St. Ingberler AAnzeiger.
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Dienstag, den 22. DeeemBbe 1868.
Deutschland. ?a6 *
Muünchem; 16. Dec. Heute um 1Uhr fand eine Sitzung
des Ministerralhes und um 4 Ühr Nachmittags eine Sitzung des
Staatsrathes statt; mehrere Vorlagen für den Landtag bildeten
den Gegenstand der Berathungen. — Heute erledigte der Schul—
zesetze Ausschuß den Abschnitt über das Einkommen der Lehrer,
indem er die Art. 65—71 incl. durchberieth. Aus dieser Sitzung
ind als wesentlich die Veschlüsse zu Urt. 68, welchet die Bestim⸗
mungen über die Dienstalterszulagen enthält, in erster Reihe her⸗
borzuheben. Im Gegensatze zum Regierungsemwürfe wurde vom
Ausschusse beschlossen, bei der Ausmessung der Größe dieser Dienst⸗
alterszulagen keinen Unterschied zwischen den Gemeinden mit ver⸗
schiedener Bevölkerrng zu machen und die im Entwurfe fuͤr die
Bewährung derselben festgesetzte in fünffährige zu verwandeln, so
daß der Beschluß nun dahin geht, daßirkliche Schullehret, welche
an einer Gemeinde mit entsprechendem Erfolge wirken, bei unbe⸗
anstandetem Verhallen von 5 zu 5 Jahren eine Dienstalierszulage
don je 30 fl., bis zum Gesammtbetrage von 150 fl. erhalten
jollen. Eine weitere und'wohl die wichtigste Aenderung bestehi
darin, daß der Ausschuß bestimmte, es seien diese Dienstalters⸗
sulagen nicht, wie der Entwurf bestimmt, von den betreffenden
emeinden zu bestreiten, sondern auf Ktreisfonds zu überweisen.
Art. 68 — Befreiung der Schullehrer von Gemeindelasten —
und Art. 69 — Bestreitung des Bedarfs für das Lehrereinkom⸗
men — wurden gestrichen, ersterer, weil die betreffenden Bestim⸗
mungen schon in der Gemeindeordnung, letzterer, weil dessen
materieller Inhalt in den früheren Artikeln 54, 55 und 63 ent⸗
halten is.
München, 17. Dec. In der heutigen Sitzung der Ab—
geordnetenkammer legte der Justizminister einen Gesetzentwurf bez.
der Aufhebung der Schuldhaft, und der Finanzminisier einen soi—
hen, die Abgaben von Bergwerken betr, brrr. ——
Munqen, 17. Dec. Heute wurde der neuernannte Praͤ⸗
ident · des obersten Gerichtshofes, Hr. v. Neumayr, durch den
Hrn. Justizminister feierlich in sein Amt eingeführt.
ee Dienstesnachrichten.
Der practische Arzt Dr. G. Reiser zu Rülzheim wurde zum
Bezirksarzt I. Klasse in Lauterecken ernanut. F
Der bisherige Schreibgehilfe bei der Gefangenanstalt Zwei⸗
bͤrücken, Johann Vohmann, ist zum Beiirksgefängnißverwalter da—
jelbst ernannt wordhen. —2
Stuttkgart, 19. Dec. In fortgesetzter Adreßdebatte
erllärt sich Varnbüler für Festhalten an den Verträgen und gegen
den Südbund.
Kassel, 16. Dec. Nach der Kass. Z.“ ist es jetzt ent—
schieden, daß die Regierungsbezirke Kassel und Wiesbaden zu einem
Ober⸗Präsidialbezirke vereinigt bleiben, welcher fortan den Namen
„Provinz Hessen-Nassau“ führt. . J
Koblenz, 14. Dec. Prinz Felix zu Salm ˖ Salm, zuletzt
General in der kaiserl. mexikanischen Armee, dessen Namen durch
die treue Theilnahme an dem Schicksal des unglücklichen Kaisers
Mar bis zu dessen tragischem Ende einen weit berbreiteten ehren⸗
dollen Wiederhall gefunden hat, ist in die preußische Armee zu⸗
rückgetreten. Der Prinz wurde, wie das neueste Militär⸗Wochenbl.
neldet, als Major, aggr. dem hier garnisonirenden 4. Garde⸗
Gren.⸗Regiment Königin. vorläufig ohne Patent angestellt.
Frankreich.
