKarlsruhe, 30. Nov. In der heutigen Serienziehun 
der badischen fl. 35-Loose wurden folgende 20 Serien k 50 24 
Loose gezogen: Serie 4240, 1777, 3038, 62 2694, 7425, 
2324, 2300, 7817, 5303, 6612, 5934, 2518, 799, 7866, 
2211, 2601, 1817, 4333, 5718.