Full text: St. Ingberter Anzeiger

sie 30 Secunden darauf eine Reihe von Erdstoͤßen ihren Anfang 
nehmen fühlten, die bis nach 7 Uhr fortdauerten. Der ersie 
Fauerte nach Capitän Gills Berechnung volle 10 Minuten und 
war von solcher Stärke, daß, sobald er vorüber, zwei Drittheile 
der Gebäude der Stadt Arica der Erde gleich gemacht waren. 
Die drei darauffolgenden Stöße, obwohl nicht so lange anhaltend, 
waren äußerst heftig. Dabei öffnete ein alter in der Naͤhe lie 
gender Begräbnißplatz der Eingebornen aus der Zeit vor Pizarro's 
Ainkunft seine Eingedeide, indem sich die Erde spaltete und große 
Felsblöcke sich loslösten und das Entsetzen des Erdbebens ward 
Jesteigert durch den Anblick einer Todtenversammlung der alten 
Inkas, alle in lauernder Stellung mit unterschla enen Beinen 
aufrecht aneinander geschichtet. Zugleich erfüllte Schwefelgestank 
die Luft und dicke Staubwolken wirbelten aaff 
Am White River (Nordamerika) sind neue und reichhaltige 
Goldminen entdeckt worden; das aus ihnen geholte Erz ergibt 
6000, ja nach angestellten Proben 19 15,000 Dollars per 
Tonne; eine Erzmahlmühle ist dereits im Gange. 
In Otter 3ville (bei St. Louis, Nordamerila) hat 
das Volk zwei Männer, welche einen gewissen Made im Einver⸗ 
standniß mit der Frau desselben durch Aufhängen ermordet hat⸗ 
sen, auf dem Wege zum Gefangniß ihrer Bewachung entrissen 
und gelyncht, indem sie dieselben ohne Umstande gleichfalls auf⸗ 
hangien; die Frau entkam der Lynch-Justiz und erwartet mit 
jhrem gieichfalls betheiligten Bruder ihr Urtheil 
7Die Schwarzen in den Vereinigten Staaten sind frei, doch 
scheint man jetzt mit Gelben einen Versuch der Sclaverei machen 
ju wollen, wenigstens meldet der „Galveston Civilian“ vom 
November ganz trocken, eine Ladung Kulis, consignirt an die 
hrn. Heidenheimer u. Comp. (dem Namen nach zu urtheilen, leider 
aͤne deutsche Firma) sei eben von China angekommen, welche ver⸗ 
steigert werden solle, um Fracht ꝛc. zu decken; zwei Drittel seien 
Frauenzimmer, eins davon besonders schön. 
F Von der Narrheit Chorinstys gibt ein Corre⸗ 
spondent der „Abdztg.“ folgendes Bild, das er als vollkommen 
wahrheitsgetreu versichert. Gustav Chorinsky wurde ohne Zweifel 
auf höhere Anordnung nach seiuem Eintreffen auf der Festung 
Rosenberg einer sorgfältigen Aufficht unterworfen. In den beiden 
ersten Wochen war keine andere auffallende Wahrnehmung zu 
machen, als daß er mit einer seiner Lage wiedersprechenden Hei⸗ 
terkeit sein Schicksal ertrug und nur stets wieder auf seine Liebe 
u seiner Freundin Hottowy, die ihn ausschließend beschäftigte, zu⸗ 
rückkehrte, sowie sowohl seine Familie in unzähligen Briefen, wie 
den Festungscommandanten und seine Umgebung mit seinen Hei— 
rathsgedanken belästigte. Diese Ideen und seine excentrische Ge⸗ 
chwätzigkeit wurden Anfangs als Simulation betrachtet, bis sich 
hnen auch Handlungen zugesellten, welche das Vorhandensein von 
Wahnsinn unverkennbar zeigten. Nachdem er seinen Vertheidiger 
ein briefliches Gesuch eingesendet hatte, er möge ihm einen blauen 
Frack mit goldenen Knöpfen besorgen, stellte er bald darauf ein 
Hesuch an den Commandanten, er möge ihm die Griffe der Thüre 
und andere Ausstattungsstücke seiner Zelle vergolden lassen. Daß 
dieses Gesuch abgelehnt wurde, erregte ihn auf das Heftigste 
Bald darauf kam die fire Idee zum Vorschein, er sei der Messias 
uind er empfing eines Tages den Commandanten, nachdem er einen 
jeftigen Laͤrm gemacht und ein Fenster eingeschlagen hatte, total 
nikleidet und nur mit der in seiner Stube aufliegenden Decke 
drapirt. Hiebei trat er auf den Commandanten zu, streckte ihm 
seine blutende Hand entgegen und rief: „ich bin der Messias, 
küsse meine Wunden.“ Ein andermal rief er stundenlang: „es 