Paris, 16. Dec. Man liest in der „Gazetle de France“
„Wir erfahren, daß auf die Nachricht von dem Aufstande von
Cadir die der Sache der Königin Isabella ergebenen Männer
durch den Telegraphen hierher berufen worden sind. Der General
Pezuella (Graf von Ceste), Gonzales Bravo und andere hervor⸗
ragende Persönlichkeiten sind in Paris im Hotel de Castille zu⸗
sammengetreten, und wenn wir gut unterrichtet sind, so sind
gegenrevolutionäre Emeuten, welche sich auf die Armee ftützen soll⸗
ten, beschlossen worden. Gewiß ist, daß der Generai Pezuesla
Paris am 11. verlassen und, wie man versichert, den größten
doffnungen Ausdrud gegeben hat ···
—Paris, 17. Dec. Der Kaiser ist heute Nachmittag von
Compiegne zurückgelehrt und hat einen sehr frostigen Empfang bei
der Bevölkerung gefunden.
MDie Projecke des Herrn v. Vismarck sind und bleiben das
Stecenpferd der frauzösischen Journalisten. Gaulois? erzählt
jeute, der preußische Premier wolle, um das Band der Uebecein—
timmung in allen Tagesfragen zwischen Frankreich, Oesterreich
ind England zu zerreißen, näͤchstes Jahr zur Zeit der allgemeinen
Wahlen den Krieg gegen Frankreich begimnen.
Dassjelbe Blatt theilt mit, daß zahlreiche Veränderungen
in der französischen Cavalerie vorgenommen werden sollen, da man
ich überzeugt habe, daß sie hinier der preußischen zurückstehe.
Vier besondere Uebungslager für diese Waffe sollen in Lüneville,
Bourges, Tarascon und Vordeaux errichtet werden,
Paris, 18. Dec. Lavalette wurde zum Minister des
Aeußern für Moustier, Forcade In— Roquette zum Minister des
Innern für Pinard, der Deputirte Gressier zum Handels⸗
und Ackerbauminister für Forcade, Moustier zum Senator
ernannt.
Italien.
Mazzini, der schon Todtgesagte, hat ein klares Lebenszeichen
aegeben in einem Briefe, den die Pariser Generalcorrespondenz
mittheilt; er ist von sfeinem Krankenbett aus geschrieben. Der
grollende Republikaner spricht sein Urtheil über die —A
in Rom, indem er bemerkt: „Auf diesen so brutal hingeworfenen
Handschuh giebt es eine einzige und verächtliche Antwort, die
würdig ist: „Rom um jeden Preis zu haben“ und zwar sobald
als möglich. „Rom haben“,muß die Formel eines Lebensrufes
jein, die Definition einer unmittelbaren Pflicht, fire Idee, Fieber
für Jeden von Euch.“ Aber die Monarchie werde nimmermehr
wagen, Frankreich den Krieg zu erklären; das könne nur das
Volk in Waffen, der Willen des Landes. Rom gehört Italien,
Italien muß es wiedererwerben. Das Heiligthum der Nation
nuß befreit werden, nicht durch dee Anstrengung einer Partei, son—
dern durch einen Kreuzzug der Nation Das Werk einer Partei
erfordert Zeit, und eine Partei wird stets die Lager des Auslan—
des wieder in Nom aufgerichtet finden, und mit ihnen einen un⸗
vermeidlichen Krieg. Die Nation wird Rom mit der Schnelligkeit
der Locomotive haben, als vollendete und gebilligte Thatsache.
douis Napoleon ... wird Jtalien keinen Krieg erklären, seid
iberzeugt; er wird, wenn er ihn erklärtdDi⸗ Nation, Herrinn
hrer selbst, die militärifchen, adininistrativen, finanziellen Michte,
die sie besitzt, einigen ergebenen, tüchtigen, kühnen, vom Volke ge—
wählten und vor ihm verantworklichen Männern anvertraut, bevor
eine constituirende Versammlung sich in der Haupistadt Jialiens
pereinigen kann, das ist das Wie, worauf ich ziele, in dem einzi⸗
gen Problem, das heute zu lösen ist, jede audere Lösung ist un—
wirksam.“ —A — — ———
Spanien.
In Navarra ist eine Carlistische Verschwörung entdeckkt;
nehrere Verhaftungen sind daselbst vorgenomnien.
— Auch in Leon ist eine Carlistische Verschwörung entdect;
die in den Straßen verbreiteten aufrührerischen Placate wurden
ohne jede Ruhestörung entferntt.
—Aus Burgona wird gemeldet, daß die Ueberbleibsel der
zersprengten Carlistenbande jetzt verhaͤftet worden sind.
Nach Berichten, welche ous allen Theilen des Landes in
Mad rid einlaufen, sind die auf Grund des allgemeinen Stimm—
rechts vorgenommenen Wahlen zu den Ayuntamientos (nicht zu
den Cortes, wie irrthümlich gemeldet war) in bester Ordnung
derlaufen. J— .*
Die am 18. December begonnenen Wahlen zu den Cortes