Full text: St. Ingberter Anzeiger

zum 23. Januar 239,024 Thaler. 18 Sgr. 83Pf. eingegangen. 
f In Berlinchen Meumarh) ist die Trichinose mit un— 
gewöhnlicher Heftigkeit aufgetreten. Der dortige Messerschmied 
H. schlachtete in vorletzter Woche ein Schwein, nach dessen Genuß 
die ganze Familie und der Geselle plötzlich heftig erkrankten. Bei 
der angeordneten Untersuchung des Fleisches fanden sich in dem— 
elben zahllose Trichinen vor. Der Geselle und der Sohn sind 
bereits ein Opfer der Krankheit geworden die übrigen Familien⸗ 
Mitglieder welche nicht so viel von dem Fleische genossen hatten, 
iegen mehr oder weniger schwer krank darnieder. 
FPosen, 28. Jan. Der Gutsbesitzer v. Chrzanowski ist 
aach mehr als zweitägiger Verhandlung wegen einer gegen seinen 
Sohn begangenen Freiheitsberaubung zu. zweijährigem Gefängniß 
perurtheilt worden. Der Verurtheilte hatte seinen blödsinnigen, 
etwa dreißig Jahre alten Sohn in einem kleinen baufälligen 
Stalle fast nackend und nur mit den dürstigsten Nahrungsmitteln, 
oersehen, Jahre hindurch eingesperrt gehalten. 
Heydekrug. Einem der „N. Stett. Ztg.“ vorliegenden 
Schreiben des Kreisgerichtsraths Hellwich in Heydekrug entnimmt 
dieselbe folgende Stellen: „Es ist, Dank Ihrer Hilfe, schon ein 
zroßer Kreis von Jammernden wesentlich unterstützt, und es wird 
einer noch viel größeren Zahl nach und nach geholfen werden. 
Die Noth ist im Wachsen und wer die täglich fich mehrenden 
Zeichen ihres Steigens sieht — und sie koͤnnen Niemand ent— 
zehen der einen Blick in die Straßen thut, kann der Besorgniß 
nicht enigehen, daß sie uns überfluthet. Schaaren arbeitsfähiger 
Maänner, die Spaten auf der Schulter, in kleineren und größeren 
haufen oft in Trupps von 50 — gestern ein Haufen von 70 
— rücken morgens in den Ort. Sie können keine Arbeit erhal— 
ren; die in Angriff genommenen Chausseen find besetzt. Was 
vird aus ihnen und ihren Familien, wenn die Regieruͤng nicht 
veitere Arbeitstellen schafft? Neben den Arbeitern ziehen die Beti— 
er in Schaaren in Lumpen und oft noch besser gekleidet; sie 
juchen sich bei den Suppenanstalten einzubürgern und liegen der 
parmen Suppe wegen in Scheunen und Ställen bei 17 Grad 
Frost. Wo man hinhört, überall auf allen Dörfern ist die Ernte 
verzehrt. Bei den Rundreisen der Verwaltungsbeamten, die vor 
etwa 14 Tagen stattfanden, zeigten sich schon grüßliche Bilder der 
Noth, jetzt ist sie noch gestiegen. Zwei Bilder, die ich aus dem 
Heunde des Landrathsamtsverwesers v. Lynker habe: 1) in einem 
dause: Stube kalt' bei 20 Grad Reaumur. — Zwei Frauen auf 
Stroh mit Lumpen' bedect, selbst' die Gesichter. — Auf alle 
Fragen keine Antwort. Von Lynker heht die Lumpen von dem 
Hesichte der einen und erhält auf feine Fragen endlich die Ant 
wort: Wir hungern, wir wollen sterben; 2) in einem' andern 
hause: Stube kalt. — Eine Frau auf der' Erde kauernd. Auf 
ule Fragen nichts als stumme Resignation. Endlich erhebt sich 
die Frau, deckt eine Decke von einem Strohlager, hebt ein stkelet 
artig abgezehrtes Kind in die Höhe und sagt: „Da sehen Sie.“ 
Fin zweites Kind liegt daneben. — Sind dies auch die schreck 
ücheren Bilder, so sprechen sie doch genug. In unserex Suppen⸗ 
anstalt pflegen wir seit einigen Tagen ein zehnjähriges Mädchen 
das von Hunger und Kälte jammervoll zugerichtet sich einfand 
uind am ersten Tage wenige Loffel Suppe hinunterbrachte. Jetzt 
ist schon der nicht zu stillende Appetit da, und in einigen Tagen 
wverden wir sie, wenn wir sie bekleidet, in ihre Heimath — 214 
Meilen von hier — befördern. 