zibt keinen Gott, es gibt nur drei Göttinnen, die Jung— 
rau Maria, die Hottowy und meine Schwester Pepi.“ 
Nachdem er drei paar Socken eines Tages in den Festungs⸗ 
hof geworfen hatte, gab er auf Befragen nach der Ursache dieser 
handlung an, daß der Soldat König vom 13. Infanterieregiment 
hu brieflich um Fußbekleidung gebeten habe, weil er auf Befehl 
seines grausamen Obersten barfuß gehen müsse. Chorinsky legte 
ogar eine angeblich wörtliche Abschrift des Briefes vor. welchen 
natürlich König nie geschrieben hatte. So verliefen Wochen in 
tortwährenden Deklamationen und maßloser Briefschreiberei, bis 
er zu Gewaltthätigkeiten an seiner Wachmannschaft überging, weil 
ie ihm, der sich nun für den Commandanten der Festung hielt, 
ie Uebergabe des Rapportes verweigerte. Diese Excesse wurden 
zejeitigt, indem ihm ein beschriebenes Stück Papier regelmäßig 
zegeben wurde, womit er sich beruhigte. Zu Ende des vorigen 
Monats steigerte sich seine Aufregung, er riß sich die Kleider vom 
Leibe, mißhandelte seine Umgebung und hrüllte den ganzen Tag! 
wie ein Thier. Gänzliche Schlaflosigkeit trat ein und begannen 
die Tobsuchtsanfälle, welche die Auwendung von Zwangsmaßregeln 
eranlaßten. Sein Wahnsinn ist eine höchst sonderbare Mischung 
von erotischem, mystisch religiösen und Größenwahn. Die Hot⸗ 
owh, sein Vater, welcher Kaiser von Oestereich sei, und die Mil⸗ 
lionen, welche er der ehemaligen Geliebien schenke, dann die Jung⸗ 
rau Maria beschäftigen ihn Tog und Nacht, wenn die Tobsuchts⸗ 
anfälle vorüber sind, in einer Entseten erregenden Weise. Höchst 
auffallend ist, daß nie die leiseste Andeutung eines Reuegefühles 
oder klarer Erkenntniß seiner Lage hervortriit. Die Anfangs be⸗ 
ehenden Vermuthungen obwaltender Verstellung sind durch die 
Schlaflosigkeit, durch gänzlichen Mangel au. Appetit, die Tob— 
uchtsanfalle und die Zeichen beginnender Paralyse, hauptfüchlich 
durch das Schwinden der Fähigkeit, die Ercremente zurüczuthal⸗ 
sen, vollständig beseitigtt. 
7 Wir lesen in der Medicinischen Wochenschrift: „Die Tob⸗ 
sucht Chorinsky's macht seit einiger Zeit die Runde in den Tages⸗ 
hlättern und wurde von einigen Seiten mit überstürzter Hast aus⸗ 
zebeutet, um zu beweisen, daß Chorinsky schon zur Zeit des wohl⸗ 
überlegten und mit Raffinement durchgeführten Verbrechens geistes⸗ 
krank gewesen sei; von solchen Voraussetzungen ausgehend, soll 
auch sein Vertheidiger Dr. Schauß ein Begnadigungsgesuch so— 
jort eingereicht haben. Noch ist die ausgebrochene Geistesstoöͤrung 
Fhorinsly's nicht erwiesen, noch liegt kein glaubwürdiges auf 
ängere Beobachtung seines Zustandes gestütztes ärztliches Gutachten 
por und dieser Umstand legt uns die größte Zurückhaltung in der 
Beurtheilung seines gegenwärtigen Tobsuchtsanfalles auf. Wir 
onnen es uns aber nicht versagen, die Zeilen, die uns darüber 
rin Sachverständiger soeben aus München schreibt, mitzutheilen; 
derselbe sagt: „Gesetzt aber, Chorinsthy wäre wirklich iobsuͤchtig, 
d entsteht ganz einfach die Frage: Warum follte er es denn nicht 
jeworden sein ? Hat er nicht Ehre, Namen, Vermögen und alie 
jewohnten Lebensgenüsse verioren ? Statt der letzteren Entsag- 
ingen aller Art, Kerkerluft, Ein samkeit und Langeweile? Wären 
ↄas nicht hinreichende Factoren zur Erzeugung einer psychischen 
krkrankung? Es vergeht kein Jahr, wo ich nicht einen oder meh⸗ 
ere solche Fülle aus den Gefangnissen beobachtete, ohne daß diese 
Zustände im Geringsten' die Zurechnung der incriminirsen Hand⸗ 
ung präjudiciren. So wäre es auch bei Chorins:y. Wenn 
auch zehnmal jetzt pfychisch erktankt, zur Zeit, als er den Gift⸗ 
nord vorbereitete und ausführen half, war er es nicht. — Diese 
dandlung hat auch mit der Tobsuͤcht nichts gemein.“ 
Landwirthschaftliches. 
Zur Cultur der Runkelrüben. Sehr oft 
ichon ist die Frage gestellt worden, ob es besser sei die Runkel⸗ 
rüben nach der neuen Methode, nämlich mit Kernen anzupflanzen, 
yder sie, nach dem alten Verfahren aus Setzlingen zu erziehen. 
Wie indessen die meisten der landwirthschaftlichen Fragen immer 
aur in Rücksicht auf die localen Verhaltnisse ihre richtige Lösung 
inden, so ist es ganz beonders auch mit dem dorliegenden der 
Fall. Immerhin läßt sich eine bestimmte Regel befolgen, und die 
jeißt: ein Boden, der sich im rechten Düngerzust ande befindet, 
nicht zur Verunkrautung geneigt ist und sich im Frühjahre schnell 
erwärmt, paßt immer am besten zur Besamung mit Kernen, nuter 
imgekehrten Verhältnissen ist indessen die Auspflanzung mit Setz⸗ 
ingen vorzuziehen, weil man die Felder noch düngen und ihn en 
)en entsprechenden Bau geben kann. Gewöhnlich eignen sich die 
mehr sandigen oder doch lehmigen Felder zur Bepflanzung mit 
dernen, während die thonigen, nassen und kalten Böden mehr 
ür die Anpflanzung von Seßlingen geeignet sind. Beachtenswerth 
ind die Resultate eines Versuchs, den die höhere landwirthschaft⸗ 
iiche Lehranstalt in Worms ausführen ließ. Ein Feld mit san⸗ 
digem Lehmboden wurde zur Hälfie mit Kernen eingepflanzt und 
zur Hälfte mit Setzlingen bebaut. Wiewohl die Witterung wäh⸗ 
cend der Aupflanzung der Setzlinge recht günstig war, übertraf 
doch der Ertrag von den Kernpflanzungen diejenigen, der von den 
Seßlingen erzielt wurde um 27 pCt. In gleicher Weise wurde 
ein Feld mit schwerem, thonigen Boden zur Halfte mit Kernen 
und zur Hälfte mit Setzlingen eingebaut. 
Nüruberg, 8. Dec. (Hopfenbericht A. H. Z.) Das 
Beschäft behauptet seine gute Haltung, wenn auch zu unveränder⸗ 
jen Preisen. Gestrige Zufuhr kaum 60 Ballen, nicht unbedeutende 
Abschlüsse, Exportwaare zu 17, 18, 1895 und 19 hBH. Prima 
Markiwaare seltener von 19 -24 fl. gehandelt; mehrere Partieen 
dallertauet und Spalter Land, Mitiel- und geringe Qualitäten, 
vurden von den Lagern genommen, für welche die Preise 20 fl. 
zufwärts nicht über 88 fl. lauteten, während Primaqualitäten, 
eine Lagerbierhopfen, für welche gerne 56—60 fl. bewilligt wür⸗ 
den, am Platze nicht vertreten sind. Für 1867er wurden gestern 
je nach Qualität 8, 10 bis 12 fl. bezahlt, so daß die Umsãͤtze 
an 300 Ballen betrugen. Zum hrutigen Markte wurden 532600 
Ballen verladen. Das Geschäft blieb bei andauerndem Regenwetter 
iemlich ruhig. Man kaufte wieder zu konstanten Preisen von 
6 (nur dunkle Waare), 18 —-20 fl. Prima Marktwaare je nach 
Zeschaffenheit bis 24 fl. Hallertauer in verschiede nen Abstufungen 
zrlosten 22, 28, 33-37 ji.