FAus dem Passeierthale wird, folgender Unglücksfall be— 
ichtet: Von drei. Bauern, die von der Hasenjagd zurrückkehrten 
und deren Flinten noch mit den Kapseln verfehen waren, fiel 
riner derselben an einer mit Eis überzogenen abschüssigen Steile. 
Im Falle entlud sich sein Gewehr und der Schuß iraf den zwei⸗ 
en Bauer. Der Erstere sprang schnell auf, um zu sehen, ob der 
Schuß wohl nicht ein Unglück verursacht häfte, im selben Augen— 
blicke aber fiel der Berwundete zu Boden auch sein Gewehr ent— 
lud sich in Folge des Falles und der Schuß traf den ersteren 
Bauer, und zwar ebenfalls tödtlich. Der ejne Bauer starb nach 
riner halben Stunde in Folge Verblutung, der andere nach, zwei 
zualvollen Tagen. Das Unglück ereignete sich am 20. Jan. in 
sadensteinn. — W 
Aus den Octschaften des großen Schlachtfeldes bei Koöͤnig⸗ 
zrätz kommen wiederholte Nothrufe; die armen Gemeinden sind 
aur noch auf vier Wochen mit Lebensmitteln versehen, und ihre 
sonstigen Hilfsquellen sind längst erschöpft. 
— Ein Bürgermeister lieferte dem Gerichte nach kürzlich fol⸗ 
gendes ergötzliche Quid pro quo. Es waren verschiedene Enten 
zestohleu worden und das Landgericht forderte, wahrscheinlich um 
erern Identität festzustellen oder um den Diebstahl sonst ver⸗ 
olgen zu können — einen Bericht des: Ortsgerichtes, welches 
„Gefieder“ die gestohlenen Enten gehabt hätten. Der „Bürger⸗ 
he erwiderte: Das „Gefütter“ bestand in Gerste und sonstigen 
körnern. 
Der in Wien wohnhafte Realikäten-Besitzer Bernhard Ka⸗ 
retzner saß am 26. Januar, d. J. Abends an; seinem Schreibtisch 
ind war damit beschäftigt, eine Summe⸗von 80, 000 Gulden 
velche er am selben Tage für verkaufte Obligationen orhalten 
jatte, zu⸗ zählen. Auf dem Tische brannte eine Potroleum⸗Lampe, 
alötzlich sprang eine Katze, welche bisher auf seinem Schooß gele⸗ 
zen hatte, auf den Tisch, kam aber der Lampe zu nahe und wircf 
ziese um. Das Petroleum ergoß sich über den Tisch, fing durch 
ie noch brennende Lampe Feuer und floß auf den Schlafrock des 
rstarrten Geldzählers herab. Aufspringend suchte Herr Karetner 
ich des brennenden Schlafrocks zu entledigen, was ihm zwar ge⸗ 
ang, aber währenddem hatte das Feuer die Banknoten ergriffen, 
ind als Herr Karetzner sie dem verheerenden Elemente ent⸗ 
reißen wollte, waren dieselben bereits vernichtet, nur einige ange⸗ 
rannte Reste waren lübrig geblieben. Das Feuere wuhre tm 
hanzen kaum 2 Minuten. 
Dem Vernehmen nach hat das Berner Gericht schließlich 
ioch beschlossen, die Angaben des aus Mexico zurückgekehrien Ni⸗ 
itärs, des Badensers Spitznagel, betreffend den dort existirenden 
Dr. Hermanu Demmej durch den dortigen schweizerischen Gener'ab 
Fonsul und durch Vermittelung der französischen Regierung, inr 
eren Dienst dieser Demme gestanden haben foll, des Räheren uns 
ersuchen zu lassen. Spitznagel, welcher aus seinen Angaben be- 
jarrte, ist erst vor einigen Tagen mit einer entsprechenden Ente 
chädigung der über ihn verhaängten Untersuchungshaft entlassen 
vorden. 
F Der türkische Gesandte in Berlin, Aristarchi Bey, hat im 
Bazar der Königin für die Nothleidenden Oflpreußens im Namen 
des Sultans die Büste der Königin aus der k. Porzellanfabrik 
üt 200 Friedrichsd'or und verschiedene andere Gegenstande zu— 
ammen für 300 Friedrichsd'or angekauft. 
7 Aus dem Innern Rußlands wird viel von Räube⸗ 
reien, Mordthaten ⁊c. berichtet; in Astrachan sind Raub, Mord 
und Falschmünzerei an der Tagesordnung; in Petrosabotsk for— 
dert eine epidemische Krankheit viele Opfer. 
F Unter den Arbeitern am Suezkanal bei Schaluf brach am 
283. Dec. eine förmliche Emeute aus, an welcher sich (von 83000) 
Arbeiter über 1000 Arbeiter (darunter viele Oesterreicher) bethei⸗ 
gten; dem dorthin gereisten österreich Consul Gärtner gelang es 
ie ziemlich allgemeine Arbeitseinstellung zu beseitigen; 12 Rädels— 
ührer wurden verhaftet. 
Die Insel Javia muß ein angenehmer und gemüthlicher 
Aufenthaltsort sein. Zusolge eines offigziellen statistischen Berichts 
ourden daselbst in einem Jahre 148 Personen von Tigern auf—⸗ 
zefressen; und in einem andern Jahre traf dasselbe Schicksal 131 
Zersonen.“-Durch Krokodille wurden in einem Jahre 50 Menschen 
ind 80 bis 40 von Schlangen getödtet. Den Einwohnern scheint 
iber diese Plage zur zweiten Natur geworden zu sein, denn sie 
»enehmen sich sehr gleichgültig gegen dergleichen Gefahren. Der 
Souverneur der Insel hat seit Kurzem eine Belohnung von2 Pfd. 
ür jeden getödteten Tiger ausgesetzt. 37 
Landwirthschaftliches. — 
Stallmist und Kalisalz. Folgender Brief des 
herrn Lauer aus Meidach verdient es wohl, den weitesten land⸗ 
virthschaftlichen Kreisen bekannt zu werden. Er schreibt, seit 
irca 10. Jahren hatte ich die Einrichtung getroffen, daß nach 
edesmaligem Ausmisten meines Stalles der Dünger anf der 
düngerstätte mit Gyps überstreut wurde. Sorgfältig angestellte 
Zersuche ließen keinen Zweifel in mir aufkommen, daß dieses Ver⸗ 
ahren vortheilhaft sei. Um so leichter konnte ich mich dazu ents 
chließen vor drei Jahren ein theuereres Material, das schwefel⸗ 
aure Kali zum überstreuen des Mistes in Anwendung zu bringem 
Ich glaubte um so weniger die allerdings erheblicheren“Kosten 
cheuen zu dürfen, weil ich von vornherin entschloffen war,“ von 
diesem Miste weniger auf eine gegebene Fläche zu verwenden, als 
nit purem Miste. Da übrigens Thatsachen am besten sprechen, 
d unterließ ich es nicht, im Herbste 1866, einen Dünger in 
'olgender Weise zu präpariren. Ich lies den Mist, wie er 
aus dem Stalle kam in zwei gleiche Hälfte theilen; die eine 
Halfte bekam pro Fuder CEtr. Staßfurter Kalisalz zugesetzt, 
die andere Hälfte blieb in dem ursprünglichen Zustande. Im Oe⸗ 
ober wurde der Dünger diuf ein Feld gebracht, welches für Kart 
offeln bestimmt war. Der Acker befand sich im völlig'“gleichet 
Beschaffenheit; die eine Hälfte desselben bekam von dem nicht mit 
Kalisalz behandelken Miste 10 Fuder, die andere Hälfte abet von 
dem mit Kalisalz überstreuten Miste nur 6G Fuder. Im Früh— 
ahre 1867 wurde das Feld ganz gleichmäßig vorbereitet und am 
17. April mit blauen Peruvianerkartoffeln besetzt. Zeigte schon 
die erste Entwicklung einen merklichen Unterschied, so war derjselbe 
noch auffallender bei der Ernte. Es übertraf nämlich der Ertrag 
)es mit, Kalisalz behandelten Düngers denjenigen von purem Miste 
Am 32 Prozent. *